Titel: | Beschreibung eines Trokenapparats für Schießpulver im k. Laboratorium zu Woolwich; von Hrn. Nottebohm. |
Fundstelle: | Band 94, Jahrgang 1844, Nr. LXI., S. 275 |
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LXI.
Beschreibung eines Trokenapparats für
Schießpulver im k. Laboratorium zu Woolwich; von Hrn. Nottebohm.
Aus den Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des
Gewerbfleißes in Preußen, 1844, 3te Lieferung.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Beschreibung eines Trokenapparats für Schießpulver.
Der in Fig. 8
im Verticaldurchschnitt und in Fig. 9 im
Horizontaldurchschnitt nach der Linie αβ und in der Oberansicht abgebildete Apparat zum Troknen
des Schießpulvers ist in Woolwich, nach den Angaben des
Artillerie-Lieutenants Caffin, ausgeführt, und
besteht in der Hauptsache aus einem System von eisernen Dampf- und
Luftröhren, aus einem siebförmigen Kasten zur Aufnahme des zu troknenden
Schießpulvers und aus einem Dampfentwikler, der in einem besondern Kesselhause, etwa
10 Fuß von dem Trokengebäude entfernt, aufgestellt ist.
Der Trokenapparat befindet sich in einem aus Ziegelsteinen aufgemauerten, im
horizontalen Durchschnitt quadratischen Schacht, und besteht aus neun Stük senkrecht
stehenden gußeisernen Cylindern A, welche unter sich
durch die Röhren B und B'
und mit dem Dampfentwikler durch die Röhren C und C' in Verbindung gesezt sind. Jeder Cylinder A ist mit einem größeren Blechcylinder oder Mantel D umgeben, und innerhalb des lezteren sind acht Stük
kleinere Blechcylinder oder Röhren E angebracht, welche
den Cylinder A von Außen und den Mantel D von Innen berühren.
Der gemauerte Schacht trägt an seiner Mündung oberhalb der Röhren einen
trichterförmigen Aufsaz F mit dem Trokenrahmen G, dessen Boden aus hölzernen Roststäben a besteht, welche 1 1/2 Zoll Zwischenraum haben. Auf
diesen Rost wird ein aus Kupferdraht gefertigtes Nez, von dessen Maschen acht auf
den Zoll gehen, und darüber zur Aufnahme des zu troknenden Schießpulvers ein fein
gewebtes Tuch von Pferdehaar gelegt. Unterhalb des Rostes ist ein Stük Segeltuch b ausgespannt, um den aus dem Schießpulver durch das
Haartuch fallenden Staub aufzufangen.
Von dem Schießpulver werden jedesmal ungefähr 3 Barrels (270 Pfd.) aufgeschüttet, und
mittelst einer hölzernen, mit Leder überzogenen Hake zu einer Schicht von etwa 1 1/2
Zoll Höhe gleichmäßig ausgebreitet.
Die Dämpfe, deren Spannung etwa eine Atmosphäre beträgt, werden in einem 150 Gallons
(595 preuß. Quart) enthaltenden cylindrischen Dampfkessel entwikelt, der mit den
gewöhnlichen Speise- und Sicherheitsvorrichtungen versehen ist, aber sonst nichts
Eigenthümliches darbietet. Dieser Kessel steht mit den gußeisernen Cylindern A durch die Röhren C und C', welche zur Verhütung der Abkühlung mit schlechten
Wärmeleitern umgeben sind, in Verbindung. Sobald die Dämpfe im Kessel eine Spannung
von 6 bis 7 Pfd. auf den Quadratzoll erreicht haben, wird zuerst der Hahn in der
Dampfröhre C geöffnet, in Folge dessen die Dämpfe in die
Cylinder A strömen. Demnächst wird der Lufthahn in der
Rohre C' geöffnet, um der in den Cylindern befindlichen
Luft einen Ausgang zu verschaffen; und endlich, nachdem dieser wieder verschlossen
ist, der zunächst dem Kessel angebrachte zweite Hahn dieser Röhre geöffnet, damit
das im Apparate durch Condensation der Dämpfe entstandene Wasser wieder in den
Kessel abfließen kann.
Die Cylinder A nehmen nun in Folge des hindurchströmenden
Dampfes sehr bald die Temperatur des siedenden Wassers an und theilen diese den
damit in Berührung stehenden Blechcylindern D, E, welche
unten und oben offen sind, mit, wodurch also der aufsteigenden Luft eine große
erhizte Fläche dargeboten wird. Die unterhalb der Röhren durch die Oeffnungen H des Schachtes von Außen eintretende kalte Luft, deren
Zufluß durch angebrachte Thüren oder Klappen geregelt werden kann, wird, indem sie
aufwärts durch und um die Blechröhren strömt, stark erhizt, und dringt dann durch
das ausgebreitete Schießpulver, welches fortwährend fleißig mit der Hake
umgearbeitet werden muß, damit jedes Körnchen mit der heißen Luft in Berührung
komme. Nach etwa 2 bis 3 Stunden hat das Schießpulver eine Temperatur von 145 bis
155° F. (50,2 bis 54,6° R.) erreicht, die für diesen Zwek vollkommen
ausreichend seyn soll.
Nach der Angabe des Caffin kann mittelst des vorhin
beschriebenen Apparats das Schießpulver mit Ersparniß von Zeit und Kosten weit
vollkommener getroknet werden als seither. Nach den von ihm angestellten Versuchen
mit Schießpulver, welches bereits nach der bisherigen Methode vollständig getroknet
war, wurden mittelst dieses Apparats aus 90 Pfd. noch 10 Unzen (19,4 Loth preuß.)
Feuchtigkeit ausgeschieden, und da nun 90 Pfd. frisch gefertigtes Schießpulver
ungefähr 40 Unzen (77,6 Loth preuß.) Feuchtigkeit enthalten, so würde also nur etwa
3/4 derselben durch Anwendung des alten Trokenverfahrens fortgeschafft. Bei einem
andern Versuche mit altem verdorbenem Schießpulver wurden mittelst dieses Apparats
aus 300 Pfd. in 2 1/2 Stunden 4 1/2 Pfd. Feuchtigkeit entfernt, wodurch dasselbe
wieder so gut und troken wurde, wie neu gefertigtes Pulver.