Titel: | Ueber die Analyse des Schießpulvers; von. R. F. Marchand. |
Fundstelle: | Band 93, Jahrgang 1844, Nr. LXXIX., S. 289 |
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LXXIX.
Ueber die Analyse des Schießpulvers; von. R. F.
Marchand.
Aus Erdmann's und Marchand's
Journal für praktische Chemie, 1844, Heft 9, S. 48.
Mit einer Abbildung auf Tab. IV.
Marchand, über die Analyse des Schießpulvers.
Das Bedürfniß, die Zusammensezung des Schießpulvers mit Genauigkeit auffinden zu
können, ist so oft von den Directoren der Pulverfabriken gefühlt worden, daß sich
eine große Menge von Chemikern bemüht haben ein Verfahren aufzufinden, welches mit
der Gewährung einer großen Sicherheit besonders auch die der leichten Ausführbarkeit
verbände. Die große Anzahl von Schießpulveranalysen, welche ich ausgeführt habe,
zeigte mir, daß unter den bereits angegebenen Verfahrungsarten keine sey, welche
dieses Erforderniß vollkommen erfüllte, und so wurde ich veranlaßt, eine andere Methode aufzusuchen,
welche ich hier mittheilen will, da ich glaube, daß sie einige Vorzüge vor den
früher angewandten besize.
Die gebräuchlichste Methode ist die von Gay-Lussac
mitgetheilte (polytechnisches Journal Bd. VI S.
43). Nach dieser troknet man das Pulver, wäscht aus einer gewogenen Menge
den Salpeter aus, verdampft das Waschwasser, schmilzt und wiegt den Rükstand. Um den
Schwefel zu erhalten, mischt man 5 Gramme Pulver mit dem gleichen Gewichte reinen kohlensauren Kali's, welches wenigstens frei seyn
muß von schwefelsaurem Kali, reibt dieselben in einem Mörser innig zusammen und fügt
sodann noch 5 Gramme Salpeter und 20 Gramme reinen Kochsalzes hinzu, welches man
vorher auf Schwefelsäure geprüft hat. Das innige Gemenge sezt man in einem
Platintiegel einer anhaltenden Glühhize aus, bis die Masse weiß geworden ist. Die
erkaltete Masse wird in Wasser gelöst und durch Salpetersäure oder
Chlorwasserstoffsäure neutralisirt. Die Schwefelsäure wird durch Chlorbaryum
gefällt.
Gay-Lussac schreibt zwei Methoden dieser Fällung
vor: entweder die gewöhnliche, nach der man die Chlorbaryum-Lösung in kleinem
Ueberschuß in die Salzlösung bringt und den gefällten schwefelsauren Baryt wiegt.
Diese hat einige Unbequemlichkeiten, namentlich weil die schwefelsaure Baryterde
sich schwer absezt und leicht durch das Filter geht. Dieß vermeidet man jedoch, wenn
man die Flüssigkeit, welche man fällt, recht sauer macht und siedend fällt, auch
nach der Fällung das Sieden einige Zeit anhalten läßt. Alkohol hinzuzufügen, wie man
vorgeschlagen hat, ist nicht nothwendig.
Beim Glühen des schwefelsauren Baryts ist die durch die Gegenwart des Filters
herbeigeführte Unbequemlichkeit sehr gering. Es ist gut, dasselbe vom Niederschlag
zu trennen und es für sich zu verbrennen, sodann es mit einem Tropfen Schwefelsäure
zu befeuchten und es noch einmal zu glühen, um das eben erzeugte Schwefelbaryum zu
zerstören.
Die zweite Methode, welche Gay-Lussac vorzieht, ist
die, welche er sehr häufig mit so großem Vortheil angewandt hat, nämlich die Fällung
durch eine gemessene Menge einer Chlorbaryumlösung, deren Stärke genau bekannt ist.
Von dieser schüttet man genau so viel in die Flüssigkeit, bis die Schwefelsäure
ausgefällt ist. Nähert man sich der Beendigung der Fällung, so sezt man die
Chlorbaryumlösung nur noch tropfenweise hinzu, wartet ab, bis sich die Flüssigkeit
geklärt hat, und sezt von Neuem einen Tropfen hinzu, bis keine Trübung mehr
entsteht. Will man die Operation beschleunigen, so filtrirt man eine kleine Probe ab
und prüft diese auf einen etwaigen Schwefelsäuregehalt mit der Probeflüssigkeit. Dasselbe
Filter wird während der ganzen Operation benuzt. Man hat, wie Gay-Lussac bemerkt, hiebei nicht zu fürchten, daß die schwefelsaure
Baryterde durch das Filter gehen werde; dieß geschieht nur, wenn die Flüssigkeit
keine Salzlösung mehr enthält. Man kann zu diesem Ende der Flüssigkeit ein
flüchtiges Salz, etwa Salmiak oder salpetersaures Ammoniak, hinzusezen. Die Menge
der Schwefelsäure, also auch die des Schwefels, ist gegeben, wenn man die Menge des
verwendeten Chlorbaryums kennt, da 152,44 krystallisirtes Chlorbaryum 20,116 Theilen
Schwefel entsprechen. Zum Eintröpfeln wendet man am besten eine Pipette an, welche
in der Mitte in eine Kugel ausgeblasen ist.
Hat man den Salpeter und den Schwefel bestimmt, so findet man die Kohle durch den
Verlust.
Gay-Lussac macht hiebei mit Recht darauf
aufmerksam, daß das von Hermbstädt angewandte Verfahren,
Pulver auf schmelzenden Salpeter zu werfen, nie ohne Verlust ablaufen könnte.
Dieses von Gay-Lussac angewandte Verfahren ist mit
wenigen Veränderungen von den meisten andern Chemikern befolgt worden.
Wesentlich weicht davon Dumas' Verfahren ab, welches in
seinem Traité de Chimie, appliquée aux arts,
T. II. p. 804 beschrieben ist. Auch er wäscht
das Pulver aus, um den Salpeter zu entfernen und zu bestimmen. Den Rükstand, aus
Kohle und Schwefel bestehend, mischt er mit Kupferoxyd und verbrennt sie nach Art
der organischen Analyse; die Kohlensäure wird gewogen, indem man sie durch Kali
absorbiren läßt. Der Verlust stellt den Schwefel dar, während Gay-Lussac umgekehrt die Kohle aus dem Verluste fand. Nur dann
aber, sagt Dumas, sey dieser Verlust für Schwefel zu nehmen, wenn die Kohle bei der
Darstellung bis zur Glühhize erhizt worden wäre. War dieß nicht der Fall, und bietet
die Kohle ein rothbraunes Ansehen dar, so soll sie eine große Menge Ulminsäure
enthalten. Diese ist löslich in Alkali. Man kocht daher, nachdem man die Menge des
ganzen Kohlenstoffes gefunden hat, das Gemenge von Schwefel und Kohle mit Kali;
Schwefel und Ulminsäure lösen sich, die reine Kohle bleibt zurük. Diese bringt man
aufs Filter, wäscht sie aus, troknet sie bei 100° C. und wiegt sie. Die
gefundene Menge wird von der durch die Verbrennung gefundenen Kohle abgezogen und
der Rest für Kohle aus der Ulminsäure berechnet. Diese soll 57 Proc. Kohle
enthalten, woraus der Gehalt an Ulminsäure abgeleitet wird. Dieser zur Kohlenmenge
gezählt und mit dem gefundenen Salpetergehalt summirt, gibt jezt im Verlust den
Schwefelgehalt.
Ehe ich diese Methoden näher betrachte, will ich noch die von andern Chemikern
vorgeschlagenen Methoden erwähnen, hier jedoch nur bemerken, daß Dumas nicht ganz mit Recht sein Verfahren „une analyse fort simple“ nennt.
Ein dem Dumas'schen Verfahren ganz ähnliches schreibt De Bruyn vor, in seinen Voorlezingen over de Artillerie. Eerste Deel, eerste afdeeling, over het
bufskruid, S. 122; nur schreibt er vor, auch den Schwefel- und
Kohlenrükstand auf ein gewogenes Filter zu bringen und nach dem Troknen zu wiegen.
Uebrigens gibt er an, daß der Salpeter sich nicht völlig auswaschen lasse.
Ure hat nach einem dem Gay-Lussac'schen sehr ähnlichen Verfahren seine Untersuchungen
angestellt (polytechnisches Journal Bd. XXXIX S.
269). Den Salpeter laugt er aus und bestimmt ihn nach dem Abdampfen der
Lösung, bemerkt jedoch hiezu, daß durch die bekannte Verflüchtigung mit dem
kochenden Wasser ein kleiner anzurechnender Verlust
entstehe. Wie groß derselbe seyn könne, wird nicht angegeben. Den Rükstand, aus
Kohle und Schwefel bestehend, filtrirt er auf ein doppeltes Filter, troknet es bei
100°C., nimmt die Differenz beider Filter und findet so die Menge des
Rükstandes. Der Schwefel wird mit Kali ausgezogen, die Kohle gewaschen und gewogen;
der Verlust gibt den Schwefel. Ure fand, daß man in einer
offenen Platinschale, die bis 204° C. auf Oehl schwimmend erhizt wurde, noch
nicht die Hälfte des Schwefels abdestilliren konnte.
Auch den Schwefel durch Terpenthinöhl aufzulösen und von der Kohle zu trennen gelang
nicht, indem das Terpenthinöhl zu hartnäkig von der Kohle zurükgehalten wurde. Ure fand, daß man, obwohl nicht ohne Schwierigkeit, den
Schwefel oxydiren konnte, wenn man ihn mit chlorsaurem Kali und
Chlorwasserstoffsäure digerirte. Hätte er statt dieser Säure Salpetersäure
angewandt, so würde er schneller und bequemer zum Ziele gelangt seyn. Er fand dabei
den sonderbaren Umstand, daß, als er salpetersaure Baryterde in die Lösung des
Schwefels hineingoß, kein Niederschlag entstand, und schwefelsaure Baryterde sich
erst beim Abdampfen zur Trokniß bildete.
Beim Vermischen der schwefelhaltigen Kalilauge mit Salpeter, Abdampfen und Glühen der
Masse fand er, daß sich schweflige Säure bildete, welche durch Zusaz von
Salpetersäure entwikelt wurde. Ure gibt zu gleicher Zeit
ein Verfahren an, um zu entdeken, ob Knallqueksilber im Schießpulver enthalten sey;
ich werde diese zwekmäßige Methode unten anführen.
Ganz auf ähnliche Weise wie Ure, den Schwefel durch
Verlust zu bestimmen, verfuhr Marx (Erdmann's Journal für praktische Chemie Bd. X S. 56) und erhielt ziemlich
gute Resultate.
Ein Verfahren, welches Dumenil vorschreibt (Kastner's Archiv Bd. VII S. 223), den Salpeter
auszulaugen und auf gewöhnliche Weise zu bestimmen, den Schwefel durch 3 Theile Kali
auszuziehen und die Lösung mit essigsaurem Kupferoxyd zu vermischen, sodann
Chlorwasserstoffsäure hinzuzusezen, welche das Kupferoxyd, nicht das Schwefelkupfer
auflöse, und das Schwefelkupfer bei 100° C. zu troknen und zu wiegen, ist
jedenfalls sehr wenig geeignet, ein genaues Resultat zu erhalten. Die Kohle wird
durch das Kali, nach Dumenil's eigener Angabe, leicht
angegriffen, daher ihre Wägung nicht zur Controle dienen kann, und außerdem soll
sich noch während der Behandlung des Schwefels mit Kali so viel Unterschwefelsäure
bilden, daß eine Correction, die jedoch nicht weiter angegeben ist, erforderlich
wurde. Endlich kann die Wägung des Schwefelkupfers niemals mit Genauigkeit
ausgeführt werden. Diese Methode verdient also keine weitere Berüksichtigung.
Die Trennung des Schwefels von der Kohle kann, nachdem man den Salpeter ausgelaugt
hat, noch auf mehrere Arten bewerkstelligt werden.
Berzelius schreibt (Lehrb. 3te Aufl. Bd. IV, S. 92)
folgendes Verfahren vor: man legt das Schwefel- und Kohlengemenge in eine
Kugel einer doppelten Kugelröhre, leitet, nachdem man sie gewogen, trokenes
Wasserstoffgas darüber und erhizt das Gemenge gelinde, wodurch der Schwefel von der
Kohle abdestillirt. Er condensirt sich in der leeren Kugel. Ist der Versuch beendet
und geht kein Schwefel mehr über, so läßt man die Substanzen erkalten, schneidet die
Kugeln von einander ab, wiegt sie mit dem Inhalt, reinigt sie davon, wiegt sie und
erfährt auf diese Weise das relative Verhältniß von beiden Substanzen. Chlor statt
des Wasserstoffgases anzuwenden ist nicht so bequem, obwohl eine größere Genauigkeit
dadurch zu erreichen ist. Chlorschwefel geht fort, und die Kohle bleibt rein
zurük.
Es ist hiebei sehr schwer zu vermeiden, daß nicht etwas Schwefel verloren geht, indem
er durch den Gasstrom mit fortgerissen wird. Wöhler hat
deßhalb das Verfahren dahin abgeändert, daß er statt der zweiten leeren Kugel eine
weitere Röhre anwandte, in welche er metallisches Kupfer, etwa Drehspäne, oder sehr
dünnes Blech, in Loken geschnitten, brachte (Fig. 42).
Das Kupfer wird, wenn der Apparat mit Wasserstoff gefüllt ist, zum Glühen erhizt, und
dann der Schwefel abdestillirt. Er verbindet sich mit dem Kupfer, die Kohle bleibt
zurük. Das Gewicht des hineingebrachten Kupfers war bekannt, aus der Gewichtszunahme
findet man die Schwefelmenge; die Kohle wird direct gewogen.
Es ist zum Ausziehen des Schwefels aus dem Gemenge mit Kohle noch von Pelouze Fünffach-Schwefelkalium angewandt worden,
was auch Otto benuzt hat, von Bolley (polytechn. Journal Bd. LXXXVI S.
51) schwefligsaures Natron, und endlich von mir (Erd m. Journ. Bd. XIII S. 505)
Schwefelkohlenstoff, dem man noch besser eine Auflösung von Schwefelkohlenstoff in
Alkohol substituiren kann.
Die Verfahrungsarten von Proust, Meyer und Turte bieten nach dem Angeführten keine besonderen
Eigenthümlichkeiten dar.
Alle bisher angeführten Methoden beginnen damit, den Salpeter auszulaugen, die
Flüssigkeiten abzudampfen und den Rükstand zu wiegen.
Ein davon abweichendes Verfahren ist von dem österreichischen
Artillerie-Officier Becker angegeben worden.
(Jahrb. des k. k. polytechn. Instit. zu Wien, Bd. 17: im Auszug in Erdmann's Journal für techn. u. ökonom. Chemie Bd. XIV S.
323). Dieser laugt den Salpeter (400 Gran) mit einem Pfund Wasser aus, prüft das
specifische Gewicht der Lösung durch ein empfindliches Aräometer und findet auf
diese Weise den Salpetergehalt.
Diese angeführten Methoden haben sich nun bei der Prüfung, denen ich dieselben
unterwerfen mußte, um das zwekmäßigste Verfahren zu der Analyse kennen zu lernen,
mehr oder weniger anwendbar gezeigt.
Als die beste aller vorgeschlagenen Verfahrungsweisen hat sich die von Gay-Lussac angegebene bewährt, obwohl auch bei ihr
einige Unbequemlichkeiten nicht zu verkennen sind, welche die Untersuchung zuweilen
erschweren können.
Die Bestimmung des Salpeters durch Auslaugen und Eindampfen der Lösung ist zwar
offenbar die einfachste, weßhalb sie auch später von fast allen andern Chemikern
befolgt ist und bereits vor Gay-Lussac's
Vorschrift angewandt wurde; indessen ist dabei zu bemerken, daß es schwierig ist den
Salpeter vollständig aus dem Rükstande auszuziehen, namentlich da man, wenn der
Rükstand ebenfalls gewogen werden soll, kein siedendes Wasser anwenden darf, welches
schon bemerkbare Spuren von Schwefel verflüchtigen würde. Man erhält hiebei eine so
bedeutende Menge von Waschwässern, daß die Eindampfung derselben beschwerlich und
sehr lange Zeit dauernd ist. Beschleunigt man sie durch Kochen, so ist dabei ein
bedeutender Verlust durch Sprizen und Fortführen des Salzes mit dem Wasserdampf
nicht zu vermeiden.
Beim Schmelzen des Salzes hat man eine Zersezung desselben nicht zu befürchten, wenn
man mit Vorsicht operirt. Selten wird man vermeiden können, daß der Salpeter nicht
schmuzig aussehe, durch mehr oder weniger Staub, welcher während des langen
Abdampfens hineinfällt.
Endlich mischt sich leicht dem Salpeter ein wenig Kohle bei, welche mit durch das
Filter geht, und immer die wenn gleich geringe Menge der Asche, welche in der Kohle
enthalten ist.
Noch zu bemerken ist, daß die Schalen, in denen die Abdampfung des Salpeters
vorgenommen werden muß, gewöhnlich eine bedeutendere Größe zu haben Pflegen, als daß
sie auf den empfindlichen, bei den Chemikern gebräuchlichen Waagen gewogen werden
dürften, und daß die größeren Waagen, denen eine so große Belastung nichts schadet,
meist nicht so kleine Bruchtheile der Belastung angeben werden, als bei genauen
Analysen erforderlich ist.
Die Methode, welche Becker vorgeschlagen hat, kann jedoch
noch viel weniger Genauigkeit gewähren, da sie abhängig von thermometrischen
Einflüssen ist und die Prüfung durch das Aräometer zwar einfach, doch ohne so große
Schärfe ist, als bei diesen Analysen erfordert wird. Ich benuzte zur Prüfung des
Verfahrens ein sehr genaues Aräometer, an welchem man bequem halbe Tausendtheile der
Scala ablesen konnte; sie gaben unmittelbar das specifische Gewicht an, Wasser
gleich 1 gesezt.
In 500 Gram. Wasser löste ich 18 Gramme Salpeter auf und fand das specifische Gewicht
am Aräometer
bei 4,8° C. = 1,0225
bei 8,8° C. = 1,0210
bei 12° C. = 1,0205
bei 18,8° C. = 1,0190.
Ich sezte jezt zu dieser Salpeterlösung 0,5 Gramme Salpeter und fand am Aräometer
bei 1,88° C. = 1,0205.
Es ist also eine wahrnehmbare Aenderung in der Dichtigkeit hervorgebracht worden;
diese überschreitet 1/1000, ist aber bei der Unsicherheit der Ablesung durchaus
nicht mit Schärfe festzustellen. Diese Ablesung wird namentlich erschwert durch die
feinen Spindeln, welche ein empfindliches Aräometer haben muß, indem die Flüssigkeit
an denselben in die Höhe gezogen wird. Die Temperatur-Differenz, welche
zwischen den Beobachtungen stattfinden kann, muß gleichfalls in Rechnung gebracht
werden, wie man aus den oben angeführten Zahlen sieht, und dieß ist für jedes
Aräometer ganz verschieden. Diese geringe Abweichung im specifischen Gewichte wird
nun in der That erst durch eine Differenz im Salpetergehalte des Schießpulvers von 2
Proc. hervorgebracht.
In der von Becker vorgeschlagenen Art und Weise kann also
das Verfahren nicht ausgeführt werden; es muß wenigstens wesentliche Modifikationen
erleiden.
Was die Bestimmung des Schwefels betrifft, so ist die von Gay-Lussac vorgeschlagene gleichfalls unter den angeführten die am
meisten zu empfehlende. Sie hat nur einige Nachtheile, von denen der bedeutendste
der seyn möchte, daß leicht ein kleiner Verlust eintreten kann beim Beginnen des
Glühens im Tiegel. Ich habe bei allen Analysen, die ich selbst ausgeführt habe, und
bei allen, die von verschiedenen Personen in meinem Laboratorium angestellt wurden,
beim anfangenden Glühen einen deutlichen Geruch wahrgenommen, welchen ich dem
Entweichen einer Schwefelverbindung zuschreibe. Je inniger die Masse gemischt wird,
desto weniger ist der Geruch wahrzunehmen; ihn ganz zu verbannen ist, wie mir
scheint, nicht möglich. Es ist nicht wahrscheinlich, daß der hiebei eintretende
Verlust bedeutend sey, und ich habe bei den sonst gut ausgeführten Analysen hiebei
immer nahe die gesuchte Menge Schwefel gesunden.
Ein Fehler entgegengesezter Art, der aber sehr wohl zu vermeiden ist, kann durch ein
nicht hinreichendes Auswaschen des Niederschlages von der schwefelsauren Baryterde
entstehen. Diesen Uebelstand, wie die Unbequemlichkeit beim Filtriren, umgeht man,
wenn man das Gay-Lussac'sche Verfahren mit der
Pipette anwendet, welches freilich auch Vorsicht und Geduld erfordert. Es ist
dasselbe kurz oben berührt worden, ich werde unten noch einmal darauf
zurükkommen.
Es ist um so wichtiger den Schwefel genau zu bestimmen, da ein Verlust desselben sich
mit auf die Berechnung der Kohle ausdehnt, wenn dieselbe nicht direct bestimmt wird,
was, wie wir sehen werden, nicht ohne große Schwierigkeiten ausgeführt werden
kann.
Wenn man den Schwefel nicht als Schwefelsäure bestimmen will, in welchem Falle man
eine besonders abgewogene Menge des Pulvers anwenden kann, was ein großer Vortheil
ist, da man dann unabhängig von jedem bei dem Salpeterauslaugen möglicherweise
eintretenden Verluste ist, so ist es nothwendig, das Gemenge von Kohle und Schwefel
zu wiegen. Man schreibt fast allgemein vor, die Substanz vorher bei 100° C.
zu troknen. Es ist unmöglich, daß hiedurch nicht ein Verlust an Schwefel eintrete,
da man schon durch den Geruch den entweichenden Schwefel wahrnehmen kann. Eben so
wenig darf man das zu analysirende Pulver bei 100° troknen, da hier derselbe
Uebelstand eintreten würde.
Das Troknen darf in beiden Fällen nur im Vacuum über Schwefelsäure geschehen. Es ist
nun die Frage, ob die Troknung hier vollständig vor sich gehe? Die Hygroskopie der
Kohle übertrifft so weit die des gepulverten Schwefels, daß es nur erforderlich war,
die Kohle in dieser Beziehung zu prüfen. Wenn es gelang die Kohle selbst auf diesem
Wege völlig zu troknen, so konnte man dasselbe von einem Gemenge von Kohle und Schwefel mit Sicherheit
voraussezen.
Es wurde zu diesem Versuche Kohle genommen, wie sie aus dem Zerkleinerungsapparate
auf den Pulvermühlen gewonnen wird, und eine Quantität in einem sehr gut
verschlossenen Platintiegel geglüht. Der noch glühende Tiegel wurde sofort unter
eine Gloke mit Schwefelsäure gebracht und dort erkalten gelassen. Darauf wurde sein
Gewicht bestimmt, was ohne Schwierigkeiten geschehen konnte. Der Dekel wurde vom
Tiegel abgenommen, dieser in eine feuchte Atmosphäre gebracht, wo er schnell sein
Gewicht bedeutend vermehrte, und darauf mit destillirtem Wasser befeuchtet. Jezt
wurde der Tiegel mit abgenommenem Dekel unter die Gloke der Luftpumpe über
Schwefelsäure gebracht und darunter lange Zeit gelassen. Das Resultat, welches sich
hiebei ergab, war folgendes:
Das Gewicht der Kohle betrug 2 Gramme. Nach sieben Stunden war das Wasser bis auf 7
Milligramme daraus entfernt. Nach abermals zehn Stunden waren nur noch 2 Milligramme
darin zurükgehalten. Nach zehn Stunden hatte das Gewicht des Wassers sich bis auf 1
1/2 Milligramme vermindert, bei noch einmal zehn Stunden langem Verweilen im Vacuum
bis auf 3/4 Milligramme.
Die Temperatur, bei welcher dieser Versuch angestellt wurde, war sehr niedrig (+
6–7° C.); ist sie höher (12–16° C.), so geht die
Austroknung bedeutend schneller. Es ist hiedurch bewiesen, daß die Kohle wirklich im
luftleeren Raume das Wasser, welches sie hygroskopisch aufgenommen hat, wieder
abgeben kann. Diese interessante Thatsache wird unsere Aufmerksamkeit noch einmal
später auf sich ziehen. Hier genügt es gezeigt zu haben, daß man ein Gemenge von
Schwefel und Kohlenpulver auf die angegebene Weise troknen könne. Durch einige
andere Versuche fand ich, daß diese vollständige Austroknung nicht unter einer
gewöhnlichen Gloke über Schwefelsäure vor sich geht; hier ist die Tension des
Wasserdampfes zu gering. Es wurden 2,8 Gramme Kohle, wie oben troken gewogen, mit
Wasser befeuchtet. Nach vier Tagen waren noch 50 Milligramme Wasser zurükgehalten,
und nach abermals drei Tagen hatte sich durchaus keine Gewichtsabnahme gezeigt.
Die Methode den Schwefel von der Kohle zu scheiden, welche Berzelius angewandt und Wöhler etwas modificirt
hat, läßt sich mit einiger Genauigkeit nur nach des lezteren Verfahren ausführen.
Dennoch habe ich dieselbe niemals ganz scharf gefunden, und zwar, indem verschiedene
Fehlerquellen dabei stattfinden können. Es ist schwierig, genau das Gewicht der in
die Röhren gebrachten Substanz zu bestimmen, da die Hygroskopie der Kohle so
bedeutend ist, daß sie
im Augenblike, wo sie an die Luft kommt, schon bemerkbare Wassermengen condensirt.
Wenn man hierauf nicht ganz besonders Rüksicht nimmt, so begeht man einen sehr
bemerkbaren Fehler. Man muß dabei folgendermaßen verfahren. Ist das Pulver
vollständig mit Wasser ausgezogen und somit der Salpeter entfernt, so filtrirt man
das Gemenge von Kohle und Schwefel auf ein bei 100° C. getroknetes Filter und
bringt dieses in das Vacuum über Schwefelsäure, indem man es in einen sehr dicht
verschließbaren Platintiegel mit übergreifendem Dekel legt. Mehrere Tage läßt man
die Mischung im Vacuum verweilen, wobei man Sorge trägt, daß die Gloke auch wirklich
immer luftleer sey. Das Evacuiren muß anfangs namentlich immer langsam geschehen,
indem sonst ein Verstäuben unvermeidlich ist. Nach mehreren Tagen kann man das
Gemenge als troken ansehen. Man bedekt den Tiegel mit dem Dekel so schnell als
möglich und wiegt ihn. Sodann bringt man ihn, mit dem Dekel verschlossen, in das
Vacuum zurük und läßt ihn noch einen Tag darin stehen. Bei der wiederholten Wagung
darf er sein Gewicht nicht verändert haben. Hat er noch abgenommen, so wird er von
neuem in das Vacuum gebracht.
Hiedurch erfährt man die Menge der Kohle und des Schwefels, wenn das Gewicht des
Filters abgezogen ist. Diese gefundene Menge muß mit der bei dem Ausziehen und Wägen
des Salpeters übereinstimmen. Will man diese Controle nicht anwenden, so kann man
diese mühevolle und langweilige Operation sparen, was jedoch auch sonst noch von
Nachtheil seyn kann.
Man kann dann nämlich die Schwefel- und Kohlenmenge nur relativ erfahren, das
Verhältniß, in welchem beide zu einander stehen, aber niemals absolut, man hat also
gar keine Garantie für die Richtigkeit des Versuchs.
Von dem auf angeführte Weise getrokneten Gemenge bringt man so viel wie möglich in
eine gewogene Kugelröhre, deren Endröhre ziemlich weit seyn muß (s. oben). Das
Filter mit dem anhastenden Rest wird in das Vacuum zurükgebracht und wie vorher
getroknet, dann gewogen. Der Gewichtsunterschied gibt die Menge der Mischung, welche
in die Röhre gebracht worden ist. Wollte man diese in der Röhre wiegen, so würde man
ein zu großes Gewicht erhalten, indem schon viel Wasser mit hineingegangen seyn
würde.
Vorher, ehe man die Kugelröhre mit der Mischung anfüllt, kann man eine gewogene Menge
Kupferblech, in dünne Loken geschnitten, in das weite Endrohr bringen. Das Blech muß
vorher ausgeglüht und dann sehr sorgfältig von anhängendem Oxyde gereinigt seyn.
Versäumt man das Ausglühen, so erhält man einen Fehler durch die Zersezung des vom Walzen her
anhaftenden Oehles. Man zerlegt nun die Mischung, wie oben beschrieben, durch Hize,
indem man Wasserstoff darüber fortstreichen läßt. Man darf natürlich erst erhizen,
wenn der Wasserstoff alle atmosphärische Luft verdrängt hat. Dann ist zuerst das
Kupfer schwach zu erhizen und darauf der Schwefel darüber Hinzutreiben. Hat man
nicht genug Kupfer angewandt, so entweicht Schwefel. Man wiegt nach beendigter
Operation die Röhre mit Schwefelkupfer, nachdem man die Kohle sorgfältig
herausgeschafft hat. Zu diesem Ende zerschneidet man am besten die Röhre unmittelbar
an der Kugel.
Es ist sehr zwekmäßig, nach beendetem Versuche die Wasserstoffatmosphäre durch
trokene Luft zu verdrängen und den ganzen Apparat zu wiegen. Das Gewicht, welches
man findet, muß mit dem bekannten der Röhre, des Kupfers und des Gemisches
übereinstimmen. Ich gestehe, daß ich diese Uebereinstimmung niemals völlig gefunden
habe und schiebe die Ursache davon darauf hauptsächlich, daß man die Kohle heftiger
erhizt, als sie bei ihrer Darstellung erhizt worden ist, so daß sie dadurch eine
Zersezung erleidet, welche Verlust herbeiführt.
Ein anderer Fehler könnte dadurch herbeigeführt werden, wenn Schwefel bei der Kohle
zurükbleibt. Obwohl der Schwefel für sich leicht durch Destillation fortgeschafft
werden kann, so hängt derselbe doch sehr hartnäkig der Kohle an. Proust gibt schon
an, daß man in einer Retorte Kohle und Schwefel nicht durch Glühen völlig trennen
könnte, und wenn man auch nicht annehmen will, daß sich hier ein besonderes
Hyposulfid bilde, so zeigt der Versuch doch die Nichtigkeit der Proust'schen Angabe. Bei einem Versuche, in welchem das
Gemenge in einer kleinen Retorte über 1/2 Stunde der stärksten Hize auf der Berzelius'schen Lampe ausgesezt war, gaben 600 Milligr.
Kohle 110 Milligr. schwefelsauren Baryt, oder es hielt die Kohle 2 1/2 Proc.
Schwefel. Außerdem bemerkt man, auch bei vorsichtig geleitetem Versuche, gewöhnlich
einen unangenehmen Geruch des entweichenden Wasserstoffgases, welcher ihm sonst
nicht eigenthümlich ist. Um zu sehen, ob im Wasserstoffstrome aller Schwefel von der
Kohle abdestillirt werden könnte, wurden 0,400 Gramme auf diese Weise vom Schwefel
befreiter Kohle mit Salpetersäure, der Chlorwasserstoffsäure und dann rauchende
Salpetersäure zugesezt wurden, behandelt. Die erhaltene Flüssigkeit lieferte 5
Milligr. schwefelsaure Baryterde, also ungefähr 1/2 Milligr. Schwefel, welcher
offenbar dadurch zurükgehalten worden war, daß das Kali der Asche sich mit dem
Schwefel vereinigt hatte, indem bei der Salpeterauslaugung noch ein Theil der Asche in der Kohle
zurükgeblieben war. Der hiedurch entstehende Fehler ist, wie man sieht, so klein,
daß er unmerklich wird.
Die andern Methoden, den Schwefel von der Kohle zu trennen, durch Auflösen des
Schwefels und Abfiltriren der Lösung, sind, wenigstens zum Theil, nicht hinreichend
genau. Geschieht das Ausziehen durch schwefligsaures Natron, wie Volley vorgeschlagen, so erhält man ein sehr wenig
genaues Resultat, wie mir eine Anzahl von Versuchen zeigte. Auch Hr. Werther, welcher diese Methode prüfte, hat dabei durchaus
unrichtige Zahlen erhalten. Es liegt dieß vermuthlich darin, daß die Kohle von dem
Salze eine nicht unbeträchtliche Menge aufnimmt und es sehr hartnäkig zurükhält. Es
ist dieß wahrscheinlicher, als daß Schwefel in bedeutender Quantität zurükbliebe.
Nicht anders ist der Erfolg beim Ausziehen des Pulvers mit
Fünffach-Schwefelkalium, so daß diesem in jedem Falle das Schwefelammonium
vorzuziehen seyn würde. Bei dieser Methode, wie bei der von mir angewandten mit
Schwefelkohlenstoff, hat man jedoch wieder die Unbequemlichkeit mit dem Wiegen der
vorher getrokneten Kohle, obwohl man hier dieselbe erwärmen kann. Von der Art und
Weise diese Methode auszuführen s.u.
Wir haben endlich noch die von Dumas vorgeschlagene
Methode zu beleuchten.
Dumas verbrennt den Rükstand des mit Wasser ausgezogenen
Pulvers mit Kupferoxyd und berechnet aus der aufgefangenen Kohlensäure den
Kohlenstoff, findet durch Abzug den Schwefel. Dieses Verfahren ist so unrichtig wie
möglich. Erstens kann sich beim Verbrennen des Schwefelgemisches schweflige Säure
bilden, obwohl diese, wie Jordan gezeigt hat, sich nur
leicht bildet, wenn Kupferoxyd nicht im Ueberschuß vorhanden ist. Dennoch darf man
nicht versäumen, die schweflige Säure, die sich möglicher Weise bilden könnte, durch
Bleisuperoxyd vor der Kohlensäure aufzufangen. Ferner ist es aber durchaus
unrichtig, die Kohle in dem Schießpulver als Kohlenstoff zu betrachten, da sie, auch
noch so heftig geglüht, immer Wasserstoff und Sauerstoff zurükhält, wie ich an einem
andern Ort gezeigt habe und wie schon Berthollet gefunden
hatte.Gilb. Annal. XXXIV. 408.
Eben so unrichtig ist es, die sogenannte Humussäure durch Kali mit dem Schwefel
zugleich ausziehen zu wollen und den Rükstand jezt als Kohle anzusehen. Diese
ungelöste Substanz enthält immer noch Wasserstoff und Sauerstoff, und die in Kali
lösliche Masse hat in keinem Falle die Zusammensezung der Humussäure, die überdieß
auch nicht, wie dort, freilich zu einer Zeit, als man über die Humussäure so gut wie nichts
wußte, angegeben ist, 57 Proc. Kohle enthält.In einer besondern Abhandlung über die Verfehlung des Holzes werde ich auf
diesen Gegenstand ausführlicher zurükkommen.
Man sieht, daß sämmtliche früher angegebene Methoden nicht ganz frei von
Ausstellungen sind, und daß es keine überflüssige Arbeit seyn möchte, andere
Methoden aufzufinden, welche nicht die Blößen darbieten, welche, wie ich glaube, im
Vorstehenden aufgedekt worden sind.
Es ist hiebei zu bemerken, daß die Untersuchung eine möglichst einfache seyn muß,
damit sie leicht und schnell ausgeführt werden könne; doch ist es unmöglich, sie so
zu vereinfachen, daß auch ungeübte Personen sie mit Sicherheit ausführen könnten.
Die einfachsten Operationen bei chemischen Untersuchungen, z.B. das Filtriren,
Verbrennen der Filter, wollen erlernt seyn, und werden, wenn sie schlecht und nicht
mit gehöriger Sorgfalt und Geschiklichkeit ausgeführt werden, die ganze Untersuchung
scheitern lassen. Gute Analysen werden nur von geübten Personen und von diesen oft
mit Leichtigkeit vollendet. Ungeübte werden sie mit vieler Mühe dennoch schlicht
ausführen.
(Fortsezung folgt.)