Titel: Dr. Payerne's Verfahren, die verdorbene Luft in eingeschlossenen Räumen wieder athembar zu machen, nebst Beschreibung seiner Tauchergloke.
Fundstelle: Band 92, Jahrgang 1844, Nr. LI., S. 179
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LI. Dr. Payerne's Verfahren, die verdorbene Luft in eingeschlossenen Raͤumen wieder athembar zu machen, nebst Beschreibung seiner Tauchergloke. Aus dem Mechanics' Magazine. 1844, Nr. 1065. Mit Abbildungen auf Tab. III. Payerne's Tauchergloke und Verfahren verdorbene Luft athembar zu machen. Schon im Jahr 1842 zeigte Hr. Payerne in der Polytechnic Institution den von ihm erfundenen Apparat vor, auf welchen Hr. Vigers sich ein Patent ertheilen ließ. Später machte Hr. Payerne mehrere schäzbare Verbesserungen an seiner Erfindung und nahm dafür auf eigenen Namen ein Patent (polyt. Journal Bd. LXXXVIII S. 315). Die bisherigen Mittheilungen (polytechnisches Journal Bd. LXXXV S. 236 und Bd. LXXXVIII S. 235) darüber waren nur allgemein und kurz. Da nun die Specification der beiden Patente vorliegt, können wir die Geschichte dieser Erfindung bis auf ihren jezigen Grad der Ausbildung verfolgen: Das erste Verfahren, die Luft in abgeschlossenen Räumen in reinem, athembarem Zustande zu erhalten, so daß Leute unter Wasser oder an andern Stellen sich aufhalten und arbeiten können, ohne daß beständig frische Luft zuströmt, besteht darin, in solchen Räumen die Absorption der Kohlensäure zu bewirken, welche durch das Athmen der Menschen, durch das Brennen von Lichtern oder Heizmaterial, oder sonst auf irgend eine Weise entwikelt, die Luft immer mehr oder weniger verunreinigt, und dafür so viel Sauerstoff herbeizuschaffen, als der Luft, um die Kohlensäure zu bilden, entzogen wurde. Die Absorption der Kohlensäure wird dadurch bewirkt, daß man die damit verunreinigte Luft zwingt, in einem oder mehreren Strömen durch (mittelst frisch gebrannten Kalks bereitete) Aezkalilauge zu strömen. Auch kann der gebrannte Kalk allein ohne Kali gepulvert oder gelöscht, oder mit Wasser angerührt angewandt werden. Die an Sauerstoff arm gewordene Luft wird mit solchem wieder versehen, dadurch daß man dieses Gas aus einem Gefäß, in welchem man eine große Quantität desselben vorher stark comprimirte, allmählich in den Raum eintreten läßt, oder daß man Stüke von Kaliumsuperoxyd in Wasser legt, wobei es seinen das Superoxyd bildenden Sauerstoff fahren läßt. Auch kann das Sauerstoffgas durch Erhizen von chlorsaurem Kali oder Mangansuperoxyd auf bekannte Weise dazu bereitet werden. Der nach einer dieser Methoden herbeigeschaffte Sauerstoff stellt die Luft (nachdem sie von der Kohlensäure befreit ist) wieder in athembarem Zustand her. Die Entfernung der Kohlensäure aus der Luft eingeschlossener Räume ist der wichtigste Theil der Erfindung, und allein hinreichend, die Luft athembar zu erhalten in Räumen, welche, obgleich abgesperrt, doch eine große Menge Luft enthalten im Verhältniß zu den darin eingeschlossenen athmenden Menschen oder Thieren, brennenden Lichtern etc., wie dieß in angefüllten Schauspielhäusern, Gerichtssälen u.a. öffentlichen Gebäuden, in den untern Räumen großer Schiffe, in Gefängnißzellen, Spitalsälen, Krankenzimmern, Bergwerksgruben der Fall ist, wo die gewöhnlichen Ventilationsmittel noch mit einigem Erfolg angewandt werden können. In engern Räumen aber, wo die Ventilation nicht hinreicht, muß noch Sauerstoff herbeigeschafft werden, wie in langen und engen Gängen tiefer Gruben, in Taucherapparaten, in behufs der Ausführung gewisser Arbeiten unter Wasser gehenden Schiffen, in stark angefüllten Transportschiffen etc. Die Luft, deren Kohlensäure absorbirt werden soll, muß in Bewegung gesezt werden, damit sie durch das Aezkali etc. streicht. Man bedient sich hiezu am besten eines ganz gewöhnlichen, aber starken ledernen Blasbalgs, und zur Aufnahme der äzenden Flüssigkeit dient irgend ein hölzernes oder irdenes Gefäß. Zur Bereitung dieser Flüssigkeit rechnet man auf jede Person, die in dem engen Raume athmen soll, 4 Unzen beste käufliche Potasche, 20 Unzen frischgebrannten Kalk und 12 Pfd. Wasser, oder 2 Pfd. Kalk und 16 Pfd. Wasser – ohne Potasche. Die Röhre des Blasebalgs wird mittelst einer eisernen Röhre verlängert, die abwärts gebogen, fast bis auf den Boden des Gefäßes in die Flüssigkeit taucht. Die Luft wird hiedurch gezwungen, durch die Flüssigkeit in die Höhe zu steigen und kommt so mit ihr in vielfache Berührung. Die Potasche enthaltende Mischung wird durch den Kalk äzend gemacht und absorbirt, wie im andern Fall der bloße Aezkalk, die Kohlensäure der verdorbenen Luft, daher die aus der Flüssigkeit wieder heraussteigende Luft in athembaren Zustand versezt ist. Diese Operation kann mit den oben angegebenen Quantitäten vier Stunden lang fortgesezt werden, bis die absorbirende Kraft der Flüssigkeit so erschöpft ist, daß sie erneuert werden muß. Das Gefäß soll à Person 2 Gallons Flüssigkeit fassen. Der Blasebalg muß so groß seyn und so rasch in Bewegung gesezt werden, daß für jede Person in der Minute 1 Kubikfuß Luft durch die Mischung tritt. Für jedes Kerzenlicht, oder jede Lampe, welche in dem Raume zu brennen hat, muß von obigen Körpern ziemlich dieselbe Quantität genommen werden, wie zum Athmen für eine Person. Um des Sauerstoffs ermangelnde Räume wieder mit solchem zu versehen, bedient sich Dr. P. eines der drei oben angegebenen Verfahren, um dieses Gas eintreten oder sich entwikeln zu lassen; oder er comprimirt gemeine Luft in metallenen Flaschen auf mehrere Atmosphären und läßt davon nach Bedarf von Zeit zu Zeit ausströmen. Das Kaliumsuperoxyd schien ihm jedoch zu diesem Zwek bisher geeigneter. Wir kommen nun zu den Verbesserungen dieser Erfindung, auf welche das zweite Patent ertheilt wurde. 1) Die Reinigung der verdorbenen Atmosphäre anbelangend. Das bisher hiezu angewandte Verfahren war rein chemischer Natur, mit Ausnahme der mechanischen Vorrichtung, um die Luft in Berührung mit der absorbirenden Flüssigkeit zu bringen, nämlich des Blasebalgs. Nun aber schlägt Dr. Payerne vor, die Luft auch durch eine gewisse Art Filter oder Siebe treten zu lassen, wodurch ihre Reinigung noch besser bewirkt wird. Dieß geschieht in einem von ihm erfundenen Apparat, welcher in mehreren Pariser Spitälern mit bewunderungswürdigem Erfolg seine Dienste gethan haben soll. Die Abbildung Fig. 19 zeigt einen Höhendurchschnitt desselben von der Seite. A ist ein in zwei ungleiche Räume, a¹ und a², durch die Scheidewand b getheilter Kasten, welche beide Räume etwa bis zur angedeuteten Höhe mit Wasser angefüllt werden. In diesem Wasser werden die zur Reinigung der Luft bestimmten chemischen Agentien entweder aufgelöst oder schwebend erhalten. B ist eine Röhre, durch welche die zu reinigende Luft in den größern der beiden Räume, a¹, eingeführt wird. Diese Röhre endigt in einem Schwimmer C, welcher auf der Oberfläche des Wassers in a¹ ruht und aus einem feinen Drahtgewebe besteht, durch dessen Maschen die in eine Menge fadendünner Ströme zertheilte Luft ihren Weg in das Wasser findet. D¹ ist eine zweischenkelige gebogene Röhre, deren einer Schenkel einen zweimal so großen Durchmesser hat, als der andere. Dieser weitere Schenkel paßt genau schließend in eine Oeffnung in dem Dekel des Raumes a¹ des Kastens A; der engere Schenkel ist ebenso eingefügt in die Mündung des Dekels der kleinern Abtheilung a² und sezt sich fort bis zu einem zweiten Schwimmer D², ähnlich jenem C. Die Röhre D¹ besteht aus sechs Stüken 1, 2, 3, 4, 5, 6, welche durch Bolzen und Schrauben wohl aneinander befestigt sind; die Stüke 1 und 6, welche unmittelbar in den Kasten A münden, sind an diesen ebenso befestigt. Außerdem werden alle Fugen der Röhre noch wohl verkittet, so daß keine Luft an ihren Seiten austreten kann. Unten am weitern Schenkel, so wie auch an den Stüken 2 und 3 werden Messing- oder Eisendrahtgewebe oder- Siebe eingefügt, denen man durch Galvanisirung oder auf andere Weise so viel wie möglich ihre Eigenschaft nimmt, sich zu oxydiren; jedes dieser Siebe wird 1 bis 2 Zoll hoch mit Moos bedekt, welches man mit gebranntem Kalk oder einer andern absorbirenden Substanz untermengt, die selbst kein schädliches Gas von sich gibt. An den Theilen 6, 5 und 4 des schmalern Schenkels der Röhre D¹ werden feine Platindrahtsiebe eingefügt, die man alle über und über mit Platinschwammstükchen belegt. Die durch die Röhre B in den Schwimmer des größern Raumes a¹ und dann durch das Wasser tretende verdorbene Luft wird durch die darin befindlichen chemischen Agentien schon im hohen Grad gereinigt. Sie steigt sodann in den obern oder leeren Theil dieses Raums, von da in die Röhre D¹ durch die verschiedenen Metallsiebe und Schichten von Moos, Kalk und Platinschwamm, wird hiedurch getroknet und noch weiter gereinigt, indem die erstern dazu dienen, jede überschüssige Feuchtigkeit zu absorbiren, und das Platin allen Wasserstoff, welcher in den schmalern Schenkel übertreten könnte, in Wasser umwandelt. Aus der Röhre D¹ tretend erfährt die Luft noch eine lezte Reinigung, indem sie durch das Wasser im kleinern Raum a² streicht, welcher dieselben chemischen Agentien wie der Raum a¹ enthält. Aus dieser Flüssigkeit wieder emporsteigend zieht die Luft in athembaren Zustand durch die Röhre Q hinaus. P¹, P² sind Thüren, durch welche das Wasser und die chemischen Agentien in die Räume a¹ und a² eingebracht werden; T, T Hähne, durch welche sie jederzeit abgelassen werden können. Die mit diesem Apparat anzuwendenden Lösungen anbelangend, macht Hr. Payerne folgende Bemerkungen, ohne darin eine Erfindung anzusprechen. Die wirksamsten Absorptions- und Neutralisationsmittel für schädliche Luftarten, wie Kohlensäure, Schwefelwasserstoff und Ammoniak, sind die Hydrate der Alkalien und alkalischen Erden. Diese brauchen jedoch nicht in reinem Zustande zu seyn. Eine wohlfeile derartige Mischung erhält man aus gebranntem Kalk mit kohlensaurem oder schwefelsaurem Kali, oder kohlensaurem Natron, in Verhältnissen, welche aus folgendem Beispiel hervorgehen. Will man die durch das Athmen eines Mannes in einer Stunde erzeugte Kohlensäure absorbiren lassen, so muß die Mischung in dem Kasten A aus 1 1/2 Unzen gebranntem Kalt und 1/4 Unze kohlensaurem Kali (oder 1/2 Unze kohlensaurem Natron) und 1 Pfd. Wasser bestehen. Nimmt man statt des kohlensauren Kali's schwefelsaures Kali, so muß die Menge des Kalks und Wassers verdoppelt werden. An Stellen, wo die Luft metallhaltige Dämpfe aufnahm, welche neutralisirt werden sollen, wie dieß in Schmelzhütten und chemischen Fabriken der Fall ist, muß man dieselbe durch eine flüssige Säure leiten, welche eine feste Verbindung mit jenen Dämpfen einzugehen vermag. Mehr oder weniger verdünnte Schwefelsäure, je nachdem das dadurch sich erzeugende Product sich an das Wasser bindet, eignet sich hiezu am besten. Wo die Luft verschiedenartige schädliche Substanzen enthält, muß man sie durch mehrere Mischungen leiten, wozu dann 3, 4 und mehr Abtheilungen erforderlich sind; zur Absorption von Stoffen saurer Natur kommt dann in die erste Abtheilung ein alkalischer Körper; in die zweite kommt eine saure Flüssigkeit, wenn ammoniakalisches Gas etc. absorbirt werden soll; in die dritte endlich ein Metallsalz, damit eine Zersezung durch doppelte Wahlverwandtschaft statt finden kann. In manchen Fällen mag es rathsam seyn, eine besondere Abtheilung zur Umwandlung von Kohlenwasserstoffgas in Wasser und Kohlensäure zu haben, welchen Zwek man am leichtesten dadurch erreicht, daß man in diese Abtheilung, ohne alles Wasser, die beiden Conductoren einer galvanischen Batterie einführt, welche aus einem unoxydirbaren Metall bestehen und am Ende in eine Anzahl feiner Drähte auslaufen müssen, wodurch ihre Wirkung rascher und wirksamer wird. Kürzlich construirte Hr. Payerne eine Batterie zu diesem Zwek, welche kräftig wirkt und wohlfeil zu stehen kömmt: er stekte nämlich in ein Glasgefäß ein poröses irdenes Gefäß, füllte das erste und umgab das leztere mit einem aus concentrirter Schwefelsäure und Mangansuperoxyd bestehenden Teige, und brachte in das zweite Gefäß Eisenstüke oder gekörntes Zink mit schwacher Salzsäure. Die Verbindung stellte er auf gewöhnliche Weise her. Um die Luft durch den Reinigungsapparat zu treiben, muß natürlich ein Druk- oder Saugapparat angewandt werden. 2) Um die verdorbene Luft wieder mit Sauerstoff zu versehen, empfiehlt Dr. P. jezt als das wohlfeilste Mittel das vor kurzem von Fremy entdekte eisensaure Kali. Man nehme um es darzustellen, z.B. 12 Unzen käuflichen Eisenoxyds, wasche es mit warmem Wasser so lange aus, bis das darin enthaltene schwefelsaure Natron ausgezogen ist, trokne und erhize es dann bis zum dunkeln Rothglühen, wodurch man ein sehr reines Eisenoxyd in höchst fein zertheiltem Zustande erhält. 1 Theil desselben versezt man nun mit 4 Theilen troknem gepulvertem Salpeter und bringt das Ganze in einen nocheinmal so viel fassenden Schmelztiegel, lutirt den Dekel gut auf, indem man nur ein paar Oeffnungen als Zuglöcher frei läßt, und sezt den Tiegel 1 Stunde und 20 Minuten lang einer starken Rothglühhize aus. Man erhält eine poröse Masse von röthlichbrauner Farbe, welche, noch warm, in kleine Stüke gebrochen und so schnell als möglich zum künftigen Gebrauch in wohlzuverschließende Flaschen gebracht wird. Personen, welche sich in Räume einschließen, deren Luft durch den Verlust ihres Sauerstoffs dem Verderben ausgesezt ist, haben sich mit einer oder mehreren Flaschen dieses eisensauren Kali's zu versehen, je nachdem sie mehr oder weniger lang von der äußern Luft sich abzuschließen gedenken, und so oft sie sich im Athmen beklemmt finden, ein paar Stüke davon in etwas Wasser zu werfen, wo sich dann sogleich frischer Sauerstoff entwikelt. Zu Tauchergloken empfiehlt Hr. Dr. P. die Anwendung beider oben beschriebenen Verfahrungsarten. Man construirt diese Gloken nach ihm am besten wie folgt: Fig. 17 ist der Höhendurchschnitt und Fig. 18 der Querdurchschnitt nach der Linie YZ. F, F ist ein äußeres glokenförmiges Gehäuse und D, D der obere Dekel, mit Ochsenaugenfenstern g, g, g. G ist ein inneres Gehäuse, von der Gestalt eines abgestuzten Kegels, welches in geringer Entfernung von dem äußern befestigt, von oben herunter allmählich divergirt bis zu den Punkten h, h; es ist durch ein horizontales Stük n, n fest damit verbunden. H ist ein vierekiges Gehäuse, auf welches der cylindrische und konische Theil gestellt und damit fest verbunden werden, so daß wenn die Gloke auf den Grund des Wassers gekommen ist, die vier Eken dieses Gehäuses offene Räume bilden, wodurch die Arbeiter in mit Gloken von gewöhnlicher Construction nicht zugängliche Winkel dringen können. Der ganze Raum zwischen F, F und G ist vollkommen luftdicht. Senkt sich die Gloke hinab und beginnt das Wasser in ihr zu steigen, so wird ein Hahn M in der mit comprimirter Luft erfüllten Kammer geöffnet und so viel Luft ausgelassen als nöthig ist, um den innern und den äußern Druk vollkommen ins Gleichgewicht zu sezen. J ist eine Röhre, durch welche diese Kammer vor dem Hinablassen mit auf 2, 3 oder mehr Atmosphären comprimirter Luft (je nach der Tiefe, in welche man hinabzusteigen beabsichtigt), angefüllt wird. K ist der Hahn zum Oeffnen und Verschließen der Röhre I. M ist der Hahn, durch welchen die comprimirte Luft nach Bedarf in das innere Gehäuse ausgelassen wird. I, I ist ein Reservoir, in welchem auch eine Quantität comprimirten Sauerstoffgases vorräthig gehalten werden kann. N ist ein Apparat, um die Luft durch Absorption, wie oben erklärt wurde, von Kohlensäure oder jeder andern sie verunreinigenden Substanz zu befreien.

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