Titel: | Ueber den Guano von der Yorkshire-Küste und der Nordküste von Schottland und die Benüzung der Vogel-Excremente überhaupt; von John Davy. |
Fundstelle: | Band 94, Jahrgang 1844, Nr. L., S. 236 |
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L.
Ueber den Guano von der Yorkshire-Küste
und der Nordküste von Schottland und die Benüzung der Vogel-Excremente überhaupt;
von John Davy.
Aus dem Edinburgh new philosophical Journal,
Julius-Oktober 1844 S. 313.
Davy, über den Guano.
Der Ausdruk Guano scheint eine generische Bedeutung zu erhalten, um alle aus
Vögel-Excrementen bestehenden Düngerarten zu bezeichnen; so wird er schon in
vielen Theilen Englands und Schottlands gebraucht.
Obwohl der Beschaffenheit unseres Klima's nach nicht erwartet werden kann, daß der
einheimische Guano in seiner Wirkung dem peruvianischen und afrikanischen
gleichkomme, so ist – wenn man bedenkt, daß ein großer Theil dieser
Vögel-Excremente in Wasser sehr wenig oder gar nicht auflöslich ist, ferner
daß es noch die Frage ist, ob nicht die fixen und unauflöslichen phosphorsauren
Salze den wichtigsten, das Wachsthum befördernden Bestandtheil für diejenigen
Pflanzen ausmachen, in deren Zusammensezung sie eingehen – Grund genug
vorhanden, den einheimischen Guano nicht nur nicht zu vernachlässigen, sondern ihm
noch besondere Aufmerksamkeit zu schenken.
In dieser Ueberzeugung beabsichtige ich über zwei unlängst mir zugekommene Portionen
Guano zu berichten; die eine verdanke ich Hrn. Hodgson
von Ayton Lodge bei Scarborough; die andere dem Professor Jameson; jene
wurde an der Yorkshire-Küste gesammelt, diese kommt von den Skerries in der
Pentland-Meerenge, woher sie sich der Civilingenieur Robert Stevenson, Director der Leuchtthürme von Schottland und
den Inseln, verschaffte.
Der Yorkshire-Guano ist, wie ich von Hrn. Hodgson
erfahre, das Excrement wilder Tauben, welche die Kalksteinfelsen von Scarborough
Head in großer Anzahl heimsuchen und dort brüten. Es werden von demselben jährlich
wohl vierzig Tonnen von Männern gesammelt, die sich dem schwierigen und gefahrvollen
Geschäfte widmen, die Eier aufzulesen, und sich zu diesem Behuf einander mittelst
eines Haspels von dem Rand eines 50–200 Fuß hohen Felsens hinunterlassen. Die
Pächter in der Nachbarschaft kaufen diesen Guano für 1 Schilling per Bushel oder 2 Schilling 6 Pence per Centner und bedienen sich desselben seit
undenklicher Zeit als Düngers beim Getreidebau im Verhältniß von beiläufig 6
Centnern auf den Morgen (Acre) Land und zwar mit so gutem Erfolge, daß er wegen
seiner fruchtbarmachenden Kraft sehr hochgeschäzt wird.
Er ist von lichtbrauner Farbe und bildet ein Gemenge von einem feinen Pulver, kleinen
Stükchen Stroh und Spreu und etwas Sand und Kies. Er besizt einen eigenthümlichen
Geruch, der aber erst dann ammoniakalisch wird, wenn man ihn befeuchtet und mit Kalk
vermengt, wo er ihn dann deutlich von sich gibt. Nach einer nur oberflächlichen
Analyse besteht er aus:
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salzartigen Substanzen, die in Wasser auflöslich sind und in welchen
Salz-,Schwefel- und Salpetersäure in Verbindung mit Kalk,
Kali, Ammoniakund Magnesia vorkommen;
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organischer Materie, vorzüglich Pflanzenstoffen, im Feuer zerstörbar,
inWasser unauflöslich;
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durch Hize nicht zerstörbarer Materie; davon sind 21 in Salzsäure
auflöslichund bestehen hauptsächlich aus phosphorsaurem Kalk mit etwas
kohlensauremKalk und Magnesia; 39 aber unauflöslich und bestehen
vorzüglichaus Sand und Kies;
6
hygrometrischer oder adhärirender Feuchtigkeit.
–––
100
Diese Zusammensezung des Yorkshire-Guano's erklärt hinlänglich seine
Dungkraft, besonders beim Getreidebau.
Es mag wohl sonderbar scheinen, daß während ich von Salpetersäure und auflöslichen
Salzen als im Guano vorhanden rede, ich der Harnsäure nicht erwähne, aus welcher
doch, wie bekannt, in Verbindung mit Ammoniak, der Harnantheil der
Vögel-Excremente in der Hauptsache besteht. Dieselbe habe ich wohl
aufgesucht, aber vergebens, oder ich konnte höchstens eine dunkle Spur derselben
entdeken. Es ist dieß aber leicht zu erklären, wenn man bedenkt, daß das harnsaure Ammoniak in Wasser
löslich ist und der untersuchte Guano dem Regen ausgesezt war. In einer andern
Probe, die auf meinen Wunsch an einem vor dem Wetter geschüzten Theil des Felsens
gesammelt wurde, fand ich eine bedeutende Menge harnsauren Ammoniaks.
Die wahrscheinlich in Verbindung mit Kalk vorhandene Salpetersäure kam, wie zu
vermuthen, mit den auflöslichen Salzen von einer überhängenden
Kalksteinfelsen-Fläche und wurde entweder beim Einsammeln des Excrements mit
abgeschabt oder beim Abtropfen des Wassers niedergespült und vom Guano absorbirt und
zurükgehalten, – vorausgesezt, daß eine Zeit lang vor dessen Einsammlung
troknes Wetter war.
Es verdient bemerkt zu werden, daß sowohl der Peruvianische als der afrikanische
Guano, wiewohl sie reich sind an Stikstoffverbindungen, doch keine Salpetersäure
enthalten. Dieser Umstand ist ein schlagender Beweis für die Theorie der
Salpeterbildung, gemäß welcher kohlensaurer Kalk zu der Erzeugung der Säure für
nothwendig erachtet wird, indem er einen gewissen Einfluß aus die Vereinigung ihrer
gasförmigen Elemente ausübt.
Der Guano von der Pentland-Meerenge bildete feste Klumpen von schmuzigbrauner
Farbe, wovon einige weiß gesprenkelt waren. Er hat einen eigenthümlichen Geruch,
ähnlich dem des Meergrases und riecht gar nicht nach Ammoniak, bis er befeuchtet mit
Kalk zusammengerieben wird. Nach dem Einweichen in Wasser in Stüke gebrochen, was
ohne Widerstand geschah, und mit dem Mikroskop sorgfältig untersucht, wurde er
hauptsächlich aus kleinen Seemuschelstüken und Seegras bestehend gefunden, welche
mit einer feinkörnigen Substanz und Kieselsandtheilchen vermengt waren, woraus man
schließen muß, daß er von Vögeln herrührt, welche sich größtentheils von Seegras und
den in demselben sich aufhaltenden kleinen Mollusken ernähren. Den Aufschlüssen
nach, welche ich von Prof. Jameson erhielt, sind die die
Skerries bewohnenden Vögel hauptsächlich Seeraben. Nach meiner Analyse besteht er
beiläufig aus:
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in Wasser auflöslicher Substanz, hauptsächlich salzsaurem
Ammoniak,salpetersaurem und schwefelsaurem Kalk, mit einer Spur
Kochsalz;
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durch Hize zerstörbarer Materie, einem Gemenge von vegetabilischer
undanimalischer Substanz, in Wasser beinahe unauflöslich;
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durch Hize unzerstörbaren Stoffen, bestehend aus 30,6 kohlensaurem
undphosphorsaurem Kalk, mit einer Spur Magnesia, etwas schwefelsaurem
Kalkund 29,4 Kieselsand;
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hygrometrischem Wasser oder anhängender Feuchtigkeit.
–––
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Nach dem Gehalt an kohlensaurem und phosphorsaurem Kalk, in Wasser löslichen salzigen
Bestandtheilen und durch Hize zerstörbarer organischer Materie, welche während ihrer
langsamen Zersezung Kohlensäure zu liefern vermag, muß diesem Guano einiger Werth
als Dünger zugeschrieben werden und er verdient daher gesammelt zu werden. Wie schon
bemerkt, würde ich auf einen Dünger dieser Art, welcher des größten Theils seiner
Salze und namentlich der ammoniakalischen, durch die Einwirkung des Regens beraubt
ist, einigen Werth legen, da doch die erdigen phosphorsauren Salze zurükbleiben,
welche das Wasser nicht aufzulösen vermag – während die Ansicht allgemein
verbreitet ist, daß der Guano, wenn er dem Regen ausgesezt gewesen, untauglich
geworden sey. So wird in einem Schreiben aus Ichaboe, welches vor Kurzem im
„Leeds Mercury“ veröffentlicht wurde, von dessen Einsender
– nachdem er seine Befürchtung ausgesprochen, daß die großen Guanolager bald
erschöpft seyn und keine neuen mehr entdekt werden dürften, weil sie sich auf
regenlose Klimate beschränken – hinzugesezt: „daß schon viele
Tausend Tonnen Guano, nachdem sie eingeschifft waren, wieder weggeschüttet
wurden, wenn man entdekte, daß der Regen ihn in Gährung versezt und seine
Eigenschaften zerstört habe.“ Diese Ansicht ist nicht minder irrig,
als eine kürzlich in einer großen Versammlung von Landwirthen ausgesprochene, daß
die Wirksamkeit des Guano's als Dünger verloren gehen könne, weil sie von seinen
flüchtigen ammoniakalischen Bestandtheilen abhänge, wobei aber sowohl die nicht
flüchtigen Ammoniaksalze, welche er in großer Menge enthält, als die unlöslichen
phosphorsauren Salze übersehen wurden.
Betrachtet man, wie schon bemerkt, diese phosphorsauren Salze als die nicht mindest
wichtigen Bestandtheile des Guano's, so müssen die Vögel-Excremente, wo sie
sich auch anhäufen mögen, seyen sie reich an stikstoffhaltigen Verbindungen, wie in
troknen Klimaten, oder an unlöslichen phosphorsauren Salzen, wie in regnerischen
Klimaten, dem Landwirthe von Werth seyn, und dem Kaufmann, der ihre Einfuhr
unternimmt, rentiren. In den Nordpol- und Südpol-Regionen des Oceans
und den angränzenden Gegenden kommen, da es hier sehr viele Vögel gibt, die sich von
Fischen ernähren, wahrscheinlich große Guanovorräthe lezterer Art in zugänglichen
Lagen vor, welche unsern Wallsichfängern Ladung verschaffen und sie theilweise
schadlos halten können, wenn ihr Fischfang-Unternehmen nicht glüklich
ausfiel. Näher bei uns, wie in Island, den Feroe-Inseln und St. Kilda, könnte
wahrscheinlich sehr brauchbarer Guano gesammelt werden, wenn die Einwohner, welche
sich hauptsächlich von Geflügel ernähren, die Excremente der Vögel zu gleicher Zeit
mit den Vögeln oder ihren Eiern sammeln würden.
Da die Vögel-Excremente, ohne Ausnahme, sogleich nach ihrer Absonderung, reich
an Ammoniakverbindungen sind und mehr oder weniger phosphorsauren Kalk enthalten, so
sind die Vögel im Allgemeinen als Beförderer der Fruchtbarkeit zu betrachten; da
diese Wirkung im Verhältniß zu ihrer Anzahl steht, so ist sie beim einsam lebenden
Vogel nicht wahrnehmbar, bei den gesellig zusammenlebenden aber, namentlich an ihren
Ruhepläzen, sehr auffallend. Ich habe den Boden unter Krähengenisten untersucht und
in demselben Ammoniak und phosphorsauren Kalt gefunden. Da nun unter alten
Krähennestern eine Anhäufung der unauflöslichen Salze der Vögel-Excremente
sich befinden muß, so würde die Einsammlung des damit imprägnirten Bodens von Zeit
zu Zeit in geeigneten Zwischenräumen und dessen Anwendung als Dünger gewiß von Nuzen
seyn, indem dadurch den Feldern ein großer Theil dessen wieder ersezt würde, was
ihnen von diesen nüzlichen Vögeln an Würmern und Maden entzogen wurde. Es ist eine
schöne Einrichtung in der Oekonomie der Natur, daß der Schuz gewährende Baum oder
Strauch und der beschüzte Vogel sich wechselseitig zum Nuzen gereichen, daß der
Auswurf des einen, dem Ununterrichteten vielleicht ein widerlicher Anblik, den
Wachsthum der Pflanze und ihre Schönheit zu befördern so ganz geeignet ist. Damit
harmonirt eine andere von mir unlängst gemachte Erfahrung, daß nämlich, wo es keinen
Regen gibt, folglich auch keine Vegetation geben kann, das harnsaure Ammoniak,
welches den größten Theil des Harns der Vogel ausmacht, durch die Wirkung der
Sonnenstrahlen in ein nicht flüchtiges, aber lösliches Salz, das fixe oxalsaure
Ammoniak umgewandelt wird, welches ein Hauptbestandtheil der großen amerikanischen
und afrikanischen Guanolager ist, die zu den concentrirtesten Düngerarten gehören,
sich in absoluten Wüsten anhäufen und so eine wahre Fundgrube für den Feldbau eines
Landes wie England bilden.