Titel: | Neue Construction der Strek- und Kühlöfen und verbessertes Verfahren zur Verfertigung des Tafel- und Scheibenglases etc., worauf sich James Timmins Chance, Glasfabrikant zu Birmingham, am 7. Jul. 1842 ein Patent ertheilen ließ. |
Fundstelle: | Band 89, Jahrgang 1843, Nr. XCIV., S. 371 |
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XCIV.
Neue Construction der Strek- und
Kuͤhloͤfen und verbessertes Verfahren zur Verfertigung des Tafel-
und Scheibenglases etc., worauf sich James Timmins Chance, Glasfabrikant zu
Birmingham, am 7. Jul. 1842 ein Patent ertheilen
ließ.
Aus dem Repertory of Patent-Inventions. April
1843, S. 215.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Chance's Strek- und Kühlöfen.
Bei der gewöhnlichen Art, Glastafeln oder Scheiben durch Austreiben der Glasmasse in
Cylinder zu verwandeln, welche dann aufgesprengt, geöffnet, gestrekt und abgekühlt
werden, sind diese lezteren Processe noch ziemlich mangelhaft. Beim Streken wird das
Glas plözlich aus der Temperatur des Strekofens in einen andern Ofen gebracht,
dessen Temperatur so niedrig ist, daß das Glas ganz fest wird und bleibt. Da es aber
längerer Zeit bedarf, bis es aus der ersten Stellung, welche es in diesem zweiten
Ofen einnimmt, in eine andere gebracht werden darf, so kann es leicht geschehen, daß
es den gehörigen Grad von Festigkeit bis zur Zeit wo dieß geschieht, noch nicht
angenommen hat und es daher seine Form verliert. Es muß daher ein Verfahren
wünschenswerth seyn, das Glas zu streken und vom Plaze zu bringen, bei welchem es
sich erstens nach dem Streken allmählich abkühlt bis es in den Kühlofen kommt, und
zweitens nicht früher aufgehoben und weiter geschoben wird, bis es gehörig fest ist
und zu gleicher Zeit der Arbeiter nicht verhindert ist, im Streken frischer Cylinder
im selben Ofen fortzufahren. Auch die Kühlöfen bieten Uebelstände dar. Nachdem
nämlich das Glas in dem einen Ofen gestrekt, dann aufgehoben und in einen zweiten
Ofen geschoben, dann allein auf eine Kühlplatte gelegt worden, wird es von dieser,
nachdem es fest geworden, wieder aufgehoben und in einem Theil dieses Kühlofens in
großer Anzahl auf dem Rande stehend als compacte Glasmasse aufgestellt. Wenn mehrere
solche Partien von Glasplatten aufgestellt sind, wird das Glas erst abgekühlt, d. h.
auf einen gewissen Grad erhizt und unter Ausschluß der Luft allmählich abgekühlt;
hiezu sind aber mehrere Tage erforderlich, und da der Strek- und der Kühlofen
zusammenhängen, muß der erstere zugleich mit dem leztern abgekühlt, also das Streken
des Glases unterdessen ausgesezt werden und zwar bis der Ofen die zum wieder
beginnenden Strekproceß erforderliche Temperatur hat, wodurch natürlich auch viel
Brennmaterial verloren geht und viele Reparaturkosten verursacht werden.
Nun macht sich meine Erfindung 1) zum Zwek, einen Strekofen so zu construiren, daß
keine Glastafel aus dem Strekraum in eine Temperatur kömmt, in welcher sie fest
wird, ehe sie vorher stufenweise abgekühlt wurde; 2) daß das Glas vor seinem
Festwerden nicht aufgehoben wird und 3) daß der Arbeiter mehrere Tafeln nacheinander
in demselben Ofen streken kann, während die erste allmählich abkühlt. Das Kühlen
aber geht so vor sich, daß die Glastafeln oder Scheiben etc. längs eines Ofens nach
und nach vorgerükt werden, der so geheizt ist, daß seine Temperatur in der Richtung
seiner Länge immer mehr abnimmt, nämlich zunächst dem Strekofen, wo die Gläser
aufgehen, am höchsten und da, wo das Glas abgekühlt herausgenommen wird, am
niedrigsten. Um die Abkühlung möglichst zu beschleunigen, bediene ich mich einer
Vorrichtung, wodurch die Luft im Kühlofen um beide Glasoberflächen während ihrer
Vorwärtsbewegung frei circuliren kann. Der Strek- und Abkühlproceß werden
hiedurch in einem und demselben Ofen fortgesezt und ununterbrochen unterhalten und
die Zeit der Abkühlung bedeutend abgekürzt. Die nun zu erklärenden Abbildungen
werden das Verfahren deutlich machen.
Fig.
69–73 sind zwei kreisrunde Gebäude, welche mit einander in Verbindung stehen
und deren jedes aus einer äußern Mauer A und einem
innern Mauerwerk B besteht, die einen kreisrunden
überwölbten Raum zwischen sich lassen. In jedem dieser zwei Räume befindet sich ein
gußeisernes Gestell F, das auf Rollen C ruht und nach Belieben umgedreht werden kann. Das eine
dieser Gestelle F trägt die Streksteine und Glaslager
L, acht an der Zahl, in der aus Fig. 69 ersichtlichen
Anordnung; das andere Gestell F trägt eine Anzahl Drähte
D von Kupfer oder einem andern Metall, in
strahlenförmiger Richtung gegen den Mittelpunkt des Gemäuers, und auf diesen Drähten
findet die Abkühlung statt. Die rotirende Bewegung jedes Gestells wird durch einen
Mann bewerkstelligt, der eine Kurbel dreht, die mittelst eines Getriebes die
Bewegung auf den innern Umfang des Gestells fortpflanzt, welcher zu diesem Zwek mit
Zähnen versehen ist. Um zu verhindern, daß ihr äußerer Umfang sich nicht gegen die
innern Mauern der beiden Gebäude reibe, bringe ich in geeigneten Entfernungen Walzen
an, die sich gegen die Gestelle bewegen. Der Strekofen wird durch den Rost G erhizt, und damit die während der rotirenden Bewegung
abgekühlten Streksteine noch einmal erhizt werden und zwekmäßig erwärmt bei E ankommen, bringe ich einen zweiten, kleinern Rost H an. Wird mit Kohks gefeuert, so ist ein Kamin nöthig,
welcher bei C angebracht werden kann; bei Holzfeuerung
ist kein Kamin nöthig. Die Scheidewände P
werden von der äußern
Mauer und der innern über den Glaslagern und den Drähten gehalten und gestatten
diesen gerade noch mit dem Glase unter ihnen durchzugehen; sie dienen, die Hize in
jene Theile des Ofens einzuschließen, wo es das Streken erfordert, so wie auch das
Eintreten der kalten Luft durch die Arbeitslöcher zu verhindern. Der Raum I ist zum Wiedererhizen der Drähte bestimmt. Der Raum
J, durch welchen das Glas von den Lagern zu den
Drähten geschoben wird, wird mit Gas oder anderm Licht erleuchtet. — Der Ofen
wird nun auf folgende Weise in Gang gesezt. Der Glascylinder kömmt zuerst in die
Stellung K, hierauf in die Stellung L, dann in die Stellung M
auf einen über den Lagern schwebenden Stein, dessen beide Enden von den Mauern A und B unterstüzt werden,
endlich in die Stellung N auf das unten befindliche
Lager.
Damit die Cylinder nicht fortrollen können, sind die Streksteine mit einem Rand l versehen. Das Gestell F
wird nun gedreht, bis der Glascylinder die Stellung O,
dem Arbeitsloch o gegenüber, einnimmt, durch welches er
dann auf gewöhnliche Weise gestrekt wird. Von O geht das
Glas allmählich auf Q über und von da langsam nach R; von da wird es in die Stellung T an die Drähte geschoben, wozu sich der Streker seines Instruments durch
die Oeffnung S hindurch bedient; nachdem es die
verschiedenen Lagen durchgemacht hat, kömmt es zulezt nach V, wo es, vollkommen abgekühlt, nach WW
gezogen wird. Bei der beschriebenen Einrichtung bleibt jede Glastafel nach dem
Streken auf dem Stein oder der Platte, auf welcher sie gestrekt wurde, so lange, daß
mehrere Cylinder in demselben Ofen nach einander gestrekt werden können, und jede
Glastafel geht, ehe sie vom Strekstein aufgehoben wird, allmählich durch abnehmende
Hize und hat also Zeit, sich bis in den festen Zustand abzukühlen, ohne daß der
Arbeiter gehindert wäre, seine Strekarbeit fortzusezen. Unter Beibehaltung der
Hauptsache kann dieses System auf verschiedene Weise modificirt werden. Eben so geht
das Kühlen allmählich vor sich, ohne daß die Temperatur der Oefen durch die Bewegung
des Gestells F im Kühlofen erniedrigt würde; die durch
die Drähte abgesonderten Glastafeln kühlen sich stufenweise, aber viel schneller
ab.
Ich schreite nun zur Beschreibung der Abbildungen Fig. 74–79, welche
mehrere Ansichten einer anderen Construction des Kühl- und Strekofens
vorstellen. Der Strekofen ist hier dem gewöhnlichen gleich und wurde nur
hingezeichnet, um seinen Zusammenhang mit dem Kühlofen zu zeigen. Z ist ein langer Kühlofen, welcher auf eine beliebige
Weise so geheizt wird, daß der dem Strekofen zunächst liegende Theil am heißesten
ist und die Hize von da bis zum entgegengesezten Ende allmählich abnimmt. Die
Figuren zeigen in mehreren Ansichten einen der Wägen, welche das Glas auf einer
Schienenbahn längs des Ofens Z hindurch führen; ihre
Construction ist hieraus genugsam ersichtlich. Ihre Eigenthümlichkeit besteht darin,
daß sie ein System leichter Gestelle (Rahmen) f
darstellen, die sich auf Achsen x drehen und so
vorgerichtet sind, daß, vom innersten oder nächsten n
angefangen, jedes besonders, eines nach dem andern, in eine bleibende Stellung
gebracht werden kann, die zum Tragen des Glases geeignet ist, indem es mit einem
Rande auf dem Wagen selbst aufsteht. Jeder solche Wagen mit seinen horizontal
niederliegenden Rahmen kömmt zuerst in einen kleinen Raum (c) am heißesten Ende des Kühlofens Z, welcher
mit der äußern Luft und dem genannten Ofen durch zwei mit Gegengewichten versehene
Zugthüren (dI, dII) in Verbindung
steht. Der Arbeiter stößt mittelst einer Stange, die durch ein kleines Loch in der
ersten Zugthür (dI)
geht, den Wagen aus dem erwärmenden Raum bis zu einem andern Wagen, der, mit seiner
Glasladung versehen, zum Vorwärtsgehen bereit ist, und ein einfallender Haken (e) an der Vorderseite des leeren Wagens, welcher in eine
entsprechende Oeffnung (b) an der Hinterseite des
beladenen Wagens einfällt, hängt die beiden Wägen zusammen. Das successive Aufheben
der leichten Rahmen (um das Glas aufzustellen) vom Kühlsteine, wird mit derselben
Gabel, oder demselben Instrument, welches zum Aufheben und Stellen des Glases dient,
leicht bewerkstelligt. Dieses und das Aufstellen geschieht durch eines der Löcher
aI oder aII unter der
Vorsicht, daß nicht beide Löcher zu gleicher Zeit offen bleiben. Am kältesten Ende
des Kühlofens Z ist ein Abladeraum Y, der durch einen Ofen erwärmt wird, in welchen die
beladenen Wägen nacheinander vom Ofen Z her ankommen.
Die Länge des Raumes Y hängt von der Anzahl der auf
einmal abzuladenden Wägen ab. Die abgeladenen Wägen werden durch die in der Kammer
Y befindliche Thüre D
herausgebracht und außerhalb des Ofens wieder zum erwärmenden Raum (c) geführt. Die Fortbewegung der Wägen längs des
Kühlofens Z bewirkt ein Haspel (w) und eine Kette, die durch das Ende der Abladekammer Y geht und an dem vordersten Wagen des Zuges befestigt
ist. Wenn eine gewisse Anzahl Wägen abgeladen ist, wird das Ende der erwähnten Kette
allemal an den vordersten der noch übrigen Wägen befestigt. Eine Thüre mit ziehendem
Gegengewicht (dIII)
befindet sich zwischen der Abladekammer Y und dem
Kühlofen Z, welche zur Regulirung der Temperatur der
leztern beiträgt. Eine andere ähnliche Thüre befindet sich bei dIV, welche den
Kühlofen geschlossen zu erhalten bestimmt ist, wenn der Strekofen frischer Heizung
bedarf. Mittelst dieses Kühlofens etc. wird das Glas viel schneller abgekühlt als
durch alle bisherigen Verfahrungsweisen, ohne daß der Strek- oder der
Kühlofen unter der Arbeit abgekühlt zu werden brauchte.