Titel: | Ueber das Verschmelzen der Eisenerze mit Anthracit und kaltem Gebläse; von Palmer Budd, von den Ystalyfera-Eisenwerken bei Swansea. |
Fundstelle: | Band 92, Jahrgang 1844, Nr. CIV., S. 441 |
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CIV.
Ueber das Verschmelzen der Eisenerze mit
Anthracit und kaltem Geblaͤse; von Palmer Budd, von den
Ystalyfera-Eisenwerken bei Swansea.
Aus dem Echo du monde savant. 1844, Nr.
27.
Budd, über das Verschmelzen der Eisenerze mit Anthracit und kaltem
Gebläse.
Es, wurde schon früher vorgeschlagen, den Anthracit bei der Eisenfabrication mit
kaltem Gebläse in Anwendung zu bringen; so mannichfaltig man aber die darauf
bezüglichen Versuche abgeändert hat, waren sie doch ohne allen Erfolg, obwohl dieses
Brennmaterial mit heißem Wind in Hohöfen sich brauchbar zeigte. Dennoch ist es
anerkannt, oder doch die Ansicht der großen Mehrheit der Sachverständigen, daß das
Product der Oefen, in welchen rohe Steinkohlen oder Kohls mittelst heißen Windes
verbrannt werden, viel weniger zäh ist, als dasjenige Eisen, welches aus denselben
Erzen mit kaltem Wind erzeugt werden kann. Diese Ansicht bestätigt sich übrigens
auch durch den Unterschied in den Preisen dieser Eisensorten. Obwohl ich in der That
beobachtet habe, daß das mit Anthracit und heißem Wind gewonnene Eisen um vieles
besser ist als anderes, ebenfalls mit heißem Wind, aber mit Steinkohlen oder Kohks
ausgeschmolzenes Eisen, fand ich dennoch, wie ich es auch erwartete, daß das
Anthracit-Eisen, nach meinem Verfahren mit kaltem Gebläse erzeugt, eine weit
größere Zähigkeit besizt, als das aus denselben Erzen und mit demselben
Brennmaterial, aber mit heißem Wind ausgeschmolzene.
Meine Erfindung betrifft erstens die Bereitung des Roheisens mit Anthracit und kaltem
Gebläse unter einem Druke von mindestens 0,176 Kilogr. auf den Quadratcentimeter (3
3/4 Pfd. auf den Quadratzoll engl.), welcher von einer Wassersäule unterhalten
wird.
Zweitens bezieht sie sich auf die Eisengewinnung mit Anthracit und kaltem Wind
mittelst Wasserformen.
Drittens bezwekt sie dieselbe bei gleichzeitiger Anwendung von vier oder mehr
Formen.
Die Oefen, welche sich von den gewöhnlichen nicht unterscheiden, müssen um so größer
seyn, eine je größere Menge Wind von größerer Dichtigkeit zu Gebote steht; welche
Capacität und Höhe der Ofen aber auch haben mag, so darf der kalte Wind mit dem
Anthracit bei keinem geringern Druk als 0,176 Kilogr. auf den Quadratcentimeter
angewandt werden.
Bei den bisher angestellten Versuchen, Anthracit in Hohöfen mit kaltem Wind zu
brennen, bediente man sich immer eines viel geringern Druks, welcher die Luft nicht hinreichend in die
Masse einzudringen zwang, folglich auch die vollkommene Verbrennung des Anthracits
nicht bewerkstelligte. In Folge davon zerklüftete sich dieses Brennmaterial, zerfiel
in Kohlenklein und Staub und verlegte dem Winde den Weg immer mehr; dadurch nahm die
Temperatur ab und der Ofen gerieth außer Gang.
Der Patentträger zieht für den kalten Wind einen 0,176 Kilogr. auf den
Quadratcentimeter noch übersteigenden Druk vor, bedient sich viel engerer Düsen, als
man sie bisher beim Anthracit anwandte und vermehrt die Anzahl dieser Düsen, damit
der Wind sich im Ofen besser vertheilt. Die Anwendung engerer Düsen gestattet ihm
auch, die Formen durch den schnellern Zug kalter atmosphärischer Luft abzukühlen.
Die Anzahl der Formen muß sich nach der Größe des Schachtes und dem Druk, mit
welchem die Luft hindurchgetrieben wird, richten; wenigstens aber sind deren vier
nöthig. Im größten der gegenwärtig an den Ystalyfera-Eisenwerken im Gang
befindlichen drei Oefen brachte der Patentträger sechs Formen an, wovon zwei durch
das Hintergewölbe und zwei durch jedes der Seitengewölbe eingebracht werden. Bei den
beiden andern Oefen brachte er nur fünf Formen an, eine hinten und zu jeder Seite
zwei.
Nach seinen neuesten Erfahrungen nimmt er die Hinteren Formöffnungen von 0,044 Meter
(l 3/4'') Durchmesser, die beiden vordersten, auf jeder Seite des Ofens eine, von
0,025 Meter (1'') Durchmesser und die nach Hinten zu liegenden Seitenöffnungen von
0,037 Meter (1 1/2'') Durchmesser; inzwischen ändert er die Größe der Düsen je nach
der Wirksamkeit des Ofens, verkleinert die Durchmesser, wenn die Form in geringer
Entfernung arbeitet, und vergrößert sie, wenn das Gegentheil stattfindet. Er
gebraucht einen Windstrom von 0,176 Kilogr. auf den Quadratcentimeter (3 3/4 Pfd.
auf den Quadratzoll) und findet es wünschenswerth, die Form so niedrig anzubringen,
daß sie mit den Aschfallzaken fast in Horizontaler Linie liegt. Obgleich er nun der
Anwendung von rohem Anthracit allein oder in Vermischung mit rohen Steinkohlen als
Feuerung den Vorzug gibt, so beschränkt er sich doch keineswegs darauf; bei
Verwendung des Anthracits in Verbindung mit bituminöser Kohle und Kohks kann
zugleich der Winddruk, aber mit geringem Vortheil, vermindert werden. Er wendet auch
Wasserformen an, so wie sie jezt mit heißem Gebläse im Gebrauch sind, doch, in
Uebereinstimmung mit den kleinern Düsen, von kleineren Dimensionen; er läßt die
Formen dicht zubinden, so daß die Formöffnungen fest verschlossen werden, wodurch er
dem Entweichen und Verlust des Windes an den Formen vorbeugt, was, ohne die Formen
zu verbrennen, nur durch Anwendung von Wasserformen und Düsen von so kleinem
Durchmesser für den Windeintritt zu bewerkstelligen ist.
Nur wenn es die Nothwendigkeit erheischt, benuzt er Wasserbrüste (Wassersäke oder
Behälter), um einzelne Theile des Ofens vor der Wirkung der hohen, durch die
Feuerung erhaltenen Temperatur zu schüzen. Er hat die Beobachtung gemacht, daß der
Anthracit ein Bestreben hat, mit lichter Form zu arbeiten, wenn kalter Wind, der das
ganze Material im Schachte zu durchdringen fähig ist, angewendet wird, und daß mit
so lichter Form nur schlechteres weißes Roheisen ausgebracht wird; aber er ist im
Stande gewesen, mittelst hohen Winddrukes und kleiner Düsen, in Verbindung mit
Wasserformen, die Aschformen den Mündungen der Windröhren gegenüber einige Zoll in
den Ofen einspringen zu lassen, wo die Asche abfällt, wenn das Eisen aus dem
Schachte abgestochen wird, was sich bei den nachfolgenden Schichten wiederholt, und
unter solchen Umständen arbeitet der Ofen mit Vortheil. Auch fand er, daß durch
Vertheilung des Windes bei einem hohen Winddruk und Aufstellung der Formen das zur
Ausbringung einer bestimmten Quantität Eisen mittelst Anthracits erforderliche
Volumen Wind bei weitem geringer ist, als bei Anwendung roher Steinkohlen oder
Kohks.
Beim Beschiken eines Schachtes gibt er ungefähr 700 Pfd. Anthracit (er zieht die
ungebrochenen Stüke vor und vermeidet solche, welche kleiner als Hühnereier sind) zu
je 700–800 Pfd. Eisenstein oder Erz auf, wobei auf die richtigen Verhältnisse
von Kiesel- und Thonerde Rüksicht genommen wird. Den Rotheisensteinen oder
stark oxydirten Eisenerzen gibt er den Vorzug und gebraucht zu der genannten
Beschikung ungefähr 250 Pfd. Kalkstein für das beste Gußeisen. Die Beschikung des
Ofens und seine Behandlung muß so verfolgt werden, als wenn mit Steinkohlen oder
Kohks gearbeitet würde. Die angegebenen Quantitäten variiren je nach der
Beschaffenheit der Anthracite, der angewandten Eisenerze und des auszubringen
beabsichtigten Roheisens; auch steht fest, daß ein größerer Vortheil sich
herausstellt, wenn der Wind, falls es das Gebläse zuläßt, über 0,176 Kilogr. per Quadratcentimeter (3 3/4 Pfd. auf den Quadratzoll)
verstärkt wird. Besonders aber ist zu beachten, daß die Dichtigkeit des Windes mit
der Größe des Ofens verstärkt werden muß, und sobald die Dichtigkeit des Windes
vermehrt wird, der Wind auch mehr vertheilt werden muß. Wird diese Regel befolgt, so
ist er überzeugt, daß Oefen von den größten Dimensionen am geeignetsten seyn werden,
seine Erfindungen anzuwenden, daß hingegen, wenn man den Wind nur auf 0,176 Kil. per Quadratcentim. bringen kann, man sich der kleinsten
Oefen bedienen und sogar dem Anthracit eine Portion Kohls beimengen soll.