Titel: | Die rotirenden Maschinen der HHrn. GebrüderRepsold, welche insbesondere zum Wasserheben und Wassersprizen anwendbar sind. |
Fundstelle: | Band 93, Jahrgang 1844, Nr. LXXI., S. 256 |
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LXXI.
Die rotirenden Maschinen der HHrn. GebruͤderRepsold, welche
insbesondere zum Wasserheben und Wassersprizen anwendbar sind.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Repsold's rotirende Maschinen, welche insbesondere zum Wasserheben
und Wassersprizen anwendbar sind.
Vortrag des Hrn. Georg Repsold in der Gesellschaft zur
Beförderung der Künste und nüzlichen Gewerbe in Hamburg.
Von mehreren Seiten aufgefordert, dem dafür sich interessirenden Publicum eine
Beschreibung unserer neu erfundenen rotirenden Maschinen zu geben, glaube ich eine
Pflicht gegen die technische Section zu erfüllen, wenn ich jezt, nachdem die auf
obige Maschinen in verschiedenen Ländern nachgesuchten Patente uns ertheilt sind,
und in Kurzem in Kraft treten werden, zunächst vor Ihnen, meine Herren, es Versuche,
durch eine kurze Beschreibung die an sich höchst einfache Einrichtung jener
Maschinen darzulegen.
Zuvor wird es Ihnen indeß vielleicht von Interesse seyn, zu erfahren, was zunächst
jene Erfindung veranlaßte, und wie dieselbe – anfänglich nur ein Mittel zur
Erreichung eines einzelnen bestimmten Zweks – später für viele es geworden
ist, so daß eine vielseitige Anwendung derselben wohl nicht mit Unrecht zu erwarten
steht.
Nachdem nämlich durch die unglükliche Katastrophe des Jahrs 1842 nicht nur im
Allgemeinen das Vertrauen zu unseren Feuerlöscheinrichtungen erschüttert, sondern
insbesondere die Güte unserer, bis dahin vom nahen und fernen Auslande als gut und
zwekmäßig anerkannten Sprizen von einem großen Theil des Publicums in Zweifel
gezogen worden war, nachdem ferner die von einem in England lebenden wakeren Freunde
Hamburgs geschenkte, so wie eine von löblicher Feuercassendeputation aus England
bezogene große Feuersprize bei allen vorurtheilsfreien Leuten die Ueberzeugung
hervorgerufen hatte, daß auch die englischen Sprizen in ihren Leistungen das
Gewöhnliche keineswegs überschreiten, wurde den Herren Sprizenmeistern von der ihnen
vorgesezten Behörde der Auftrag, zum Zwek der Sicherung unseres Hafens einige
Schiffsprizen von bedeutend größerem Kaliber als das der bisher gebräuchlichen
Sprizen anzufertigen, und dieselben so einzurichten, daß sie zur Winterzelt auch als
Schlittensprizen benuzt werden könnten. Wenn nun dieser Auftrag unter oberwähnten
Umständen die Betreffenden anspornen mußte, sowohl die Anforderungen ihrer Behörde nach besten
Kräften zu erfüllen, als auch dem Publicum im Allgemeinen zu zeigen, daß wir in
Hamburg nicht völlig so rathlos, als manche glauben mögen, vielmehr in technischer
Beziehung wohl im Stande sind, auch ohne Hülfe des Auslands etwas Tüchtiges zu
leisten, so war es begreiflich das Nächste, die bis dahin bekannten
Sprizenconstructionen einzeln möglichst scharf zu beleuchten, um deren Fehler zu
Vermeiden, deren Vorzüge aber zu vergleichen und zu benüzen.
Für den vorgeschriebenen besonderen Zwek waren gewöhnliche Sprizen, d.h. solche, bei
denen Kolben in Mindern durch einen Drukbalken auf- und abbewegt werden,
nicht wohl zu benuzen, denn ganz abgesehen von deren verschiedenen Mängeln würden
das bedeutende Gewicht derselben mit der hiezu erforderlichen zahlreichen Bemannung,
dann aber vorzüglich die starken Stöße des Drukbalkens den Gebrauch derselben auf
der Eisdeke der Elbe oder der Canäle sehr selten erlaubt, vielmehr dieß Manöver
immer zu einem etwas gefährlichen Experiment gemacht haben. Es schien daher nöthig,
sich von der eben erwähnten Construction abzuwenden und dafür rotirende, mit Kurbeln
in Bewegung zu sezende Maschinen zu wählen. Die vielen vorhandenen Arten der
lezteren boten indeß so wenig Erfreuliches dar – indem sie theils zu
complicirt und leicht einer Beschädigung unterworfen, größtentheils aber von zu
geringer Wirkung waren – daß auch auf diese Art Sprizen verzichtet werden
mußte, falls es nicht gelinge, eine neue, den Forderungen entsprechende Art
ausfindig zu machen. Beim Nachdenken und Besprechen dieses Gegenstandes wurde meinem
Bruder, dem Sprizenmeister Hrn. Repsold, jene glükliche
Idee, welcher unsere, jezt schon in manchen Exemplaren ausgeführten und in Gebrauch
befindlichen rotirenden Maschinen ihre Entstehung verdanken. Wir haben seit der
ersten Ausführung einer derartigen Maschine bereits Gelegenheit gehabt uns von den
Vorzügen derselben zu überzeugen, so wie die Zwekmäßigkeit und Haltbarkeit der
Einrichtung zu erproben, und ich erlaube mir, Ihnen hierüber folgende Resultate
mitzutheilen.
Mit einer Maschine, welche von zwei Leuten getragen werden konnte, und ohne die
erforderliche Aufstellungsvorrichtung nicht 1 Cubikfuß Raum einnahm, konnten vier
Mann, die an zwei Kurbeln arbeiteten, aus dem 1 Zoll im Durchmesser haltenden
Gußrohr einen Wasserstrahl 60 Fuß hoch und darüber treiben. Die fortgeschaffte
Wassermasse betrug bei starker Anstrengung der Arbeiter etwa zwei Oxhoft per Minute, wogegen bei unseren bisherigen, durch acht
bis zehn Mann bedienten Sprizen durchschnittlich nur 1–1 1/5 Oxhoft Wasser
aus einem
6/10–7/10 Zoll weiten Strahlrohr auf gleiche Höhe geworfen wird. Ein gleich
günstiges Verhältniß fand bei dem Aufsaugen des Wassers statt, indem die Maschine im
Stande war, bei einem Barometerstande, welcher einer Wassersäule von 35 1/2 Fuß
entsprach, dasselbe bis zur Höhe von 34 1/2 Fuß aufzusaugen, mithin also nahezu eine
Luftleere zu bilden. Ein anderer nicht unwichtiger Umstand besteht darin, daß
vermöge ihrer einfachen Construction die Maschine beim Gebrauch durch in sie
hineingerathende fremdartige Stoffe nicht leicht in Unordnung kommt. So wurden in
dieser Hinsicht Kartoffeln, Holzstüke, Sand, ja selbst Steine (von der Größe, daß
sie das 5/4zöllige Gußrohr verstopften) von der Maschine mit dem Wasser aufgesogen
und fortgeschafft, ohne diese zu beschädigen. – Sie werden aus dem
Mitgetheilten schon ersehen, daß unsere Maschinen, im Vergleich zu den bisherigen
Sprizen, bei großer Einfachheit der Construction, geringerer Raumeinnahme,
verhältnißmäßig geringerem Gewicht und dadurch leichterer Transportabilität, einen
nicht unerheblich größeren Nuzeffect voraushaben. Wenn überdieß hinzugefügt werden
darf, daß diese Vortheile mit nicht größerem, in vielen Fällen wohl mit einem
geringeren Kostenaufwande zu erhalten sind, so werden Sie wahrscheinlich um so mehr
sich für diese Sache interessiren. Ihr Interesse dürfte aber durch die Mittheilung
gesteigert werden, daß nicht allein für Sprizen und viele Arten von Pumpen von
einiger Größe die rotirenden Maschinen mit Vortheil anzuwenden sind, sondern daß
eben ihre Construction es zuläßt, sie für manche andere Zweke in Anwendung zu
bringen.
Es würde zu weit führen, alle möglichen Fälle hier aufzuzählen, ja dieses dürfte
selbst unausführbar seyn, da nicht in Abrede zu stellen ist, daß vielleicht manche
Anwendung erst durch spätere Erfahrung hervorgehen mag. Ich beschränke mich daher
auf die Mittheilung einiger Anwendungen, welche wir entweder bereits durch Versuche
ermittelten, oder die nahe genug liegen, um ohne dieselben einen günstigen Erfolg
mit größerer oder geringerer Sicherheit vermuthen zu lassen.
Wird ein Wasserdruk in eine der in Rede stehenden Rotations-Maschinen
geleitet, und ist dieser groß genug, die Reibung derselben zu überwinden, so nimmt
die Maschine eine rotirende Bewegung an, die Kurbeln gehen im Kreise herum,
gleichsam als würden sie durch Menschenhände getrieben. Es ist also ein neues
Triebwerk hergestellt.
Eine Sprize kann demnach durch eine mit dieser in Verbindung gebrachten zweiten
Sprize in Bewegung gesezt werden; durch gleichzeitige Bearbeitung beider wird wiederum
der Wasserstrahl höher getrieben, als dieß bei Anwendung einer einzelnen Sprize
möglich ist. Aber nicht allein für Sprizen geht hieraus ein Vortheil hervor, das
Maschinenwesen im Allgemeinen gewinnt dadurch, indem obiges Triebwerk eine
Fortleitung einer Kraft auf beliebige Entfernungen abgibt.
Warum sollte aber nur Wasser ein Rotiren der Sprize veranlassen können, und nicht
auch Luft oder Dampf? Es bedarf gewiß nur der Stellung dieser Frage, um Ihnen die
Verwendung des besprochenen Princips zur Herstellung einer rotirenden Dampfmaschine
nicht unmöglich erscheinen zu lassen. Und in der That, sobald es gelingt, für
derartige Maschinen die erforderlichen Dichtungen zwekentsprechend herzustellen,
werden der Ausführung weiter keine erheblichen Schwierigkeiten entgegenstehen.
Ob es nun gelingen wird, die rotirenden Maschinen zum Treiben von Schiffen und
ähnlichen Zweken mit Vortheil anwendbar zu machen, muß der Zukunft überlassen
bleiben, wenn gleich ich schon jezt anführen darf, daß die hierüber angestellten
Versuche Erfolg zu versprechen scheinen.
Die Maschine besteht, wie aus den Figuren 37, 38 und 39 zu sehen,
aus einer metallenen oder eisernen Hülse, in welcher zwei walzenartige Körper oder
Kolben, die vermittelst zweier in einander greifender, und gleich großer Triebräder
in richtiger gegenseitiger Stellung erhalten werden, sich um ihre Achsen gegen
einander drehen, indem sie einander in allen Lagen ihrer Länge nach, und zugleich
die innere Wand der Hülse berühren. Fig. 37 stellt die
Gestalt der Hülse mit den Oeffnungen für die Ein- und Ausströmung des
Wassers, Fig.
38 die der Kolben im Durchschnitt dar. Die Längenflächen der Kolben sind
mit der Achse derselben parallel (siehe Fig. 39). Die Hülse wird
an ihren flachen Seiten durch vorzuschraubende gerade Platten geschlossen, an denen
die Lager für die Kolbenachsen befindlich sind. Dieselbe ist für jeden Kolben an
drei Stellen mit auf der ganzen Länge nach durchgehenden Vertiefungen versehen, in
denen einfache Lederstreifen oder mit Leder überzogene federnde Metallstreifen
befestigt sind, welche die nöthige Dichtung an der größern Cylinderfläche der Kolben
bewirken. Die Hülse selbst wird demnach von den Kolben an der Cylinderfläche nicht
direct berührt. Die kleineren Halbcylinder der metallenen Kolben sind bis zur
Epicycloidenfläche mit Leder überzogen, so daß beim Revolviren nie Metall auf
Metall, sondern nur Metall und Leder zur Berührung kommt, wodurch eine höchst
einfache und dauerhafte Dichtung erreicht wird. Die Aus- und
Einströmungsöffnungen sind fast auf der ganzen Länge der Hülse durchgeführt. Werden
nun vermittelst Kurbeln die Kolben, welche an den Endflächen gegen die Seitenplatten
der Hülse, an den Cylinderflächen durch die in der Hülse befindlichen
Ledermanschetten gedichtet sind, herumgeführt, so wird der jedesmalige freie Raum
zwischen Kolben und Hülse mit Wasser gefüllt, welches, da kein Entweichen zwischen
den sich immer berührenden und dichtenden Kolben möglich ist, gezwungen wird, auf
der der Einmündung entgegengesezten Seite wieder auszuströmen; und da die Wirkung
des zweiten Kolbens sowohl beim Saugen als beim Dritten schon anfängt, ehe der erste
aufgehört hat zu wirken, so findet bei einer guten Ausführung der Maschine ein
continuirliches Aufsaugen des Wassers einerseits, wie ein stetiges Ausströmen
andererseits Statt, ohne daß die Benuzung eines Windkessels zur Regulirung des
gleichmäßigen Ausflusses nothwendig ist. Das Quantum des bei jedesmaliger Umdrehung
der Kurbel geförderten Wassers ist ungefähr gleich dem Inhalt eines Cylinders von
dem Durchmesser des größeren Halbcylinders und der Länge der Kolben, welches bei den
nach der Zeichnung gefertigten Maschinen circa 480
Cubikzoll beträgt, da die Länge der Kolben 9 Zoll, ihr größter Durchmesser 8,25 Zoll
ist. (Neue Hamburger Blätter, 1844. Nr. 5.)