Titel: | Ueber das Parietin, einen gelben Farbstoff, und die unorganischen Bestandtheile der Flechten; von Robert D. Thomson, Professor der Chemie an der Universität zu Glasgow. |
Fundstelle: | Band 93, Jahrgang 1844, Nr. XCV., S. 373 |
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XCV.
Ueber das Parietin, einen gelben Farbstoff, und
die unorganischen Bestandtheile der Flechten; von Robert D. Thomson, Professor der Chemie an der
Universitaͤt zu Glasgow.
Im Auszug aus dem Philosophical Magazine, Jul. 1844, S.
39.
Thomson, über das Parietin.
Der Zwek vorliegender Abhandlung ist: 1) zu zeigen daß, im Widerspruch mit der
gewöhnlichen Ansicht, die Pflanzengattung, welche man
„Flechten“ nennt, unorganischer Stoffe zu ihrer Nahrung
bedarf, die sie aus der Stelle schöpft, wo sie haftet; 2) den gelben Farbstoff aus
der gelben Wandflechte zu beschreiben und seine Eigenschaften, Zusammensezung und
Anwendung als Reagens für Alkalien anzugeben.
Bis jezt wurden nur wenige gelbe Farbstoffe dargestellt und analysirt. Es erklärt sich dieß dadurch,
daß diese Stoffe nur schwer in demselben Zustande dargestellt werden können, in
welchem sie sich in der Pflanze befanden. Das Hinderniß liegt darin, daß sie sich so
leicht mit Sauerstoff verbinden und dadurch in einen minder schönen Körper von nicht
krystallinischem Gefüge umwandeln.
Die bisher analysirten gelben Farbstoffe sind verschiedene Theile phanerogamischer
Gewächse, hauptsächlich Wurzeln und Blüthen. Der Gegenstand dieser Abhandlung wird
aus einer andern Pflanzenclasse, derjenigen der Flechten, gewonnen, und zwar aus der
Parmelia parietina,
gelben Wandflechte, deren Laub Hooker wie folgt beschreibt: „kreisrund, glänzend gelb; die
Lappen am Rande strahlenförmig, angedrükt, abgerundet, gekerbt und kraus, im
Mittelpunkt gekörnt; unterhalb blasser und faserig, mit tief orangegelben,
concaven, ganzrandigen Schüsselchen.“ Die glänzendgelbe Farbe der
Flechte beweist schon, daß sie einen Farbstoff enthält, welchen ich Parietin zu nennen vorschlage; auf die wirkliche
Intensität desselben würde man aber beim bloßen Ansehen der Pflanze doch nicht
schließen.
Unorganische Bestandtheile der Flechten.
William Hooker sagt, daß man an den Flechten
„zuweilen unvollkommene Wurzeln findet, welche aber mehr den Zwek
haben, die Pflanze auf ihrem Standpunkt zu befestigen, als ihr Nahrung
zuzuführen, welche die Luft allein herbeizuschaffen scheint.“ (English Flora, Vol. V. part.
I. p. 129.) Auch daraus, daß andere Schriftsteller das
Vorkommen unorganischer Stoffe in den Flechten nur mit sehr wenigen Beispielen
belegen und als etwas sehr Sonderbares anführen, scheint hervorzugehen, daß die
unorganischen Substanzen durchaus kein notwendiger Bestandtheil der Flechten seyen;
oralsaurer Kalk wurde zwar schon in mehreren Flechtenarten gefunden; man betrachtet
aber dieß als besondere Fälle. Auch wurden schon kleine Portionen
doppeltweinsteinsaures Kali und phosphorsaurer Kalk in einer oder ein paar Species
entdekt; doch scheinen diese Beispiele nicht zu irgend einem allgemeinen Schluß oder
auch nur auf den Gedanken geführt zu haben, daß unorganische Stoffe sehr häufig in
der Familie der Flechten angetroffen werden. Ich war daher auf die merkwürdigen
Resultate, welche mir die Analyse der gelben Wandflechte gab, nicht gefaßt. Bei
einem Versuche lieferten mir 50 Gran der von den Glimmerschiefer-Felsen zu
Dunson an der schottischen Westküste erhaltenen Pflanze nach sorgfältigem Waschen,
Troknen und Glühen 3,4 Gran unorganische Materie; bei einem andern Versuch gaben 40
Gran, eben so behandelt, beim Verbrennen einen Rükstand von 2,7 Gran; bei einem
dritten Versuch gaben 7 Gran sorgfältig abgesonderter oberer Theile des Laubs, welche
mit dem Felsen nie in Berührung standen, nach dem Waschen etc. bei der Einäscherung
0,47 Gran eines Skelets, welches noch die Form der Flechte besaß und aus Kieselerde,
Eisen, phosphorsauren Salzen etc. bestand.
Ich gehe bei Beschreibung dieser nur im Kleinen angestellten Versuche deßhalb so ins
Detail, weil ich es bei größeren Mengen sehr schwierig fand, von den auf Felsen
vorkommenden Flechten die fremdartigen Substanzen, welche ihnen in Menge anhängen,
zu trennen. Diese drei Versuche ergaben einen Procentgehalt an Asche von
I.
II.
III.
6,8
6,75
6,71.
Eine andere Probe von den obern Theilen des Laubs gab nur 5 Proc. Asche, in welcher
phosphorsaure Thonerde der vorherrschende Bestandtheil war.
Die Analyse zweier Proben Dieser Aschen ergab:
I.
II.
Kieselerde
68,46
64,62
Aufloͤsliche Salze, bestehend in
schwefelsaurem, phosphorsaurem und salzsaurem Natron
0,75
Thonerde und phosphorsaure Thonerde
0,83
Eisenoxyd und phosphorsaures Eisen- und
Kalksalz
22,04
34,55
Kohlensaurer Kalk
8,75
––––––––––––
100,00
100,00.
Aus diesen Thatsachen geht hervor, daß diese Flechte derselben unorganischen
Bestandtheile zur Nahrung bedarf, wie andere Pflanzen, und ihr Gehalt an solchen
größer ist als bei höhern Pflanzenordnungen; die Flechte nähert sich in dieser
Hinsicht den Seegewächsen.
Es war nun von Interesse, sich zu überzeugen, ob andere Flechten eben solche
Resultate geben. Es wurde in dieser Absicht eine Reihe von Versuchen mit mehreren
Species angestellt, deren Resultate in folgender Tabelle zusammengestellt sind.
Aufloͤsliche Salze.
Proc.
Unaufloͤsl. Salze.
Proc.
Gesammt-Aschegehalt.
Proc.
Cladonia rangiferina
9,75
2,71
12,47
Scyphophorus pyxidatus
6,09
– bellidiflorus
0,59
0,59
1,48
Ramalina scopulorum
0,33
3,84
4,18
Parmelia omphalodes
0,33
7,79
8,12
– saxatilis
6,91
– parietina
6,75
Cetraria islandica
1,84.
Bei der Analyse ergaben diese unorganischen Substanzen dieselben Bestandtheile wie
bei der gelben Wandflechte.
Um zu sehen, ob die unorganische Materie einigermaßen von dem Felsen abhänge, von
welchem die meisten dieser Wanzen genommen wurden, wurde eine Probe von Parmelia saxatilis, welche von dem Stamm einer Esche 10
Fuß vom Boden genommen worden war, eingeäschert, wobei sie ungefähr 7 Proc. Asche
lieferte, die aus Eisenoxyd, phosphorsaurem Eisen, Kalk und Alaunerde bestand.
Eine andere Probe von Parmelia saxatilis von dem Felsen
an dem Ufer des Venachar-Sees (wo sie, wie im ganzen schottischen Hochland,
zur Erzeugung eines schönen Purpurs auf Wollenzeugen mittelst Alaunbeize gebraucht
wird) lieferte nur 3 Proc. Asche, was, wie noch viele andere von mir beobachtete
Thatsachen beweist, daß der Gehalt an unorganischer Materie in den Flechten sehr
wandelbar ist, wie es wohl von allen organischen Körpern gilt.
Man hat schon längst beobachtet, daß die Flechten sehr viel zur Aufhebung des
Zusammenhangs der Felsen beitragen, da sie (nach Hooker)
„die ersten Pflanzen sind, welche den nakten Felsen überziehen und
Humus bilden für andere Pflanzen einer höhern Organisation, die darin leben und
blühen.“ Vorstehende Versuche machen es einleuchtend, daß die
Flechten diesen Boden zu erzeugen vermögen, indem sie von dem Felsen, auf welchem
sie festsizen, die zum Wachsthum sowohl ihrer selbst als einer höhern
Pflanzenordnung erforderlichen Bestandtheile ausziehen. Sie können daher als
Düngererzeuger oder als Quelle der zur Ernährung der Pflanzen
nöthigen Materien angesehen werden.
Wo die Flechten in großer Menge erzeugt werden können, lassen sie sich sehr
vortheilhaft als Dünger verwenden, indem sie mehr unorganische Substanzen enthalten,
als alle andern Pflanzen, mit Ausnahme der Seegewächse. Folgende Tabelle enthält das
Resultat meiner Analysen dreier Holzarten, des Lima-, Sapan- und
Blauholzes, woraus man ersieht, daß sie viel weniger Salze enthalten, als die
meisten Flechten.
Limaholz.
Sapanholz.
Blauholz.
Organische Materie
971,255
987,083
971,400
Kieselerde und Sand
1,800
7,800
Kochsalz
0,517
0,129
Phosphorsaures u. schwefelsaures
Natron
2,000
0,850
1,371
Phosphorsaurer Kalk
0,725
1,021
Kohlensaurer Kalk
24,140
11,650
18,279
–––––––––––––––––––––––––
1000,000
1000,000
1000,000.
Der Gehalt an organischer und unorganischer Materie beträgt bei
Limaholz.
Sapanholz.
Flechten.
Algen.
Organische Materie
971,25
987,08
922,5
762
Unorganische Materie
28,75
12,92
67,5
238.
In dieser Tabelle wurde die Zusammensezung der gelben Wandflechte für die Flechten
aufgenommen, während bei den Algen das Resultat der Analyse eines riesenmäßigen
Meergrases (seaweed) von Cap Horn, welches ich von Dr. Jos. Hooker erhielt,
aufgeführt wurde. 490 Gran dieser Pflanze gaben 116,7 Gr. Asche, was 23,8 Proc.
entspricht.
Das Wasser des Oceans kann alle unorganischen Bestandtheile der Seegewächse liefern;
Bäume und Flechten aber haben keine an Salzen so reiche Atmosphäre, aus welcher sie
diese Nahrung schöpfen könnten, sie müssen also die unorganischen Materien, welche
sie enthalten, dem Boden verdanken, auf welchem sie wachsen; da sonach die Flechten
sicherlich unorganische Substanzen verschiedener Art enthalten, wie dieß aus obigen
Thatsachen hervorgeht, so folgt daraus nothwendig, daß diese Pflanzenspecies nicht
nur aus der Atmosphäre ihre Nahrung schöpft, auf welche bisher die Botaniker ihre
Nahrungsquelle zu beschränken schienen, sondern daß sie auch im Stande ist,
unorganische Substanzen aus den Felsen und Bäumen zu ziehen, über deren Oberfläche
diese Pflanzengattung sich so sehr verbreitet.
Darstellung des Parietins.
Wenn die gelbe Wandflechte in kaltem Weingeist von 0,840 spec. Gewicht digerirt wird,
erhält man eine gelbe Flüssigkeit – offenbar eine Folge der Auflösung des
gelben Farbstoffs. Beim Kochen nimmt die Flüssigkeit eine dunklere Farbe an, und
wenn eine hinreichende Menge Weingeist genommen wurde und man die Flüssigkeit
freiwillig verdunsten läßt, so sezt sich der Farbstoff an den Seiten des Gefäßes in
feinen, manchmal 1/4 Zoll langen gelben Nadeln ab. Die Flechtenproben, aus welchen
diese Krystalle gewonnen wurden, kamen von einer trokenen Mauer in der Nähe der
See.
Um den Farbstoff der gelben Wandflechte darzustellen, thut man gut, die Flechte bei
mäßiger Wärme zu troknen. Vorzüglich gilt dieß für Exemplare von der See, welche
viel saftiger sind, als solche aus dem Innern des Landes. Der Weingeist zieht den
Farbstoff dann besser aus, ohne heftiges oder lange fortgeseztes Kochen. Das reinste
Product würde wahrscheinlich dadurch erhalten, daß man die Flechte durch Troknen in
einem Ofen so viel als möglich von Wasser befreien und sie nachher in kaltem
Alkohol digeriren würde. Ich habe gesagt, daß der Farbstoff in Nadeln krystallisirt
erhalten werden kann, gewöhnlich aber fällt er in Form glänzender gelber Schuppen
während des Abkühlens des Alkohols nieder. Am schnellsten erhält man ihn, wenn man
die Flechte ein paar Minuten lang mit Alkohol locht, filtrirt und frischen Alkohol
zusezt, bis der Farbstoff völlig erschöpft ist. Die Lösung ist kaum noch durch das
Filter gegangen, so fängt sie schon an, die glänzenden Parietin-Schuppen abzusezen. Versucht man dieselben durch
Wiederauflösen in Alkohol zu reinigen, so findet man, daß nur ein Theil davon sich
auflöst und der Bodensaz in der geistigen Lösung, statt den Glanz der früher
erhaltenen Substanz zu besizen, das Ansehen eines bräunlich-gelben Pulvers
annimmt.
Zusammensezung des Parietins.
Bei 80° R. getroknet und mit Kupferoxyd verbrannt, ergab das durch Digestion
mit heißem Alkohol oder Aether von Fett- oder Harzgehalt gereinigte Parietin
und das Product der zweiten Lösung, welches sich wie ein Oxyd desselben verhält,
folgende Elementarbestandtheile:
Parietin.
Parietinoxyd.
Kohlenstoff
40 Atom.
65,21
40 Atom.
62,51
Wasserstoff
16 –
4,34
16 –
4,16
Sauerstoff
14 –
30,45
16 –
33,33
––––––
––––––
100,00
100,00.
Parietin als Reagens auf Alkalien.
Eine sehr kleine Menge dieser Substanz theilt ihre gelbe Farbe einer sehr großen
Quantität Alkohol mit und auf diese Lösung haben Reagentien eine starke Einwirkung.
Werden einer solchen Lösung ein oder zwei Tropfen Salpeter-, Salz-
oder Schwefelsäure zugesezt, so wird ihre gelbe Farbe stark erhöht und sogar in noch
viel kleinerer Menge bringen sie eine sehr merkliche Veränderung hervor. Ist die
Lösung concentrirt, so verursacht die zugesezte Säure einen Niederschlag. Wird
Aezammoniak in höchst geringer Menge in eine Parietin-Lösung getropft oder
ihr mittelst eines Stäbchens zugesezt, so wird die gelbe Flüssigkeit sogleich satt
roth, dem Purpurroth ähnlich gefärbt. Dasselbe ist der Fall mit Aezkali, Aezbaryt,
kohlensaurem Natron, Aezkalk etc. Diese außerordentliche Empfindlichkeit des
Parietins gegen Alkalien macht es zu einem schäzbaren Reagens. Man kann eine
alkoholische Lösung desselben vorräthig halten; ein oder zwei Tropfen davon, einer
beträchtlichen Menge einer alkalischen Flüssigkeit zugesezt, verursachen eine rothe
Färbung derselben. Die alkoholische Lösung kann man einfach durch Digestion der Flechte in kaltem Alkohol
von 0,840 spec. Gewicht bereiten, denn ich fand, daß eine kleine Menge Flechte eine
große Menge Alkohol intensiv genug färbt, um als sehr empfindliches Reagens auf
Alkalien dienen zu können. Gehörig damit imprägnirtes Papier bleibt als Reagens auf
Ammoniak wenig oder gar nicht hinter dem Curcumapapier zurük. Man kann solches
Reagens-Papier augenbliklich bereiten, wenn es zur Entdekung von Ammoniakgas
dienen soll, indem man das Papier in die alkoholische Lösung taucht und in noch
feuchtem Zustande dem Ammoniakdunste aussezt. Seine gelbe Farbe geht sogleich ins
Purpurrote über, welches besser in die Augen fällt, als die mehr schmuzigbraune
Farbe des Curcumapapiers. Vorzüglich empfiehlt sich diese Flüssigkeit dadurch, daß
sie aufbewahrt werden kann ohne zu verderben, während die häufig empfohlenen
Reagens-Papiere, obgleich sie frisch bereitet sehr empfindlich sind, durch
die Aufbewahrung nach und nach ihren Werth verlieren. Säuren wirken auf das Parietin
nicht; seine natürliche gelbe Farbe wird durch dieselben bloß erhöht, während bei
der Curcuma, welche einen braunen und einen gelben Farbstoff enthält, der erstere
von Säuren geröthet und der leztere von Alkalien gebräunt wird. Angefeuchtetes
Parietinpapier hingegen wird, frisch bereitet, roth oder Purpurroth – lang
aufbewahrt röthlichbraun – wenn es mit Ammoniak und andern Alkalien in
Berührung kommt. Die übrigen Reactionen des Parietins sind einfach. Die geistige
Lösung desselben wird von salpetersaurem Silber, essigsaurem Blei und andern
Metallsalzen gelb niedergeschlagen. Eisenchloridlösung macht ihre Farbe dunkler.
Die gelbe Farbe der Parmelia parietina zog schon
frühzeitig die Aufmerksamkeit der Techniker auf sich. Sie wurde von Hoffmann, Amoreux und Willemet
im J. 1786 genau beschriebenMémoires couronnés en
l'année 1786 par l'Académie
des Sciences, Belles Lettres et Arts de Lyon, sur l'utilité des
Lichens dans la médecine et les Arts. 8. 1787.; lezterer benachrichtigt uns, daß die Schweden auf der Insel Oeland mittelst
dieser Flechte und Alaun eine gelbe Farbe auf Wolle erzeugen, und daß auf Leinen und
Papier auch Fleischfarbe davon erhalten werde; daß ferner die Ziegen diese Flechte
fressen und Haller sie als ein kräftiges Tonicum in der
Diarrhoe empfehle. Er selbst habe sie, sezt er hinzu, in seiner Praxis als Tisane
angewandt und sie in der im Herbst vorkommenden Form dieses Nebels wohlthätig
befunden. Nach Hoffmann wird sie in Norwegen mit Milch
gekocht, als Mittel gegen die Gelbsucht gebraucht. Hoffmann sagt, er habe niemals eine gelbe Farbe aus dieser Flechte gewinnen können, mit Weinessig
aber eine olivengrüne Farbe und mit achtem Weinessig (aceto
vini vero) und grünem Vitriol einen fleischfarbenen oder aprikosenfarbenen
Ton erhalten. Dr. John P. Westring von Nordköping in Schweden, welcher eine umfassende Untersuchung
über die Farbstoffe der Flechten anstellte, sagt, daß Lichen
parietinus durch 14tägige Infusion und dann 1/2 ständiges Kochen eine falbe
Farbe auf Wolle gebe; durch längeres Kochen werde eine gelbe Farbe erzeugt und diese
Mischung werde durch bloße Infusion und ExtractionExtration der rothen florentinischen Wolle gleich. Mit Kochsalz und Salpeter eine
halbe Stunde lang gekocht, wurde eine schöne Strohfarbe erzeugt. Auf Seide gab sie
ähnliche Farben, welche je nach dem Färbeverfahren in ihrem Tone vom Roth bis zum
Gelb wechselten.Kongl. Vetenscaps Acad. XII. p. 300. An.
1791.
Hierauf wurde die gelbe Wandflechte von Dr. Sande, welcher sich durch ihre Farbe wahrscheinlich dazu
verführen ließ, als ein Surrogat der Chinarinde während des lezten französischen
Kriegs empfohlen. Auch wurde sie von Herberger
untersuchtBuchner's Repert. f. d. Pharmacie, Bd. XLVII S.
179., aber offenbar nicht mit demselben Resultate, welches die schottischen
Proben gaben, indem er keine unorganischen Bestandtheile darin fand, welche sich
nach meinen Versuchen doch auf 6–7 Proc. belaufen, andererseits aber viel
mehr Farbstoff erhielt, als sich in irgend einer der von mir untersuchten Pflanzen
vorfand. Auch fand er einen rothfärbenden Stoff, welcher sich bei meinem Verfahren
nicht ergab und daher ein Product der Oxydation des Parietins seyn mag. –
Später extrahirte Dr. Gumprecht ein gelbes Oehl aus der Flechte, aber in so kleiner Menge, daß
es nicht weiter untersucht werden konnte. Bei meinen eigenen Versuchen fand ich
stets, daß der Farbstoff sich beim Erhizen der Flechte verflüchtigt, gerade ehe sie
Feuer sing, wodurch ein starker gelber Rauch erzeugt ward. Auch erhielt ich eine
beträchtliche Menge Zuker in krystallinischen Körnern, indem ich den zur Extraction
des Farbstoffs benuzten Weingeist freiwillig verdunsten ließ.
Nachschrift. Seitdem diese Abhandlung in der Philosophical Society vorgelesen wurde und ehe ich die
nöthige Menge gelber Nadeln behufs der Analyse erzeugen konnte, wurden sie von Rochleder und Heldt zu Gießen
untersucht und aus C⁴⁰ H¹⁶ O¹² bestehend gefunden.
Ich fand auch Parietin in der Squamaria elegans (von der
Cockburn-Insel im 64° s. Br. von Dr.
Joseph Hooker gesammelt und von ihm „die
südlichste Pflanze“ genannt) – eine Thatsache, welche
Griffith's Muthmaßung bestätigt, daß viele gefärbte
Flechten, wie Lecanora vitellina und concolor, Squamaria murorum, elegans etc. wahrscheinlich
unter verschiedenen Umständen befindliche Parmelia
parietina sind, indem alle diese Pflanzen ihre Farbe dem Parietin zu
verdanken scheinen.