Titel: | Verfahren die Daguerre'schen Lichtbilder zu äzen, so daß davon wie von gestochenen Kupferplatten Abdrüke gemacht werden können, worauf sich Antoine Jean Claudet zu London am 21. Novbr. 1843 ein Patent ertheilen ließ. |
Fundstelle: | Band 93, Jahrgang 1844, Nr. CXXII., S. 460 |
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CXXII.
Verfahren die Daguerre'schen Lichtbilder zu
aͤzen, so daß davon wie von gestochenen Kupferplatten Abdruͤke gemacht
werden koͤnnen, worauf sich Antoine Jean Claudet zu London am 21.
Novbr. 1843 ein Patent ertheilen ließ.
Aus dem London Journal of arts. Sept. 1844, S.
111.
Claudet's Verfahren die Daguerre'schen Lichtbilder zu
äzen.
Das Verfahren beruht auf folgenden Thatsachen, welche dem Patentträger mitgetheilt
worden sind.Nämlich von Hrn. Fizeau in Paris, auf dessen den
Gegenstand betreffende Abhandlung (S. 215 in diesem Bande des
polytechnischen Journals) wir verweisen. Die Specification von Claudet's Patent wurde erst im Mai d. J. in der
Petty Bag Office eingereicht.A. d. R.
1) Wenn man eine gemischte Säure, welche in gewissen Verhältnissen aus Wasser,
Salpetersäure, salpetrigsaurem Kali und Kochsalz zusammengesezt ist, auf ein
Daguerreotyp-Bild gießt, so greift sie das reine Silber an, wobei Chlorsilber
gebildet wird, dagegen afficirt sie die weißen Stellen, welche durch das Queksilber
hervorgebracht wurden, nicht; diese Wirkung dauert jedoch nicht lange. Durch
darauffolgende Behandlung mit Aezammoniak (Ammoniak, worin bereits Chlorsilber
aufgelöst ist, verdient zu dieser Operation den Vorzug) wird das Chlorsilber
aufgelöst und weggewaschen, und da nun das Metall wieder bloß gelegt oder vom
Chlorsilber gereinigt ist, so kann es neuerdings mittelst derselben Säure
angegriffen werden. Diese Säure wirkt besser warm als kalt.
2) Da alle metallenen Gegenstände sich an der Luft auf ihrer Oberfläche mit fetten
oder harzigen Materien überziehen, so muß die Daguerreotyp-Platte vollkommen
gereinigt werden, damit die Säure auf das reine Silber ihre volle Wirkung ausüben
kann; dieß geschieht durch Anwendung von Alkohol und Aezkali.
3) Wenn ein Daguerreotyp-Bild mit einer kochenden concentrirten Auflösung von
Aezkali behandelt wird, ehe man es der Einwirkung der Säure aussezt, so wird der
Zustand seiner Oberfläche so modificirt, daß die Säure in den Stellen, welche sie
angreift, eine große Anzahl von Punkten ausspart oder zurükläßt, welche das Korn der
gravirten Metallplatte bilden.
4) Wenn die Säure nicht tief genug geäzt hat, läßt sich ihre Wirkung durch folgendes
Verfahren verstärken: man schwärzt die Platte nach Art der Kupferdruker, aber mit
einer troknenden Schwärze; nachdem die Schwärze troken genug ist, polirt man die
weißen Stellen der Platte und vergoldet sie nach dem galvanoplastischen Verfahren;
dann wascht man die Platte mit erwärmtem Aezkali ab und äzt sie mit einer Säure,
welche das Gold nicht angreift, sondern bloß das Metall und zwar an denjenigen
Stellen, welche durch die Schwärze geschüzt waren und sich deßhalb nicht mit Gold
überziehen konnten. Auf diese Art kann man die Platte tief genug äzen.
5) Um die Platte gegen die Abnuzung beim Druken zu schüzen, wendet man folgendes
Verfahren an: man überzieht ihre Oberfläche auf galvanoplastischem Wege mit einer
sehr dünnen Kupferschicht, ehe man Abdrüke davon macht; scheint sich dieses Häutchen
oder diese Schicht von Kupfer etwas abgenuzt zu haben, so muß es ganz beseitigt
werden, dadurch daß man die Platte in Ammoniak taucht, oder in eine schwache Säure,
welche durch elektrochemische Wirkung das Kupfer auflöst, ohne das Metall unter ihm
anzugreifen; die Platte wird dann wieder wie früher verkupfert und ist hierauf für
eine weitere Anzahl von Abdrüken brauchbar. Sie läßt sich so oft wieder verkupfern,
als es erforderlich seyn mag.
Es soll nun das ganze Verfahren beschrieben werden.
Vorläufiges Aezen. – Für diese Operation, welche
die schwierigste ist, braucht man: 1) eine gesättigte Auflösung von Aezkali; 2)
reine Salpetersäure von 36° Baumé (1,333 spec. Gew.); 3) eine
Auflösung von salpetrigsaurem Kali, aus 100 Gewichtstheilen Wasser und 5
Gewichtstheilen salpetrigsaurem Kali bestehend; 4) eine Auflösung von Kochsalz, aus
100 Gewichtstheilen Wasser und 10 Theilen Salz bestehend; 5) eine schwache Auflösung
von Chlorsilber in Ammoniak, mit einem Ueberschuß von Ammoniak. Das ammoniakalische
Chlorsilber muß mit 15 oder 20 Theilen reinen Wassers verdünnt werden. In der Folge
benenne ich diese Auflösung „ammoniakalisches Chlorsilber“; 6)
eine schwache Auflösung von Ammoniak, welche 4 oder 5 Tausendtheile concentrirtes
Aezammoniak enthält. Diese Auflösung benenne ich in der Folge
„Ammoniakwasser“; 7) eine schwache Auflösung von Aezkali,
welche 4 oder 5 Tausendtheile concentrirte Kalilösung enthält; ich benenne sie
„Kaliwasser“; 8) eine Auflösung, bestehend aus 4
Raumtheilen Wasser, 2 Raumtheilen einer gesättigten Auflösung von Aezkali und 1
Theil Weingeist; diese Auflösung nenne ich „geistige Kalilösung“; 9) gesäuertes
Wasser, bestehend aus 100 Raumtheilen Wasser und 2 Raumtheilen Salpetersäure.
Außerdem muß man haben: drei Porzellanschalen, welche weit genug sind, um die Platte
aufzunehmen und die man mit einer geschliffenen Glastafel luftdicht zudeken kann;
dann zwei oder drei andere Schalen, welche nicht zugedekt zu werden brauchen; ferner
zwei bis drei Glastrichter zum Waschen der Platte; endlich zwei bis drei gläserne
Löffel, um damit die Platte zu halten, wenn man sie in die Auflösung bringt oder aus
derselben zieht, weil sie nicht mit den Fingern berührt werden darf.
Die Daguerreoty-Platte wird dem Aezungsproceß unterworfen, nachdem sie zuvor
in unterschwefligsaurem Natron und darauf in destillirtem Wasser gewaschen worden
ist.
Erste Operation zum Aezen der Platte. – Von
folgenden Auflösungen muß man so viel in die einzelnen Schalen gießen, daß die
Platte ganz davon bedekt wird: 1) gesäuertes Wasser; 2) Kaltwasser; 3) geistige
Kalilösung in bedekter Schale; 4) concentrirtes Aezkali, in bedekter Schale; 5)
destillirtes Wasser.
Man bringt die Platte auf den gläsernen Löffel oder Hälter und taucht sie in das
gesäuerte Wasser; darin wird sie einige Secunden lang bewegt und hierauf in einen
Glastrichter gebracht und mit destillirtem Wasser gewaschen. Nun wird sie mittelst
des gläsernen Löffels in die Schale getaucht, welche geistige Kalilösung enthält.
Diese Schale wird mit ihrer Glastafel zugedekt und dann mittelst einer
Weingeistlampe auf beiläufig 50° Reaumur erhizt. Die Platte muß in der Schale
eine halbe Stunde lang bleiben, während welcher Zeit die Auflösung dann und wann
erhizt und bewegt wird. Unterdessen muß man folgende saure Flüssigkeit bereiten,
welche ich Normalsäure nenne: sie besteht aus 600
Raumtheilen Wasser, 45 Raumtheilen Salpetersäure, 12 Raumtheilen einer Auflösung von
salpetrigsaurem Kali und 45 Raumtheilen Kochsalzlösung. Die Normalsäure wird in eine
Schale gegossen, welche man mit ihrer geschliffenen Glastafel zudekt; eine
hinreichende Menge Normalsäure muß überdieß in einer Flasche in Vorrath bleiben.
Nachdem die Platte eine halbe Stunde in der geistigen Kalilösung eingetaucht war,
zieht man sie aus derselben mittelst des gläsernen Löffels und taucht sie
unmittelbar in das Kaliwasser, worin man sie ziemlich stark schüttelt; aus dieser
kommt sie in destillirtes Wasser. (A)
Hierauf wird die Platte in das gesäuerte Wasser getaucht und einige Secunden lang
darin herumbewegt: dann bringt man sie in die Normalsäure. Nachdem die Platte einige
Secunden in der Säure
war, wird sie mittelst des gläsernen Löffels herausgenommen (wobei man besorgt ist
sie so viel als möglich mit der Auflösung bedekt zu erhalten), sogleich horizontal
auf ein Gestell gelegt und so viel Säure, als die Platte halten kann, aus der
Flasche auf sie gegossen; sie wird dann mit einer Weingeistlampe erhizt, aber nicht
bis zum Siedepunkt. Während dieser Operation sollte die Säure auf der Platte
herumbewegt werden, indem man sie mittelst einer Pipette aufsaugt und wieder darauf
entleert; nach zwei bis drei Minuten wird die Säure weggeschüttet, die Platte in den
Glastrichter gelegt und darin zuerst mit gewöhnlichem und hernach mit destillirtem
Wasser gut abgewaschen. (B)
Die Platte wird dann, ohne daß man sie troken werden läßt, auf die Finger der linken
Hand gelegt und mit der rechten Hand etwas ammoniakalisches Chlorsilber auf sie
gegossen, welches durch Balanciren der Hand auf ihrer Oberfläche herumbewegt wird;
die Auflösung erneuert man, bis sich das durch die Einwirkung der Säure gebildete
Chlorsilber aufgelöst hat; die Platte wird hierauf gewaschen durch Aufgießen einer
großen Menge Ammoniakwasser und nachher etwas destillirtem Wasser. (C)
Die Platte wird nun, ohne daß man sie troken werden läßt, in das concentrirte Aezkali
gelegt und nachdem die Schale auf das Gestell gebracht worden ist, das Kali bis zum
Siedepunkt erhizt; man läßt es dann erkalten (D);
dadurch daß man die von A bis D beschriebenen Operationen wiederholt, erhält man eine zweite Aezung; und
durch Wiederholung der in A und B beschriebenen Operationen eine dritte Aezung. Die Platte wird nun
getroknet; in diesem Zustande sind die schwarzen Stellen derselben mit Chlorsilber
ausgefüllt.
Nun wird die Platte polirt, bis die weißen Stellen vollkommen rein und glänzend sind.
Dieses Poliren geschieht mit Baumwolle und Bimsstein; hernach wird das die schwarzen
Stellen ausfüllende Chlorsilber auf die in B und C beschriebene Weise beseitigt. Die Platte wird
getroknet, vorher aber thut man gut, sie schwach mit dem Finger zu reiben, um von
den schwarzen Stellen alle Ueberbleibsel einer unauflöslichen Substanz, welche
gewöhnlich darauf zurükbleibt, wegzunehmen. Damit ist die vorbereitende Aezung
beendigt und die Platte sieht nun wie ein sehr zarter Kupferstich in getuschter
Manier (aqua tinta) aus. Doch ist sie, wenn die
Operation gut ausgeführt wurde, tief genug, um eine beträchtliche Anzahl Abdrüke
davon machen zu können.
Anstatt die Platte mit kochendem Aezkali in der Schale zu behandeln, kann man sie
auch auf das Gestell legen, mit der Auflösung bedeken und mittelst einer
Weingeistlampe erhizen, bis das Kali in den sogenannten wässerigen Fluß kommt. Dadurch
wird das Korn feiner, aber die weißen Stellen sind dann auch leichter
angreifbar.
Lezte Operation behufs der Aezung. – Dieselbe
erfordert einige der erwähnten Reagentien und
1) eine troknende Schwärze, welche man aus Leinöhl, das mit Bleiglätte hinreichend
gekocht wurde und calcinirtem Lampenschwarz bereitet;
2) einen galvanoplastischen Apparat und einige Auflösungen zum Vergolden und
Verkupfern der Platte.
Verfahren. – Die Platte muß nach Art der
Kupferdruker geschwärzt werden und zwar müssen dabei die weißen Stellen vollkommener
als gewöhnlich abgewischt werden; dann bringt man sie in einen geheizten Raum bis
die Schwärze gut ausgetroknet ist, wozu nach der Beschaffenheit des angewandten
Oehls mehr oder weniger Zeit erforderlich ist. Das Austroknen des Oehls läßt sich
dadurch beschleunigen, daß man die Platte auf dem Gestell mittelst der Lampe erhizt,
aber das langsame Verfahren ist besser und sicherer.
Wenn die Schwärze gut ausgetroknet ist, reinigt man die weißen Stellen wieder durch
Poliren der Platte mit Baumwolle und Bimsstein; man kann dazu ein Bällchen aus
Baumwolle, welches mit einem dünnen Kautschukblatt oder Fell überzogen ist, benuzen.
Nach dem Poliren ist die Platte zur galvanischen Vergoldung der weißen Stellen
geeignet.
Vergolden. – Es geschieht nach dem gewöhnlichen
galvanoplastischen Verfahren. Die einzige unumgängliche Bedingung besteht darin, daß
die erzeugte Vergoldung durch schwache Säuren nicht angreifbar seyn darf; eine zu
diesem Zwek geeignete Auflösung bereitet man aus 10 Gewichtstheilen eisenblausaurem
Kali, 1 Gewichtstheil Chlorgold und 1000 Gewichtstheilen Wasser, welche mit einer
galvanischen Batterie angewandt wird. Während des Vergoldens muß die Platte in
verschiedene Lagen gedreht werden, um die Goldablagerung zu reguliren. In einigen
Fällen läßt sich eine vollkommenere Vergoldung dadurch erzielen, daß man die Platte
mit einer dünnen Schicht Queksilber überzieht, ehe man sie in die Goldauflösung
legt.
Nachdem die Platte vergoldet ist, muß man sie auf die oben bei der Aezung (S. 462)
beschriebene Weise mit dem kochenden concentrirten Aezkali behandeln, um sie von dem
eingetrokneten Oehl vollständig zu reinigen. Die Platte wird dann gewaschen,
getroknet und wenn das
angewandte Oehl mit Lampenschwarz verdikt war, ihre Oberfläche mit Brodkrume
gerieben, um die zurükbleibende Schwärze zu beseitigen. Da nun die weißen Stellen
durch einen unangreifbaren Ueberzug geschüzt, die schwarzen Stellen aber bloß und
rein sind, so kann die Platte nach dem Verfahren der Kupferstecher mit Scheidewasser
geäzt werden. Diese Operation muß auf dem Gestell vorgenommen werden und nicht durch
Eintauchen der Platte in die Flüssigkeit.
Vor dieser lezten Aezung kann man, wenn die vorbereitende Aezung nicht gut gelungen
ist und die Platte noch nicht das hinreichende Korn hat, ihr lezteres nach dem
bekannten Verfahren der Kupferstecher ertheilen.
Um mit der Platte eine beliebige Anzahl von Abdrüken machen zu können, muß man sie
wie gesagt mit einem schwachen Ueberzug von Kupfer versehen, welches man auf
galvanischem Wege darauf niederschlägt; sonst würde sie beim Druken bald abgenuzt
werden. Dieser Ueberzug muß sehr dünn gehalten werden, damit die Zartheit der Aezung
und die Politur der weißen Stellen nicht zerstört wird. In diesem Zustande kann die
Platte dem Druker übergeben werden.
Nachdem eine gewisse Anzahl von Abdrüken gemacht worden ist, wird man bemerken, daß
der Kupferüberzug an einigen Stellen abgenuzt ist: dieser Ueberzug muß nun beseitigt
und ein frischer gemacht werden. Zu diesem Zwek muß die Platte mit warmer Kalilösung
gereinigt und in eine schwache Säure getaucht werden, welche folgendermaßen
zusammengesezt ist: 600 Raumtheile Wasser, 50 Raumtheile Salpetersäure, 5 Raumtheile
Aezwasser der Kupferstecher. Diese Säure löst die Kupferschicht auf und nachdem die
Platte wieder verkupfert worden ist, läßt sie sich neuerdings zum Druken verwenden.
Die Kupferschicht kann auch durch Aezammoniak beseitigt werden.
Die auf angegebene Weise geäzten Daguerreotyp-Platten lassen sich wie andere
gestochene Kupferplatten auf galvanoplastischem Wege vervielfältigen.