Titel: | Dr. Pott's patentirte Verbesserungen im Wasserbau (Eintreiben der Pfähle mittelst des Luftdruks). |
Fundstelle: | Band 93, Jahrgang 1844, Nr. LXXV., S. 268 |
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LXXV.
Dr. Pott's patentirte Verbesserungen im Wasserbau
(Eintreiben der Pfaͤhle mittelst des Luftdruks).
Aus dem Mechanics' Magazine. 1844, Nr.
1090.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Pott's Verbesserungen im Wasserbau.
Dr. Pott's von
Sachverständigen mit großem Beifall und unbedingter Gutheißung aufgenommenes
Verfahren besteht in einer besonders glüklichen Anwendung der pneumatischen Kraft
zum Eintreiben der Pfähle bei Wasserbauten; statt massiver Pfähle, welche mit großer Kraft eingerammt werden müssen, wendet
er hohle Pfähle an und treibt sie mittelst
atmosphärischen Druks ein, indem er nämlich aus jedem Pfahl den Sand oder sonstigen
lokern Boden innerhalb seines Hohlraums auspumpt und so einen luftleeren Raum
erzeugt, in welchen der Pfahl sogleich eindringt. Es geht dieß mit erstaunlicher
Schnelligkeit vor sich. Der Patentträger beschreibt Vorrichtung und Verfahren wie
folgt:
Fig. 15
erläutert die Eintreibung eines hohlen Pfahles in eine mit Wasser bedekte Sandbank.
Der hohle Pfahl A wird zuerst über der für ihn
bestimmten Stelle angebracht, worauf man ihn durch das Wasser auf den Sand sinken
läßt, wodurch das Eintreten von Luft durch seine untere Oeffnung unmöglich gemacht
wird. Oben hat der Pfahl einen luftdichten Dekel B,
welcher ihm genau angepaßt ist und mittelst einer biegsamen Röhre C mit dem Recipient D in
Verbindung steht. E ist eine Luftpumpe mit drei
Cylindern, welche mittelst einer zweiten biegsamen Röhre auf der entgegengesezten
Seite mit dem Recipient D communicirt. Wird nun die
Luftpumpe in Gang gesezt, so fließt, da die Luft im Recipient und dem hohlen Pfahl,
so wie in der beide verbindenden Röhre ausgepumpt oder verdünnt wird, ein
halbflüssiges Gemenge von Wasser und Sand in den Recipient hinüber, und so oft
derselbe voll ist, wird sein Inhalt durch eine Fallklappe F am Boden desselben abgelassen. Da der Sand auf diese Weise aufgepumpt
wird, sinkt der Pfahl vermöge seines eigenen Gewichts und des Luftdruks hinab, um
die Stelle der beseitigten festen Substanzen einzunehmen. Die Luftpumpe ist deßwegen
dreistiefelig, damit ein stetiger Strom des halbflüssigen Gemenges erzielt wird,
denn die Schnelligkeit, mit welcher das Einsinken des Pfahls vor sich geht, ist proportional
der Größe und Stetigkeit der angewandten Kraft.
An manchen Stellen, z.B. wo Triebsand oder Schlammbänke sich befinden, ist das zu
entfernende feste Material so loker und der natürliche Zutritt des Wassers so
reichlich und stetig, daß das Pumpen ohne Unterbrechung fortgesezt werden kann, bis
der Pfahl in seiner ganzen Länge oder beliebig tief eingetrieben ist; an andern
Stellen aber muß man von Zeit zu Zeit den Boden der innerhalb des Pfahls
eingeschlossenen Fläche mit passenden Werkzeugen aufrühren, so wie auch manchmal
durch die Röhre hinab Wasser nachschütten; zu diesem Behuf befindet sich eine
Stopfbüchse G am Dekel, durch welche die Werkzeuge und
Wasser eingebracht werden können. Dieser Dekel wird mit Hülfe eines zwischen ihm und
dem Pfahlrand angebrachten Leders durch den Druk der Luft dicht schließend gehalten.
Um das Niedergehen des Pfahls noch mehr zu beschleunigen, können Gewichte H, H zeitweise auf den Dekel gelegt oder daran befestigt
werden. Sollte man auf Schichten gelangen, welche zu hart sind, als daß obige
Vorrichtung hindurcharbeiten könnte, so kann man zu Bohrvorrichtungen, wie man sich
ihrer beim Bohren artesischer Brunnen bedient, seine Zuflucht nehmen, um sie
durchzubrechen; während dieser Operation wird der Dekel ganz abgenommen. Ist eine
Pfahllänge nicht hinreichend, so können zwei oder mehrere Pfähle
aufeinandergeschraubt oder auf andere Weise mit einander verbunden werden.
Vorstehende Vorrichtungen sind ganz geeignet zum Eintreiben von Pfählen von mäßigem
Durchmesser und wo der Zufluß des Wassers und Sandes oder anderer Körper außerhalb
des Pfahls nach dessen Innerm frei ist; hat aber der Sand etc. eine solche
Consistenz, daß das Wasser in den hohlen Pfahl gar nicht oder nur mit Unterbrechung
zufließen kann, oder wenn, anderer Gründe halber, so große Pfähle angewandt werden
müssen, daß ihr Auspumpen schwierig wäre, so kann das Eintreiben von Pfählen
nichtsdestoweniger nach demselben Princip ausgeführt werden, und zwar auf folgende
Weise:
Man verbindet eine bewegliche Röhre von geringer Weite (welche ich den
Elephanten- oder Arbeitsrüssel nenne) mit dem Pumpapparat und läßt sie durch
den in diesem Falle offenen Pfahl hinuntergehen, wie dieß bei d,
Fig. 15, zu
sehen ist. Die Röhre bedarf dann oben keiner Stopfbüchse, da die Werkzeuge zum
Aufrühren, wenn sie erforderlich sind, durch das offene Ende des Pfahls
hinabgelassen werden können. Soll die Arbeit besonders schnell vor sich gehen, so
kann man zwei oder mehrere solche Rüssel zu gleicher Zeit anwenden, wo dann jeder
derselben durch eine besondere biegsame Röhre mit dem Pumpapparat in Verbindung gesezt wird. Ist
der Pfahl im Innern weit genug, so können sich Leute hinablassen, um die biegsamen
Röhren auf alle Stellen des eingeschlossenen Flächenraums hinzuleiten. In manchen
Fällen versieht man die Arbeiter mit einer Kufe, wie die Abbildung zeigt, damit sie
die Füße sicher aufsezen können, so wie auch um sie im Fall eines sogenannten
Auffahrens des Sandes oder des Bodens zu schüzen.
Fig. 16 zeigt
beide Vorrichtungen zugleich in Anwendung und zwar in einer gewissen Entfernung vom
Ufer; der Pumpapparat und die Arbeiter wurden auf einer Barke auf die Stelle
übergesezt.
A ist der kleinere röhrenförmige Pfahl, welcher durch
das Auspumpen von selbst für immer in den Sand eingetrieben wird. A² ist der weite oben offene Pfahl mit dem engen
Arbeitsrüssel I im Innern und einem Arbeiter K, welcher ihn leitet. Wenn die Tiefe eines großen oben
offenen Pfahls oder einer Reihe von Pfählen mehr als 30 Fuß beträgt, muß der
Recipient D innerhalb dieser Entfernung von dem zu
hebenden Wasser, Sand etc. angebracht werden und der Inhalt des Recipienten kann auf
oben angegebene Weise an die Oberfläche gebracht werden, oder mittelst eines der
gewöhnlichen Verfahren beim Eintreiben von Röhren oder Teicheln für Brunnen.
Die Rolle (bemerkt die Redaction des Mechanics'
Magazine), welche der Recipient D bei beiden
Methoden spielt, ist von großer Wichtigkeit. Es ist sehr zu bezweifeln, daß ohne
diese Zugabe der Apparat lange gute Dienste thun könnte; denn würde der gehobene
Sand durch denselben nicht von dem Pumpwerk ganz getrennt gehalten, so müßte er
unfehlbar die Wirkung desselben bald hemmen und endlich ganz aufheben.
Wenn die Pfähle eingesenkt sind, fährt der Patentträger fort, müssen sie mit einer
festen Mörtelmasse, Cement, oder sonst einer harten Masse ausgefüllt werden. Ehe man
aber hiezu schreitet, muß der Boden, wenn er nachgiebiger Beschaffenheit ist, über
und um den Fuß des Pfahls herum befestigt und erhärtet werden mittelst Eingießens
oder Injicirens solcher chemischer Flüssigkeiten oder Teige durch den hohlen Pfahl
(oder durch eine in denselben hinabgestekte kleine Röhre), wie sie sich für die
Beschaffenheit des Bodens nach vorläufigen Versuchen eignen. Durch Analysiren von
Proben des Bodens aus verschiedenen Tiefen kann man sich überzeugen, was seine
Bestandtheile sind, und je nachdem Kieselerde, Kalkerde oder andere Bestandtheile
vorherrschen, weiß man welche Substanzen sich am besten eignen, um den Boden schnell
und kräftig zum Erhärten zu bringen.
Diese Pfähle können in einzelnen Reihen fest aneinander gereiht, oder in zwei oder mehr Reihen
eingetrieben werden; es können Seewehre gebildet werden durch zwei Reihen solcher
Pfähle, welche sich in einem gewissen Abstand von einander befinden und eine Straße
von festem Material zwischen sich erhalten. In manchen Fällen können statt
geschlossener Pfahlreihen Pfähle in Zwischenräumen eingetrieben und nur seitlich
durch Bretter etc. verbunden werden.
Dr.Pott theilt schließlich noch ein Verfahren mit, unter dem
Wasser Grund zu legen mit Steinen, welche frei mit einander hinuntergeworfen und,
wenn sie unter Wasser sind, zu einer festen Masse
durch Anwendung eines Cements in Form eines troknen
Pulvers verbunden werden. Als Cement kann man sich eines der bekannten hydraulischen
Cemente bedienen und zwar allein oder vermengt mit Sandsteinen etc.; derselbe wird
an Ort und Stelle, wo man dessen bedarf, durch eine von dem Wasserspiegel ausgehende
Röhre hingeschafft; leztere hat unten eine Klappthüre, durch welche das Pulver
herausgelassen wird.