Titel: | Betrachtungen über die Kraft und chemische Natur des Schießpulvers. |
Fundstelle: | Band 93, Jahrgang 1844, Nr. XCIII., S. 342 |
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XCIII.
Betrachtungen uͤber die Kraft und
chemische Natur des Schießpulvers.
Von
L. v. Breithaupt,
Oberst-Lieutenant und
Bataillons-Commandant in der königl. württemberg'schen Artillerie, Mitglied der
königl. schwedischen Akademie der Kriegswissenschaften Ritter des königl. würt.
Militär-Verdienstordens etc.
v. Breithaupt, Betrachtungen über die Kraft und chemische Natur des
Schießpulvers.
Vielfältige Beobachtungen, sowohl bei dem Gebrauch der Geschüze im Kriege, als auch
bei dem Zielschießen mit Geschüzen verschiedener Art im Frieden, nach welchen die
Schuß- und Wurfweiten bei sehr feuchter und sehr heißer Atmosphäre, in sehr
verschiedenen Verhältnissen, in der Regel aber sich immer verkürzten, und daß bei
mittlerer Temperatur die Schuß- und Wurfweiten die geringsten Differenzen
zeigten, gaben Veranlassung zu den folgenden Betrachtungen, welche ich deßhalb den
Artilleristen und den Gelehrten mittheile, um weitere Versuche über die
Kraftäußerung des Pulvers und wissenschaftlichere Prüfungen hierüber zu
veranlassen.
Im Allgemeinen habe ich zu bemerken, daß bei den im Folgenden erwähnten Versuchen mit
dem Probir-Mörser vom Monat Junius 1829 die Richtung der Wurflinie von Osten
nach Westen war; bei den Versuchen mit dem Probir-Mörser vom Monat September
und Oktober 1829, so wie bei den Resultaten des Werfens mit dem 30pfündner Mörser
machte die Wurflinie mit der Mittagslinie einen Winkel von 40 Graden.
Hinsichtlich der Beurtheilung des Schießpulvers ist zu berüksichtigen, ob man nicht
in neuerer Zeit bei Bestimmung der Kraft des Schießpulvers mehr die Kräftenlehre,
als die Grundstofflehre beachtet hat.
Das System der Kräftenlehre hat mit Recht die oft spielenden Erklärungen der
Grundstofflehre in das Reich der Phantasie verwiesen; in neuerer Zeit scheint man
auch wirklich in gleichen Verhältnissen bei Bestimmung der Kraft des Pulvers sich
mehr mit entgegengesezten Kräften, als früher mit den Eigenschaften der Grundstoffe
und deren Atome zu beschäftigen. Beide Systeme sind bei Aufsuchung
mathematisch-physikalischer Geseze gleich zulässig. Insofern beide Systeme
auf dem Wege der Erfahrung sich bildeten, will ich es auch versuchen, auf die
Erfahrung und auf die chemische Natur des Schießpulvers gegründet, die Kraft
desselben zu ermitteln.
Unter der Kraft des Pulvers ist die Wirkung zu verstehen, welche durch die Entzündung
und durch die aus der damit verbundenen Zersezung desselben entstehenden Gasarten
und Dämpfe hervorgebracht wird.
Die Kraft des Pulvers wird aber durch die bei der Verbrennung und Zersezung desselben
freiwerdende Wärme wesentlich vermehrt, weil durch dieselbe nicht nur in einem
Moment eine große Menge Pulver in Gasarten und Dämpfe verflüchtigt wird, sondern
auch weil die entbundenen Gasarten und Dämpfe in demselben Moment durch die
freigewordene Wärme außerordentlich ausgedehnt werden. Die durch die Verbrennung des
Pulvers frei werdenden Gasarten sind nach Ingenhoußen's
und Rumford's Versuchen hinreichend bekannt, nicht aber
der Siz der Wärmequelle, aus welcher selbst durch das kleinste Fünkchen plözlich die
ungeheure Menge von Wärme hervorbricht, welche fast in einem Augenblik eine große
Menge Pulver in Dämpfe und Gasarten auch dann zu verflüchtigen vermag, wenn das
Pulver unter Wasser. in verschlossenen Gefäßen entzündet wird.
Bevor man also die Kraft des Pulvers ermitteln kann, hat man den Siz der Wärmequelle
im Schießpulver zu suchen, welche bei den bewundernswürdigen Wirkungen des
Schießpulvers eine so große, aber bis jezt noch nicht hinreichend bekannte Rolle
spielt.
Um den Siz dieser Wärmequelle im Schießpulver zu ermitteln, ist es nothwendig, die
chemische Natur desselben zu untersuchen, hauptsächlich in Beziehung auf seine
elektrischen Eigenschaften; weil nach Berzelius der
Verbrennungsproceß überhaupt, und somit auch der Detonationsproceß des
Schießpulvers, Wirkung der rege gewordenen entgegengesezten Elektricitätsarten des Sauerstoffs
einerseits und des verbrennbaren Körpers andererseits ist.
Nach der allgemein angenommenen Theorie der Elektricität besizen die Naturkörper
verschiedene Arten von Elektricität, entweder positive oder negative; und Körper,
die gleiche Art von Elektricität besizen, stoßen einander zurük, dagegen äußern
Körper, welche entgegengesezte Art von Elektricität besizen, gegenseitige Anziehung.
Da nun nach Berzelius die chemische Anziehung mit der
elektrischen Anziehung identisch (ähnlich) ist, und nach Gmelin eine chemische Elektricität anerkannt wird, so müssen auch Körper,
welche entgegengesezte Art von Elektricität besizen, wenn sie miteinander in
Berührung gebracht werden, durch das Bestreben des elektrischen Fluidums sich stets
ins Gleichgewicht zu sezen, einander nicht nur elektrisch, sondern auch chemisch
anziehen oder verbinden, sobald die Elektricität der Körper durch eine mechanische
Kraft, hauptsächlich durch Reibung erregt wird, wie es bei der Verfertigung des
Pulvers der Fall ist; was sich dadurch bestätigt, daß das Schießpulver, obgleich der
darin enthaltene Schwefel ein Nichtleiter der Elektricität ist, dennoch von dem
durch Reiben elektrisch gemachten Schwefel und Siegellak, im gepulverten und
gekörnten Zustande nicht nur angezogen, sondern auch gegen Regen und Wind geschüzt,
unter dem Wechsel der Temperatur stets fest gehalten wird.
Auf diese Theorie scheint auch die Verfertigung des Schießpulvers nach Congreve dem Sohne (man sehe mein technisches Handbuch
1ste Abtheilung des 2ten Theils Seite 110) gegründet zu seyn, indem nach dessen
Verfahrungsart die Pulvermasse ohne Zusaz von Wasser Consistenz erhält und gekörnt
wird. Hier ist unverkennbar nur allein die elektrochemische Affinität der
Bestandtheile des Pulvers, welche durch die Reibung und Compression in Thätigkeit
versezt wird, das Bindungsmittel; daher kann auch die Entzündung des Pulversazes
während der Verfertigung des Pulvers mehr der durch Reibung zu sehr erregten
Elektricität als andern Ursachen zugeschrieben werden.
Bei der Bereitung des Schießpulvers findet also Neutralisirung der entgegengesezten
Elektricitäten statt. Berüksichtigt man nun noch, daß die Bestandtheile des
Schießpulvers paarweise gegen einander gestellt, chemische Affinität gegen einander
äußern, und zwar der Schwefel zur Kohle und zum Kali des Salpeters, zum Stikstoff
und zum Sauerstoff der Salpetersäure des Salpeters, so erscheint das Schießpulver um
so mehr nach obigen elektrischen Erscheinungen und der entwikelten chemischen
Affinität der Bestandtheile desselben, als eine durch elektrische und chemische
Affinität gebundene homogene Masse.
Will man auch annehmen, daß chemische Verbindungen nur zwischen den Atomen der Stoffe
vor sich gehen, und daß starre Körper selbst bei der größten Sorgfalt, sie in Staub
zu verwandeln, nie bis zur Trennung ihrer Atome zu zertheilen sind: so wird doch
eine Bedingung zur chemischen Verbindung mehrerer Stoffe, bei der Bereitung des
Schießpulvers in den bestehenden Stampf- und Walzwerken, durch die mit dieser
Bereitungsart verbundenen Anfeuchtungen des Pulversazes und dadurch entstehende
theilweise Lösung des Salpeters erfüllt.
Daß das Schießpulver eine durch Affinität gebundene homogene Masse ist, beweisen auch
die Versuche von Munke in seiner Abhandlung über das
Schießpulver, Marburg 1817, nach welchen das Schießpulver in einer luftleeren
Barometerröhre durch schnelle Erhizung ohne alle Explosion in seine Bestandtheile
zerlegt wird.
Dieser Erfolg ist auf die Erfahrung gegründet, daß alle Körper im leeren Raume durch
Erhizung nicht-elektrisch gemacht werden können; hier wird also aus dem
Schießpulver die Elektricität absentirt, ohne von einer entgegengesezten
Elektricität angezogen zu werden; somit äußert denn auch die Luft, obgleich
Nichtleiter der Elektricität, auf die elektrische Flüssigkeit der Körper einen
wesentlichen Einfluß.
Wäre das Schießpulver keine durch Affinität gebundene homogene Masse, sondern, wie
zur Zeit allgemein angenommen, ein mechanisches, nur allein durch Adhäsion
verbundenes Gemeng, so müßte, wenn solches so fein gekleint würde, als die
Bestandtheile desselben vor ihrer Vermengung einzeln gekleint waren, der Salpeter
durch die Auflösung und der Schwefel und die Kohle durch die Verschiedenheit ihres
specifischen Gewichts geschieden werden; dieses ist aber nicht der Fall, weil die
Kohle mit dem Schwefel, wenn das Schießpulver in Wasser gebracht wird, zu Boden
fällt; angenommen, daß hier die Kohle, als ein sehr poröser Körper, in diesen sehr
kleinen Theilen den Haarröhrchen ähnlich Wasser aufnimmt und so zu Boden gezogen
wird, so sollte die Kohle doch nach der Auflösung des Salpeters, durch Schlämmen,
von dem Schwefel wenigstens zum Theil geschieden werden können; allein dieses ist
mir nicht gelungen; hierauf ließ ich gleiche Theile möglichst fein gekleinte Kohle
und Schwefel auf einem Brett einige Stunden durch Reiben im trokenen Zustande
möglichst gut mengen und dann dieses Gemenge durch das feinste Haarsieb 3 Schuh hoch
in ein mit destillirtem Wasser gefülltes Gefäß unter starkem Luftzug fallen. In
dieser Fallhöhe und in diesem Luftzuge hätten sich die Schwefeltheile von den
Kohlentheilen wegen der größern specifischen Schwere des Schwefels nothwendig
trennen sollen, was aber nicht erfolgte. Das Resultat dieses Versuchs beweist also,
daß die so erzeugte
Masse kein Gemeng, sondern eine homogene, durch elektrische Affinität gebundene
Masse ist, was noch mehr daraus hervorgeht, daß auch diese Masse ein Leiter der
Elektricität ist, indem solche von Schwefel und Siegellak, durch Reiben elektrisch
gemacht, nicht nur angezogen, sondern auch, gegen Regen und Wind gesichert, unter
dem Wechsel der Temperatur festgehalten wird. Auffallend aber ist die Erscheinung,
daß der möglichst fein gekleinte Schwefel durch seine Adhäsion, die er gegen alle
Körper äußert, im reinen Zustande, so wie in obiger Masse, aus gleichen Theilen
Schwefel und Kohle bestehend, auch vom Wasser getragen wird; aus diesen
Erscheinungen könnte gefolgert werden, daß obige Masse, aus Kohle und Schwefel
bestehend, nur durch Adhäsion gebunden sey, weil die Adhäsionskraft der Körper mit
der vergrößerten Berührungsfläche zunimmt, und daher die Trennung sehr
verkleinerter, nach der größtmöglichen Oberfläche sich berührender Körper aus ihrer
Mengung schwer hält und das Recht der specifischen Schwere für sie geltend zu machen
eben so schwierig ist, als bei den Flüssigkeiten in den Capillargefäßen.
Da nun aber das Schießpulver, in ein mit Wasser gefülltes Gefäß gebracht, im
gekörnten so wie im gepulverten Zustande zu Boden fällt, so wird im Schießpulver
durch den Zutritt des Salpeters die Adhäsionskraft des Schwefels und der Kohle zum
Wasser aufgehoben, ohne eine Aenderung in der elektrischen Eigenschaft der Kohle in
Vereinigung mit dem Schwefel hervorzubringen; somit wird wiederholt bestätigt, daß
das Schießpulver eine durch elektrische Affinität gebundene homogene Masse ist, und
es sollte denn auch der Salpeter in irgend einer elektrischen Anziehung zu den
übrigen Bestandtheilen des Schießpulvers stehen.
Die Ursache, daß sich nach einer allgemeinen Aussage der Pulverfabrikanten der
Pulversaz während der Verfertigung des Pulvers bei feuchter Atmosphäre nicht so
leicht ballen läßt, oder nicht so leicht Consistenz annehmen will, wie bei einer
trokenen Atmosphäre, ist daher in der wenigeren Thätigkeit, welche das elektrische
Fluidum in feuchter als in trokener Atmosphäre äußert, hauptsächlich gegründet. Aus
diesen Gründen wird denn auch dasjenige Pulver, welches bei einer feuchten Luft
verfertigt wurde, weniger haltbar seyn, und einer geringeren Wirkung, als dasjenige
von gleichem Mischungsverhältnisse und gleicher Qualität der Bestandtheile, welches
bei trokener Luft verfertigt wurde, entsprechen.
Wenn das Schießpulver im leeren Raume durch Erhizung in seine Bestandtheile zerlegt,
durch die Verbrennung in der Atmosphäre aber zersezt wird, so kann wohl daraus
gefolgert werden, daß im leeren Raume die im Schießpulver enthaltene Elektricität
durch die Erhizung, ohne
von einer entgegengesezten Elektricität entbunden zu werden, absentirt wird, wodurch
die Affinität der Bestandtheile des Schießpulvers aufgehoben wird und solche zerlegt
werden.
Da aber in einem eingeschlossenen Raume, unter Zutritt der Atmosphäre die im
Schießpulver enthaltene Elektricität durch die Entzündung desselben in Thätigkeit
versezt, unter Donner ähnlichem Knall die Bestandtheile des Pulvers zersezt und in
Gasarten und Dämpfe verflüchtigt, dadurch strahlende Wärme erzeugt, welche von der
polirten Wand der Geschüzbohrung zurükgeworfen, den großen Grad der Intensität der
Hize hervorbringt, durch welchen in einem Moment eine große Menge Pulver in Dämpfe
und Gasarten verflüchtigt wird: so ist auch anzunehmen, daß die Kraft des Pulvers in
dem Verhältniß zunimmt, als der Druk der Atmosphäre sich vermehrt und die Dichtheit
derselben sich vermindert, oder auch, daß die Kraft des Pulvers unter gleichem Druk
der Atmosphäre in dem Verhältniß zunimmt, als die Dichtheit derselben abnimmt; oder
auch, daß die Kraft des Pulvers bei gleicher Dichtheit der Atmosphäre und Vermehrung
des Druks derselben zunimmt. Dieses Gesez dürfte die hier folgenden Resultate von
Versuchen bestätigen, welche dießfalls im Kleinen mit einer gezahnten
Stangenmaschine angestellt wurden.
Textabbildung Bd. 93, S. 347
Stand des; Barometers; Thermometers; Hygrometers;
Dichtheit der Luft; Druk der Luft auf 1 franz. Quadratzoll Grundfläche in
Pariser Pfund; Hat auf der Stangen-Maschine geschlagen: Grade;
Mittelzahlen von 10 Schuß
Das Pulver zu diesen Versuchen war immer in gleichem Locale aufbewahrt: die Ladung
à 54,3 Gran wurde jedesmal genau gewogen.
Wenn von den hier aufgezeichneten Resultaten der Versuche einige dem auf den
entwikelten Einfluß der Atmosphäre auf die Kraft des Pulvers gegründeten Gesez nicht
vollkommen entsprechen, so ist dabei zu berüksichtigen, daß zur Zeit kein auf
mathematische Calculationen gegründetes Gesez, ohne Abweichungen zu gestatten, besteht; und deßhalb von
einem Gesez, welches nur allein durch physikalische Versuche bestätigt werden kann,
um so mehr Abweichungen zulässig sind.
Die bewiesene elektrische Affinität des Schwefels zur Kohle, so wie, daß die in der
Atmosphäre enthaltene Elektricität einen wesentlichen Einfluß auf den zu
verbrennenden Körper, mithin auch auf die Verbrennung und Wirkung des Pulvers
äußert, dürfte hinreichend seyn, eine wissenschaftlichere Ansicht von der
Zusammensezung und Verfertigung des Schießpulvers, so wie von der Verbrennung und
Wirkung desselben, als die bisherige Theorie desselben zu begründen.
Daß aus dem Schießpulver durch den Zutritt des Feuers und der Atmosphäre strahlende
Wärme erzeugt wird, geht daraus hervor, daß Pulverkörner vereinzelt gelegt, durch
die Entzündung eines einzigen Korns entzündet werden.
Daß in dem Moment der Entzündung einer Geschüzladung die freigewordene Wärme von der
Wand der Geschüzbohrung zurükgeworfen, die Intensität der Hize des aus dem
Schießpulver entwikelten Fluidums vermehrt wird, geht daraus hervor, daß eine
gleiche Menge Pulver in nicht eingeschlossenem Raum nicht nur nicht vollkommen,
sondern auch mit einer viel geringern Kraft explodirt, als in einem geschlossenen
Raum dieses der Fall ist; und daß in dem Verhältniß eine Geschüzladung vollkommener
explodirt und eine größere Wirkung äußert, als die die Ladung einschließende Materie
ein geringerer Wärme- und Elektricitätsleiter ist.
Die hier folgenden Resultate der Schießübungen der württembergischen Artillerie und
dießfalls angestellter Versuche bestätigen dieses hinreichend.
In dieser Artillerie wurde bei den Uebungen mit Mörsern die Ladung zum Theil in
Hülsen von Papier und zum Theil lose in die Kammer des Mörsers gebracht.
Ein 10pfündiger Mörser von Bronze mit cylindrischer Kammer und Borkenstein'schem Bombenlager gab in den Monaten September und Oktober
1825, 1826 und 1827 folgende Resultate, welche die Mittelzahlen von 5 bis 10 Würfen
enthalten.
Textabbildung Bd. 93, S. 349
Ladung Lothe; Elevation
Grade; Die Ladung lose in die Kammer 1825. Wurfweite in Schritten; Ladung in
Papierhülfen in die Kammer; 1826; 1827; Wurfweite in Schritten; Das Pulver warf
aus dem Probirmörser die 60pfündige massive Kugel mit 8 Loth Ladung
württembergische Fuß
Versuche, welche in dieser Beziehung am 19. und 20. Oktober 1829 auf dem
Artillerie-Schießplaz bei Gmünd mit einer bronzenen, 18 Kaliber langen
6pfündner Kanone angestellt wurden, gaben folgendes Resultat und haben also auch bei
quantitativ-stärkern Ladungen den Einfluß bestätigt, welchen die Umhüllung
der Ladung auf die Kraftäußerung des Schießpulvers hat. Der Kernwinkel des Rohrs ist
58,13''.
Textabbildung Bd. 93, S. 349
Witterung; Ladung; Höhenrichtung; Relative Dichtheit der Luft; Mittlerer Drukt
der Atmosphäre auf 1 Quadrzoll. Par. Maaß Grundfläche in franz. Pfd; Mittlere
Schußweite von 8 Schuß in Fuß; Heiter und leichter Südwind; Die Kanone war mit 1
1/2 Pfund losem Pulver mittelst einer Ladschaufel geladen; auf das Pulver und
auf die Kugel wurde je ein Strohvorschlag gelegt; Anfangs; Die Ladung befand
sich in einem Beutel von Patronenzeug; auf dieselbe und auf die Kugel kam je ein
Strohvorschlag
Ein Versuch mit einem 10pfündigen Mörser von Bronze, den 3. September 1828
Nachmittags, bei heiterer, windstiller Witterung, gab das hier folgende
Resultat:
Textabbildung Bd. 93, S. 350
Ladung. Lothe; Elevation. Grade;
Ladung lose in die Kammer; Nr. des Wurfs; Wurfweite in Schritt; Mittelzahl;
Ladung in Papierhülsen in die Kammer; Nr. des Wurfs; Wurfweite in Schritt;
Mittelzahl
Um zu erforschen, ob dieser Einfluß der Wärmeleitungsfähigkeit der Bronze auf die
Kraftäußerung des Pulvers auch bei dem Eisen sich bemerkbar zeige, das nach Becquerel's Versuchen ein um 75 geringerer Wärme-
und Elektricitätsleiter als das Kupfer ist, wenn die
Elektricitäts-Leitungsfähigkeit des Kupfers durch 100 ausgedrükt wird, wurde
der hier folgende Versuch mit der Stangenmaschine und dazu gehörigen eisernen
Mörserchen angestellt; die Ladung á 1 Quent
Pulver wurde jedesmal gewogen.
Ohne Papierhülse schlug das Pulver im Mittel von 6 Schuß 74, in Papierhülse 78 Grad;
ohne Papierhülsen zeigte sich in dem Mörser nach jedem Schuß ein Pulverrükstand.
In den Papierhülsen zeigte sich kein Rükstand, der Boden derselben blieb ganz, die
Seitenwand der Hülse wurde zerrissen.
Obgleich das Eisen, wie angezeigt, ein viel geringerer Wärme- und
Elektricitätsleiter als die Bronze ist, so hat doch auch dieser Versuch den aus der
Wärme- und Elektricitäts-Leitungsfähigkeit der Metalle hergeleiteten
Einfluß der Wärmeabsorption auf die Kraftäußerung des Schießpulvers bestätigt.
Zu einer weitern Prüfung dieser Theorie wurde den 17. Junius 1829 ein Versuch mit
einem Probirmörser von Bronze mit 8 Loth Ladung, 45° Elevation und einer 64
Pfd. 19 Loth schweren massiven bronzenen Kugel, bei einer Dichtheit der Atmosphäre
von = 0,001172 und unter einem Druk derselben von = 15,04613 angestellt; ohne
Papierhülse erhielt man mit Musketenpulver eine mittlere Wurfweite aus 4 Wurf von
1235,75 Schuh – mit Kanonenpulver von 1273 Schuh – und in der
Papierhülse mit Musketenpulver aus 4 Wurf mittlere Weite von 1317,75 Schuh.
Da das Resultat dieses Versuchs das Resultat der Schießübungen bestätigt, und nach
dem Resultat der lezten Versuche die Form und Lage der Oberfläche, so wie die veränderte Form der Ladung
durch Umhüllung auf die Kraftäußerung derselben keinen Einfluß äußert, so geht auch
aus der Wärmeleitungsfähigkeit der Metalle ein Gesez hervor, nach welchem eine
Geschüzladung bei mittlerer Temperatur in dem Verhältniß eine geringere Kraft
äußert, als das Metall des Geschüzrohrs mehr Wärmeleitungsfähigkeit besizt.
Bei den Resultaten von Versuchen S. 349 und 350 nahm durch das Einschütten des
Pulvers in die Kammer des Mörsers die Oberfläche der Ladung, welche gegen das
Projectil zu liegt, eine elliptische Form an; dagegen lag die Oberfläche der in
einer Papierhülse befindlichen Ladung, da sie auch mit Papier bedekt war, senkrecht
auf der Achse des Mörsers; demzufolge wurden zur Untersuchung: welchen Einfluß diese
und die kreisförmige Figur der Oberfläche der Ladung auf die Wirkung des Pulvers
habe, folgende Versuche angestellt:
Textabbildung Bd. 93, S. 351
Monat und Tag; Witterung; Die
Ladung befand sich; Dichtheit; Druk; der Atmosphäre; Mittlere Wurfweite aus 4
Wurf in Fuß; 8. Septbr; ziemlich starker Regen; lose in der Kammer des Mörsers
und war mit einer runden Scheibe u. Zinnfolie bedekt, die senkrecht auf der
Achse des Mörsers stand; 10. Septbr; etwas wolkicht, abwechselnd Sonnenschein,
leichter Wind; lose in der Kammer des Mörsers, die vordere Fläche der Ladung
schief auf die Seelenachse, machte mit derselben in Form einer Ellipse einen
Winkel von 60–65°; auf dieselbe wurde eine Scheibe von Zinnfolie
gelegt
Elevation des Moͤrsers 45°
Um nun zu erforschen, ob nicht in der Umhüllung der Ladung mit Papier oder wollenem
Patronenzeug und der damit verbundenen veränderten Form der Ladung die größere
Wirkung des Pulvers ihren Grund habe, wurde den 30. September 1829 die Ladung mit
Zinnfolie umgeben, und zwar so, daß die Hülse von Zinnfolie wie die Hülse von Papier
genau in die Kammer des Mörsers paßte, und man erhielt eine mittlere Wurfweite aus 4
Wurf
mit Kanonenpulver
1235 Fuß.
bei einer Dichtheit der Atmosphäre
0,001177
bei einem Druk derselben
15,0274
der Hygrometer zeigte
55 Grade.
Bei Vergleichung der Wirkung des Schießpulvers mit dem Probirmörser bei gleicher
Dichtheit und unter gleichem Druk der Atmosphäre findet man, daß die Wurfweiten
nicht, wie es der Theorie nach seyn sollte, gleich, sondern vielmehr oft verschieden
von einander sind.
So war am 17. Junius 1829 bei einem Versuch mit dem Probirmörser die Wurfweite 1273
Fuß; die Dichtheit der Luft war 0,001175; der Druk derselben 15,04613, und der
Hygrometer zeigte 60° bei windstiller Witterung; bei einem weitern Versuch am
30. Jun. Vormittags desselben Jahres erhielt man bei einer Dichtheit der Atmosphäre
von 0,001173, einem Druk derselben von 15,01843 und einem Hygrometerstand von
44° nur eine Wurfweite von 1226 Fuß bei leichtem Westwind.
Bei den weitern Versuchen den 30. Junius 1829 Nachmittags bei einer:
Dichtheit der Luft.
Druk derselben.
Hygrometerstand.
Wurfweite von
0,001160
14,98947
37,75°
1224 Fuß
0,001162
14,99327
38°
1220
–
0,001160
14,99102
37,75°
1212
–
bei windstiller Witterung.
Wenn nun hier die geringere Wurfweite bei dem Versuch am 30. Junius gegen die am 17.
Jun. 1829 dem bei dem Versuch am 30. Jun. stattgehabten leichtern Westwinde, so wie
dem Hygrometerstand zugeschrieben werden wollte, so zeigten sich doch bei den
weitern Versuchen am 30. Jun. 1829 Nachmittags unter scheinbar gleichen Umständen
immer noch Differenzen in den Wurfweiten, die unbestreitbar noch andern, als den
angeführten Umständen zugeschrieben werden könnten, wenn sie nicht bei den einzelnen
Würfen, welche unter gleichen Umständen geschahen, größere Differenzen in den
Wurfweiten gezeigt hätten, was das beigelegte über die Versuche geführte Protokoll
mehrfältig bestätigt. Obgleich solche Differenzen der Wurfweiten einzelner Würfe,
die unter scheinbar gleichen Umständen geschahen, in der Zündungsart der Ladung, die
mit Stoppinen einmal mehr, das anderemal weniger momentan erfolgte, ihren Grund
haben können, so müssen dennoch nach allen Resultaten der angeführten Versuche, noch
andere als diese bekannten Umstände vorhanden seyn, welche auf die Kraftäußerung des
Pulvers Einfluß haben; worin aber dieselben bestehen und wie sie sich äußern, ist
eine Aufgabe, die nicht leicht zu lösen seyn wird. Ohne Zweifel wird die Elektricität der Atmosphäre keine
geringe Rolle dabei spielen; denn es ist bei dem beständigen Wechsel der Art und
Intensität der Luftelektricität nicht wohl anzunehmen, daß sie bei verschiedener Art
und Stärke bei Verbrennung der Pulverladung und der Gasbildung immer eine und
dieselbe Wirkung hervorbringe. Weitere Versuche mit Hülfe des Bohnenberg'schen Elektrometers und Beobachtung der angeführten Umstände
werden auch hierüber belehrende Auskunft geben.
Obgleich die dem Schießpulver beigemischte Kohle hygroskopische Eigenschaft besizt,
so ist solche doch zu unbedeutend, um auf das Pulver, in welchem die Kohle in einem
geringen Verhältniß enthalten ist, einen bemerkbaren Einfluß äußern zu können, wie
aus den hier folgenden Resultaten von Versuchen hervorgeht, welche in Beziehung auf
die Feuchtigkeitsanziehung der Kohle durch hannover'sche Hüttenbeamte angestellt
wurden, nach welchen:
die Birkenkohle,eingewogen den
die
Fichtenbaumkohle,
die
Stuͤkenkohle,
1. Okt. 1818,
100 Pfd.
21. April 1819,
75 Pfd.
16. Jul. 1818,
105 Pfd.
5. Maͤrz
–
102 1/2 –
14. Sept. –
80 1/2 –
4. Aug. –
105 –
28. Jan. 1819,
104 –
1. Oktbr. –
80 1/2 –
11. Sept. –
105 –
12. Maͤrz –
104 –
4. Febr. 1820,
81 1/2 –
1. Oktbr. –
105 –
21. April –
104 –
21. April 1819,
105 –
14. Sept. –
105 –
1. Oktbr. –
110 –
1.
Okt. –
105 –
4. Febr. 1820,
112 1/2 –
4. Feb. 1820,
106 –
–––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
im Ganzen vonder
AtmosphaͤreFeuchtigkeit anzog
6 Pfd.
6 1/2 Pfd.
7 1/2 Pfd.
In Betracht nun, daß die hygroskopische Eigenschaft der Körper auf die Theorie der
Haarröhrchen gegründet ist und die Porosität der Kohle im Schießpulver durch die
gegenseitige Anziehung der Bestandtheile desselben zum Theil aufgehoben wird, so
kann auch die Feuchtigkeit der Atmosphäre auf die in einem geschlossenen Wagen, so
wie in einem Magazin in Kisten gepakt aufbewahrte laborirte Munition, auf die
Kraftäußerung der Ladung keinen bemerkbaren Einfluß äußern, wohl aber wird das
Pulver sowohl in einem Magazin als im Freien der Einwirkung der Atmosphäre
ausgesezt, in dem Verhältnis Feuchtigkeit aufnehmen, als die Atmosphäre Feuchtigkeit
enthält; was auch aus dem hier folgenden Resultate eines dießfalls angestellten
Versuchs hervorgeht. Zu diesem Versuche wurden den 23. Jun. 1828 je 875 Gran
möglichst über Kohlenfeuer getroknetes Pulver in eine papierne Schachtel, deren
Grundfläche ein Quadrat von 4 Zoll Seite bildete, geschüttet, und diese in
verschiedene Aufbewahrungsorte gebracht Von diesem Pulver wurde in jeder Schachtel eine Fläche von
16 Quadratzoll mit der Luft in Berührung gebracht.
Den 26. Junius 1829 wurde das Pulver wieder zurükgenommen und gewogen, das Resultat
folgt hier:
Textabbildung Bd. 93, S. 354
Benennung des Locals der
Aufbewahrung; Gewicht des Pulvers, nachdem es 3 Tage in dem betreffenden Locale
war; Gewicht der absorbirten Feuchtigkeit in Gran; Hat, 875 Gran zur Einheit
angenommen, Feuchtigkeit angezogen; Hygrometerstand; Muskt.; Kanon.; Gran;
Kanonen; Grade; Laboratorium; Magazin Nr. 1; Altes Pulvermagaz.;
Arsenalkeller
Um nun zu erforschen, welchen Einfluß diese absorbirte Feuchtigkeit auf die
Kraftäußerung des Pulvers ausübe, geschahen mit dem Kanonenpulver aus jedem Locale 4
Würfe mit dem Probirmörser, und man erhielt folgende Resultate:
Textabbildung Bd. 93, S. 354
Pulversorte; Hatte seines Gewichts Feuchtigkeit
absorbirt; Atmosphäre; Dichtheit; Druk; Der Hygrometer zeigte; Mittlere
Wurfweite von 4 Würfen, in Fuß; Aus dem Keller; Alten Magazin; Magazin Nr. 1;
Aus dem Laboratorium
Hieraus geht hervor, daß selbst laborirte Munition sowohl im Magazin als im Wagen und
in der Patrontasche des Infanteristen nur gegen den Zutritt der Atmosphäre möglichst
geschüzt gut erhalten werden kann, weil das wollene Patronenzeug so wie das Papier
hygrometrische Eigenschaft besizt.
Nach Resultaten dießfallsiger Versuche des königl. bayerischen Geheimen Hofraths v.
Nau mit dem zu den außerordentlichen
Artillerie-Versuchen bei Mainz 1828 gebrauchten, und dem königl. preußischen
Pulver, ergab sich, daß das Stükpulver der Festung Mainz in 3 Tagen, das preußische
hingegen in 8 Tagen seine höchste Gewichtszunahme im Keller erhalten hatte, und
zwar:
das Kilogramm Mainzer
Stuͤkpulver
38 3/4 Gran
– –
– Feinpulver
31 1/2 –
– – preußische
Grobpulver
39 1/2 –
– – – Feinpulver
31 1/2 –
zugenommen hatte.
Dieselben Versuche haben auch gezeigt, daß das Pulver in freier Luft von der
Feuchtigkeit derselben schneller als im Keller angegriffen wird.
Dieser geringe Grad von Absorbirung der Feuchtigkeit des mit der Atmosphäre in
Berührung gesezten Pulvers wird hinreichend zur Ueberzeugung führen, daß eine in
gewöhnlichem Patronenzeug befindliche Geschüzladung, welche überdieß mit Werg
umgeben, in einem gegen das Eindringen von Wasser gesicherten Wagen gepakt, von der
Atmosphäre keine Feuchtigkeit aufnehmen wird. Wenn das Pulver also in feuchter
Atmosphäre einer geringeren Wirkung als in trokener entspricht, so liegt die Ursache
nicht darin, daß das Pulver die Feuchtigkeit der Atmosphäre angezogen hat, sondern
darin, daß der Druk der Atmosphäre sich vermindert und die Dichtheit der Atmosphäre
sich vermehrt hat, oder auch entgegengesezt; ferner auch darin, daß die Verbrennung
der Ladung dadurch successiver erfolgt, daß in feuchter Atmosphäre das elektrische
Fluidum weniger befördernd auf den Verbrennungsproceß wirksam ist, wie aus der
Zusammenstellung der hier folgenden in dieser Beziehung mit dem Probirmörser
angestellten Versuche hervorgeht.
Textabbildung Bd. 93, S. 355
Monat und Tag; Witterung; Dichtheit der Atmosphäre; Druk der
Atmosphäre; Mittlere Wurfweite von 4 Würfen in Scuh; 7. Jul.; Anfänglich
wolkicht, mit abwechselndem Westwind und dann heiter und troken; 27. Jan.; Sehr
heiter und troken, es wehte schwach Südwestwind; 17. Jun.; Abwechselnd starken
Regen und Westwind; 8. Sept. Windstill, etwas wolkicht, abwechseln
Sonnenschein
Zu diesen Versuchen verwendete man von dem den 9. Jun. 1829 eingelieferten
Kanonenpulver aus dem Magazin Nr. 1. Die Ladung wog 8 Loth.
Das Resultat dieser Versuche bestätigt sehr näherungsweise das früher entwikelte
Gesez, nach welchem die Kraft des Pulvers in dem Verhältniß zunimmt, als der Druk
der Atmosphäre zunimmt und die Dichtheit derselben abnimmt, oder daß die Kraft des
Pulvers unter gleichem Druk der Atmosphäre in dem Verhältniß zunimmt, als die
Dichtheit derselben abnimmt; so hat z.B. bei dem Versuch den 17. Jun. die Dichtheit
der Atmosphäre abgenommen und der Druk derselben zugenommen, daher die größere
Wurfweite den 17. Jun. Bei dem Versuch den 27. Jun. hingegen war die Dichtheit der
Atmosphäre bemerkbar geringer als bei dem Versuch den 7. Jul.; der Druk der
Atmosphäre aber bei dem Versuch den 27. Jun. und 7. Jul. nicht sehr bemerkbar
verschieden, daher die größere Wurfweite bei dem Versuch den 27. Jun.
Eine noch weitere Bestätigung für dieses Gesez liefert das Resultat eines mittelst
einer Stangenmaschine mit Musketenpulver den 11. und 12. Jun. und 5 Jul. im Freien
und im Keller angestellten Versuchs.
Textabbildung Bd. 93, S. 356
Monat und Tag; Witterung;
Atmosphäre; Hat geschlagen im Mittel von 8 bis 10 Schüssen, Gr; Im Keller;
Hygrometer-Grad; Im Freien; Hygrometer-Grad; Dichtheit; Druk; Die
Ladung à 54 1/2 Gr lose in das Mörserchen
gebracht; Die Ladung à 54 1/2 Gr. in einer
Papierhülse; 12. Jun; 5. Jul; 11. Jun; Feucht; Heiter und troken
Das Resultat des Versuchs vom 12. Jun. im Keller, verglichen mit dem vom 5. Jul. im
Keller, bestätigt, daß unter beinahe gleichem Druk der Atmosphäre mit Verminderung
der Dichtheit der Atmosphäre die Kraft des Pulvers zunimmt; das Resultat des
Versuchs vom 5. Jul. im Freien, verglichen mit dem vom 11. Jun. im Freien,
bestätigt, daß die Kraft des Pulvers, bei gleicher Dichtheit der Atmosphäre, mit
Vermehrung des Druks derselben zunimmt. Eine weitere Bestätigung dieses Gesezes
fordert unausgesezte Versuche, mit jedesmaliger Berüksichtigung des
Barometer-, Thermometer-, Hygrometer-, Elektrometer-,
Manometer- und Anemometerstandes.
Wenn nach Becquerel's Versuchen über die
Elektricitäts-Leitungsfähigkeit der Metalle das Eisen ein um 5/6 geringerer
Elektricitätsleiter als das Kupfer ist, und das Kupfer nach bekannten Erfahrungen in
einem um 5/6 geringeren Hizgrad als das Eisen schmilzt, so ist auch anzunehmen, daß
die Metalle in dem Verhältniß ihrer Schmelzbarkeit und Wärmeleitungsfähigkeit auch
Elektricitätsleiter sind; daher wird denn auch in einem eisernen Geschüzrohr dem
durch die Entzündung der Ladung freigewordenen Fluidum weniger Hize und
Elektricität, als in einem bronzenen Geschüzrohr entzogen, die Verbrennung einer
Pulverladung erfolgt also auch vollkommener in einem eisernen als in einem bronzenen
Geschüzrohr; daher denn auch der geringere Pulverrükstand in einem eisernen als in
einem bronzenen Geschüzrohr.
Bei einem Versuch, wo Schießpulver in gleicher Masse, von gleicher Qualität und
Oberfläche auf Platten von Messing, Eisen, Papier und wollenem Patronenzeug verpufft
wurde, zeigte sich, daß der Rükstand auf der Messingplatte am stärksten war, bei den
andern in der Ordnung: Eisen, Papier und Wollenzeug abnahm, und bei lezterm ganz
unbedeutend war.
Daraus erklärt sich auch einigermaßen die größere Gewißheit des Treffens mit eisernen
gegen bronzene Geschüze; vorausgesezt, daß die eisernen Geschüze nicht mit einem
schwarzen Oehlfirniß überzogen sind, oder, wenn solche nach dem Guß nicht abgedreht
werden sollen, nicht in einer mit Graphit ausgestrichenen Form gegossen sind, weil
die schwarze Farbe bekanntlich die Wärme in einem hohen Grab anzieht, und in
demselben Grad der nächsten Umgebung mittheilt, mithin auch bei dem Gebrauch
eiserner geschwärzter Geschüzröhre mit einer hohen Temperatur verkürzte Schußweiten
verbunden seyn müssen, weil das Pulvergas in dem Verhältniß weniger ausgedehnt wird,
als ihm Wärme durch das Metall des Geschüzrohrs entzogen wird.
Das hier folgende Resultat der Schießübungen der württembergischen Fußartillerie bei
mittlerer Temperatur im Jahr 1828 mit zwei Stük 6pfündner Kanonen für den Felddienst
von gleicher Schwere, wo das Rohr der einen Kanone von Bronze und das der andern von
Eisen gegossen ist, bestätigt wenigstens theilweise den Einfluß, welchen der Grad
der Wärmeleitungsfähigkeit der Metalle auf die Kraftäußerung des Pulvers ausübt.
Textabbildung Bd. 93, S. 358
Eisernes Rohr Nr. 1; Bronzenes Rohr
Nr. 27; Zahl der Schüsse; Entfernung in Schritten; Elevation Zoll über Visir und
Korn; Reine Treffer in einer Kreisfläche von; Fuß Durchmesser
Resultate vom Jahr 1829 mit 6pfündner Kanonen.
Textabbildung Bd. 93, S. 358
Eisernes Rohr Nr. 1; Bronzenes Rohr
Nr. 49; Zahl der Schüsse; Entfernung in Schritten; Elevation in Zollen; Reine
Treffer in einer Kreisfläche von; Fuß Durchmesser; über Metall
Dieser Erfolg bestätigt um so mehr das Seite 357 abgeleitete Gesez, nach welchem eine
Ladung in dem Verhältniß vollkommener explodirt und eine größere Kraft äußert, als
die Umhüllung derselben ein geringerer Wärme- und Elektricitätsleiter ist;
weil die nicht beröhrte Zündröhre des eisernen 6pfündner Rohrs um das Doppelte des
Raums seiner normalmäßigen Grundfläche sich erweitert hat, während die mit Kupfer
beröhrte Zündröhre des bronzenen 6pfündner Rohrs nach Beendigung der Uebung nur um
das Halbfache seiner normalmäßigen Grundfläche erweitert war.
Da nach den Resultaten der mitgetheilten Versuche das Pulver, in der Hülse von Papier
verbrannt, nicht nur keinen Rükstand hinterließ, sondern auch eine größere Kraft,
als das in Bronze oder Eisen verbrannte zeigte, so ist auch der Pulverrükstand in
den Geschüzen keine Folge davon, daß das Pulver durch die Verbrennung nicht
vollkommen zersezt werde, sondern daß das die Ladung umgebende Metall, in dem
Verhältniß aus dem Pulvergas Pulver sublimirt oder präcipitirt, als solches
Wärme- und Elektricitäts-Leitungs-Fähigkeit besizt.
In Betracht, daß die Metalle in dem Verhältniß mehr Wärme absorbiren und Elektricität
ableiten, als der Grad ihrer Erhizung zunimmt, wird es denn auch begreiflich, warum
die Schuß- und Wurfweiten in trokener, sehr heißer Atmosphäre, besonders wenn
das Geschüz der Einwirkung der Sonne ausgesezt ist, statt nach der entwikelten
Theorie unter vermehrtem Druk und verdünnter Atmosphäre zuzunehmen, abnahmen. Die
Resultate der hier folgenden, dießfalls mit dem Probirmörser angestellten Versuche
vom 7. Jul. 1829, bestätigen diesen Einfluß der Wärmeleitungsfähigkeit der Metalle
auf die Kraftäußerung des Pulvers.
Textabbildung Bd. 93, S. 360
Kanonenpulver aus dem Magazin Nr. 1. Ladung 8 Loth;
Nummer des Versuchs; Mittlere Weite von 4 Würfen in Schuh; Mittlerer Stand des;
Barometers; Thermometers; Hygrometers; Atmosphäre; Dichtheit; Druk; Erwärmung
des Metalls; Bei dem gebrauchten Mörser welcher von Außen mit Papier bekleidet
war; Beim nicht gebrauchten Mörser ohne Verkleidung; Außen; Innen
Eben so bestätigte ein im Monat Oktober 1829 dießfalls mit einer 18 Kaliber langen,
bronzenen, 6pfündner Kanone angestellter Versuch, das dießfalls aus der Theorie
entwikelte Gesez.
Textabbildung Bd. 93, S. 361
Datum; Witterung; Ladung;
Höhenrichtung; Relative Dichtheit der Luft; Mittlerer Druk der Luft auf 1
Pariser Zoll Grundfläche; Mittlere Schußweite von 8 Schüssen in Fuß; Temperatur
des Mettals; Den 19 Oktbr; Den 20. Oktbr; Heiter, leichter Südwestwind; Die
Kanone war mit 1 1/2 Pfd. losem Pulver geladen, auf dasselbe und auf die Kugel
kam ein Strohvorschlag; 3/4 Zoll Aufs; Den 19. Oktbr; Den 20. Oktbr; Die Ladung
befand sich in einem Patronensäkchen; auf dasselbe und auf die Kugel kam ein
Strohvorschlag
Aus dem Resultat dieses Versuchs geht die Bedingung hervor, daß man in stehenden
Gefechten je nach der Temperatur der Atmosphäre oder des der Einwirkung der
Sonnenstrahlen ausgesezten Geschüzrohrs, so wie nach 8–10 Schüssen den bei
mittlerer Temperatur ermittelten Normalaufsaz vergrößern oder verkleinern muß.
Von dem ersten bis dritten Versuch (vom 7. Jul. 1829) nehmen die Wurfweiten ab, wie
die Temperatur des Mörsers zunimmt, die je nach dem vierten Wurf beobachtet wurde.
Bei dem vierten Versuch, wo der Mörser durch Abkühlung wieder auf die
Normaltemperatur zurükgebracht wurde, nimmt die Wurfweite wieder zu, und nun von dem
fünften bis siebenten Versuch, mit Zunahme der Temperatur des Mörsers wieder ab.
Ein weiterer Versuch, welcher mit dem Probirmörser am 10. und 11. Sept. 1829
angestellt wurde, um zu erforschen, ob bei Erwärmung des Rohrs die Ursache der
verringerten Wirkung des Pulvers darin liege, daß bei höherer Temperatur des Metalls
dem Pulvergas mehr Wärme entzogen wird, oder ob sie in der durch die Ausdehnung des
Metalls hervorgebrachten Vergrößerung des Spielraums zu suchen sey: bestätigt
wiederholt, daß die Kraft einer Pulverladung in dem Verhältniß vermindert wird, als
das die Ladung umgebende Metall von dem Pulvergas mehr Wärme absorbirt, und daß die
mit Zunahme der Erwärmung eines Geschüzrohrs verbunden seyn sollende Vergrößerung
des Spielraums keine Verkürzung der Schuß- oder Wurfweiten zur Folge hat.
Textabbildung Bd. 93, S. 362
Monat und Tag; Witterung; Die
Ladung befand sich; Temperatur nach R; des Mörsers; der Kugel; Atmosphäre;
Dichtheit; Druk; Mittlere Wurfweite von 3 Würfen in Fuß; 11. Sept; Regen; lose
in der Kammer des Mörsers; 23 Sept; Wolkicht
Elevation des Moͤrsers 45°
Würde nur allein die Luft, oder der in derselben enthaltene Sauerstoff, auf die
Verbrennung und Kraftäußerung des Pulvers Einfluß haben, so müßte eine Pulverladung
in dem Verhältniß eine geringere Kraft äußern, als die leeren Räume zwischen den
Pulverkörnern sich vermindern; allein dieses ist nach einem in meinem technischen
Handbuch für angehende Artilleristen, 2. Thl. erste Abtheil., S. 6 u. 7,
mitgetheilten Resultat dießfalls angestellter Versuche nicht der Fall.
Eine weitere Bestätigung, daß die leeren Räume zwischen den Pulverkörnern auf die
Kraftäußerung des Pulvers keinen Einfluß haben, liefert das Resultat des hier
folgenden Versuchs:
Textabbildung Bd. 93, S. 363
Tag und Monat; Witterung; Die
Ladung befand sich; Atmosphäre; Dichtheit; Druk; Nr. des Wurfs; Wurfweite in
Fuß; Mittlere Wurfweite in Fuß; 8. Sept.; Ziemlich starker Regen; lose in einem
Patronensäkchen v. Wollenzeug, die Oberfläche mit gleichem Zeug bedekt, lag
senkrecht auf der Achse des Mörsers; die Kammer war voll; 29. Sept.; Bedekter
Himmel; in einem Patronensäkchen von Wollenzeug, die Ladung stark gebeutelt; die
Oberfläche mit gleichem Zeug bedekt, lag senkrecht auf der Achse des Mörsers;
der leere Raum in d. Kammer betrug 4 Linien
Das Resultat dieser Versuche, verglichen mit dem vorher mitgetheilten Resultat eines
dießfalls angestellten Versuchs, bestätigt das S. 357 entwikelte Gesez, nach welchem
eine Ladung in dem Verhältniß vollkommener explodirt und eine größere Wirkung
äußert, als die Umhüllung der Ladung ein geringerer Wärme- und
Elektricitätsleiter ist. Bekanntlich ist die Wolle ein geringerer Wärme- und
Elektricitätsleiter als das Papier. Die um 36 Fuß geringere Wurfweite mit
gebeutelter Ladung, gegen die, wo das Pulver lose in dem Patronensäkchen sich
befand, vermindert sich, wenn beim ersten Versuch der von den übrigen zu sehr
abweichende Wurf Nr. 2 und bei dem folgenden Versuch aus gleichem Grunde der Wurf
Nr. 1 gestrichen wird; der noch bleibende Unterschied liegt theils in der vermehrten
Dichtheit der Atmosphäre, weil der Druk derselben sich nicht in gleichem
Verhältnisse vermehrte, und theils in dem leeren Raum, welcher durch das Beuteln der
Ladung in der Kammer entstand. Daß der mehr oder minder leere Raum zwischen der
Ladung und dem Projectil einen Einfluß auf die Wirkung der Ladung äußert, geht aus
den nun folgenden Resultaten von dießfalls angestellten Versuchen hervor.
Textabbildung Bd. 93, S. 364
Tag und Monat; Witterung; Die
Ladung befand sich; Atmosphäre; Dichtheit; Druk; Mittlere Wurfweite von
3–4 Würfen in Fuß; 10. Sept.; Heiter; in einer Papierhülse, die vordere
Fläche senkrecht auf die Achse des Mörsers mit einer Scheibe v. starkem Papier
bedekt; der leere Raum betrug 2 Linien; 11. Sept.; Anfänglich Sonnenschein spät.
wolklicht; in einer Papierhülse, welche oben mit einer Scheibe von Pappendekel
bedekt war; der leere Raum oberhalb betrug 1 Linie; 11. Sept.; Wolkicht; in
einer Papierhülse vornen mit einer Scheibe von Pappendekel bedekt; an das Ende
der Kammer wurden 2 Scheiben von Pappendekel gebracht, so daß die Kammer ganz
angefüllt war
Die außerordentliche und plözlich schnelle Ausdehnung der aus einer entzündeten
Geschüzladung entwikelten Gasarten beruht also hauptsächlich auf den bei der
Entzündung des Pulvers rege gewordenen entgegengesezten Elektricitätsarten des
Sauerstoffs der Atmosphäre einerseits und des Pulvers andererseits.
Wenn nach Resultaten von Versuchen, welche die französische Artillerie in Beziehung
auf das Mischungsverhältniß der Bestandtheile des Schießpulvers angestellt hat, ein
Schießpulver, nur aus Salpeter und Kohle verfertigt, in dem Verhältniß an Kraft
abnahm, als Kohle zugesezt wurde, unter allen Umständen aber eine geringere Kraft
äußerte, als ein Pulver aus Salpeter, Schwefel und Kohle verfertigt: so geht aus
diesen Versuchen unverkennbar hervor, daß die außerordentliche Wirkung des
Schießpulvers nicht allein in der durch den Zusaz von Schwefel entwikelten weitern
Gasart, des schwefligsauren Gases, sondern hauptsächlich in der durch den Zusaz von
Schwefel im Schießpulver mehr angehäuften Elektricität ihren Grund hat.
Nach dem Resultat dießfallsiger Versuche (man sehe S. 5 und 6 der 1sten Abthl. des
2ten Thls. meines technischen Handbuchs) ist dasjenige Pulver das stärkere, welches
den meisten Schwefel enthält.
Aus der bewiesenen elektrischen Eigenschaft des Schießpulvers und darauf beruhenden
Einwirkung der Atmosphäre und der Metalle in Rüksicht ihrer Wärme- und
Elektricitäts-Leitungsfähigkeit auf die Kraftäußerung des Pulvers, geht unverkennbar
hervor: daß die Wärmequelle, welche bei den bewundernswürdigen Wirkungen des
Schießpulvers eine so große bis jezt nicht bekannte Rolle spielt, nur allein in der
in dem Schießpulver angehäuften Elektricität ihren Siz hat.
Aus der hier entwikelten chemischen Natur des Schießpulvers und bewiesenen
elektrischen Eigenschaft desselben, geht nicht nur die Unvollkommenheit der zur
Prüfung des Schießpulvers seither gebrauchten Instrumente und der Verfahrungsart bei
dem Gebrauche derselben, sondern auch die verschiedene Kraftäußerung des
Schießpulvers bei verschiedenartiger Zusammensezung desselben und unter
verschiedenem Zustand der Atmosphäre unverkennbar hervor.
Aus dem bewiesenen Einfluß, welchen die eine Pulverladung einschließende Materie, so
wie die Atmosphäre auf die Kraftäußerung derselben ausübt, geht unverkennbar hervor
daß, um die Kraft des Pulvers zu ermitteln,
1) zu bestimmen ist:
a) wie viel Gas dem Volumen nach, und mit welchem Grad
von Wärme, aus einer Quantität Pulver in einem bestimmten Raum eingeschlossen,
entwikelt wird;
b) ob mit Veränderung des Raums, in welchem dieselbe
Quantität Pulver eingeschlossen ist, mehr oder weniger Gas und Wärme entwikelt
wird;
c) ob in dem Verhältniß, als die Pulverladung
quantitativ zunimmt, auch ein größeres Volumen Gas und ein höherer Hizgrad entwikelt
wird;
d) in welchem Verhältniß das Pulvergas comprimirt werden
kann;
2) daß ein dazu erforderliches Instrument
a) weder Wärme- noch
Elektricitäts-Leitungsfähigkeit besizen darf;
b) von dem durch die Entzündung des Pulvers frei
gewordenen Fluidum nichts verflüchtigt werden darf, ohne auf die der entwikelten
Pulverkraft zur Ueberwindung entgegengestellte ruhende Masse gewirkt zu haben;
c) eine dem Gebrauch der Geschüze entsprechende Menge
Pulver aufnehmen muß;
3) daß folgende mechanische und physikalische Einwirkungen dabei zu beobachten
sind:
a) daß sich die der Pulverkraft zur Ueberwindung
entgegengestellte Masse mit der mindesten Reibung bewegt;
b) daß die Kraft des Pulvers immer unter gleichem Druk
und unter gleicher Dichtheit der Atmosphäre entwikelt, oder daß ein Gesez ermittelt wird, in
welchem Verhältniß. die Kraft des Pulvers, unter verschiedenem Druk und Dichtheit
der Atmosphäre, sich vermehrt oder vermindert;
c) daß durch das Zündungsmittel immer ein gleicher
Feuerstrahl, eine gleiche Menge Gas und gleicher Hizgrad erzeugt wird.
Das Volumen der Gase und der Grad von Wärme, welche aus dem Schießpulver durch die
Verbrennung desselben frei werden – worauf allein die Kraftäußerung des
Pulvers gegründet ist – sind bisher verschiedenartig ermittelt worden.
Nach einigen Autoren wurde das Volumen der Gasarten, welche bei der Verbrennung des
Pulvers frei werden, aus dem Gewicht der Gasarten der Elemente des Schießpulvers
berechnet; auf diese Weise erhält man nach Meinecke aus
100 Gran oder 2,2 Kubikzoll Schießpulver 105,7488 Kubikzoll gasförmige Stoffe; hier
fehlt aber die Angabe des Wärmegrads, welcher bei der Verbrennung des Schießpulvers
entwikelt wird, und das Volumen der Gase vergrößert.
Nach den Aidememoiren erhält man aus 100 Gran oder 38,8 Kubikzoll Schießpulver 28205
Kubikcentimeter oder 1236 Kubikzolle Gase; der Grad der Wärme, welcher in dem Moment
der Entzündung des Pulvers entwikelt wird, wird zu 600 Centesimalgraden angegeben,
und darauf gegründet eine Ausdehnung = 0,00375 für jeden + Grad des Thermometers
angenommen, so daß die erzeugten 1236 Kubikzolle Gase auf 36456 Kubikcentimeter oder
2781 Kubikzolle ausgedehnt werden. Die Unzulässigkeit einer solchen Verfahrungsart,
die aus dem Pulver durch die Verbrennung desselben frei werdenden Gase und Wärme zu
bestimmen, geht nicht nur aus der großen Verschiedenheit dieser Resultate, sondern
auch daraus hervor, daß ein mit einem Gase gefülltes Gefäß, von einem Gas anderer
Art, das von dem im Gefäß enthaltenen angezogen wird, noch eine Menge aufzunehmen
vermag, ohne eine Vermehrung des Raums zu Verursachen, weil Gasgemische wie
Metalllegirungen einen kleinern Raum einnehmen, als sie nach der relativen Dichtheit
der Bestandtheile in dem bekannten Verhältniß ihrer Vermischung einnehmen
würden.
Nach den Versuchen von Dr. Muncke, der zu diesem Zwek mehreremal eine gleiche Quantität Pulver in
einem leeren Raum verbrannte, überstieg das Volumen der Gasarten des Schießpulvers
das Volumen der Pulverkörner 1549mal; da aber die Gase eine Compression erleiden,
und nach dem Verfahren von Dr. Muncke
Weber mit Bestimmtheit
angenommen werden kann, daß der leere Raum wirtlich mit dem durch die Verbrennung
des Pulvers erzeugten Gase völlig angefüllt war, noch auch daß solches nicht etwas
comprimirt war, so ist diesem Resultat kein Vertrauen zu schenken.
Um das Volumen der Gase, welche aus einer Quantität Pulver durch die Verbrennung
desselben frei werden, im unverdichteten Zustand möglichst genau ermitteln zu
können, nehme man ein Haubiz- oder Mörserrohr, verkleide solches innen mit
einer Papiermasse und verbinde das Rohr in senkrechter Stellung mit einem sehr
schweren Fundament, damit solches durch die Entzündung der Ladung nicht erschüttert
werde; die Mündung des Rohrs wird luftdicht mit einer sehr schweren eisernen Platte,
die nach Innen mit Papier überzogen seyn muß, verschlossen. In dieser Platte
befindet sich eine dem innern Raum des Rohrs angemessene Oeffnung, die mit einem
Ventil geschlossen ist; um die Bewegung des Ventils genau beobachten zu können, ist
ein eingetheilter Quadrant, mit einem Pendel versehen, darauf zu befestigen.
In die Kammer dieses Rohrs bringe man eine Ladung, die einen Raum einnimmt, der zum
ganzen innern Raum des Rohrs in dem Verhältniß steht, als nach den bisherigen
Annahmen das Pulvergas einen größern Raum als die Pulverkörner einnimmt. Wird bei
dem ersten Versuch das Ventil so stark geöffnet, daß eine bemerkbare Menge Gas
entweichen kann, so ist der Versuch in so lange mit einer quantitativ abnehmenden
Ladung zu wiederholen, bis das Ventil nach der Explosion kaum bemerkbar sich bewegt;
wird bei dem ersten Versuch das Ventil gar nicht geöffnet, so muß der Versuch
entgegengesezt so oft wiederholt werden, bis das Ventil kaum bemerkbar geöffnet
wird, und sich sogleich wieder schließt.
Um den Grad der Wärme zu ermitteln, welcher bei der Verbrennung einer Ladung
entwikelt wird, lege man auf jede Ladung ein Thermometerstükchen des Wedgewood'schen Pyrometers.(?)
Die Ladung wird mit einem hinreichend starken Pistonschloß und einem dieser
Zündungsart entsprechenden mindesten Durchmesser des Zündlochs entzündet.
Hat man auf diese Weise ein befriedigendes Resultat für eine Labung im immer gleichem
Raum eingeschlossen erhalten, so sind die Versuche mit einem ähnlichen Instrument,
aber verhältnißmäßig größerm Raum und quantitativ stärkerer Ladung, die aber in
einem ähnlichen Raum, wie bei den ersten Versuchen eingeschlossen wird, und hierauf
mit quantitativ gleichen Ladungen, aber in verschiedenen Räumen eingeschlossen,
fortzusezen, um zur Ermittlung der Kraft des Schießpulvers, unter den angegebenen
verschiedenen Verhältnissen den auf die chemische Natur desselben gegründeten
Bedingungen zu entsprechen.
Mit demselben Instrument sind sofort Versuche anzustellen, um wie viel das Pulvergas
comprimirt werden kann. Zu diesen Versuchen wird das Gewicht des Ventils in dem
Verhältniß vermehrt, als die Ladung verstärkt wird.
Diese Versuche sind erforderlich, um für die Untersuchung eines neu verfertigten oder
eingelieferten Pulvers, hinsichtlich dessen Kraftäußerung bestimmtere Vorschriften
als die zur Zeit allgemein bestehenden; so wie für die Bestimmung des quantitativen
Verhältnisses der Ladungen, für Geschüze von verschiedenem Kaliber, ein zur Zeit
noch nicht bekanntes mathematisch-physikalisches Gesez begründen zu
können.
Da die Wirkung des Pulvers und dessen Haltbarkeit auch von dem Mischungsverhältnisse
der Bestandtheile desselben, von der Größe, Gestalt und Festigkeit der Körner mit
abhängig ist, so ist es auch zwekentsprechend, ein neu eingeliefertes Pulver, bevor
es der Untersuchung hinsichtlich der Kraftäußerung unterworfen wird, in Beziehung
auf das dem Fabrikanten vorgeschriebene Mischungsverhältniß zu untersuchen.
Das Verfahren der chemischen Analyse des Schießpulvers ist für den Artilleristen
nicht praktisch. Durch die Bestimmung der specifischen Schwere des Pulvers läßt sich
sehr annähernd auf das Mischungsverhältniß desselben schließen, wenn man dabei
folgendes für den Artilleristen praktisches, auf Erfahrung gegründetes Verfahren
beobachtet.
Zu diesem Versuch werden die Pulverkörner zerdrükt in Knirschpulver verwandelt, um
die Zwischenräume zwischen den Pulverkörnern möglichst zu vermindern, und in einem
Gefäß gleiche Quantitäten Pulver und destillirtes Wasser genau gewogen; aus den
Gewichtsdifferenzen wird sofort auf dem bekannten Wege das eigenthümliche Gewicht
des Pulvers berechnet.
In Folge dieser Verfahrungsart erhielt man mit zu Grundlegung der chemischen Analyse
einer Pulversorte, wornach solche aus
76,81
reinem Salpeter,
0,45
Kochsalz,
8,23
Schwefel,
14,51
Kohle besteht, welche Mischung
sehr nahe
77,25
Salpeter,
8,25
Schwefel,
1,45
Kohle ist, folgendes Resultat:
die specifische Schwere des aus Musketenpulver erzeugten Knirschpulvers wurde = 1,167
und aus geknirschtem Kanonenpulver = 1,156 gefunden.
Sezt man nun die specifische Schwere des Salpeters = 1,9, die des Schwefels = 1,8 und
die der Kohle = 0,36, so beträgt die relative Dichtheit dieser drei Bestandtheile in
genanntem Verhältniß 1,168.
Die Richtigkeit obiger Verfahrungsart, das eigentümliche Gewicht des Schießpulvers zu
bestimmen, dürfte nach diesen Resultaten hinreichend begründet seyn.
Folgerungen.
Bei der bisher unbeachtet gebliebenen elektrischen Eigenschaft des Schießpulvers und
den Einwirkungen, welche die Metalle in Beziehung auf ihre Wärme- und
Elektricitäts-Leitungsfähigkeit in verschiedener Temperatur, so wie den
Einwirkungen, welche die Atmosphäre auf die Kraft des Pulvers im Allgemeinen äußert,
wird es denn auch erklärlich, warum man von einem und demselben Pulver zu
verschiedenen Zeiten oft verschiedene Resultate hinsichtlich dessen Kraftäußerung
erhielt. Es werden die oft ganz entgegengesezten Meinungen über die beste Kohle für
das Schießpulver, über das Mischungsverhältniß und die Verfertigungsart desselben
begreiflich.
Es geht ferner aus diesen Betrachtungen unverkennbar hervor, daß der Normalaufsaz für
die Geschüze nur bei mittlerem Thermometer- und Barometerstand etc. möglichst
genau bestimmt werden kann, und daß eine Gradation des Normalaufsazes zu ermitteln
ist, nach welcher in sehr heißer und in feuchter und kalter Atmosphäre von dem
Normalaufsaz abgewichen werden muß.