Titel: | Ueber die Analyse der Kuhmilch. |
Fundstelle: | Band 89, Jahrgang 1843, Nr. LXXIV., S. 284 |
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LXXIV.
Ueber die Analyse der Kuhmilch.
Ueber die Analyse der Kuhmilch.
Hr. Julius Haidlen ist im Verlauf seiner Untersuchungen
über die Milch zu einer Methode gelangt, die drei Hauptbestandtheile derselben: Casein, Milchzuker und Butter quantitativ zu bestimmen, welche von den Mängeln
der bisher angewandten Trennungsmethoden frei und sehr leicht
auszuführen ist (Annalen der Chemie und Pharmacie, März 1843, S.
263–277). Die Mangelhaftigkeit des von einigen französischen Chemikern
beobachteten Verfahrens, wonach eine gewogene Menge Milch zur Trokne verdampft und
in dem Rükstand durch Behandlung mit Aether die Butter, durch Behandlung mit Wasser
der Milchzuker und die löslichen Salze getrennt und der von den beiden
Lösungsmitteln hinterlassene Rükstand als Casein bestimmt wurde, leuchtet ein. Denn
einmal machen die physikalischen Eigenschaften des Caseins eine gänzliche
Eintroknung des Milchrükstandes und seine vollkommene Erschöpfung durch Aether nicht
ausführbar und dann ist eine der Hauptbedingungen für die Löslichkeit des Caseins in
Wasser, das Alkali, nicht entfernt; durch Behandeln mit Wasser wird also nicht nur
der Milchzuker, sondern auch der größere Theil des Caseins gelöst. Diesem Fehler
wurde dadurch zu begegnen gesucht, daß man die Milch mit Essigsäure coagulirte, und
in der Molke den Milchzuker, im Coagulum das Casein und die Butter bestimmte. Allein
hiedurch wurde nichts gewonnen, da Essigsäure das Casein auflöst. Die von Lecanu angegebene Methode, die Milch durch Alkohol von
22° zu fällen, und die in der alkoholischen Lösung enthaltenen Butter und
Milchzuker durch Behandeln des eingetrokneten Rükstandes mit Aether zu trennen,
vermeidet jene Fehler, aber nicht vollkommen, denn nach Scherer nimmt Alkohol, mit welchem man frischgemolkene Kuhmilch coagulirt,
ebenfalls Casein auf. An demselben Mangel leidet auch die von Fr. Simon befolgte Methode. Aus dem Bisherigen erhellt, daß
die Aufgabe einer neuen Methode der Milchanalyse hauptsächlich die ist, die Summe
der fixen Bestandtheile mit Genauigkeit zu bestimmen, und jeden der zu trennenden
Körper in einen Zustand zu bringen, in welchem er von seinem eigenen Lösungsmittel
leicht, von dem der anderen gar nicht aufgenommen wird.
Diese Vortheile gewährt die Coagulation der Milch mit einer zwekmäßigen Menge von schwefelsaurem Kalk. Wenn man nämlich Milch mit etwa 1/5
ihres Gewichtes feingepulvertem Gyps anrührt und bis auf 80° R. erhizt, so
tritt eine vollkommene Gerinnung ein und man erhält, indem man das Ganze zur Trokne verdampft,
eine spröde, leicht zu pulvernde Masse. Zerreibt man diese zu einem feinen Pulver,
so kann man die Butter durch Behandeln mit Aether, den Milchzuker und die löslichen
Salze durch heißen Alkohol von 0,85 spec. Gewicht leicht und vollkommen daraus
entfernen, während Kalk-Caseat nebst dem Gyps ungelöst bleiben. Die
alkoholische Lösung gibt mit Chlorbaryum eine kaum sichtbare Trübung, woraus folgt,
daß der vom Weingeist aufgenommene Gyps keinen Fehler des Resultats bedingt. Dieses
Verhalten benüzte er auf folgende Art zur Milch-Analyse. Gebrannter Gyps
wurde durch Befeuchten mit der hinreichenden Menge Wassers mit seinem Krystallwasser
wieder verbunden, getroknet, zu einem feinen Pulver zerrieben und sodann im
Wasserbade getroknet, bis er an Gewicht nichts mehr verlor. In einer tarirten
Porzellanschale wurden 6,210 Gram. dieses Gypspulvers abgewogen, 37,8 Gram.
frischgemolkene Kuhmilch darauf gegossen und durch vorsichtiges Erwärmen zum
Gerinnen gebracht. Er dampfte nun das Ganze im Wasserbade zur Trokene ein und wog.
Das Gewicht des Rükstandes betrug 11,01, hievon den Gyps = 6,210 abgezogen, gibt die
Summe der fixen Milchbestandtheile = 4,80 und in 100 Theilen Milch = 12,7. Die
trokene Masse wurde jezt möglichst vollständig, was sehr leicht gelang, aus der
Schale herausgenommen, in einem erwärmten Porzellanmörser fein zerrieben, und das
Pulver in ein tarirtes Glaskölbchen gebracht. Nachdem das Gewicht des Pulvers =
10,89 bestimmt war, wurde es mit Aether so lange ausgezogen, als dieser noch Butter
aufnahm, alsdann mit dem Glaskölbchen bei 80° R. getroknet und gewogen, der
Verlust betrug 1,1. Hierauf wurde es mit Spiritus von 0,85 spec. Gewicht in der
Wärme digerirt, zulezt auf ein gewogenes Filter gebracht und mit Spiritus vollkommen
ausgewaschen. Das Gewicht des auf dem Filter gebliebenen, bei 80° R.
getrokneten Rükstandes betrug 8,09, der Spiritus hatte somit 1,7 aufgenommen. Da nun
aber dieser Behandlung nicht der ganze gefundene Milchrükstand, sondern nur ein
Theil 10,89 unterworfen wurde, so mußte die Menge der lezterem entsprechenden fixen
Milchbestandtheile durch folgende Proportion gefunden werden: 11,01 : 10,89 = 4,8 :
x . x = 4,69. Von diesen 4,69 das Gewicht der Butter = 1,1 und das des Milchzukers =
1,7 abgezogen bleiben 1,89 = dem Gewichte des Caseins.
100 Theile Milch enthielten hienach:
Butter
3,0
Milchzuker und loͤsliche Salze
4,6
Casein und unloͤsliche Salze
5,1
––––––––
12,7.
Die durch den Spiritus ausgezogenen löslichen Salze der Milch kann man leicht durch
Einäschern bestimmen und da ihr Gewicht zu dem der unlöslichen sich etwa wie 5 : 7
verhält, so kann man auch die Menge dieser leztern wenigstens annähernd finden und
hienach die gefundenen Gewichte des Milchzukers und Caseins corrigiren. Will man
aber die Salze mit vollkommener Genauigkeit finden, so äschert man am besten eine
gewogene Menge Milch ein.