Titel: | Untersuchungen über den Einfluß des Wassers auf das Wachsthum der Wälder; von E. Chevandier. |
Fundstelle: | Band 93, Jahrgang 1844, Nr. CXXIII., S. 465 |
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CXXIII.
Untersuchungen uͤber den Einfluß des
Wassers auf das Wachsthum der Waͤlder; von E. Chevandier.
Aus den Comptes rendus, Jul. 1844, Nr.
3.
Chevandier, über das Wachsthum der Wälder.
In einer früheren Abhandlung (polytechn. Journal Bd. XCI S. 372) habe ich gezeigt, daß 1 Hectare Rothbuchenwald in den
Vogesen und unter guten Localumständen jährlich im Mittel 3650 Kilogramme
ausführbares Holz liefert, welches nach der Elementar-Analyse enthält:
1800 Kilogr.
Kohlenstoff,
26
–
freien Wasserstoff,
34
–
Stikstoff,
50
–
Asche.
Meine Absicht war seitdem, zu ermitteln, welchen Einfluß das Wasserquantum während
des Wachsthums der Bäume auf die entstehenden Producte hat. Um diese Frage gehörig
aufzuklären, mußte ich die Fortschritte des Wachsthums bei einer großen Anzahl von
Bäumen studiren, welche sich hinsichtlich des Bodens und Klima's unter gleichen
Umständen befanden, dagegen unter wandelbaren hinsichtlich der einwirkenden
Wässer.
Folgende Resultate sind das Mittel aus einer Menge einzelner Thatsachen.
Bezeichnet man mit 1 das jährliche Wachsthum einer Tanne im kothigen Boden vom
Sandstein der Vogesen, so wird dieses mittlere Wachsthum sehr nahe 2 im trokenen
Boden entsprechen; es wird zwischen 4 und 5 bei einem Erdreich liegen, welches
vermöge seiner Lage das von den steilsten Rampen ablaufende Regenwasser sammelt; und
es wird etwas mehr als 6 betragen für einen Boden, welcher durch Einsikern des
Bachwassers beständig kühl erhalten wird.
Um die Frage in einfachen und allgemeinen Ausdrüken beantworten zu können, mußte ich
natürlich die verschiedenen Theile jedes Baumes, welche nach dem Fällen desselben
als Nuzholz nach Kubikmetern, als Brennholz nach Stères, endlich als kleines
Astwerk in Bündeln verkauft werden, auf dieselbe Einheit zurükführen.
Vergleicht man beliebige Bäume von gleichem Alter und Boden, so sind die
Abweichungen, welche im Wachsthum in Folge der Einwirkung des Wassers entstehen,
constant und den oben für die Tannen angegebenen Mittelzahlen entsprechend.
Die jährliche Zunahme einer Tanne an trokenem Holze beträgt:
Kilogr.
Jahre
in kothigem Boden
1,84;
mittleres Alter der gefaͤllten Tannen
101,88
in trokenem Boden
3,43;
dto. dto. dto.
71,57
in durch Regenwasser angefeuchtetem
Boden
8,25;
dto. dto. dto.
74,45
in durch fließendes Wasser
angefeuchtetem Boden
11,57;
dto. dto. dto.
99,45
Damit es recht auffallend wird, wie wichtig derartige Betrachtungen für die
Waldbesizer sind, brauche ich diesen Durchschnittszahlen nur diejenigen Ziffern
beizufügen, welche die extremen Fälle repräsentiren. Dieselben sind für das
jährliche Wachsthum von beiläufig 100jährigen Tannen:
in kothigem Boden
um 1 Kilogr. weniger,
in trokenem Boden
um 3 Kilogr. weniger,
in angefeuchtetem Boden
beiläufig 20 Kilogr.;
dieß beträgt respective für das
Gesammtgewicht eines 100jährigen Baumes:
100 Kilogr.
1 1/3 Stère entsprechend,
300 Kilogr.
1 Stère entsprechend,
oder
2000 Kilogr.
7 Stères entsprechend.
Berechnet man den Werth eines solchen Baumes mit Berüksichtigung der Preise des
Holzes je nach seiner verschiedenen Größe, so kommt man auf die Folgerung, daß ein
Tannensame in 100 Jahren je nach der Wassermenge, welche den Boden, worauf er sich
entwikelte, befeuchtet hat, einen Baum liefern kann, welcher entweder nur 1 1/2 oder
7 oder gar 85 Francs werth ist.
Man ersieht hieraus, wie sehr der Ertrag der Wälder durch ein geeignetes
Wässerungssystem erhöht werden könnte, besonders in Gebirgen, wo der Boden wegen der
sich oft wiederholenden steilen Rampen, des ungehemmten Ausfallens der
Sonnenstrahlen, der Einwirkung der Winde, auch wegen großer Zerklüftungen oft
außerordentlich dürre wird.
Diese Wässerungen lassen sich theilweise immer leicht herstellen, wenn ein Bach über
das Gebirg hinabströmt; auch könnte man stellenweise alles Regenwasser dazu benuzen.
Wenn man also auf jeder Stelle des Gebirges das Wasser zurükhält, wenn man es so zu
sagen nöthigt sich allenthalben zu fixiren, so hat man eine der günstigsten
Bedingungen für das Wachsthum der Bäume erfüllt.
Dieß habe ich auszuführen versucht, indem ich auf trokenen Rampen Reihen horizontaler
Gräben ohne Oeffnungen herstellte, welche das Wasser aufnehmen und zurükhalten. Dieselben
sind 0,75 bis 1 Meter breit und tief und so angeordnet, daß sie das Gebirg in 12
– 15 Meter breite horizontale Zonen abtheilen; das Regenwasser sammelt sich
darin und dringt mehr oder weniger langsam in den Boden ein. Alles Wasser, welches
aus einer dieser Zonen ablauft, kommt also der unmittelbar darunter befindlichen zu
gut und das Regenwasser wird folglich auf dem ganzen Gebirg gleichförmig vertheilt.
Die höchste Zone aber empfängt durch Einsikern einen Theil des Wassers, welches auf
den Gipfel des Gebirgs fällt, falls dasselbe mit einer Hochebene endigt. Die Kosten
sind nicht sehr bedeutend; ich habe diese Methode versuchsweise in den Wäldern der
Spiegelfabrik zu Cirey auf beiläufig 8 Hectaren ausgeführt und die Kosten betrugen
durchschnittlich nur 40 Francs per Hectare.