Titel: | Ueber die Anwendung des Messings als Dachbedekungsmittel und seine Vorzüge vor dem Kupfer; von Joseph Oellacher, Apotheker in Innsbruck. |
Autor: | Joseph Oellacher |
Fundstelle: | Band 94, Jahrgang 1844, Nr. XIV., S. 72 |
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XIV.
Ueber die Anwendung des Messings als
Dachbedekungsmittel und seine Vorzüge vor dem Kupfer; von Joseph Oellacher, Apotheker in
Innsbruck.
Oellacher, über die Anwendung des Messings als
Dachbedekungsmittel.
Bei Gelegenheit eines hiesigen öffentlichen Neubaues wurde die Frage aufgeworfen,
welches Metall sich am besten zur Dachbedekung eigne? Hiebei wurde auch Messing in
Erwägung gezogen, um so mehr, als sowohl in Innsbruck als in Hall sich bereits
Messingdachbedekungen aus der Erfahrung beurtheilen ließen. Ich wurde ersucht,
hauptsächlich auf leztere mein Augenmerk zu richten, weil bei dem Messingdach,
welches sich über der Saline in Hall ausbreitet, alle zerstörenden Einflüsse Tag und
Nacht im höchsten Grade zusammenwirken: Wärme, Feuchtigkeit,
freie Salzsäure (entwikelt beim Verdunsten der Salzsoole durch Zersezung
des Chlormagnesiums) und mechanisch fortgerissenes Kochsalz. Wenn man diese zerstörenden Einflüsse gehörig würdigt, so wird
man die Annahme nicht übertrieben, sondern unter der muthmaßlichen Wirklichkeit
finden, daß dieses Messingdach unter solchen Einflüssen in einem Jahr mehr
beschädigt werden müsse, als ein anderes unter ganz gewöhnlichen
Witterungsverhältnissen in 50 Jahren. Um jene Zeit, als ich die Prüfung vorgenommen,
waren bereits 4 Jahre verflossen, seitdem das Salinengebäude mit Messingblech aus
der k. k. Schmelzhütte zu Achenrain im Unter-Innthal eingedekt worden war.
Das hiezu verwendete Messingblech wurde im rohen Zustande, d. i. mit unpolirter
brauner Oberfläche genommen und wird dort mit dem Namen
„Schwarzmessing“ belegt.
Ich stieg auf das Dach und schnitt gleich zunächst dem Dampfkamin, wo wie erwähnt,
Tag und Nacht die heißen sauren Salzdämpfe herausqualmen und sich unmittelbar über
das Messingdach ausbreiten, ein Stük des Messingblechs ab, das ich zur weiteren Untersuchung und
zum Vergleiche mit einem noch ungenüzten Messingblech nach Hause nahm. Zu meiner
nicht geringen Verwunderung bemerkte ich, daß außer einer tieferen Schwärzung der
Oberfläche des genüzten Messingbleches, im übrigen ein so geringer Unterschied
zwischen diesem und dem noch ungenüzten Messingblech bestand, daß man ihn beinahe
außer Acht lassen kann. Keine Spur von einem grünen Beschlag von sogenanntem
Grünspan, der (als künstlicher Malachit, eine Verbindung von kohlensaurem Kupferoxyd
mit Kupferoxydhydrat) die Kupferdächer zu überziehen pflegt, war auf dem genüzten
Blech zu bemerken und als, was den eigentlichen Beweis für seine permanent
gebliebene metallische Beschaffenheit liefert, beide
Bleche, das genüzte und noch ungenüzte Messingblech mit chemischreiner Salpetersäure
oxydirt und die salpetersauren Salze im Platintiegel zu Oxyden geglüht wurden,
erhielt man bis auf unbeachtenswerthe sehr geringe Differenzen, die unter 1 Procent
fielen, von gleichen Mengen der beiden Bleche gleiche Mengen von Oxyden.
Es ist nun hiemit der Beweis geliefert von der andauernden Unveränderlichkeit des
Messings an der Luft und von seinem Vorzug in dieser Beziehung selbst vor dem
Kupfer. Die chemische Theorie erklärt übrigens leicht und befriedigend diese
ausgezeichnete chemische Indifferenz des Messings vor der des Kupfers; denn Zink und
Kupfer sind Metalle von gegenseitiger elektrischer Spannung (man bedient sich
derselben bekanntlich zur Erregung der galvanischen Elektricität in der Volta'schen
Säule) und somit entgegengesezter chemischer Natur; im Momente der chemischen
Verbindung des Zinks und Kupfers zu Messing neutralisiren sich die hervorstechenden
chemischen Eigenschaften beider Metalle, sie durchdringen, sie indifferenciren sich
und trozen in diesem Verbande, mehr als die einzelnen Metalle, der chemischen
Einwirkung von außen, namentlich den Einflüssen der atmosphärischen Luft.
Hält man die Eigenschaften des Messings denen des Kupfers entgegen, so ergibt sich,
daß erstens dem lezteren zur Dachbedekung vorzuziehen ist, denn
1) hat das Messing bei gewöhnlicher Temperatur beinahe dieselbe Geschmeidigkeit, wie
das Kupfer;
2) übertrifft es das leztere in Hinsicht der Haltbarkeit, da es an der Luft schwerer
oxydirt wird und der Beschlagung mit sogenanntem Grünspan nicht so sehr wie dieses
unterworfen ist. Ein Messingdach wird also länger andauern, als ein Kupferdach;
3) ist das Messing härter als Kupfer, welches durch jenes stark gerizt wird. Diese
größere Härte gestattet eine dünnere Auswalzung des Messings, um noch immer dieselbe Stärke zu behaupten,
wie ein etwas dikeres Blech von Kupfer;
4) ist es im Durchschnitt um 1/9 specifisch leichter, so daß ein Dachstuhl von
gewisser Ausdehnung, wenn er mit Messingblech gedekt wird, um 1/9 oder 11 Proc.
weniger wiegt, als wenn er von gleich dikem Kupferblech verfertigt worden wäre; ein
Vortheil der in Bezug auf Gemäuer und Dachstuhl sehr wesentlich ist;
5) kostet ein Messingdach bedeutend weniger, als ein gleich großes Kupferdach. Als
ich mich bei der k. k. Salinendirection wegen der Kosten erkundigte, fiel die
Berechnung dahin aus, daß eine Wiener Quadratklafter des bei der Saline eingedekten
Daches von Messingblech sammt Dachsaum 25–26 fl. R. W. kostete, während eine
gleich große Fläche von Kupferblech 33 fl. R. W. um jene Zeit gekostet haben
würde.
Solche Vortheile sollten billigerweise nicht unberüksichtigt bleiben und ich habe
geglaubt die Bauherren bei der großen Menge der jezt allenthalben aufzuführenden
Neubauten auf diesen Gegenstand, als ihrer Beachtung im hohen Grade werth,
aufmerksam machen zu dürfen.