Titel: | Ueber die Gewinnung von schwefelsaurem Natron (Glaubersalz) und schwefelsaurem Kali aus dem Meerwasser; von Balard. |
Fundstelle: | Band 94, Jahrgang 1844, Nr. LXVI., S. 297 |
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LXVI.
Ueber die Gewinnung von schwefelsaurem Natron
(Glaubersalz) und schwefelsaurem Kali aus dem Meerwasser; von Balard.
Aus den Comptes rendus, Okt. 1844, Nr.
15.
Balard, über die Gewinnung von schwefelsaurem Natron und
schwefelsaurem Kali aus dem Meerwasser.
Ich las in Murray's Chemie, daß man in England in den
Salzwerken bei der im Großen betriebenen Verdampfung des Meerwassers wenig oder gar
kein Glaubersalz erhält, und doch ließen mich eigene Versuche hoffen, daß sich aus
demselben ungeheure Quantitäten davon gewinnen lassen. Wollaston zeigte, daß im Meerwasser Kali enthalten sey, aber in fast
mikroskopischen Verhältnissen; nichtsdestoweniger nährte ich die Hoffnung ein
Verfahren auszumitteln, diese so kleinen Quantitäten in der Art anzusammeln, daß sie
allen technischen Bedürfnissen zu genügen vermögen; und alles dieß schien mir auf
sehr wohlfeile Weise bewerkstelligt werden zu können.
Die Saline im südlichen Frankreich, wo ich meine Versuche anstellte, hat 200 Hektaren
Verdunstungsfläche und erzeugt jährlich 20 Millionen Kilogr. Salz. Da nun das Wasser
kaum 25 Kilogr. Salz im Kubikmeter enthält, so wird im Verlauf eines Jahres auf dem
Flächenraum dieser einzigen Saline die ungeheure Quantität von 800,000 Kubikmetern
Meerwasser verdampft.
Durch die Verdampfung wird dem Wasser das See- oder Kochsalz entzogen, welches
es enthielt, und indem es immer mehr an Volum abnimmt, erlangt es die Beschaffenheit
einer Mutterlauge. In lezterer concentriren sich die Substanzen, welche das
Meerwasser in geringerer Menge enthält; unter diesen gehört die schwefelsaure
Talkerde (schwefelsaure Magnesia, Bittersalz), welche in bedeutender Menge darin
vorhanden ist, mit in die erste Reihe. Der Gehalt des Meerwassers an Bittersalz
beträgt jedoch, wenn man sich dasselbe in schwefelsaures Natron umgewandelt denkt,
nach meinen Analysen nur beiläufig 1/7 von dem darin enthaltenen Kochsalz, während
er nach früheren Analysen 1/4 desselben übersteigen würde.
Dieß ist aber noch immer eine bedeutende Quantität, und wenn sie durch einfache
Mittel gänzlich in schwefelsaures Natron umgewandelt werden könnte, so wäre der
Vortheil bedeutend, denn das schwefelsaure Natron ist ungefähr fünfzehnmal so viel
werth als das Seesalz. Aber nicht alles auflösliche schwefelsaure Salz im Meerwasser
concentrirt sich in den Mutterlaugen; denn das Meerwasser enthält bekanntlich
auflösliche Kalksalze, welche, indem sie sich während der Verdunstung als
schwefelsaurer Kalt absezen, das in der Mutterlauge sich concentrirende schwefelsaure Salz auf
etwas weniger als 1/8 reduciren. Doch repräsentirt auch diese Quantität desselben
für die meinen Berechnungen zur Basis dienende Saline noch 2,500,000 Kilogr.
Glaubersalz.
Die Umwandlung dieser schwefelsauren Magnesia in Glaubersalz vermittelst des
Seesalzes schien mir a priori sehr leicht zu
bewerkstelligen durch Benüzung der von Gren beobachteten
Thatsachen und Berthier's Bemerkungen in seiner
Abhandlung über die Saline zu Moutiers. Von der Erfahrung aber ward ich bald
enttäuscht. Durch Erkaltung der Mutterlauge erhält man allerdings, wenn sie einige
Grade unter Null reicht, eine gewisse Menge Glaubersalz; aber abgesehen davon, daß
diese bedeutende Temperatur-Erniedrigung im südlichen Frankreich selten ist,
sezt sich dieses Salz aus der Mutterlauge auch in so geringer Quantität ab, daß ich
der Akademie über diesen Gegenstand sicherlich nichts mitzutheilen hätte, wenn es
mir nicht durch das Studium der Auflöslichkeit der Salze in Salzlösungen gelungen
wäre Mittel zu finden, um diese niedrigen Temperaturen, welche ich nicht erzielen
konnte, zu umgehen. Ich ziehe aus meiner später zu veröffentlichenden Arbeit über
diesen Gegenstand nur die zum Verständniß des Folgenden erforderlichen Geseze aus.
Wenn zwei Salze durch ihre Säure und ihre Basis verschieden sind und eine doppelte
Zersezung zwischen ihnen möglich ist, so kann die Gegenwart eines Salzes die
Auflöslichkeit eines andern begünstigen; wenn sie aber dieselbe Säure oder dieselbe
Basis haben und eine Zersezung durch doppelte Wahlverwandtschaft nicht stattfinden
kann, so vermindert das Vorhandenseyn eines Salzes in einer Lösung die Löslichkeit
eines andern, den Fall ausgenommen, wo die Bildung eines Doppelsalzes eine neue,
besondere Verwandtschaften besizende Verbindung erzeugt.
So beeinträchtigt z.B., um unter den beobachteten Beispielen nur diejenigen
anzuführen, welche sich auf unseren Gegenstand beziehen, die salzsaure Magnesia die
Auflöslichkeit des Kochsalzes, weil sie ein salzsaures Salz ist, und diejenige der
schwefelsauren Magnesia, weil sie ein Magnesiasalz ist. Sie befördert hingegen die
Löslichkeit des Glaubersalzes, weil in diesem Fall die doppelte Zersezung
wahrscheinlich stattfindet. Die Löslichkeit des Glaubersalzes wird hingegen durch
diejenige des überschüssigen Kochsalzes vermindert, weil lezteres Salz, wie jenes,
Natron zur Basis hat.
Die praktische Folgerung aus diesen Gesezen ist leicht. Da einerseits die salzsaure
Magnesia der Auflöslichkeit der schwefelsauren Magnesia und des Kochsalzes Eintrag
thut, hingegen die Löslichkeit des Glaubersalzes, welches man niederschlagen will,
begünstigt, so muß sie ausgeschlossen werden. Da hingegen das Kochsalz der
Löslichkeit des
Glaubersalzes Eintrag thut, folglich die Fällung des zu gewinnenden Products
befördert, so muß solches zugesezt werden.
Schwefelsaure Magnesia (Bittersalz) aus der Mutterlauge zu ziehen, die salzsaure
Magnesia daraus fortzuschaffen und Kochsalz in Ueberschuß zuzusezen, darin besteht
also das ganze Geheimniß.
So zubereitet, gibt diese zusammengesezte Lösung, welche schon bei 10° C. über
Null Glaubersalz liefert, bei 0 Grad 0,8 alles Glaubersalzes, welches durch eine
vollkommene Zersezung der vorhandenen Salze erzeugt werden könnte. Wenn man sie im
Sommer bereitete und, vor dem Regen geschüzt, bis zum Winter aufhob, so ist, nachdem
man sie in den ungeheuren Krystallirbassins der Saline in 1 Decimeter hoher Schichte
ausgebreitet hat, nur eine einzige Nacht erforderlich, um auf diesen großen Flächen
eine mehrere Centimeter dike Ablagerung von krystallisirtem Glaubersalz zu
bekommen.
Man läßt dann die Mutterlauge schnell ablaufen, denn da sie viel salzsaure Magnesia
enthält, so würde sie wieder viel Glaubersalz auflösen, wenn die Temperatur stiege;
zahlreiche Arbeiter müssen daher das Glaubersalz in den Bassins zusammenschaufeln,
es wegführen und dann in großen Massen aufhäufen.
Ist übrigens die Kälte streng, so daß das Wasser eine Temperatur von einigen Graden
unter Null annimmt, so liefert nicht bloß die so zusammengesezte Lösung Glaubersalz;
das Meerwasser für sich, bloß auf 16–18° der Salzwaage concentrirt,
gibt ebenfalls bedeutende Mengen davon.
Dieses Salz ist wasserhaltig, aber rein; es enthält kein Bittersalz und ist natürlich
vollkommen frei von jenem Säureüberschuß und Eisengehalt, welche das Glaubersalz der
Fabriken zu gewissen Zweken ungeeignet machen.
Von dem Kostenbelauf dieses Products zu sprechen wird man mir erlassen; das Gesagte
beweist daß, abgesehen von den Kosten der ersten Einrichtung, die Hauptausgabe bei
seiner Gewinnung in den Kosten der Einsammlung, also bloß der Hinwegräumung und
Ausschüttung besteht.
So lassen sich also die löslichen schwefelsauren Salze des Seewassers zur wohlfeilen
Production von Glaubersalz benuzen.
Man darf aber nicht glauben, daß die hier beschriebene Gewinnungsweise desselben sich
auf die Zunuzemachung der Mutterlauge des Seesalzes beschränkt und bloß ein Zubehör
zur Fabrication dieses leztern ist. An gut gelegenen Stellen, wo die horizontale
Lage und Undurchdringlichkeit des Erdreichs die Verdampfung des Seewassers zu den
geringsten Kosten gestatten, läßt sich die Verdampfung desselben behufs der
Glaubersalz-Gewinnung sehr vortheilhaft betreiben, abgesehen von dem Werthe des
Seesalzes selbst. In den eigentlichen Salinen ist das Kochsalz die Hauptsache, die
Mutterlauge die Nebensache; hier wird die Mutterlauge das wichtige Product und das
Kochsalz ein fast unnüzer Rükstand. Ich sage ein fast unnüzer; denn bei der
Gewinnung des Glaubersalzes gab ich ihm doch eine Anwendung. Das Kochsalz wird für
mich zu einer Art Boden, der vom Wasser aufgelöst, ohne Kosten zu verursachen, an
jenen Stellen, wo man will daß das Salz sich abseze, krystallisirt und das Erdreich,
welches zu unserm Zwek dienen soll, kostenfrei nivellirt.
Ich bedeke nämlich damit die Flächen, auf welchen sich das Glaubersalz im Winter
absezen soll, in diken Schichten. So erfüllen sie dann einen doppelten Zwek: sie
erhalten nämlich erstens die darauf befindliche Lösung mit Kochsalz ganz gesättigt,
was ungemein nüzlich wirkt, wovon ich den Grund schon angeführt habe, und gestatten
zweitens, auf diesem eigenthümlichen Boden das Glaubersalz frei von allen erdigen
Substanzen, in vollkommen reinem Zustande einzusammeln.
Ich habe oben gesagt, daß bei einer Saline von 200 Hektaren Verdunstungsfläche in der
Mutterlauge das Material für 2,500,000 Kilogramme Glaubersalz sich concentriren muß.
Dieß ist die theoretische Ziffer, abgeleitet aus der Menge des erhaltenen Salzes und
der Analyse der Mutterlauge durch Barytsalze; die praktische Ziffer, d.h. die des
wirklich gesammelten Glaubersalzes, fiel bis jezt bedeutend geringer aus.
Verschiedene Ursachen, in welche ich hier nicht eingehen kann, sind Schuld, daß der
mittlere Ertrag an Glaubersalz auf dieser Saline von 200 Hektaren Verdunstungsfläche
bis jezt kaum über 600,000 Kilogr., also bloß das Viertheil von dem beträgt, was sie
hätte liefern müssen. Es ist daraus zu ersehen, wie großer Verbesserungen dieser
kaum im Entstehen begriffene Industriezweig in der Zukunft noch fähig ist.
Aber auch in seinem jezigen noch unvollkommenen Zustand kann er Frankreich schon mit
seinem ganzen Bedarf an Glaubersalz versehen; denn um 50,000,000 Kil. davon zu
liefern, welche Frankreich jährlich verarbeitet und ausführt, brauchte man nur zur
Verdunstung des Meerwassers 20,000 Hektaren zu benüzen, wovon ein Theil in den
bestehenden Salinen schon dazu verwendet wird, und der andere, allerdings große,
doch nur einen kleinen Bruchtheil dessen ausmacht, was Frankreich von Hyères
bis Perpignan an seichten Teichen, an flachen und unfruchtbaren Usern besizt, welche
die Agricultur nur sehr schwierig den Seegewächsen entreißen dürfte, deren
angestammtes Erbgut sie gewissermaßen sind.
Wenn man die wahrscheinlich zu erwartenden Verbesserungen in diesem Industriezweig zu
nuze macht, kann diese Fläche sich auf 5 oder 6000 Hektaren reduciren, wovon die
südlichen Salinen schon die Hälfte darstellen.
Ich habe in diese Berechnung die westlichen Salinen nicht eingezogen; ihr Ertrag
würde durch die Ausbeutung der Mutterlauge sehr zunehmen, aber die außerordentliche
Zertheilung des Grundeigenthums gestattet die Anwendung des von mir beschriebenen
Verfahrens bei denselben nicht.
Man darf übrigens nicht vergessen, daß der Bedarf von Salzsäure die Fabrication eines
gewissen Quantums Glaubersalz nach dem alten Verfahren unentbehrlich macht.
Ich muß noch bemerken, daß das Wechselfieber, welches an der zu dieser Ausbeutung
geeigneten Orten so häufig ist, innerhalb der Salinen selbst viel seltener vorkommt
und daß, wenn man das Meer auf diese Weise zunuze macht, die Stellen wo das Wasser
verdampfe als Vorwerke dienen würden, welche die Entsalzung des übrigen
erleichtern.
Zur Fabrication des natürlichen Glaubersalzes sind, wie man sieht, zwei Bedingungen
erforderlich, welche am Ufer des mittelländischen Meers auf den ersten Anblik
einander entgegengesezt erscheinen nämlich Wärme im Sommer und Kälte im Winter. Im
Süden fehlt erstens Element niemals; lezteres aber machte mir sehr zu schaffen,
indem ich auf Mittel trachten mußte, die Kälte künstlich zu verstärken, oder ganz
entbehren zu können.
Das Verstärken derselben ist eine leichte Sache, indem man die Kälte benuzt, welche
das Auflösen des Bittersalzes und Kochsalzes begleitet und diese Operation im Winter
mit erkaltetem Wasser vornimmt; die Temperatur, welche dabei um 5 Grade sinkt, kann
also sich so sehr erniedrigen, daß die Ablagerung von Glaubersalz reichlich
erfolgt.
Die Kälte ganz dabei zu entbehren war eine schwierigere Sache; doch gelang mir dieß,
indem ich eine Eigenthümlichkeit des Glaubersalzes benuzte; dieses Salz verliert
nämlich in der Wärme in einer gesättigten Auflösung seinen Wassergehalt und
verbindet sich dabei mit andern schwefelsauren Salzen, z.B. dem schwefelsauren Kalk;
daher die ganze Theorie der Schlotter- (Pfannenstein-) Absezung. Nun
wirkt aber das wasserfreie Glaubersalz, so wie auf den schwefelsauren Kalk, auch auf
die schwefelsaure Magnesia, und eine Lösung, welche zugleich Glaubersalz und
Bittersalz enthält, liefert durch die Einwirkung der Wärme einen wahrhaften
Magnesia-Pfannenstein, welcher, wenn er warm aufgelöst wird, beim Erkalten in
leichter auflösliches Bittersalz (schwefelsaure Magnesia) und Glaubersalzhydrat zerfällt, welches
leztere krystallisirt, also in reinem Zustande isolirt werden kann.
Wo die Temperatur sich hinreichend erniedrigt, benuzt man also die Kälte; da aber wo
die Kälte sich nur sehr unregelmäßig einstellt, wendet man Wärme an, und nach diesen
verschiedenen Weisen erreicht man denselben Zwek, nämlich die Umwandlung des im
Seewasser enthaltenen schwefelsauren Salzes in Glaubersalz, auf der bloßen Erde,
ohne Apparate, ohne Oefen, ohne Condensatoren, ohne salzsaure Dämpfe, ohne Anwendung
von Schwefelsäure und Schwefel, so daß die gewöhnlichen Kosten seiner Gewinnung um
mehr als die Hälfte vermindert werden.
Von 23 Millionen Kilogrammen Kochsalz, welche jezt jährlich in Frankreich eingeführt
werden, dienen 13 Millionen zur Fabrication von Glaubersalz, welches zur
Sodabereitung verwendet wird.
Ich will nun noch durch Ziffern und schon erhaltene Resultate darthun, daß das
Seewasser, beinahe ohne Unkosten, alles Kali zu liefern
vermag, welches einige Gewerbe (in Frankreich) verbrauchen.
Da aus den Mineralien das Kali nicht auf wohlfeile Weise gewonnen werden kann, so hat
man sich zur Gewinnung desselben bisher auf die Pflanzenkörper beschränkt, welche es
uns nach ihrer Zerstörung in der Asche liefern. Rußland und Amerika sind aber mit
der Verminderung ihrer Wälder sehr beschäftigt, und wir sehen einem Zeitpunkt
entgegen, wo wir aus diesen Ländern jene Sorten Potasche, welche von ihnen den Namen
haben, nicht mehr vortheilhaft werden beziehen können.
Dagegen bietet uns das Meer eine unerschöpfliche und leicht auszubeutende Quelle für
das Kali dar. Auf mittelbare Weise wird sie durch die Verbrennung der Seepflanzen
und Gewinnung der Varecsoda bereits benuzt; aber weit vorzuziehen ist ein directes
Verfahren, die Verdunstung des Meerwassers.
In der Mutterlauge, aus welcher ich das Bittersalz behufs der Umwandlung desselben in
Glaubersalz abscheide, concentrirt sich alles im Seewasser enthaltene Kali, dessen
Quantität im mittelländischen Meer ungefähr 1/2000 beträgt, wenn man es sich ganz im
Zustande von schwefelsaurem Kali denkt.
Die auf dem Boden der Bassins mittelst der Sonnenstrahlen beständig fortgesezte
Verdunstung dieses Wassers bewirkt die reichliche Krystallisation eines
Salzgemenges, aus welchem Wasser das bekannte schwefelsaure Bittererde-Kali
mit 6 Atomen Wasser auszieht, wovon die Saline von 200 Hektaren
Verdunstungs-Fläche, wo ich meine Versuche anstellte, in diesem Jahre
ungefähr 200,000 Kilogr. lieferte, welche 90,000 Kilogr. reines schwefelsaures Kali repräsentiren.
Diese allerdings beträchtliche Quantität ist jedoch nur die Hälfte von dem, was die
Analyse als in der Mutterlauge vorhanden anzeigt; die andere Hälfte bleibt darin
zurük und könnte durch eine mittelst Wärme bewerkstelligte Abdampfung daraus
gewonnen werden, wo man sie dann in Form von salzsaurem Bittererde-Kali
erhielte. Man wird jedoch sie auf andere Weise zu benüzen versuchen.
Ist einmal das schwefelsaure Kali in Masse aus dem Seewasser gezogen, so ist es ein
Leichtes, es nach demselben Verfahren, welches zur Fabrication der künstlichen Soda
dient, in kohlensaures Kali umzuwandeln und dieses Verfahren wird in den Vogesen
schon im Großen betrieben; auch wird, wie ich überzeugt bin, die Fabrication
künstlicher Potasche in der Folge gleichen Schritt halten mit der Sodafabrication,
und den Salpeter-, Alaun- und Glasfabriken ein Product ersezen, dessen
allmähliches Verschwinden sie beunruhigte.
Das Kali, welches in Frankreich im Zustand verschiedener Salze verbraucht wird,
beträgt, als schwefelsaures Kali angeschlagen, kaum über 5 Millionen Kilogr. Da nun
eine Saline von 200 Hektaren Verdunstungsfläche 180,000 Kilogr. liefern kann, so
wären um 5 Millionen Kilogr. zu erhalten, Bassins von höchstens 5–6000
Hektaren Oberfläche zum Verdunsten des Seewassers erforderlich; man ersieht hieraus
daß, wenn einmal Frankreich seine Glaubersalz-Consumtion mit dem natürlichen
Glaubersalz befriedigen kann, es viermal mehr Kali erzeugen wird, als es selbst
consumirt.
Uebrigens ist diese Zeit nicht mehr fern; einige große Salinenbesizer im Süden
nahmen, nachdem sie das neue Verfahren auf der erwähnten Saline von 200 Hektaren
Verdunstungsfläche mit einem Zeitaufwand und einer Vorsicht, die ich zu tadeln weit
entfernt bin, praktisch kennen gelernt hatten, keinen Anstand, große Summen
aufzuwenden, um es auf einer Bassins-Fläche von 2000 Hektaren einzuführen,
welche im nächsten Jahr in voller Thätigkeit seyn wird.
Die unausbleiblichen Vortheile des neuen Industriezweigs für unser Land bestehen in
Folgendem:
Die Fabrication des Glaubersalzes kostet Frankreich an Schwefel und Salpeter ungefähr
2 Millionen Francs; diese brauchen wir in der Folge nicht mehr auszugeben.
Wir beziehen jährlich mehr als um 3 Millionen Francs Potasche vom Ausland; in Zukunft
fällt dieß weg.
Vor einigen Jahren drohte in Europa ein künstliches Steigen des Schwefelpreises zur
industriellen Calamität zu werden, eine solche Handelskrisis wird nicht mehr
eintreten können.
Das aus dem Seewasser gezogene Natron und Kali, abgesehen von demjenigen was
Frankreich auszuführen im Stande seyn wird, werden zu einem Werthe von 8–10
Millionen Francs in den innern Handelsverkehr treten.