Titel: | Bericht des Hrn. Dumas über Chevandier's Abhandlung, die Zusammensezung der Holzarten und den jährlichen Ertrag einer Hektare Waldung betreffend. |
Fundstelle: | Band 92, Jahrgang 1844, Nr. XV., S. 47 |
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XV.
Bericht des Hrn. Dumas uͤber Chevandier's Abhandlung, die Zusammensezung der
Holzarten und den jaͤhrlichen Ertrag einer Hektare Waldung
betreffend.
Aus den Comptes rendus, Febr. 1844, Nr.
8.
Dumas, über den Ertrag der Waldungen.
Hr. Chevandier, dessen Amt als Director der
Spiegelglasfabrik zu Cirey, ihm die Verwaltung und Ueberwachung von ungefähr 4000
Hektaren Waldungen auferlegt, hat sich genauen forstwirthschaftlichen Studien
gewidmet, die ihn veranlaßten, die Lösung einiger Fragen von allgemeinem Interesse
zu versuchen, welche ihm überdieß für die Leitung der ihm anvertrauten
Bewirthschaftung wichtige Aufschlüsse liefern mußten.
Unter diesen Fragen hat die erste, welche er in Untersuchung zog und worüber er der
Akademie berichtete (polytechnisches Journal Bd.
XCI. S. 372) den Zwek:
1) Den wahren Werth eines Stere verschiedener Holzarten, auf seine Bestandtheile
zurükgeführt, zu erfahren;
2) zu erfahren, wie viel eine Hektare Waldung jährlich Kohlenstoff, Wasserstoff,
Stikstoff etc. in Form nuzbarer Producte erzeugt.
Bei der Wichtigkeit dieser Bestimmungen in industrieller und forstwissenschaftlicher
Hinsicht versäumte
der Verf. nichts, was zu ihrer Genauigkeit beitragen konnte.
Die erste Arbeit, welche er im Walde vornahm, bestand im Messen und Wägen von 600
Steres verschiedener Holzgattungen, verschiedenem Alter und aus verschiedenem
Boden.
Es wurde nun die erste Tabelle zusammengestellt, welche das Gewicht ei es jeden
Stere, womit Versuche angestellt werden sollten, enthielt.
Da aber zur Zeit der Fällung das Holz verschiedene Mengen Wassers enthalten konnte,
so wurden von jedem Stere vornweg drei Scheiter genommen, welche sorgfältig gewogen
und nummerirt wurden.
Alle diese Scheiter kamen in ein Trokenzimmer, worin man sie sechs Wochen lang unter
zeitweiser Veränderung ihres Plazes einer Temperatur von 30 bis 40° C.
aussezte. Auf diese Weise wurden sie auf einen so gleichförmigen hygrometrischen
Zustand gebracht, daß mehrere Proben derselben Holzart, als man sie dann vollends
bei 140° C. im luftleeren Raum austroknete, nicht über 1/2 Procent an Gewicht
verloren.
Nachdem die Scheiter in lezterem Zustand gewogen worden waren, konnte das
ursprüngliche Gewicht des Stere, welchem jedes derselben angehörte, leicht corrigirt
und auf den gleichförmigen und vergleichbaren Zustand reducirt werden, auf welchen
das Verweilen im Trokenzimmer alle Proben gebracht hatte.
Es erübrigte nun noch zu erfahren, wie viel jedes dieser Steres Holz Kohlenstoff,
Wasserstoff, Stikstoff und Asche enthalte.
Der Verf. stellte seine Analysen mit dem bei 140° C. im luftleeren Raum
ausgetrokneten Holz an, indem er den Kohlenstoff, Wasserstoff und Stikstoff nach dem
gewöhnlichen Verfahren bestimmte. Die Asche wurde durch bloße Verbrennung an freier
Luft bestimmt.
In der Regel gaben ihm gleiche Holzarten gleiche Resultate. Er konnte daher aus
diesem ersten Gesammtresultat den absoluten Werth des Stere verschiedener Holzarten
bestimmen.
Dagegen war es schwieriger, den mittlern Ertrag einer Hektare Waldung zu bestimmen;
denn die Waldung liefert, außer dem nach Steres gemessenen Holz, beim Fällen auch
Reisig, welches doch nothwendig auch in Rechnung gezogen werden mußte. Man sammelte
also auch davon Proben, welche derselben Untersuchung wie die Holzproben unterworfen
wurden.
Aus diesen Daten erhielt der Verfasser folgende Resultate:
Das mittlere Gewicht des bei 140° C. getrokneten Holzes von der Hektare der zu
diesen Versuchen benuzten Waldungen beträgt 3650 Kilogr. jährlich.
Der in diesem Holz enthaltene Kohlenstoff beträgt ungefähr 1800 Kilogr., woraus sich
einige wichtige Folgerungen ziehen lassen.
Das über der Basis von einer Hektare befindliche Luftprisma enthält nämlich, wenn man
den mittlern Gehalt an Kohlensäure dem Gewichte nach zu 6/10000 annimmt, ungefähr
16900 Kilogr. Kohlenstoff; so daß, wenn ein Wald nur auf Kosten des ihn bedekenden
Luftprisma's sich erhalten müßte, er allen Kohlenstoff derselben in neun Jahren
erschöpfen würde.
Da andererseits die Erfahrung lehrt, daß jeder erwachsene Mensch ungefähr 300 Gramme
Kohlenstoff täglich verbrennen muß, um dem Bedürfniß seiner Respiration zu genügen,
so ist daraus zu entnehmen, daß 1 Hektare Waldung die täglich von 40 Menschen
entwikelte Kohlensäure zerstört und die von ihnen verbrannten 12 Kilogr. Kohlenstoff
fixirt.
Die Vegetation unserer Wälder, welche nach diesen Gesichtspunkten eine sehr kräftige
zu seyn scheint, muß uns dagegen als eine sehr langsame erscheinen, wenn wir
beifügen, daß dieselben im Zeitraum von hundert Jahren nur so viel Kohlenstoff zu
fixiren vermögen, als zur Erzeugung einer 16 Millimeter diken Steinkohlenschicht auf
der Oberfläche des sie ernährenden Bodens hinreicht, vorausgesezt sogar, daß der dem
Holz angehörende Kohlenstoff sich wieder ganz in der Steinkohle vorfinde.
Diese Versuche zeigen ferner, wie interessant und von welchem Belang es wäre, in
Brasilien oder einem andern Theil Amerika's Versuche mit den Waldungen anzustellen,
welche von jenem, die tropische Vegetation so mächtig anregenden lebhaften Lichte,
andauernder Hize und Feuchtigkeit so sehr begünstigt sind. Ohne Zweifel kann man nur
dort eine richtige Vorstellung von dem Gange der Vegetation in den Wäldern der alten
Welt erhalten.
Hr. Chevandier überzeugte sich, daß alle Holzarten außer
dem Wasser oder seinen Elementen eine beträchtliche Quantität überschüssigen
Wasserstoffs enthalten, dessen Erzeugung er auf jährlich 26 Kilogramme per Hektare anschlägt, wonach also jede Hektare Waldung
jährlich etwa 150 Kilogr. Wasser zersezt, um dessen Wasserstoff aufzunehmen (zu
fixiren). Alle Versuche bestätigen uns sonach die reducirende Kraft der Pflanzen und
beweisen, daß sie das Vermögen besizen, das Wasser zu zersezen.
Auch der im Holz enthaltene Stikstoff zeigt sich constant und beträgt nicht weniger
als jährlich 30 Kilogr. per Hektare. Da sich nun dieser
Stikstoff im Holz in Form fibrin- oder albuminartiger stikstoffhaltiger
Substanzen befindet, so muß jede Hektare nicht weniger als 200 Kilogr. von diesen
Substanzen erzeugen und das Holz kann nicht unter 6 bis 8 Proc. seines Gewichts von denselben
enthalten, welche Umstände hinlänglich erklären, wie so viele Insecten auf Kosten
der im Holze enthaltenen animalischen Stoffe sich erhalten können und warum man nur
diese animalischen Bestandtheile zu vergiften oder sie unverdaulich zu machen
braucht, um die Conservation des Holzes zu sichern.
Der Aschegehalt des Holzes, welches von einer Hektare Waldung jährlich abgeführt
wird, beträgt wenigstens 50 Kilogr. Ihre Untersuchung wird der Verf. in einer
besondern Abhandlung mittheilen.
Solche Untersuchungen verdienen alle Aufmunterung von Seite der Akademie; sie
verursachen große Kosten, erheischen eine seltene Beharrlichkeit und sind so mühsam,
daß nur wenige Personen die damit verbundene Arbeit übernehmen; sie liefern wichtige
Resultate für die Naturwissenschaften, die Industrie und den Akerbau, deren
dieselben bisher ermangelten.