Titel: | Beschreibung einer Maschine zur Verfertigung der Pappendekel; von Hrn. L. Piette, Fabrikunternehmer zu Dillingen. |
Fundstelle: | Band 90, Jahrgang 1843, Nr. XXVI., S. 102 |
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XXVI.
Beschreibung einer Maschine zur Verfertigung der
Pappendekel; von Hrn. L.
Piette, Fabrikunternehmer zu
Dillingen.
Aus den Verhandlungen des Vereins zur Befoͤrderung des
Gewerbfleißes in Preußen, 1843, 3te Lieferung.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Piette's Maschine zur Verfertigung der Pappendekel.
Jeder der Gelegenheit hatte Papiermühlen zu besuchen, kennt die herkömmliche
Fabrication der Pappendekel. Der Schöpfer übergibt dem Gautscher die mit Zeug
gefüllte Form. Diese bleibt in den Händen des leztern, bis ihm eine inzwischen vom
Schöpfer wieder mit Zeug versehene zweite Form zukommt, welche auf die erste gelegt,
durch die beiden Arbeiter so fest als möglich zusammengedrükt wird, so daß aus den
beiden geschöpften Blättern ein einziges entsteht. Der Schöpfer hebt nun die obere
Form, von welcher sich das Blatt an der untern vom Gautscher gehaltenen Form
festhängt, auf, füllt
sie von neuem, und erst dann, wenn durch mehrmalige Wiederholung dieses Verfahrens,
je nach der festgesezten Dike der Pappe, mehrere Blätter so vereinigt sind, breitet
der Gautscher dieselben auf einem Filz aus. Diese Verfahrungsweise ist zeitraubend,
beschwerlich und liefert ein unvollkommenes Product:
1) Beim Aufeinanderlegen und Zusammendrüken der mit Zeug gefüllten Formen zieht das
an den Seiten abfließende Wasser eine größere oder geringere Menge Zeug vom Rande
des Blattes mit sich fort, wodurch das Auszaken oder Ausfranzen des Blattes
verursacht wird.
2) Der ungleiche Druk, welcher von den beiden Arbeitern bei dem Zusammendrüken der
Formen angewendet wird, und der natürlich stärker ist auf den Seiten, wo der Druk
stattfindet, als in der Mitte des Bogens, verursacht einen unregelmäßigen Bogen,
diker und lokerer in der Mitte als auf den Seiten.
3) Die Luft, welche im Augenblike des Aufeinanderlegens der Formen den Raum zwischen
beiden einnimmt und eine Zusammendrükung erleidet, verursacht häufig Blasen, die bei
ihrem Zerplazen Löcher im Pappendekel lassen.
4) Die mit so sehr beweglichem Zeug beladene Form darf nicht die mindeste
Erschütterung erleiden, weil durch diese Stöße der regelmäßig geordnete Zeug mehr
oder weniger verrükt wird, was einen Auswurf, oder die Erneuerung des Bogens
verursacht.
5) Es ist unmöglich, dem Bogen eine beliebige Dike zu geben, da es, um diese zu
erlangen, nicht allein nöthig wäre, daß die Arbeiter die nämliche Zahl Bogen
aufeinander legten, sondern auch immer Bogen von gleicher Dike schöpfen müßten, was
unmöglich ist.
6) Endlich können zwei Arbeiter nicht mehr wie 200–250 Pfd. Pappendekel in
zwölf Stunden hervorbringen.
Um diesen großen Nachtheilen, welche die beständige Klage der Pappenfabrikanten und
Aller sind, die den Pappendekel nachher verarbeiten sollen, abzuhelfen, schlage ich
folgende, von meinem Bruder Prosper Piette erfundene und
von einem hohen Ministerium patentirte Verfahrungsart vor.
Eine runde, aus Bohlen zusammengefügte Tafel a, a, a,
Fig. 15
und 16,
bildet denjenigen Theil, auf den alle zu dem Gebrauch bestimmten Formen der Reihe
nach aufgestellt werden; im Mittelpunkte dieser Tafel, deren Lage horizontal ist,
steht ein regelmäßig gearbeiteter achtekiger Wellbaum b,
Fig. 17,
dessen oberer Theil mit einer Spize c in einer Büchse an
der Deke, und dessen unterer Theil e in einem
Zapfenlager am Fußboden f sich dreht, so daß die
Rotirung dieser Tafel, deren Verbindung mit dem Wellbaum mittelst der Arme g, g, Fig. 15 und 17, bewirkt wird, ganz
beliebig ist. In dem dikeren Theil des Wellbaums, in einer Höhe vom Boden, welche
mit der Größe der Arbeiter in einem passenden Verhältnisse steht, sind die aus
Bohlen bestehenden Arme g, g eingelassen und erstreken
sich, wie an den punktirten Linien zu sehen, unter den die Tafel a, a bildenden Bohlen, bis an deren äußeren Umfang.
Runde Eisenstangen h, h sind auf zwei entgegengesezten
Seiten zweier in einer Richtung liegender Arme g, g, an
dem breiteren Theile l, an der Seite, durch
Holzschrauben befestigt, biegen sich bei i, wo sie durch
eiserne Haken festgehalten werden, und gehen mittelst einer an ihrem oberen Ende
angebrachten Schraube durch eine runde Eisenplatte k,
welche an ihrem Umfange mit einer der Anzahl der Eisenstangen entsprechenden Zahl
Oeffnungen versehen ist, wo sie durch eine Schraubenmutter angezogen werden.
Die Tafel a, a, Fig. 16, ist so groß, daß
16 Papierformen, wovon jede wieder mit einem Dekel oder hölzernen Rahmen, Fig. 18, von
mehreren Zoll Höhe bedekt ist, bequem darauf Plaz finden; auch hat die Tafel eine
solche Stellung zu der daneben befindlichen, mit hinlänglich verdünntem Zeuge
gefüllten, Vorrathsbütte s, daß durch Oeffnen eines
Hahnes r am untersten Theil der lezteren die Form,
welche gerade unter dem Hahn zu stehen kommt, leicht gefüllt werden kann.
Ist auf diese Weise die Füllung der ersten Form erfolgt, so wird durch Abschließen
des Hahnes die Communication mit der Vorrathsbütte so lange unterbrochen, bis durch
leichtes Drehen der Tafel nach der Bütte zu die zweite Form unter den Hahn kommt,
welche nun eben so wie die erste gefüllt wird, worauf sich dieses Verfahren bei
allen Formen wiederholt, bis die zuerst gefüllte Form dem Arbeiter der bei T steht, wieder zukommt.
In der während des Füllens der Formen verflossenen Zeit hat der Zeug, durch
Entweichen einer großen Menge Wasser, eine solche Consistenz gewonnen, daß der Dekel
von der Form abgenommen werden kann und nur noch der lezte Antheil zurükgebliebenen
Wassers durch irgend ein Mittel ihm entzogen werden muß, um die Ausbreitung des
Bogens auf dem Filze vollziehen zu können. Dazu bieten sich mehrere Mittel dar,
nämlich:
1) Auspumpen der unter der Form befindlichen Luft durch eine Saugpumpe, um durch den
Druk der Atmosphäre auf die Oberfläche des gebildeten Bogens das Ausfließen des
Wassers nach unten zu bewirken.
2) Die Belastung des Pappendekels mit einer neuen Form, deren Druk auf das Blatt durch
Aufstellen von Gewichten noch vergrößert werden kann.
3) Endlich bietet sich außer andern noch folgendes Mittel dar, welches uns unter
allen das einfachste und zwekmäßigste zu seyn schien:
Gegen die Mitte des Wellbaumes b, Fig. 17, ist ein dessen
Peripherie umgebendes Wassergefäß m angebracht, welches
durch eine Röhre aus einem Wasserbehälter der Fabrik gespeist wird. Von diesem
Gefäße aus münden, mit Hähnen o versehen, so viele
Röhren n, als Formen auf der runden Tafel sind. Wenn nun
auf oben beschriebene Weise die erste Form q, nach
Füllung aller übrigen, an ihrer ursprünglichen Stelle wieder angekommen und der
Dekel davon abgenommen ist, so stellt man eine Form umgekehrt darauf und auf diese
einen Eimer oder sonstiges Wassergefäß p, welches nach
seinem Inhalte mit der erforderlichen Größe des auszuübenden Drukes im Verhältnisse
steht, öffnet den kleinen Hahn o, wodurch das Wasser
langsam in den Eimer fließend, einen für die Auspressung des Pappblattes
hinreichenden, stufenweise zunehmenden Druk hervorbringt. Sobald der Eimer gefüllt
ist, schließt man den Hahn, nimmt den Eimer und die umgekehrte Form ab, und legt den
Bogen, wie gewöhnlich, auf den Filz. Ebenso wiederholt sich dieses Verfahren bei den
übrigen Formen.
Durch Zeichen, welche man in verschiedenen, leicht zu bestimmenden Höhen innerhalb
des Dekels anbringt, ist es dem Arbeiter sehr leicht, jede gewünschte Dike des
Blattes darzustellen, indem er die Quantität des aus der Vorrathsbütte durch den
Hahn z zuströmenden Zeuges reguliren kann.
Dieses Verfahren Pappendekel zu fabriciren bietet gegen das gewöhnliche, und bisher
übliche, den Hauptvortheil dar, daß die Leistungen eines einzigen Arbeiters
hinreichen, mit Leichtigkeit in demselben Zeitraum eine größere Quantität zu
liefern, welche ihrer Qualität nach vollkommen fehlerfrei ist, indem bei dieser
Fabrication sich keiner der zuerst erwähnten und von der älteren Methode
unzertrennlichen Uebelstände einstellt.