Titel: | Ueber die Austroknung organischer Substanzen, besonders des Fleisches und des Blutes, ohne Luftzutritt; von Combacérès, Oberingenieur des Brüken- und Straßenbaues in Frankreich. |
Fundstelle: | Band 89, Jahrgang 1843, Nr. LVIII., S. 231 |
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LVIII.
Ueber die Austroknung organischer Substanzen,
besonders des Fleisches und des Blutes, ohne Luftzutritt; von Combacérès, Oberingenieur
des Bruͤken- und Straßenbaues in Frankreich.
Aus dem Moniteur industriel, 1843, No.
729.
Combacérès, über die Austroknung organischer Substanzen ohne
Luftzutritt.
Die Austroknung organischer Substanzen, um ihre Fäulniß zu verhindern und sie zu
mehreren technischen Zweken tauglich zu machen, wurde in der neuern Zeit auf
verschiedene Weise versucht, gab aber Resultate, welche hinsichtlich des Geruches
nicht tadelfrei bleiben. Man entzog den Körpern durch einen Strom mehr oder weniger
heißer Luft ihre Feuchtigkeit, oder vermehrte die mit der Luft in Berührung
stehenden feuchten Flächen, was eigentlich auf dasselbe hinausläuft. Da aber die
Hauptagentien bei der Fäulniß die Luft, das Wasser und die Wärme sind, so kann, wenn
z. B. thierische Körper auf diese Weist getroknet werden, eine anfangende faule
Gährung nicht permieden
werden, deren um so fühlbarere Wirkung je größer die Massen sind, erst dann aufhört,
wenn die Feuchtigkeit ganz entfernt ist. Man mußte daher ein Verfahren ausfindig zu
machen suchen, wobei jede von der faulen Gährung abhängige Veränderung, folglich
auch jeder Geruch vermieden wurde.
Ein organischer Körper geht, wenn er auch mit Feuchtigkeit getränkt ist, ohne einen
gewissen Wärmegrad, und namentlich ohne Zutritt von Sauerstoff, nicht in Fäulniß
über. Fleisch verliert in Sauerstoffgas unter einer Gloke in vier Tagen seine rothe
Farbe und nimmt, aus der Gloke genommen, in einigen Wochen einen unerträglichen
Geruch an; dasselbe findet, wenn auch in geringerem Grade, an freier Luft statt.
Andere Gasarten haben diese Wirkung nicht (vergleiche Berzelius' Lehrb. der Chemie 3te Aufl. IX. Bd.
S. 790).
Um daher organische Substanzen auszutroknen, ohne daß sie Schaden leiden, muß die
Luft von dem Raume, in welchem sie sich befinden, ausgeschlossen, die Temperatur
erhöht und müssen die wässerigen Dünste verjagt werden, was mittelst eines
Ventilators bewerkstelligt werden kann, welcher die Luft eines Trokenzimmers
einsaugt, worin heiße Gase oder Wasserdampf enthaltende Röhren circuliren.
Sollen zur Bereitung von Berlinerblau bestimmte animalische, oder zur Düngerbildung
dienliche Pflanzentheile ausgetroknet werden, so bedient man sich hiezu mit Vortheil
der Verbrennungsproducte des Holzes, der Kohle etc. Da ferner der Rauch bekanntlich
nur aus unverbrannten Theilen besteht, welche wegen Mangel an Sauerstoff sich
innerhalb der Flamme und im Rauchfang nicht oxydiren können, so wird derselbe auf
zweifache Weise wirksam seyn, 1) als gasförmiges Product, um Feuchtigkeit
wegzuführen, 2) als Absorbens für die Producte einer anfangenden Gährung in Fällen,
wo Umstände veranlassen, daß nicht völlig gesunde Körper in Arbeit genommen
werden.
Steinkohle, welche beim Verbrennen viel weniger wässerige Producte und weit mehr
Rauch gibt, als das Holz, vereinigt diese beiden Eigenschaften in noch höherem
Grade. Die Erfahrung bestätigt diese Schlüsse.
Auf diese Weise ausgetroknetes Fleisch gibt, wie groß auch die
Masse sey, während der Behandlung nicht den geringsten Geruch von sich und
erhält sich, wenn man es dann der Luft aussezt, Jahre lang aufs beste. Doch muß zu
lezterm Behufe das Fleisch durch lange fortgeseztes Kochen vorher aller seiner
auflöslichen Stoffe beraubt worden seyn. — Rohes Fleisch kann in dünne Stüke
geschnitten, ausgetroknet werden; jedoch ziehen seine zerfließlichen extractiven
Bestandtheile wieder Feuchtigkeit aus der Luft an, wodurch es wieder erweicht und in
Fäulniß übergeht. (Berzelius' Lehrb. Bd. IX, S. 590.) Läßt man aber Fleisch mehrere Stunden in
Wasser kochen, oder sezt man es Wasserdämpfen aus, welche sich in einem unter dem
Fleisch angebrachten Kasten verdichten, so lösen sich alle auflöslichen Stoffe in
der Fleischbrühe auf, zulezt sogar ein Theil des Fibrins, so daß dieses sich in
seiner Constitution verändert. (Berzelius' Lehrb. Bd. VII, S. 794.) Man hat sonach nicht zu befürchten, daß so
gekochtes und getroknetes Fleisch, an der Luft aufbewahrt, sich merklich verändere,
noch weniger in Fässern verpakt.
Dasselbe Verfahren ist auch auf die Austroknung des Bluts anwendbar. Um aber hier
ganz richtig zu verfahren, muß die Behandlung desselben, um den flüssigen Theil vom
festen, das Serum vom Blutkuchen (Cruor), zu trennen, modificirt werden. Man pflegt gewöhnlich
(es ist hier nicht von dem übelriechenden Austroknen des Blutes bei gewöhnlicher
Temperatur durch Verdunsten an der Luft die Rede) eine Schichte Blutes in einen
offenen Kessel zu bringen und bis zum Sieden zu erhizen, beständig dabei umzurühren,
um die Blutfloken während ihrer Gerinnung zu zertheilen und endlich durch Pressen
die festen Bestandtheile von den flüssigen zu trennen und die erstern in einem
warmen Luftstrom vollends auszutroknen. Offenbar aber tritt 1) bei der Gerinnung an
freier Luft Entwikelung übelriechender Gase ein, wenn das Blut nur einige
Veränderung erlitten hatte; 2) läßt die Behandlung beim Pressen die animalischen
Substanzen lange Zeit in Berührung mit dem Wasser und 3) kann die an der Luft
erfolgende Austroknung nicht ohne alle faule Gährung vor sich gehen. — Alle
diese Uebelstände werden durch Gerinnung des Blutes in verschlossenen Gefäßen unter
Hochdruk vermieden; die einander sehr genäherten festen Theilchen bedürfen keiner
mechanischen Kraft mehr, um sich von der dazwischen befindlichen Flüssigkeit los zu
machen und die ohne Luftzutritt bewerkstelligte Austroknung bringt sie dann, ohne
daß sie eine Veränderung erleiden, in den Zustand der Aufbewahrungsfähigkeit.
Um animalische Substanzen unmittelbar nach dem Kochen auszutroknen, bringt man sie am
besten in zerschnittenem Zustande auf Hürden in eine Trokenkammer, welche mit den
Canälen oder Zügen eines Ofens in Verbindung steht, worin sich das Feuer befindet,
dessen Rauch entweder durch einen außerhalb der Trokenkammer angebrachten Ventilator
oder einen Calorifère, in dessen Röhren er streicht, in die Kammer eingezogen wird,
so daß in beiden Fällen der Ventilator und der Calorifère sich zum Ofen, welcher zu
andern Zweken geheizt wird, wie ein Kamin verhalten.