Titel: | Ueber den Guano; von Payen. |
Fundstelle: | Band 94, Jahrgang 1844, Nr. XLIX., S. 233 |
Download: | XML |
XLIX.
Ueber den Guano; von Payen.
Aus dem Journal de Chimie médicale, Okt. 1844, S.
551.
Payen, über den Guano.
Unter der Benennung „Guano“ versteht man bekanntlich die Masse
jener ungeheuern Lager animalischer Excremente, welche sich schon seit vielen
Jahrhunderten auf mehreren Inseln der Südsee anhäufen.
Humboldt und Bonpland brachten
schon vor 40 Jahren Muster dieses Guano's nach Frankreich mit und gaben interessante
Aufschlüsse über die Gewinnung dieses Stoffes, den Handel mit demselben und seine
Benüzung von Seite der Indianer zur Fruchtbarmachung der sterilen Küste von Peru.
Fourcroy und Vauquelin
machten im Jahr 1805 in den Annales de Chimie eine
quantitative Analyse des Guano bekannt; und doch hat man erst vor Kurzem begonnen,
dieses kräftige Agens für den Feldbau in Europa einzuführen.
Es ist dieß übrigens nicht das erste Beispiel des weiten Transportes eines
reichhaltigen Düngers. Aehnliches geschah schon, sobald in Frankreich nachgewiesen
worden war, daß der vorzüglichste Werth des Düngers auf dem Verhältniß der
ammoniakalischen Producte beruhe, welche durch seine langsame oder schnelle
Zersezung erzeugt oder entwikelt werden können.
Bekanntlich wird der größte Theil des in der Umgegend von Paris getrokneten Bluts von
100,000 Ochsen oder Kühen, 400,000 Hämmeln und 12,000 Pferden, welche jährlich
getödtet werden, nach den Colonien zum Anbau des Zukerrohrs exportirt und dieser von
uns ausgeführte pulverige Dünger hat theoretisch sowohl als im Handel ziemlich
gleichen Werth mit Guano von guter Qualität. Das im Großen getroknete Blut, welches
14,87 Gewichtsprocente Stikstoff enthält, wird sonach von den Pflanzern der Colonien
gerade so wie Guano guter Qualität, welcher 13,95 Gewichtsprocente Stikstoff
enthält, von unsern Landwirthen nach Verdienst gewürdigt.
Der Guano hat eine sehr complicirte Zusammensezung, denn er besteht aus 17, selbst
wieder zusammengesezten Stoffen, welche wir hier in zwei Kategorien einreihen, wovon
die erste die nüzlichsten und deßhalb werthvollsten Bestandtheile desselben enthält,
nämlich diejenigen, welche bei ihrer Zersezung Ammoniak entwikeln:
harnsaures Ammoniak
Oxalsaurer Kalk
harnsaurer Kalk
phosphorsaurer Kalk
oxalsaures Ammoniak
Chlornatrium
salzsaures –
phosphorsaures Kali
kohlensaures –
schwefelsaures Kali
phosphorsaures –
Fettstoff, gelber Farbstoff
phosphorsaure Ammoniak-Bittererde
Kieselerde.
stikstoffhaltige organische Materie
Eisenoxyd- und Thonerde, Spuren
Der Werth des Guano's in Folge seiner ammoniakalischen Bestandtheile läßt sich durch
eine einzige Operation, die Bestimmung des Stikstoffgehalts, ermitteln. Diese
schnell ausführbare Probe des Guano's ist um so zwekmäßiger, da alle den
Verfälschern Nuzen gewährenden Beimischungen eine bedeutende Verminderung seines
Gehalts an stikstoffreichen Bestandtheilen zur Folge haben müssen. Sie dient
überdieß zur Erkennung der Qualität der von Natur aus, nach der Lagerstätte, von
welcher man sie exportirt, sehr verschiedenen Guanosorten.
Es können daher die Kaufleute und Landwirthe nicht genug ermahnt werden, den Gehalt
des Guano's, welchen sie kaufen, bestimmen zu lassen; von Boussingault und mir angestellte Analysen direct nach Frankreich
eingeführter Guanosorten haben uns davon überzeugt. Vergleichende Versuche mit über
London gekommenen Proben zeigten, daß leztere höchstens 5,4 Procente Stikstoff
enthielten, während der direct bezogene 13,9 ergab.
Zum Düngen einer Hektare Landes genügen 285 Kilogr. des direct bezogenen Guano's,
während von dem über London erhaltenen 740 Kilogr. erforderlich wären.
Auch in den äußern Eigenschaften weichen sie von einander ab; der reichhaltige war
von brauner Farbe und gab einen fauligen Geruch von sich, welcher den moschusartigen
maskirte; der über London gekommene hingegen hatte eine fahle, etwas orangegelbe
Farbe und der von den wilden Vögeln herrührende moschusartige Geruch war bei ihm
vorherrschend.
Eine bemerkenswerthe Thatsache ist es daß, als durchschnittliches Muster aus einer
öffentlichen Pißanstalt zu Paris genommener, Menschenharn beim Abdampfen einen
troknen Rükstand hinterließ dessen Zusammensezung einer jener des besten Guano's
wenigstens gleichkommenden Düngkraft entspricht. Wenn also Mittel gefunden würden,
den Urin auf wohlfeile Weise abzudampfen, ohne daß er während dieser Operation in
Fäulniß überginge, so könnte auf diese Weise ein reichhaltiger und auf weite Streken
verführbarer Dünger gewonnen werden. Diese Thatsache stimmt übrigens mit bekannten,
vorzüglich in Flandern häufig gemachten Beobachtungen überein, welche den guten
Einfluß sogar des mit Wasser verdünnten Urins auf das bebaute Land darthun.
Der Taubenmist kommt, seinem Ursprung und seiner Zusammensezung nach, dem Guano sehr
nahe. In Flandern weiß man ihn gehörig zu würdigen, in andern Ländern weniger.
Der Guano ist wegen seines pulverigen Zustandes leicht auszubreiten; man kann ihn mit
der Saat vermengen; manchmal sezt man ihm sein gleiches Volum Erde zu, um ihn
gleichförmiger auf dem Boden zu verbreiten; endlich wurde auch beobachtet, daß der
Zusaz von ungefähr einem Zehntheil seines Volums Kohlenpulver bei ihm wie bei allen
andern wirksamen Düngern den vortheilhaftesten Einfluß hatte, indem seine Wirkung
dadurch geregelt wird.
Wir theilen zum Schluß in einer synoptischen Tabelle die Resultate unserer Bestimmung
des Stikstoffgehalts mehrerer Düngerarten, deren reeller Werth sich sehr nahe kommt
und das aus diesem Gehalt sich ergebende Aequivalent mit, d.h. die zum Düngen einer
Hektare Fläche erforderliche Quantität desselben; alles in Bezug auf den
gewöhnlichen landwirthschaftlichen Dünger von einer bestimmten Mittlern
Zusammensezung, welcher als Einheit dient und unter der Annahme, daß 10,000
Gewichtstheile dieses Düngers zur Düngung einer Hektare erforderlich seyen.
Textabbildung Bd. 94, S. 236
Düngerart; Stikstoff in 1000
Theilen; Aequivalent oder Quantität im normalen Zustand für eine Hektare; des
normalen Düngers; des getrokneten Düngers; Landwirthschaftlicher Dünger; Ueber
London eingeführter (gesiebter) Guano; Direct bezogener Guano; Im Trokenapparat
concentrirt. Harnextract; Taubenmist; Nach dem Gerinnen getroknetes Blut