Titel: | Ueber das elektrochemische Ueberziehen von Metallen mit anderen Metallen; von Hrn. Becquerel. |
Fundstelle: | Band 89, Jahrgang 1843, Nr. XCII., S. 364 |
Download: | XML |
XCII.
Ueber das elektrochemische Ueberziehen von
Metallen mit anderen Metallen; von Hrn. Becquerel.
Aus den Comptes rendus, Jul. 1843, Bd. XVII Nr.
1.
Becquerel, über das elektrochem. Ueberziehen von Metallen
anderen.
Von dem Festhaften (Adhäriren).
Das Auftragen von Metallen auf Metalle, so daß sie festhaften, hängt nicht nur von
dem Zustand der Oberflächen ab, sondern auch von den Auflösungen und der Intensität
des sie zersezenden Stromes. Die Erforschung aller dieser Ursachen ist demnach
gegenwärtig, wo Aller Augen sich auf diesen Gegenstand richten, von hohem Interesse
und wird die Mittheilung meiner Versuche darüber rechtfertigen.
Die Erfahrung lehrt, daß in der Regel die Adhäsion (Adhärenz) des Goldes, Silbers,
Kupfers und Bleies auf den Metallen um so größer ist, je geringer die Intensität des
Stromes, unter gewissen Beschränkungen jedoch, und je weniger concentrirt die
Auflösung ist. Dieß ist der Saz, den ich nun entwikeln will.
Es ist vorauszusehen, daß weniger intensive Ströme eine starke Adhärenz bewirken
müssen, während bei kräftigern die Ablagerung immer weniger cohärent wird; geht
nämlich die Ablagerung sehr langsam vor sich, so krystallisiren die Molecüle ruhig,
der Körper gestaltet
sich nach den Gesezen der Krystallisation, während bei größerer Intensitaͤt
die Krystallisation immer tumultuarischer und verworrener wird und die Ablagerung
endlich nur mehr aus Theilchen besteht, welche unter sich keine oder nur sehr wenig
Cohäsion haben.
Vier oder fünf Jahre, ehe man noch an das galvanische Vergolden und die
Galvanoplastik dachte, erhielt ich bei der Behandlung der Silber-,
Kupfer- und Bleierze im Großen manchmal sehr stark adhärirende Ablagerungen
dieser Metalle auf den zu ihrer Aufnahme bestimmten Körpern, welcher Erscheinungen
ich in meinen Vorlesungen, in welchen ich im Allgemeinen diese Verfahrungsweise
mittheilte, nicht erwähnte, weil ich alle einzelnen Thatsachen für ein demnächst
erscheinendes Werk aufsparte. Diese Ablagerungen bildeten wahrhafte Versilberungen,
Verbleiungen, und ich fand schon damals, daß die Adhärenz des Bleies, des Kupfers
und des Silbers um so stärker war, je verdünnter die Auflösungen und je schwächer
die Ströme waren; diese Beobachtungen datiren schon von acht Jahren her. Die
Adhärenz des Bleies auf großen Kupferplatten war so stark, daß man
Schneide-Instrumente bedürfte, um es zu entfernen und auch da gelang es
nicht, ohne daß das Kupfer angegriffen wurde; so daß man sagen konnte, daß die
beiden Metalle sich bei der Berührung wirklich verbunden haben. Wer meine Versuche
verfolgte, namentlich Hr. Saint-Clair Duport, kann dieß bezeugen. Bei meinen
elektrochemischen Vergoldungen seit dem Auftreten der HHrn. de
la Rive, Elkington und de
Ruolz hatte ich immer gleichen Erfolg. Leider aber kann das Gesez keine
praktische Anwendung finden, weil die Technik Schnelligkeit und Wohlfeilheit
erheischt. Doch geht aus meinen Versuchen das praktische Resultat hervor, daß bei
kräftigem Strom die Adhärenz leidet und die vergoldeten oder versilberten
Gegenstände minder dauerhaft werden.
Man kann nicht sagen, daß bei der elektrochemischen Vergoldung oder Versilberung, wie
sie gegenwärtig gemacht wird, eine Contact-Verbindung stattfinde; nur eine
Anhäufung (Aggregation), eine Cohäsion tritt ein, welche von physischen Kräften
immer überwunden werden kann, was bei chemischen Wirkungen nicht der Fall ist; je
diker daher die Schicht des abgelagerten Metalls ist, um so größer ist auch der
Unterschied in der Dehnbarkeit zwischen dem die Ablagerung aufnehmenden und dem
abgelagerten Metall, um so mehr werden also Verschiedenheiten in der Temperatur sie
von einander zu trennen streben, weil die Ausdehnung eine um so größere Wirkung
hervorbringen muß, je größer die Quantität der abgesezten Substanz ist.
Noch mehrere Ursachen tragen zu dieser Erscheinung bei, namentlich die Art, wie bei
den neuen Verfahren das Kupfer zu vergolden, das sogenannte Abbrennen vorgenommen
wird. Diese Reinigung besteht darin, daß man die Kupfergegenstände, ehe man sie in
das Goldbad bringt, in eine oder mehrere Mischungen concentrirter oder verdünnter
Säuren, dann in mehrere Waschwasser taucht, um alle (fremdartigen) Körper von ihrer
Oberfläche zu entfernen; allein es vergehen immer einige Secunden zwischen dem
Herausnehmen der Gegenstände aus dem lezten Wasser und dem Eintauchen in das
Goldbad, so daß der Gegenstand sich oft schon an der Luft verändern kann. Diese
Veränderung ist zwar sehr unbedeutend, aber sie findet denn doch statt.
Es folgt daraus, daß die Goldablagerung, streng genommen, nicht auf einer reinen
Kupferfläche stattfindet, sondern auf einer äußerst dünnen Oxydhaut. Das Abbrennen
auf nassem Wege ist es daher nicht, welches die Metalloberflächen in den für die
Adhärenz geeignetsten Zustand versezt; das Abbrennen auf trokenem Wege hat diesen
Fehler nicht, indem dadurch die Oberfläche bloßgelegt werden kann, ohne daß eine so
unmittelbare nachtheilige Veränderung eintritt, wie im feuchten Zustande. Bei einer
vor Kurzem angestellten amtlichen Prüfung des Vergoldens mittelst EintauchungNaͤmlich nach Elkington's (im polytechn.
Journal Bd. LXV S. 42 beschriebener) Methode.A. d. R. wurden folgende Methoden der
Abbrennung (des Blankmachens) angewandt:
1) Man rieb die Oberfläche bloß mit sehr feinem Bimssteinpulver und Wasser ab, oder
krazte sie mit einem schneidenden Instrument;
2) Abbrennen in Salpetersäure oder einer Mischung derselben mit Kochsalz und Ruß;
3) Abbrennen mit einer Aeznatronlösung von 7° Baumé und in Lösungen von
36° Baumé;
4) Abbrennen mit Lösungen von Natron und Ammoniak;
5) Abbrennen mit einem Gemisch von Aeznatron und Salmiak;
6) Abbrennen mit einem Gemisch concentrirter Säure und Kochsalz.
Um sich zu überzeugen, ob das Gold den Messingplatten fest anhafte, wurden folgende
Proben angestellt. Man schnitt jede Platte vergoldeten Messings an einer Seite ab,
um die Abtrennung des Goldes, falls es nicht fest anhafte, zu erleichtern. In
derselben Absicht wurde die Platte hierauf in verschiedenen Richtungen gebogen und
dann gehämmert. Diese Proben gaben folgende Resultate, welche auch auf
elektrochemisch vergoldete Gegenstände, nachdem sie auf obige Weisen abgebrannt
wurden, Anwendung finden.
Das Abbrennen auf trokenem Wege gibt der Vergoldung Dauerhaftigkeit und Festigkeit:
Dauerhaftigkeit, weil sie diker wird; Festigkeit, weil sie den damit angestellten
physischen Proben widersteht. Allerdings ist das Ansehen nicht allemal schön,
namentlich wenn die Oberfläche nicht in gleichartigem Zustand war. Es geht daraus
hervor, daß das Abbrennen auf trokenem Wege einen großen Vorzug hat vor jenem auf
nassem Wege; leider aber kann es in sehr vielen, ja in den meisten Fällen keine
Anwendung finden, unter andern bei Bijouterie-Gegenständen; und selbst wenn
man es brauchen könnte, würde die dazu erforderliche Zeit es so kostspielig machen,
daß die Technik es aufgeben müßte; das Abbrennen muß daher beinahe immer auf nassem
Wege geschehen, indem hiedurch wenigstens die eben angegebenen Uebelstände vermieden
werden.
Die Anwendung des Queksilbers hebt diese Schwierigkeit auf; außerdem daß es als
Vermittler zwischen dem Kupfer und dem Golde oder Silber dient, um die
Contactverbindungen hervorzurufen, schüzt es auch das Kupfer vor jeder nachtheiligen
Veränderung im Metallbad.
Hr. d'Arcet, welcher sich mit Allem was in die Kunst zu
vergolden einschlägt, beschäftigte, empfahl schon vor langer Zeit, daß man zur
Vermeidung der Entwiklung salpetriger Säure, aus Rüksicht auf die Gesundheit, die
zur Queksilber-Vergoldung bestimmten abgebrannten Stüke in eine verdünnte
Lösung von salpetersaurem Queksilberoxydul eintauchen möchte. Es ist einleuchtend,
daß das Gold auf diese Weise leichter aufzutragen seyn muß. Hr. Elkington rieth in seinem Patent dasselbe Verfahren für
die Vergoldung durch Eintauchen an, behufs der Mattirung nach vorgängigem Abbrennen
in Säuren; er beschränkt sich jedoch dabei auf ein bloß einmaliges Eintauchen und
Waschen vor dem Eintauchen in ein kochendes Goldbad; es kann aber die
Kupferoberfläche so nur schwach amalgamirt werden, weil die Eintauchung nur sehr
kurze Zeit dauert.
Auf folgende Weise amalgamire ich die Gegenstände, um, was Dauerhaftigkeit und
Festigkeit anbelangt, die beste Vergoldung zu erhalten. Nachdem die Stüke ganz
einfach in die Lösung des salpetersauren Queksilberoxyduls getaucht und in vielem
Wasser gewaschen wurden, werden sie mit Leder gerieben, um das Queksilber recht zu
verbreiten; das Eintauchen wird so oft wiederholt, bis dieses Metall gleichmäßig
über der Oberfläche zertheilt ist. Wird es nur leicht, ohne es zu reiben,
ausgebreitet, so bleibt die Oberfläche matt; bürstet man sie aber, so erhält sie ein
glänzendes Ansehen. Die so vorbereiteten Stüke werden, wenn man sie nun in das
Cyangoldkaliumbad bei 25–30° C. (20–24° R.) taucht und
den einfachen Apparat mit constantem Strom in Wirkung sezt, in weniger als einer Viertelstunde matt oder
glänzend vergoldet; das Matt aber ist einigermaßen mit dem Matt der Stokuhren zu
vergleichen, welches mit dem gewöhnlichen Verfahren nicht leicht erhalten wird. Will
man also der elektrochemischen Vergoldung Werth geben, so muß man beide
Verfahrungsweisen zusammen anwenden und das Queksilber als Verbindungsmittel
benuzen, jedoch nicht in so großer Quantität wie bei der Queksilbervergoldung. Die
Temperatur beim sogenannten Färben ist hinreichend, das Queksilber zu verjagen; es
werden auf diese Weise die zwei Zweke erreicht, das Gold mit dem Kupfer zu
vereinigen, und das Gold in einer beliebigen Dike aufzutragen.
Es ist sehr leicht zu erklären, warum die elektrochemische Vergoldung auf Kupfer,
wenn die Schicht sehr dünn ist, an feuchter Luft sich verändert. Man nimmt dann hie
und da kleine Punkte von Kupferoxydhydrat wahr, was auch bei der Vergoldung durch
Eintauchung der Fall ist, die nur eine sehr dünne Schicht absezt. Digerirt man ein
auf eine dieser beiden Arten vergoldetes Stük in Salpetersäure, in verdünnter
nämlich, um eine tumultuarische Einwirkung zu verhüten, so löst sich das Kupfer
allmählich auf und es bleibt ein florartiges Nez zurük; folglich sind die Stüke mit
einem solchen Neze überzogen und müssen, wenn sie an einem feuchten Orte bleiben,
mit der Zeit eben so angegriffen werden, wie von der verdünnten Salpetersäure.
Die Wirkung muß sogar noch viel schneller vor sich gehen, als wenn das Kupfer allein
wäre, weil die Oberfläche allenthalben mit Volta'schen Paaren, Gold und Kupfer,
bedekt ist, deren constante Wirkung die Oxydation des Kupfers befördert. Dieser
Uebelstand ist aber nicht zu befürchten, wenn man das so eben beschriebene Verfahren
einschlägt, weil dann die Kupferoberfläche gleichförmig vergoldet werden kann, und
wenn die Schicht dik ist, wie man sie mittelst der Elektricität machen kann, so ist
man ganz versichert, daß die Vergoldung wirklich unveränderlich ist. Man darf
niemals aus dem Auge lassen, daß beim Ueberziehen des Kupfers mit Gold oder sonst
eines Metalls mit einem andern immer zwei Bedingungen vereinigt werden müssen:
Adhärenz (Anhaftung) und hinlängliche Dike der abgelagerten Schicht, damit die
atmosphärischen Einflüsse ihre Wirkung nicht durch die unzähligen Zwischenräume
hindurch ausüben, welche die Theilchen des abgelagerten Metalls zwischen sich
lassen.
Von dem Aussehen vergoldeter etc. Oberflächen.
Die Metalle, welche auf elektrochemischem Wege mit anderen Metallen überzogen werden
sollen, müssen vorher gereinigt und abgebrannt werden; durch leztere Operation beabsichtigt man nicht
nur, alle Unreinigkeit zu entfernen, sondern auch ihnen ein Aussehen zu geben,
welches von dem Molecularzustand, den man auf der Oberfläche hervorbringen will,
bedingt ist; will man demnach ein glänzendes Matt, ein trübes Matt oder ein dunkles
trübes Matt, so muß besagte Vorbereitung hienach verschieden seyn. Den Technikern
sind die verschiedenen Mittel schon bekannt, diese Vorbereitungen zu machen. Ich
werde jezt einige Betrachtungen über die physischen Ursachen mittheilen, welche die
verschiedenen Molecularzustände hervorbringen, durch deren Kenntniß man leicht das
geeignete Verfahren wählen kann, um nach Belieben Matt oder Glanz etc.
hervorzubringen.
Eine Oberfläche erscheint polirt oder glänzend, wenn sie die Eigenschaft besizt, das
Licht an einigen Punkten regelmäßig zu reflectiren; hiezu ist erforderlich, daß
diese Oberfläche aus Theilchen zusammengesezt sey, die alle gleiche Anordnung haben,
d. h. deren nach Oben gekehrte Flächen alle in der nämlichen Ebene liegen. Aus
lezterm Grunde ist die Lichtreflexion regelmäßig.
Das Matt hingegen entsteht durch die unregelmäßige Reflexion des Lichts, welche immer
stattfindet, wenn die Oberfläche mit unzähligen kleinen Erhabenheiten (Rauhigkeiten)
bedekt ist, also wenn die kleinen nach Oben gekehrte Flächen der Körpertheilchen
alle nach anderen Richtungen gekehrt sind. Von einer solchen Oberfläche müssen alle
äußern Gegenstände mehr oder weniger verworren reflectirt werden. Es erzeugt sich
gar kein Bild, wenn die Theilchen möglichst unregelmäßig angeordnet sind.
Hieraus geht klar hervor, daß wenn man eine matte oder polirte Metalloberfläche in
einer passenden Lösung der gleichmäßigen Wirkung eines elektrischen Stromes aussezt,
um sie mit einer äußerst dünnen Schicht Goldes, Silbers oder eines andern Metalls zu
überziehen, der ursprüngliche Zustand der Oberfläche sich nicht merklich verändern
wird, weil in dem ersten Fall bei der polirten Oberfläche alle regelmäßig liegenden
Blättchen mit einer Schicht bedekt werden, die wegen ihrer Dünne den ursprünglichen
Molecularzustand nicht verändert; im zweiten Fall, nämlich bei der matten
Oberfläche, werden die Ungleichheiten auf der Oberfläche ebenfalls in ihrem Zustand
verbleiben, indem keine Ursache vorhanden ist, warum sie sich verändern sollten.
Natürlich verhält es sich nur so, wenn die Ablagerung äußerst dünn ist; denn wäre
dieselbe ziemlich stark, so würde sie die von den Ungleichheiten gebildeten leeren
Räume ausfüllen und dann würde die Beschaffenheit der Oberfläche eine andere.
Wenn demnach eine Metalloberfläche von Gold, Silber, Kupfer oder Zink, ganz oder theilweise
polirt oder matt gemacht ist, so kann man versichert seyn, daß wenn man eine sehr
dünne Schicht eines andern Metalls sich darauf absezen läßt, der Molecularzustand
der Oberfläche dadurch nicht merklich verändert wird.
Diese Betrachtungen lassen sich in den Saz zusammenfassen: wie die Oberfläche, so
auch die Vergoldung.