Titel: | Instruction zur Vollstrekung der königlich französischen Verordnung vom 22. Mai 1843, die Dampfmaschinen und Dampfkessel (mit Ausnahme jener auf Schiffen) betreffend. |
Fundstelle: | Band 92, Jahrgang 1844, Nr. LXXIX., S. 305 |
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LXXIX.
Instruction zur Vollstrekung der
koͤniglich franzoͤsischen Verordnung vom 22. Mai 1843, die Dampfmaschinen
und Dampfkessel (mit Ausnahme jener auf Schiffen) betreffend.S. 212 in diesem Bande des polytechnischen Journals.
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement. Maͤrz 1844, S. 128.
Instruction zur königl. franz. Verordnung die Dampfmaschinen und
Dampfkessel betreffend.
Die Verordnung vom 22. Mai 1843 enthält alle gesezlichen Bestimmungen hinsichtlich
der Fabrication, des Verkaufs und des Gebrauchs der Dampfkessel und Dampfmaschinen,
mit Ausnahme jener auf Schiffen.
Gegenwärtige Instruction hat zum Zwek, den mit der Anwendung dieser Verordnung und
der Ueberwachung ihrer Befolgung beauftragten Beamten als Leitfaden zu dienen;
ferner den Fabrikanten, den Besizern von Dampfapparaten und allen Betheiligten die
Mittel anzugeben, den gesezlichen Vorschriften auf einfache, sichere und möglichst
wohlfeile Weise nachzukommen.
§. 1. Von dem Probiren der
Dampfkessel, Siederöhren etc.
Dampfkessel, Siederöhren, Dampfreservoirs, gußeiserne Dampfmaschinen-Cylinder
und die gußeisernen Hüllen dieser Cylinder dürfen nicht verkauft und abgeliefert
werden, ohne vorher eine Probe mit der Drukpumpe bestanden zu haben.
Die Proben müssen daher in der Fabrik angestellt werden und zwar auf Verlangen des
Fabrikanten, vom Bergwerks-Ingenieur des Departements, oder in dessen
Ermangelung von dem zu diesem Zwek bezeichneten Brüken- und
Straßenbau-Ingenieur.
Der Fabrikant sezt den Departements-Präfecten davon in Kenntniß und kann, der
Beschleunigung wegen, zu gleicher Zeit an den Bergwerks-, oder den
Brüken- und Straßenbau-Ingenieur, welcher mit der Ueberwachung der
Dampfapparate beauftragt ist, schreiben. Der Ingenieur wählt, sobald er vom
Präfecten oder dem Fabrikanten davon in Kenntniß gesezt ist, Tag und Stunde so, daß
die Probe so bald als möglich stattfindet. Zu diesem Behufe läßt der Fabrikant schon
im voraus die zu probirenden Kessel etc. mit Wasser anfüllen, bereitet die
Verschließungsplatten derselben vor, so wie die Cylinder, Cylinderhüllen etc.,
richtet die Drukpumpe zurecht, versichert sich, daß sie gut geht, daß sie den gehörigen
Druk hervorzubringen vermag und daß die Verbindungsröhren ihn aushalten können;
endlich erscheint es zwekmäßig, daß die Probe vorher schon vom Fabrikanten
angestellt wird, damit der Ingenieur alles vorbereitet findet, um ohne Zeitverlust
zur gesezmäßigen Probe schreiten zu können.
Für alle den Proben zu unterwerfenden Kessel, Siederöhren etc., mit Ausnahme
nachstehender Fälle, ist der vorgeschriebene Probedruk das Dreifache vom effectiven
Dampfdruk.
Für die gußeisernen Dampfkessel und Siederöhren ist der Probedruk fünfmal so stark
als der effective Druk (Artikel 16 der Verordnung).
Die Dampfkessel mit geraden Seiten sind von der Probe dispensirt, unter der
Bedingung, daß der effective Druk des Dampfes anderthalb Atmosphären nicht
übersteigt. (Art. 20.)
Die Kessel der Locomobilen und Locomotiven, welche nach einem Röhrensystem construirt
sind, können unter dem doppelten effectiven Druk probirt werden. Der doppelte Druk
ist aber nur bei solchen Röhrenkesseln gestattet, wie sie bei den gewöhnlichen
Locomotiven angewandt werden, d.h. welche mit einer sehr großen Anzahl Röhren von
kleinem Durchmesser versehen sind, worin die Flamme und der Rauch circuliren.
Der effective Dampfdruk ist derjenige, welcher die Wände des Dampfkessels zu brechen
strebt, er ist daher gleich der ganzen elastischen Kraft oder Spannung des Dampfes,
abzüglich des Druks, welchen die Luft äußerlich auf den Kessel übt; begränzt wird
derselbe durch die Belastung der Sicherheitsventile, welche ihm als Maaß dient.
Der Artikel 18 der Verordnung bestimmt die Metalldike, welche die mit Wasser oder
Dampf angefüllten cylindrischen Theile der von Eisenblech oder gewalztem Kupferblech
construirten Dampfkessel im Verhältniß zu ihrem Durchmesser und ihrem effectiven
Dampfdruk haben müssen.
Der Ingenieur muß daher, ehe er einen Kessel dem vom Fabrikanten verlangten Probedruk
unterwirft, sich überzeugen, ob die Dike des Metalls bei jedem seiner cylindrischen
Theile der im Art. 18 festgesezten wenigstens gleich ist, und darf, wenn diese
Bedingung nicht erfüllt ist, den Kessel nicht anders probiren und stempeln, als für
eine Dampfspannung gleich derjenigen, welche der Dike seiner Wände und seinem
Durchmesser entspricht.
Man mißt die Dike des Blechs am Rande der durch Uebereinanderlegung vereinigten
Blechtafeln, unterläßt nicht, mehrere Bleche oder Platten an verschiedenen Stellen
des Kessels abzumessen, und zieht dabei so viel wie möglich die allenfallsigen
Stauchungen durch das kalte Hämmern so wie auch die schiefe Richtung der Fläche,
nach welcher die Bleche geschnitten sind, in Rechnung. Man kann auch, wo Zweifel
obwalten, die Blechdike am Rande der Aufsäze für die Sicherheitsventile oder der
Oeffnungen für die mit dem Kessel zu verbindenden Röhren messen.
Die der Verordnung beigegebene Tabelle Nr. 1 mit GebrauchsanweisungS. 223 in diesem Bande des polyt. Journals. läßt sich in jedem besondern Fall leicht anwenden.
Man seze z.B. den Fall, ein cylindrischer Dampfkessel mit zwei Siederöhren soll auf
einen innern Druk von fünf Atmosphären probirt werden. Wenn die Durchmesser des
Kessels und beider Röhren unter den in der ersten Columne zur Linken der Tabelle
verzeichneten enthalten sind, so sind auch sogleich in der fünften Columne dieser
Tabelle, deren Aufschrift fünf Atmosphären ist, die respectiven kleinsten Diken
enthalten, welche das Metall des Kessels und jeder Siederöhre haben muß, damit die
verlangte Probe gemacht werden kann.
Ist die Metalldike des Kessels oder einer Siederöhre kleiner als die in der fünften
Columne verzeichnete, nämlich auf derselben Horizontallinie, auf welcher in der
ersten Columne der Durchmesser dieses Kessels oder dieser Röhre angegeben ist, so
berechnet man, welches die höchste Zahl des Stempels ist, die dem Kessel gegeben
werden kann, wobei man wie bei folgendem Beispiel verfährt.
Der Durchmesser eines Dampfkessels sey gleich 0,90 Meter; die Dike des Blechs muß
dann wenigstens 9,48 Millimeter betragen, wenn dieser Kessel auf fünf Atmosphären
probirt und gestempelt werden soll. Beträgt die wirkliche Dike nur 8,50 Millimeter,
so zeigt die Tabelle sogleich, daß der höchste Dampfdruk zwischen dem von vier
Atmosphären, für welchen die geringste Dike 7,86 Millimeter ist, und dem von fünf
Atmosphären begriffen seyn muß. Die genaue Ziffer findet man nach der am Fuße der
Tabelle gegebenen Regel folgendermaßen:
e bezeichne die Dike des Dampfkessels in
Millimetern;
d den innern Durchmesser des Kessels in Metern;
n die Spannung des Dampfes in Atmosphären, oder die
Ziffer des Stempels; so ist der effective Druk in Atmosphären ausgedrükt gleich n – 1.
Die Regel stellt unter den drei Zahlen e, d, n das durch
folgende Gleichung ausgedrükte Verhältniß auf:
e = 1 . 8 d (n – 1) + 3 . . . . . . . (a).
In dem gewählten Beispiel ist die Dike e = 8,50; der
Durchmesser d = 0,90; es soll nun die Spannung oder die
Ziffer des Stempels bestimmt werden; der durch die Gleichung (a) gegebene Werth von n ist:
n = 1 + (e – 3)/(1 .
8 d)
e – 3 = 8,50 – 3 = 5,501
. 8 d = 1 . 8 × 0,90 = 1,62(e – 3)/(1 . 8 d) = 5,50/1,62 = 3,39
n = 1 + (e –
3)/(1 . 8 d) = 4,39
Die Ziffer des Stempels
wird sonacherhalten durch Subtrahiren der fixen Zahl3 von der Dike
des Blechs, Dividiren derDifferenz durch das Product aus
demDurchmesser des Dampfkessels und derfixen Zahl 1,8 und Addiren
einer Einheitzum Quotient.
Man findet demnach im gewählten Beispiel, daß die Ziffer des Stempels 4,39 nicht
überschreiten darf, und da die Stempel nur um Viertels-Atmosphären steigen,
so darf der Dampfkessel nur auf 4 1/4 Atmosphären probirt und gestempelt werden.
Eine ähnliche Berechnung muß nöthigenfalls für die Siederöhren gemacht werden und
das kleinere der beiden erhaltenen Resultate würde den innern Dampfdruk oder die
Ziffer des Stempels angeben.
Man bestimmt entweder direct durch die unter der Tabelle aufgestellte Regel, oder,
was dasselbe ist, durch die Gleichung (a) die Diken für
die mit Wasser oder Dampf angefüllten cylindrischen Theile der Kessel von Eisenblech
oder gewalztem Kupfer, deren Durchmesser nicht in der ersten Columne zur Linken der
Tabelle angegeben sind.
Uebrigens darf die Dike des Eisenblechs oder gewalzten Kupfers 15 Millimeter nie
überschreiten; und wenn wegen des beabsichtigten Durchmessers eines Dampfkessels und der
Spannung des Dampfes eine größere Dike nothwendig werden sollte, so muß der
Fabrikant statt eines einzigen Kessels mehrere getrennte Kessel von kleinern
Durchmessern verfertigen.
Für die Dike der gußeisernen Dampfkessel gibt die Verordnung keine Regel an. Der
Grund davon ist, daß diese Dike immer größer ist als die gerade hinreichende, damit
der Kessel ohne Schaden beim Probiren das Fünffache des effectiven Druks aushalten
kann. Nichtsdestoweniger soll der Ingenieur, ehe er einen gußeisernen Dampfkessel
probirt und stempelt, seine Dike so genau wie möglich untersuchen, und wenn diese
Dike ihm so gering erscheint, daß das Metall durch den Probedruk Schaden leiden
könnte, so hat er dem Präfecten darüber Bericht zu erstatten, ihn von der Gestalt,
den Dimensionen des Dampfkessels, von der Spannung, für welche die Probe verlangt
wird, so wie vom Ursprung und der Qualität des Gußeisens in Kenntniß zu sezen; der
Präfect wird dann darüber Instructionen vom Minister der Staatsbauten erholen.
Da der Widerstand, welchen das Gußeisen dem unmittelbaren Bruche beim Zerreißen
entgegensezt (seine absolute Festigkeit), ungefähr das Drittheil von dem Widerstand
beträgt, welchen Eisenblech oder Schmiedeisen darbieten, der vorgeschriebene
Probedruk aber das Fünffache statt des Dreifachen vom effectiven Druk beträgt, so
ist jeder gußeiserne Dampfkessel von cylindrischer Form als verdächtig anzusehen,
wenn seine Dike nicht das Fünffache der für die Dampfkessel von Eisenblech oder
gewalztem Kupfer vorgeschriebenen Dike beträgt.Eine gußeiserne Stange bricht, der Ausdehnung unterworfen, unter einer Last
von 13 bis 14 Kilogrammen auf den Quadratmillimeter des Querschnitts. Der
absolute Widerstand, welchen das Stabeisen oder das Eisenblech dem Brechen
durch Ausdehnung entgegensezt, beträgt 40 bis 45 Kilogramme per Quadratmillimeter. Das Gußeisen widersteht
viel besser dem Zerdrüken als dem Brechen durch Ausdehnung. Uebrigens werden heutzutage wenig gußeiserne Dampfkessel mehr gemacht; sie
sind theurer als die von Eisenblech wegen der bedeutenden Dike, welche den Wänden
gegeben werden muß. Sie erheischen ferner mehr Brennmaterial, sind bei Stößen oder
raschem Temperaturwechsel dem Brechen mehr unterworfen und bieten endlich gegen
Explosionen weniger Sicherheit dar. Auf Dampfschiffen ist ihr Gebrauch untersagt,
und wenn die Verordnung vom 22. Mai 1843 sie nicht verbietet, so geschah dieß, weil
noch einige alte Dampfkessel dieser Art existiren, ihre Verbreitung in der Industrie
nicht zu befürchten ist und endlich eine beständige und wohlverstandene Ueberwachung
genügend erschien, um die öffentliche Sicherheit gegen die ihnen eigenthümlichen
Gefahren der Explosion zu schüzen.
Die Verordnung gibt auch keine Gränze für die Dike der flachen Wände von Kesseln an,
worin der innere Dampfdruk anderthalb Atmosphären überschreiten soll, deßgleichen
nicht für die innern Feuerzüge von cylindrischer Form, auf welche der Dampf von
Außen nach Innen, oder auf ihre convexe Seite drükt; sie schreibt nur vor, daß das
Blech diker genommen und die cylindrischen Feuerzüge, so wie die flachen Wände durch
ausreichende Beschläge verstärkt werden müssen. So werden z.B. die flachen Wände der
Feuerkästen der Locomotiven durch sehr starke eiserne Beschläge verstärkt. Die
Beurtheilung, ob die Dike der Wände und des Beschlägs in einem gegebenen Fall
hinreicht, bleibt dem Ingenieur überlassen; er hat sonach vorerst den Kessel in
allen seinen Theilen zu untersuchen und erst dann zur Probe zu schreiten, wenn er
ihn von gehöriger
Stärke findet. Im entgegengesezten Fall hat er es dem Präfecten zu berichten durch
Einsendung eines detaillirten, von der Zeichnung des Kessels und des Beschläges
begleiteten Berichts. Der Präfect holt die Instructionen vom Minister der
Staatsbauten ein.
Für Cylinder, Cylinderhüllen, Dampfreservoirs, welche nicht einen Theil des Kessels
selbst ausmachen, und überhaupt für alle Theile, welche Dampf aufnehmen, ohne der
Wirkung des Feuers ausgesezt zu seyn und nicht mit Sicherheitsventilen versehen zu
werden brauchen, wird das Probeventil auf der Drukpumpe angebracht. Dieses Ventil
muß gut construirt seyn und den Vorschriften des Artikels 24 der Verordnung, die
Sicherheitsventile der Dampfkessel betreffend, entsprechen; so darf die kreisrunde
Fläche, womit die Scheibe des Ventils auf dem Rande der Oeffnung aufliegt, welche es
verschließt, nicht breiter seyn, als ein Dreißigstel des Durchmessers dieser
Oeffnung, d.h. der runden Fläche, welche während der Probe dem Wasserdruk ausgesezt
ist; wenn z.B. die von dem Ventil bedekte Oeffnung 3 Centimeter im Durchmesser hat,
darf die Breite des ringförmig aufliegenden Randes 1 Millimeter nicht überschreiten;
bei einer Oeffnung von nur 2 Centimeter Durchmesser darf diese Breite 2/3 Millimeter
nicht überschreiten.
Der Hebel, durch welchen das Ventil belastet wird, muß, so wie auch die Achse, um
welche er sich dreht, genau adjustirt und zugerichtet werden. Der bewegliche Theil
des Ventils muß die Oeffnung des Halses wie eine flache Scheibe bedeken, ohne wie
ein Stöpsel einzufallen, damit das Wasser im ganzen Umkreis des Ventils, wenn
dasselbe nur ein wenig gelüpft wird, herausspringen kann. (Man vergleiche wegen
näherer Details den die Construction der Sicherheitsventile betreffenden Artikel des
§. 3.) Nach dem Art. 15 schreitet man zu den Dampfkessel-Proben
mittelst Belastung der Sicherheitsventile mit dem gehörigen Gewichte. Ist ein
Dampfkessel mit zwei Sicherheitsventilen versehen, so muß eines derselben während
der Probe außer Dienst gesezt werden, so daß es sich nicht heben kann, das andere
aber wird belastet.
Es ist manchmal der Fall, daß die Dampfkessel von Dampfmaschinenfabrikanten bestellt
werden, welche sich vorbehalten, die von den Reglements vorgeschriebenen
Sicherheitsventile selbst anzubringen. Wenn nun ein Fabrikant das Probiren eines
Dampfkessels verlangt, welcher mit seinen Sicherheitsventilen noch nicht versehen
ist, so hat er zum Probiren desselben ein provisorisches Ventil anzubringen.
Wünschenswerth wäre es, daß die aus mehreren einzelnen Theilen bestehenden
Dampfkessel, wie die Kessel mit Siederöhren, erst nachdem alle Theile zusammengefügt
sind, probirt würden; man kann aber nicht verlangen, daß die Probe immer in der
Fabrik so angestellt wird, weil die für entfernte Etablissements bestimmten
Dampfkessel gewöhnlich in mehrere Theile zerlegt werden, um ihren Transport zu
erleichtern und erst am Orte ihrer Bestimmung zusammengefügt werden.
Der Fabrikant darf daher den Kessel in getrennten Theilen zur Probe bringen. Der
Körper des Kessels wird sodann durch Belastung eines am Kessel selbst angebrachten
Ventils geprüft; zu den Siederöhren bedient man sich als Probirventil des an der
Drukpumpe angebrachten. Der Ingenieur erklärt in dem Präfecten einzusendenden
Protokoll, wie unten angegeben, ob die Probe mit dem ganzen Dampfkessel oder mit
jedem Theile desselben besonders angestellt worden ist, und im ersten Fall, ob der Kessel nach der Probe
des Transports wegen wieder auseinander genommen werden muß.
Wenn das Probirventil nicht unmittelbar auf das zu probirende Stük gesezt wird, so
hat sich der Ingenieur zu überzeugen, daß die die Pumpe mit diesem Theil in
Verbindung sezenden Röhren nicht verstopft sind. Er hat in allen Fällen sich zu
überzeugen, ob das Ventil gut adjustirt ist und den Vorschriften über die Breite des
aufliegenden Randes entspricht; er berechnet sodann das Gewicht, womit es direct
belastet werden muß, um dem größten effectiven Druk des Dampfes das Gleichgewicht zu
halten, multiplicirt dieses Gewicht mit der Zahl, welche das je nach dem Fall durch
die Verordnung vorgeschriebene Verhältniß zwischen dem Probedruk und dem effectiven
Druk ausdrükt; endlich bestimmt er das ganze Gewicht, womit der Hebel des Ventils
belastet werden muß, um auf lezteres den Probedruk auszuüben, wobei er das Gewicht
des Ventils und den Druk des Hebels selbst in Rechnung zieht, wie dieß im Artikel 1
des §. 3 der gegenwärtigen Instruction auseinandergesezt ist.
Wenn das für jeden Fall bestimmte Gewicht am Hebel des Probirventils hängt, so wird
das Wasser schnell in das zu probirende Stük eingepumpt, bis das Ventil sich hebt.
Die Probe darf nicht als entscheidend und beendigt angesehen werden, wenn das Wasser
nicht in einem dünnen und beinahe ununterbrochenen Strom auf dem ganzen Umkreis der
Ventilöffnung herausquillt; wenn das Ventil nämlich nicht gehörig adjustirt wäre,
könnten kleine Fäden Wassers an manchen Punkten des Umfangs entweichen, ehe noch die
Gränze des Probedruks erreicht ist.
Während der Dauer der Probe sieht der Ingenieur sich sorgfältig um, ob das probirte
Stük nicht lek ist (Risse hat) und seine Wände durch den Druk nicht ihre Form
änderten. Ein leichtes Durchsikern zwischen den Eisenblechblättern eines
Dampfkessels, oder sogar zwischen den Poren des Metalls eines Kessels oder Cylinders
ist kein hinlänglicher Grund, um das probirte Stük als mangelhaft zu betrachten.
Diesem Durchlassen, welches sehr oft eintritt, ehe noch der innere Druk die durch
die Belastung der Ventile bestimmte Gränze erreicht hat, kann durch ein paar
Hammerschläge Einhalt gethan werden. Risse im Metall, durch welche mehr Wasser
austreten kann, oder eine merkliche Formveränderung, welche nicht sogleich nach der
Probe wieder verschwindet, sind hingegen Zeichen, an welchen mangelhafte Stüke
erkannt werden. Die allenfallsige Formveränderung des probirten Stüks ist besonders
beim Probiren von Kesseln mit flachen oder äußerlich concaven Wänden, oder solchen,
welche mit cylindrischen inwendigen Feuerzügen versehen sind, zu berüksichtigen.
Hat das Stük die Probe gehörig ausgehalten, so läßt der Ingenieur vor seinen Augen
eine Messingplatte oder Medaille mit dem Stempel schlagen, welcher das von der
Verwaltung bestimmte Gepräge hat, auf welche Platte die den innern Dampfdruk
angebende Anzahl Atmosphären gravirt ist, und die schon vorher mittelst
Messingschrauben an dem probirten Stük befestigt wird. Der Stempel wird den vorher
mit der Platte zu einer Fläche abgeglichenen Schraubenköpfen aufgedrükt und erstrekt
sich zum Theil auf das Metall dieser Platte.
Es ist jedoch möglich, daß ein Dampfkessel, welcher dem Druk gut widerstand, dennoch
vermöge seiner Gestalt und der Verbindungsweise seiner Theile Constructionsfehler
hat, welche Gefahren veranlassen könnten. In dieser Hinsicht ist ein Dampfkessel
vorzüglich mangelhaft:
1) wenn es nicht möglich ist, ihn von dem schlammigen oder krustenbildenden Bodensaze
vollkommen zu reinigen, welchen das Wasser beim Verdampfen zurükläßt;
2) wenn die Verbindungen zwischen den Siederöhren (oder denjenigen Kesseltheilen,
welche der Wirkung des Feuers unmittelbar ausgesezt sind) zu enge oder so
eingerichtet sind, daß der im Innern der Siederöhren gebildete Dampf nicht leicht
daraus entweichen kann, um in das Dampfreservoir einzutreten;
3) wenn die Fugen der Kappen (Verbindungsstüke des Kessels mit den Siederöhren) nicht
hinlänglich dauerhaft sind oder ihre Dauerhaftigkeit durch einen Zufall leiden
kann.
So darf z.B. der Eisenkitt, dessen man sich zuweilen bedient, um die Fugen der Kappen
zu bestreichen, wenn er auch dem Probedruk widersteht, doch nicht als eine
hinlänglich dauerhafte Verbindung zwischen den vereinigten Stüken betrachtet werden,
welche dem Dampfdruk auf unbegränzte Zeit zu widerstehen vermöchte. Dieser Kitt hat
erstens den Fehler, daß er das Eisen, auf welches er aufgetragen wird angreift; aus
welchem Grunde man sich desselben nur für dike Kappen von Gußeisen, aber nicht für
solche von Eisenblech bedienen soll. Ferner ist er spröde und es kann seine
allerdings bedeutende Adhärenz zufällig durch eine Verrükung des Kessels oder einen
Stoß vernichtet werden. Es ist daher unerläßlich daß, wenn man sich seiner bedient,
die zusammengefügten Stüke noch außerdem durch hinlänglich starke eiserne Beschläge
vereinigt werden, welche für sich allein schon ihrem Auseinandertreten vorbeugen,
wenn auch die dem Kitte zuzuschreibende Adhärenz gänzlich aufgehoben werden
sollte.
Ungeachtet der Constructionsfehler, welche der Ingenieur bemerken könnte, läßt
derselbe den Dampfkessel, welcher die Probe aushielt, dennoch stempeln; allein er
unterläßt nicht, diese Fehler in dem aufzunehmenden Protokoll anzugeben.
Nachdem der Stempel aufgedrükt ist, sezt der Ingenieur ein Protokoll auf, in welchem
angegeben werden:
1) das Datum der Probe;
2) der Ort, wo sie angestellt wurde;
3) der Name und Wohnort des Fabrikanten der probirten Stüke;
4) die Beschaffenheit, Form und Dimensionen dieser Stüke; und die Dampfkessel
anbelangend, die Dike des Metalls in Millimetern und ihr ganzer Inhalt (Capacität)
in Kubikmetern;
5) die Spannung des Dampfes in Atmosphären oder die auf die gestempelte Platte
gravirte Zahl;
6) der Durchmesser der Oeffnung des Probeventils in Centimetern, das Längenverhältniß
der Hebelarme und die zur Probe angewandte Belastung (in Kilogrammen);
7) der Zwek, zu welchem der Apparat bestimmt ist;
8) der Name und Wohnort des Bestellers der probirten Stüke;
9) die lezte (definitive) Bestimmung dieser Stüke, d.h. den Ort des Etablissements,
wo die probirten Dampfkessel und andern Stüke benuzt werden sollen und der Name des
Eigenthümers dieses Etablissements;
10) bei den Kesseln, welche aus mehreren durch Kappen vereinigten Theilen
zusammengesezt sind, hat das Protokoll anzugeben, ob die Probe mit dem zusammengefügten Kessel oder
mit den einzelnen Theilen angestellt worden ist.
Es hat ferner zu enthalten die Bemerkungen des Ingenieurs über die Fehler in der
Form, der Construction, und alle andern, welche er an den Kesseln oder andern
probirten Stüken bemerkt haben sollte.
Das Protokoll wird ohne Verzug dem Präfecten des Departements angesandt, in welchem
die Probe angestellt wurde.
Falls der Dampfkessel oder die andern probirten Stüke in ein anderes Departement
abzugehen haben, als wo die Probe statt fand, hat der Präfect eine beglaubigte
Abschrift des Protokolls an den Präfect des Departements, wohin diese Stüke bestimmt
sind, sogleich abzuschiken.
Der Präfect hat jeden Monat eine Abschrift der Protokolle über die in seinem
Departement angestellten Proben dem Minister der Staatsbauten einzusenden.
(Der Beschluß folgt im naͤchsten
Heft.)