Titel: | Ueber die Kohksconsumtion auf den belgischen Eisenbahnen. |
Fundstelle: | Band 92, Jahrgang 1844, Nr. XLV., S. 165 |
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XLV.
Ueber die Kohksconsumtion auf den belgischen
Eisenbahnen.
Aus der Allgem. Zeitung fuͤr National-Indust. u.
Verk. 1844, Nr. 25.
Ueber die Kohksconsumtion auf den belgischen
Eisenbahnen.
Die Erscheinung, daß der Aufwand für Kohks beim Betriebe von Eisenbahnen immer ein
unverhältnißmäßig großer Theil der Gesammtausgaben ist, und die klar vorliegende
Thatsache, daß von allen verwendeten Kohks nur der kleinere Theil zur wirklichen
Dampferzeugung verbraucht wird, während der bei weitem größere Theil entweder aus
dem Roste verloren, oder in kleineren Stüken durch den Schornstein fortgeführt, oder
aber ohne wirkliche Benüzung seiner Wirkung verbrannt wird, mußten es von jeher
allen Eisenbahnverwaltungen zur angelegentlichen Pflicht machen, auf Mittel zu
sinnen, die eine Ersparniß in dieser Hinsicht hervorrufen konnten.
Die Administration der belgischen Eisenbahnen ist hierin mit großem Erfolge
vorangegangen, und ich theile die Resultate, die sich in den lezten 3 Jahren für
diesen Punkt herausgestellt haben, in dem Folgenden mit.
Nach dem von dem Ministerium der öffentlichen Arbeiten den Deputirtenkammern
erstatteten Berichte vom Jahre 1842, S. 89 ff. hat im Jahre 1840 die Ausgabe für
Kohks den vierten Theil der ganzen Betriebsausgaben betragen. Durch Anwendung von
Expansionsvorrichtungen an den Maschinen und insbesondere von doppelten oder variablen Blasrohröffnungen
verminderte man für das Jahr 1841 die Ausgaben für Kohks bis auf 1/5 des
Generalaufwandes für den Betrieb. Man war in diesem Jahre von einem Verbrauch von
128 Kilogr. auf durchschnittlich 102 Kilogr. per
durchlaufene Lieue (à 5000 Meter)
herabgegangen.
Vom Jahre 1842 an sind Prämien eingeführt worden, welche den Maschinisten für
Ersparnisse bewilligt werden, die sie an den von der Administration bestimmten
Maximalsäzen noch zu erzielen vermögen. Bei den Expansionsmaschinen werden jedesmal
gegen einfache Maschinen 25 Proc. weniger bewilligt.
Durch diese Maaßregel stellte sich im ersten Vierteljahre 1842 ein Consumo von nur 88
Kilogr. durchschnittlich per durchlaufene Lieue heraus,
also eine Ersparniß von 14 Kilogr. für jede durchlaufene Lieue, was bei 6443 Lieues,
welche die betreffenden Maschinen in den ersten 3 Monaten 1842 zurükgelegt hatten,
eine Ersparniß von 90,202 Kilogr. ergab.
Die Gestehungskosten eines Hektoliters oder 35 Kilogr. Kohks berechnet man in Belgien
zu 1 1/2 Fr., was sehr nahe denselben Werth ergibt, wie er von der
Leipzig-Dresdener-Bahn in dem lezten Geschäftsberichte angegeben wird,
nämlich 13,9 Neugroschen für den Schäffel, den man gewöhnlich zu 75 Pfd. (37,5
Kilogr.) annimmt.
Man blieb indessen bei den in dem ersten Vierteljahre erlangten Resultaten nicht
stehen, sondern es ergab sich laut des belgischen Compte
rendu vom Jahre 1843 S. 28 ff. für die lezten sieben Monate des Jahres 1842
ein Durchschnittsverbrauch von nur 80,1 Kilogr. per
Lieue, während in den correspondirenden Monaten der Jahre 1840 und 1841 der mittlere
Verbrauch 95,74 Kilogr. betragen hatte.
So günstig am Schlusse des Jahres 1842 demnach der Erfolg der getroffenen Maaßregeln
zur Kohksersparniß erscheinen mochte, so war es gleichwohl dem Jahre 1843
vorbehalten, den Kohksverbrauch auf eine noch ungleich bedeutendere und in der That
überraschende Art zu vermindern. Es war mir während eines mehrmonatlichen
Aufenthaltes in Mecheln von Seite der Administration gestattet, die den Betrieb
betreffenden Bücher und Tabellen einzusehen und extrahiren zu dürfen, und ich habe
mich dabei überzeugt, daß das Brennmaterial-Consumo sich Monat für Monat
progressiv verminderte. Ich entnehme aus einer Kohksverbrauchstabelle der Nordlinie
(von Brüssel nach Antwerpen) vom Monat December 1843, die ich zur Hand habe, daß der
Durchschnittsverbrauch bei 19 Maschinen und 4974 durchlaufenen Lieues in diesem
Monate nicht mehr als 40,6 Kilogr.
per Lieue beträgt, sich demnach gegen früherhin um nahe
50 Proc. vermindert hat.
Würde es nun auch ein sehr falscher Schluß seyn, wenn man ohne Berüksichtigung der
Steigungen der Bahn und der fortgeschafften Lasten die Kohksconsumos verschiedener
Eisenbahnen vergleichen oder einander gegenüberstellen wollte, so ist es hier
gleichwohl vorliegende Thatsache, daß unter denselben äußern Verhältnissen der
Bahnen und bei derselben mittleren Last auffallende und höchst beträchtliche
Kohksersparnisse erzielt worden sind, und mir scheint es, daß für die Bemühungen
deutscher Bahnadministrationen das Beispiel Belgiens, wo man ebenfalls jahrelanger
Versuche nöthig hatte, ehe man wesentliche Erfolge erlangte, nur ein aufmunterndes
seyn kann.
Auch auf den Bahnen Englands, die ich während meiner dortigen Anwesenheit kennen
lernte, fand ich, daß man überall auf neue Mittel zur Kohksersparniß bedacht war.
Theils Anwendung von Expansionsvorrichtungen, theils doppelte oder variable
Blasrohre, theils Vorrichtungen durch veränderliche Schieber und Klappen den Zug des
Feuers beliebig zu vermindern, theils Prämienbewilligungen an die Maschinisten,
waren die bereits seit längerer Zeit und zwar mit Erfolg angewendeten Mittel.
Viele Theilnahme an den andern Bahnen fand eine neue Maaßregel, die der Ingenieur der
Manchester-Leeds-Bahn eingeführt hatte und die in einem Zeitraum von 4
Monaten, wie mir versichert wurde, in dem Erfolge noch glänzender erschien als alle
früheren. Er hatte nämlich die regelmäßigen (Post-) Züge an die Maschinisten
förmlich accordirt, so daß diese die ganzen Locomotionskosten, Brennmaterial, Oehl,
Talg, Puzmaterial und die Löhne für die Hülfsarbeiter etc. etc. auf eigene Rechnung
übernehmen, unter der Verpflichtung, die Materialien zu festgeseztem Preise von der
Gesellschaft zu beziehen, übrigens die Fahrzeit genau inne zu halten und die
Maschinen in keiner Art zu vernachlässigen; und zwar soll diese Einrichtung nicht
allein für die Compagnie, sondern auch für die Maschinisten selbst von
außerordentlichem pecuniärem Vortheil geworden seyn.
An der Liverpool-Manchester-Bahn bekam ich die nur für die Direction
bestimmten – also sicherlich nicht unrichtigen Betriebstabellen zu sehen, und
es ergab sich, daß in dem lezten Halbjahre 1841 der durchschnittliche Betrag
sämmtlicher Locomotionskosten per durchlaufene englische
Meile zu 12,1 Pence; in den lezten 6 Monaten 1842 nur zu 8,5 Pence, und in dem
entsprechenden Zeitraume 1843 bloß zu 6,5 Pence calculirt war, wobei die steigende
Verminderung zu wenigstens vier Fünftheilen in der Brennmaterialersparniß begründet
ist. Der Kohksconsumo auf dieser Bahn ist bis auf circa
15 Pfd.
per durchlaufene englische Meile heruntergegangen.
Wiederum ein Beweis, daß es gewiß auch den fortgesezten Bemühungen deutscher Bahnen
gelingen wird, eine wesentliche Verminderung des Kohksverbrauchs zu erzielen.
W. Taubert.