Titel: | Ueber die Kunst des Silhouettirens, nebst Beschreibung eines vervollkommneten Pantographen; von Hrn. G. W. Bichon aus Gießen. |
Autor: | G. W. Bichon |
Fundstelle: | Band 89, Jahrgang 1843, Nr. XXIX., S. 110 |
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XXIX.
Ueber die Kunst des Silhouettirens, nebst
Beschreibung eines vervollkommneten Pantographen; von Hrn. G. W. Bichon aus Gießen.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Bichon, über die Kunst des Silhouettirens.
Um eine Silhouette zu machen, haben wir zuvörderst den Schattenriß aufzunehmen. Der
Schatten ist die Abwesenheit des Lichts und entsteht, wo die Strahlen des Lichts
nicht unmittelbar hingelangen können, sondern von undurchsichtigen Gegenständen
aufgenommen werden. Die Lichtstrahlen können wir uns als gerade und unbiegsame
Linien vorstellen, die von einem Lichte aus sich nach allen Richtungen ausdehnen,
und von undurchsichtigen Körpern aufgefangen, gleichsam abgeschnitten werden.
Mithin, wo die Lichtstrahlen aufgefangen werden, ist Schatten, und wo sie wieder
unmittelbar hingelangen, ist seine Gränze. Diejenigen Lichtstrahlen also, welche
sich an der äußersten Gränze eines Körpers ausdehnen, ohne abgeschnitten zu werden,
bestimmen genau seinen Schatten, den sogenannten Wurf- oder Schlagschatten.
— Bei der Aufnahme des Schattenrisses sind folgende Regeln zu beachten: die
Fläche, worauf der Schattenriß gezeichnet wird, muß vertical und mit dem Profil des
Kopfes parallel seyn, und diejenige Linie, welche man sich vom Lichte aus durch das
Ohr des zu silhouettirenden Kopfes bis auf die verticale Fläche gezogen denkt, muß
genau mit dieser einen rechten Winkel bilden. Ferner das Licht, welches mit einer
ruhigen und nicht flakernden Flamme brennt, muß so weit als möglich entfernt seyn,
dagegen der Kopf, dessen Silhouette gezeichnet werden soll, muß der Fläche, auf
welcher der Schattenriß nachgezeichnet wird, ganz nahe seyn. — Um leztere
Bedingung zu erfüllen, kann man sich einer Maschine bedienen, deren Einrichtung
einer Staffelei ähnlich ist; einfacher ist es jedoch, die Schublade eines Tisches zu
nehmen und auf ihrer Außenseite einen Bogen Papier vermittelst vier kleiner Nägel
(Fig. 1)
straff aufzuspannen. Die Schublade wird an die Wand und auf die Schulter der zum
Silhouettiren sizenden Person gestellt. Um besser dem Schlagschatten nachzeichnen zu
können, wird die Spize der Bleifeder weiß gemacht, sey es mit Kreide oder
Kalkhydrat. — Der angefertigte Schattenriß wird durch den Pantographen um
⅔ verjüngt, d. h. verkleinert und an diesem Profil die Figur gezeichnet,
welche Zeichnung zulezt nochmals und zwar in beliebiger Größe auf eine runde
Glasscheibe übertragen wird. Diese Glasscheibe ist nämlich mit einem schwarzen
Firniß bestrichen, welchen man auf folgende Art bereitet; 1 Loth gepulverter Mastix und 1
Loth Gummi
Elemi werden in 3 Loth gereinigtem Terpenthinöhl
aufgelöst und dann in kleinen Dosen so viel als nur möglich ist auf einem Reibstein
mit ausgeglühtem Kienruß gemengt. Dieser Firniß wird in einer Büchse aus Blech
mehrere Jahre lang gut aufbewahrt; sollte er zu zähe geworden seyn, so wird er mit
etwas Terpenthinöhl versezt.— Jene Glasscheibe wird mit geschabter Kreide und
mit Weingeist recht sauber abgerieben, dann der Firniß mit einer Bürste aufgetragen
und nur kurze Zeit getroknet, denn troknet derselbe zu stark, so wird er spröde, und
es hält schwer, den überflüssigen, d. h. den, welcher außerhalb der angefertigten
Silhouette ist, genau abzutrennen. Befolgt man übrigens diese Vorsicht, so ist es
leicht, die Silhouette ganz fehlerfrei darzustellen, indem man die Glasscheibe in
Wasser legt und nach 10 bis 12 Minuten mit einem dünn geschliffenen Messer den
äußern Rand des Firnisses vom Glas abtrennt, so daß in der Mitte die schöne, mit
ganz scharfen Umrissen gezeichnete Figur zurükbleibt. Zulezt werden mit der in einer
Bleifeder angebrachten Nähnadel, mit der sogenannten Radirnadel, noch die Haare
etwas ausgearbeitet, so wie in der Kleidung die erforderliche Zeichnung entworfen
und hierauf das ganze Glas mit einer weißen Farbe überstrichen, welche aus
feingeriebenem Schieferweiß mit etwas Gummiwasser besteht. Will man einen Ohrring
oder eine sonstige Verzierung in der Silhouette anbringen, so wird diese Stelle
ausgespart, mit einem Hauche angefeuchtet und mit Flittergold belegt, bevor die
weiße Schicht aufgetragen wird.
Der Pantograph, auch unter dem Namen Storchschnabel bekannt, ist ein einfaches
Instrument, dessen Anwendung in der Hand des Künstlers oder des Technikers schon
seit vielen Jahren nüzliche Dienste leistete, ungeachtet der großen Mängel, welche
noch zu verbessern übrig blieben. Ohne hier eine Theorie, oder die Fehler und
Verbesserungen der bekannten Pantographen zu erörtern, gehen wir gleich zur
Erklärung der Construction des von dem Landkarten-Zeichner Blondeau zu Paris vervollkommneten Pantographen über.
Fig. 2 stellt
den vollständigen Pantographen dar, welcher aus den nebenstehenden einzelnen Theilen
besteht. a ein Stük Blei, mit einer Latte b versehen, in welche am Ende die eiserne Angel (pivot) c gestekt wird. Auf
dieser Angel wird durch den Schieber d der Pantograph
mit ihr verbunden, und zwar muß die Oeffnung des Schiebers (coulisseau) so geräumig seyn, daß sich das Instrument leicht auf der Angel
bewegen läßt. Die Latten (règles) e, f, g, h aus ganz trokenem Holze gemacht, sind mit Scharnieren h, i an einander befestigt;
1 stellt eins von den kleinen Rädchen dar, auf welchen das Instrument beim Gebrauche
fortgeschoben wird; m ist der Behälter, worein man die
Bleifeder n stekt, und o ist
ein Stükchen Blei, welches auf dieselbe gelegt wird, damit sie deutlicher zeichnet;
p dient um die Bleifeder aus ihrem Behälter zu
drüken.
Beim Gebrauche des Pantographen ist es für alle Fälle eine allgemeine Regel, daß die
drei Punkte: die Angel, die Bleifeder und der Stichel (tracoir), womit die Umrisse der zu reducirenden Zeichnung nachgezogen
werden, und welcher dieselbe Form der Angel c hat, eine
gerade Linie bilden müssen. Um dieß genau zu beachten, sind nicht bloß auf den
Latten correspondirende Zeichen gemacht, sondern auch in den Schiebern, worin die
Angel, die Bleifeder oder der Stichel angebracht werden, ist ein kleines Loch
gebohrt, um sehen zu können, daß der Schieber genau auf dem bezeichneten Punkt
festgeschraubt wird. — Fig. 3 stellt den
Pantographen dar, wie er im Gebrauche ist, bloß ist noch zu erwähnen, daß man beim
Zeichnen einen Faden q, r,
s in der Hand hält, welcher an der Bleifeder
befestigt ist, um diese beim Verschieben des Instruments, wo sie nicht zeichnen
soll, in die Höhe zu ziehenAn den englischen Pantographen ist zu diesem Zwek eine kleine Mechanik
angebracht., und deßgleichen ist die Latte am Ende t ein wenig eingeschnitten, um die in die Höhe gehobene
Bleifeder mit dem Faden zu befestigen. — Man wähle beim Gebrauch des
Pantographen einen ebenen Tisch, und sorge so viel als möglich ist, dem Instrumente
eine ganz waagerechte Stellung zu geben. Die Original-Zeichnung wird unter
dem Stichel, und das weiße Papier unter der Bleifeder auf dem Tische befestigt. Das
Blei kann in beliebiger Richtung gelegt werden; auch kann die Angel mit dem Stichel
ihre Stellung wechseln, doch so, daß sie mit der Bleifeder in einer geraden Linie
sind. — Es bedarf wohl keiner Erwähnung, daß die Glasscheibe beim
Silhouettiren mit etwas Wachs befestigt und anstatt der Bleifeder eine Radirnadel
genommen wird. — Man überzeugt sich aus der Zeichnung Fig. 2 leicht, daß je
nachdem die Angel und die Bleifeder gestellt sind, man in beliebigem Verhältniß
verkleinern kann, und zwar so lange, bis die beiden Punkte sich gegenseitig zu nahe
kommen und das Bewegen des Pantographen verhindern. — Beschriebener
Pantograph kann auch zum Copiren und Vergrößern von Original-Zeichnungen
benuzt werden. Man hat zu diesem Zwek bloß die Stellung der Angel mit derjenigen der
Bleifeder zu wechseln, und was sonst zu berüksichtigen ist, ergibt sich von selbst
beim Gebrauche.