Titel: | Beiträge zur Kenntniß des Phosphors; von Alph. Dupasquier. |
Fundstelle: | Band 94, Jahrgang 1844, Nr. LXVII., S. 304 |
Download: | XML |
LXVII.
Beiträge zur Kenntniß des Phosphors; von
Alph.
Dupasquier.
Aus den Comptes rendus, Aug. 1844, Nr.
7.
Dupasquier's Beiträge zur Kenntniß des Phosphors.
Die in dieser Abhandlung zu besprechenden Beobachtungen betreffen:
1) die Färbung des Phosphors durch Arsenik;
2) die Ausmittelung des im Phosphor enthaltenen Arseniks;
3) die Aufbewahrung des Phosphors unter Wasser;
4) die Posphorescenz des Wassers, in welchem Phosphor aufbewahrt wurde;
5) die Einwirkung des Phosphors auf die Lösungen der arsenigen Säure, der
Arseniksäure und Chromsäure;
6) die Fällung mehrerer Metalle mittelst des Phosphors in krystallinischem oder
pulverigem Zustand oder auch mit Adhäsion und Metallglanz, so wie die unvollkommene Zersezung einiger
Metallsalze durch denselben.
I. Färbung des Phosphors durch
Arsenik.
In den Lehrbüchern der Chemie heißt es, daß der Phosphor bald durchsichtig und
farblos, bald von hornartigem Ansehen, gelblich, oder etwas bräunlich sey, und dieß
wird bloß Modificationen in der Anordnung der Molecüle dieses Körpers
zugeschrieben.Es ist hier nicht die Rede von der von Thenard
angegebenen schwarzen Färbung, welche bisweilen wahrzunehmen ist, wenn man
den Phosphor, nachdem man ihn mehreren Destillationen unterworfen, plözlich
erkalten läßt. Ich habe über die Ursache dieser Färbung wichtige
Beobachtungen gemacht, die ich aber einer spätern Abhandlung vorbehalte.
Diese Verschiedenheit in der Farbe und dem Ansehen können an dem im Handel
vorkommenden Phosphor allerdings wahrgenommen werden, allein ich habe mich
überzeugt, daß sie von einer ganz andern Ursache herrühren, als man glaubt.
In vollkommen reinem Zustande nämlich, und wenn er dem
Sonnenlichte nicht ausgesezt war,Bekanntlich ertheilt das Licht dem Phosphor sehr schnell eine röthliche Färbung;
wir sprechen hier aber lediglich von dem unabhängig von der Berührung der
Lichtstrahlen gefärbten Phosphor. ist der Phosphor stets
farblos und durchsichtig. So
oft dieser Körper, ohne daß Lichtstrahlen auf ihn einwirkten, ein hornartiges, gelbliches, grünliches oder bräunliches Ansehen hat, ist es Folge einer Verunreinigung. Ich will nun angeben, wie ich auf diese
Thatsache kam und mich von ihrer Richtigkeit überzeugte.
Schon seit langer Zeit bemerkte man in einer Phosphorfabrik, daß das Product bald
weiß und durchsichtig, bald mehr oder weniger intensiv grünlich- oder
bräunlichgelb gefärbt und außerdem noch etwas undurchsichtig sey. Manchmal war es im
Augenblik nach seiner Erzeugung beinahe farblos, nahm aber beim Verweilen unter
Wasser, vor dem Lichte vollkommen geschüzt, nach kürzerer oder längerer Zeit ein
hornartiges Ansehen und zuweilen eine auffallende bräunlich-rothe Färbung an.
Diese verschiedene Färbung des Phosphors war seinem Verkauf sehr hinderlich, so daß
man sich eine bedeutende Preisverminderung gefallen lassen mußte. Dieser Umstand
veranlaßte den Vorstand der Fabrik, nach der Ursache dieser Färbung zu forschen,
allein er konnte sie nicht ausmitteln.
In dieser Sache zu Rath gezogen, ließ ich mir von jeder Sorte Muster geben,
analysirte die verschiedenen Phosphorsorten und erhielt folgende Resultate:
1) Phosphor, welcher, selbst nach langerAufbewahrung,
vollkommen farblos unddurchsichtig war.
war frei von jeder metallischen Substanz,enthielt folglich auch kein
Arsenik.
2) Unmittelbar nach der Bereitunggelblich oder
grünlichgelber Phosphor
enthielt eine bedeutende Menge Arsenik.
3) Anfänglich weißerDas Weiß ist in diesen Fällen nie ein so vollkommenes, als wenn der
Phosphor ganz arsenikfrei ist; es zeigt immer eine schwache Färbung,
welche in Verbindung mit seiner unvollkommenen Durchsichtigkeit
hinreicht, um die Gegenwart des Arseniks anzuzeigen. und etwasundurchsichtiger Phosphor, der späterwährend
seiner Aufbewahrung, vor demLichte geschüzt, hornartig, gelblich
oderbräunlich wurde,
enthielt Arsenik, jedoch weniger als der vorhergehende.
Aus diesen Resultaten schloß ich, daß die Färbung des Phosphors, sowohl bei seiner
Darstellung, als während seiner Aufbewahrung (vor dem Lichte geschüzt), von einem Arsenikgehalt desselben herrühre. Ich vermuthete
daß das im Phosphor enthaltene Arsenik von der zur Bereitung des sauren
phosphorsauren Kalks angewandten Schwefelsäure herrühre,
was sich auch bestätigte. Denn der Phosphor wurde weiß und erhielt sich ungefärbt,
wenn man zu seiner
Bereitung aus italienischem Schwefel dargestellte arsenikfreie Schwefelsäure anwandte; er fiel dagegen gefärbt aus oder
wurde es nach kurzer Aufbewahrung, wenn durch Verbrennen von Schwefelkiesen erzeugte
Schwefelsäure benuzt wurde, welche in der Regel mehr oder weniger Arsenik enthält.
Ich gab damals ein Verfahren an, die Schwefelsäure von ihrem Arsenikgehalt zu
befreien; nach dieser Reinigung derselben erhielt man einen völlig durchsichtigen,
farblosen Phosphor, welcher auch beim Aufbewahren sein Aussehen nicht
veränderte.
Die Färbung des Phosphors während seiner Darstellung rührt unstreitig von der Bildung
einer Phosphor-Arsenik-Verbindung her, welche bekanntlich im isolirten
Zustand schwarz ist. Eine kleine Menge dieser Verbindung
ist also hinreichend, um die Färbung des Phosphors, dem sie beigemengt ist, zu
bewirken. Außerdem kann das Arsenik durch seine Verbindung mit dem Phosphor
denselben spröde machen; doch muß es dann in solcher Menge vorhanden seyn, daß es
ihm auch eine dunkle grünlichgelbe Farbe ertheilt.
Die Färbung des unter Wasser (vor dem Licht geschüzt) aufbewahrten Phosphors rührt
von einer anderen Ursache her; sie scheint Folge der Bildung einer kleinen Quantität
arseniger Säure zu seyn, welche durch Einwirkung des
Sauerstoffs der im Wasser aufgelösten Luft auf den Phosphor-Arsenik, so wie
ohne Zweifel auch von der Zersezung einer kleinen Menge Wassers durch eben diese
Phosphorverbindung herrührt. Ist die arsenige Säure gebildet, so fällt der Phosphor
das Metall aus derselben, welches sich auf seine Oberfläche absezt und sie um so
stärker färbt, in je größerer Menge es vorhanden ist. Ist das Arsenik nur in sehr
kleiner Menge vorhanden, so ist die Färbung bloß hornartig, oder etwas röthlich; ist
die Menge desselben aber etwas bedeutender, so ist die Färbung braun, grünlichbraun
oder dunkelbraun. Oft, und namentlich in diesem leztern Fall, sezt sich die Färbung
von der Oberfläche des Phosphors gegen die Mitte hin fort, wo
dann die ganze Phosphormasse gefärbt wird.
Um mich von der Richtigkeit dieser Erklärung zu überzeugen, schabte ich die röthliche
Kruste eines Phosphors, welcher sich ohne Berührung mit dem Licht gefärbt hatte, ab
und digerirte sie dann mit Aether. Der Phosphor, welcher sich im Aether nicht
auflöste, wurde beim Schmelzen schwarz. Weitere Versuche zeigten, daß er nun eine
Arsenikverbindung war.
Uebrigens stellte ich noch einen zweiten Versuch an, welcher dieß außer allen Zweifel
sezt. Ich tauchte nämlich mehrere Stangen arsenikfreien gänzlich farblosen Phosphors in eine
wässerige Lösung von arseniger Säure, die vor dem Zutritt der Luft geschüzt war.
Nach wenigen Tagen war der Phosphor ziemlich gefärbt; seine Farbe wurde immer
dunkler. Nach einmonatlicher Aufbewahrung war der Phosphor dunkelbraun und man
konnte, wenn man ihn quer durchschnitt, sehen, daß die braune Farbe sich der ganzen
Masse mitgetheilt hatte. Auf nachfolgende Weise behandelt, lieferte dieser Phosphor
viel Arsenik.
II. Verfahren, das Vorkommen von Arsenik
im Phosphor zu entdeken.
Man kann den im Phosphor enthaltenen Arsenik durch Auflösen desselben in
Salpetersäure erkennen und abscheiden; es bildet sich dabei Phosphorsäure und
Arseniksäure, und man fällt dann das Arsenik mittelst Schwefelwasserstoff als
Schwefelarsenik. Besser aber verfährt man folgendermaßen:
Man verbrennt auf vier bis fünfmal 25–30 Gramme Phosphors in einer kleinen
Porzellanschale, welche man auf eine große Platte stellt, die Wasser enthält, und
mit einer sehr großen Glasgloke in der Art bedekt, daß nach und nach etwas
atmosphärische Luft hinzutreten kann. Die Verbrennung des Phosphors geht auf diese
Weise vollkommen vor sich, so wie auch die des darin enthaltenen Arseniks und die
den Phosphorsäure-Dämpfen beigemengten Arsenikdämpfe lösen sich im Wasser
sogleich nach ihrer Bildung auf. Ist die Verbrennung beendigt, so läßt man den
Apparat erkalten, nimmt dann die Flüssigkeit heraus und filtrirt sie, um das darin
suspendirte Phosphoroxyd abzusondern. Die Theile des Apparats, welche noch Säure
enthalten können, werden nun sorgfältig ausgewaschen und alle Flüssigkeiten
vereinigt, durch welche man dann einen Strom Schwefelwasserstoff leitet, welcher das
Arsenik sogleich und vollständig als Schwefelarsenik niederschlägt.
In welchem Zustand befindet sich das Arsenik in der Phosphorsäure-Lösung?
Gewiß als arsenige Säure, weil das Metall bloß durch Verbrennung an der Luft löslich
gemacht wird.
III. Folgen der Aufbewahrung des
Phosphors unter Wasser.
1) Wenn der Phosphor vollkommen rein ist, kann er nur
unter dem Einfluß des Lichts gefärbt werden; allein diese Reinheit ist kein
Hinderniß, daß er auf der Oberfläche mehr oder weniger undurchsichtig wird, indem er
sich allmählich mit einer Kruste überzieht, welche in diesem Fall weiß ist, ohne einen Stich ins Gelbe oder Braune und ohne hornartiges
Ansehen. Diese Kruste, welche nach Pelouze aus
Phosphorhydrat besteht, bildet sich nach der Beobachtung der Phosphorfabrikanten
HHrn. Coignet jederzeit in den Quellbrunnen- oder
Flußwassern, welche Kalksalze enthalten. In destillirtem Wasser hingegen scheint der
reine Phosphor, vor Lichtstrahlen und der atmosphärischen Luft vollkommen geschüzt,
mit seiner Weiße auch seine Durchsichtigkeit unbegränzte Zeit zu behalten. Anders
aber ist es, wenn die mit dem Wasser in Berührung stehende Luft sich erneuern kann,
namentlich wenn das Wasser, statt destillirt zu seyn, Kalisalze enthält. Wenigstens
sind dieß die Resultate der von den genannten Fabrikanten angestellten Versuche und
Beobachtungen, die sie mir mittheilten.
Leztere Bemerkung brachte mich auf die Vermuthung, daß das Phosphorhydrat in der
weißlichen Kruste mit einem Kalksalze verbunden seyn könnte; allein bei Versuchen,
welche ich deßhalb anstellte und die darin bestunden, daß ich das Schabsel des
undurchsichtigen Theils eines vollkommen weißen Phosphors in Salpetersäure auflöste
und dann durch Reagentien den Kalk in der Lösung zu entdeken suchte, konnte ich nur
einige Spuren dieser Basis auffinden. Ich kann folglich zur Zeit den großen
Unterschied noch nicht erklären, welcher zwischen dem gewöhnlichen Wasser und dem
destillirten hinsichtlich der Bildung der undurchsichtigen Kruste des darin
aufbewahrten Phosphors obwaltet; vielleicht besteht er nur darin, daß das erstere
mehr Luft enthält.
Gleichwohl werden vorstehende Bemerkungen nicht ohne Nuzen seyn, indem sie beweisen,
daß zum Aufbewahren des Phosphors nicht nur die Beschüzung vor der Einwirkung des
Sonnenlichts erforderlich sey, sondern daß derselbe auch unter
möglichst vor dem Zutritt der atmosphärischen Luft geschüztes destillirtes
Wasser gebracht werden muß.
2) Der bei gewöhnlicher Temperatur unter Wasser gebrachte Phosphor zersezt mit der
Zeit das Wasser, veranlaßt die Säuerung desselben und zu gleicher Zeit eine langsame
und unmerkliche Entwiklung von Phosphorwasserstoff. Diese zersezende Einwirkung
scheint unter dem Einfluß des directen Sonnenlichts lebhaft vor sich zu gehen; bei
dem zerstreuten Licht dauert sie zwar fort, aber weniger rasch; folgende Thatsache
aber beweist sogar, daß sie im vollkommensten Dunkel noch
fortdauert. Wenn man Phosphor lange Zeit unter Wasser in Büchsen von Weißblech läßt,
wie man sich ihrer zu dessen Versendung bedient, so wird die in diesen Büchsen in
mehr oder weniger großer Menge eingeschlossene Luft, welche sich, da die Büchse mit
einem durchaus angelötheten Dekel verschlossen ist, nicht erneuern kann, explodirbar. Versucht man nun die Büchse durch Abschmelzen der Löthung des
Dekels mittelst eines nur ein wenig unter die Rothgluth erhizten Eisens zu öffnen,
so entzündet sich das eingesperrte Gas sogleich, und veranlaßt eine Verpuffung,
welche das Brechen des Gefäßes, manchmal sogar das Hinausschleudern des Phosphors
bis auf eine gewisse Entfernung zur Folge hat. Diese Erscheinung rührt offenbar von
der Vermischung eines entzündlichen Gases mit der Luft her; dieses Gas kann aber
nicht reines Wasserstoffgas seyn, welches sich nur in der Rothglühhize entzündet; es
muß daher nothwendig ein Phosphorwasserstoff seyn, der eines viel geringern
Wärmegrades zu seiner Entzündung bedarf.Um oben erwähnten Unfall zu verhüten, müssen die Phosphorbüchsen ohne
erhiztes Eisen, bloß mittelst des Meißels geöffnet werden.
IV. Ursache der Phosphorescenz des
Wassers, in welchem Phosphor aufbewahrt wird.
Die Eigenschaft des Wassers, unter welchem Phosphor (in einem wohl verschlossenen
Gefäße) aufbewahrt wurde, leuchtend oder phosphorescirend zu werden, wenn man es im
Dunkeln, bei Zutritt der Luft schüttelt, und diese Erscheinung nicht mehr zu zeigen,
wenn man es einige Zeit lang mit dem Sauerstoff der Atmosphäre communiciren ließ,
dann wiederum leuchtend zu werden, wenn die Flaschen einige Tage vollkommen
verschlossen bleiben, läßt sich dadurch erklären, daß sich ein
Theil des Phosphorwasserstoff-Gases auflöste.
Bisher hatte man noch keine Erklärung dieses Verhaltens, das demnach von der
langsamen Verbrennung einer kleinen Menge in Wasser aufgelösten Phosphorwasserstoffs
abhinge, welche Verbrennung mit der vollkommenen Zersezung dieser Phosphorverbindung
aufhören und wieder eintreten würde in Folge der Bildung und Auflösung einer neuen
Quantität dieser gasförmigen Verbindung nach mehrtägigem Verschlossenbleiben der
Flasche.
V. Desoxydirende Einwirkung des
Phosphors bei gewöhnlicher Temperatur auf die Lösungen der arsenigen Säure,
Arseniksäure und Chromsäure.
Der Phosphor zersezt die in Wasser löslichen Sauerstoffsäuren der Metalle, indem er
allmählich und sehr langsam ihre Desoxydation bewirkt. Auf diese Weise reagirt er
z.B. auf die Lösungen der arsenigen Säure, der Arseniksäure und Chromsäure.
1) Arsenige Säure. – In eine wässerige Lösung
dieser Säure getaucht,
färbt sich der Phosphor, wie schon gesagt, nach und nach und wird endlich braun. In
diesem Falle wird sie sicher metallisch gefällt; da aber die Reaction sehr langsam
ist, scheint das Metall, so wie es reducirt wird, sogleich in den Zustand einer
Phosphorverbindung überzugehen. Dadurch erklärt es sich, warum die in diesem Fall
entstehende braune Farbe keinen merklichen Metallglanz hat. Nach einmonatlicher
Reaction enthielt die concentrirte Lösung, obwohl der hineingetauchte Phosphor sehr
stark gefärbt war, doch noch eine gewisse Portion arseniger Säure.
Bei einem andern Versuche brachte ich den Phosphor in Berührung mit arseniger Säure
in Pulverform und Wasser. Er überzog sich allmählich mit einer dünnen grauen
Metallschicht mit etwas rosenrothem Reflex.
2) Arseniksäure. – Einige Zeit in einer Lösung
dieser Säure gelassen, überzog sich der Phosphor mit einer starken, glänzenden
Metallschicht, welche alle Eigenschaften des frisch reducirten Arseniks besaß. Am
Boden des Gefäßes befand sich kein Niederschlag.
Bei einem andern Versuche ließ ich den Phosphor mehrere Monate lang in Berührung mit
Arseniksäure. Nach Verlauf dieser Zeit zeigten die Phosphorstangen, welche jezt ein
metallisches Ansehen hatten, an mehreren Punkten eine in Gestalt von Büscheln oder
Blumenkohl krystallisirte, weiße Substanz. Diese Krystalle waren, mit destillirtem
Wasser ausgewaschen, nachher nur in einer großen Menge desselben auflöslich. Ihre
Lösung, mit Ammoniak und salpetersaurem Silber versezt, gab einen gelben
Niederschlag; es war arsenige Säure.
Der Phosphor fällt sonach zuerst einen Theil des Arseniks aus der Arseniksäure in
metallischem Zustande, und verwandelt dann einen andern Theil Arseniksäure langsam
in arsenige Säure.
Bei einem Versuche, zu welchem ich Arseniksäure anwandte, die noch etwas
Salpetersäure enthielt, bildete sich keine Metallschicht auf der Oberfläche des
Phosphors, welcher nur an einigen Punkten gebräunt wurde. Hier wurde das Arsenik
ohne Zweifel, so wie es reducirt war, von der Salpetersäure sogleich wieder
aufgelöst.
Der Phosphor hat auch eine zersezende Einwirkung auf das zweifach-arseniksaure
Kali, die aber langsamer ist, als auf freie Arseniksäure.
3) Chromsäure und zweifach-chromsaures Kali.
– Bei gewöhnlicher Temperatur in Chromsäure getaucht, zersezt der Phosphor
dieselbe allmählich und verwandelt sie in Chromoxyd,
welches einen grünlichen Niederschlag bildet, der alle Tage zunimmt. Der Phosphor
verändert dabei sein Aussehen nicht.
In einer Lösung von zweifach-chromsaurem Kali war
die Reaction eine ähnliche; dieses Salz geht allmählich in neutrales chromsaures
Kali über, während die überschüssige Säure in Chromoxyd
verwandelt wird, das niederfällt.
Bei einem Versuche bediente ich mich mit Schwefelsäure vermischter Chromsäure,
wodurch das Resultat etwas verschieden ausfiel; die rothe Flüssigkeit nämlich ging
allmählich in eine dunkelgrüne über, blieb aber dabei klar und es entstand kein
Niederschlag von Chromoxyd. Die Chromsäure hatte sich nämlich in schwefelsaures
Chromoxyd verwandelt.
VI. Fällung mehrerer Metalle durch den
Phosphor in krystallinischem oder pulverigem Zustande, oder adhärirend mit
Metallglanz; unvollkommene Zersezung einiger Metallsalze durch
denselben.
Es ist längst bekannt, daß der Phosphor in einer Kupfersalzlösung bald schwarz wird,
indem sich eine dünne Kupferschicht darauf niederschlägt. Man kennt noch einige
andere einzelne Fälle der Zersezung von Metallsalzen durch den Phosphor, welcher in
der Kälte auf ihre wässerige Auflösung einwirkt; allein es sind dieß nur isolirte,
noch in keinem Zusammenhang stehende Thatsachen, welche über das allgemeine
Verhalten dieses Körpers zu den Metallsalzen noch nichts Positives ergeben. Aus
diesem Grunde untersuchte ich das Verhalten des Phosphors zu den Lösungen der Salze,
Säuren und selbst der Metalloxyde.
Folgende Resultate erhielt ich, als ich weiße Phosphorstangen, welche erst frisch
gegossen und daher frei waren von dem Phosphorhydrat, das sich bei ihrer
Aufbewahrung unter Wasser bildet und die Reaction auf die Metallsalze erschwert, in
der Kälte einwirken ließ:
1) Der Phosphor wirkt (wie übrigens leicht vorauszusehen war) nicht zersezend auf die
Lösungen der alkalischen und erdigen Salze, so wie auch auf die des Mangan-,
Zink-, Eisen-, Zinn-, Cadmium-, Kobalt- und
Nikeloxyds und selbst der neutralen Bleisalze. Es gibt in dieser Hinsicht keine
Ausnahmen als die sauren arseniksauren und chromsauren Salze. Bei diesen wird die
Hälfte der Säure des zweifachsauren Salzes zersezt und das Salz geht langsam in den
neutralen Zustand über.
2) Das rothe schwefelsaure Mangan wird durch Berührung mit Phosphor schnell entfärbt,
wobei es sich in schwefelsaures Manganoxydul verwandelt.
3) Der Phosphor fällt nicht nur das Kupfer, Silber und Gold, sondern auch das
Queksilber etc. etc. vollständig aus ihren Auflösungen. Auch zersezt er das
Chlorplatin; leztere Reaction ist aber von den vorhergehenden verschieden.
4) Wenn der Phosphor ein Metall aus einer Salzauflösung niederschlägt, so hat er
dieselbe Wirkung auf alle von demselben Körper gebildeten löslichen Salze; er
zersezt in der Regel auch die unlöslichen Salze, wenn man sie durch irgend ein Agens
auflöslich gemacht hat. So werden das Chlorsilber und alle andern unauflöslichen
Silbersalze sogleich zersezt, wenn man ein Stük Phosphor in ihre ammoniakalische
Lösung bringt. Das Silber wird dabei eben so schnell niedergeschlagen, wie aus
seinen auflöslichen Salzen; der Phosphor kann sogar die unlöslichen Silbersalze im
teigigen Hydratzustand zersezen, jedoch nur an den Stellen, wo er das unlösliche
Salz berührt. Selbst die Oxyde, welche in Ammoniak auflöslich sind, werden vom
Phosphor zersezt, falls ihre Salze von ihm zersezt werden. Er fällt z.B. das Kupfer
aus dem Kupferammoniak eben so schnell und vollständig, wie aus dem Kupfervitriol
und Chlorkupfer; er zersezt das Kupferchlorür wie das Chlorid.
5) Wenn ein lösliches Salz durch eine Veränderung in dem Grade seiner Sättigung in
ein unlösliches Salz übergehen kann und der Phosphor eine zersezende Einwirkung auf
dasselbe hat, so hält die Zersezung in der Regel bei dem Punkt inne, wo das Salz
unlöslich wird. Auf solche Weise wirkt der Phosphor in einer concentrirten
Queksilberchlorid- (Sublimat-) Lösung. Im ersten Augenblik überzieht
er sich allerdings mit einem graulichen, metallischen Pulver, aber später bildet
sich nach und nach ein weißer Niederschlag von Queksilberchlorür (Calomel). Ich
erhielt auf diese Weise eine reichliche Ablagerung von krystallisirtem
Queksilberchlorür; nachdem die Reaction aufgehört hatte, enthielt die Flüssigkeit
keine Spur von Queksilber mehr.
6) Das Queksilber wird gewöhnlich in Gestalt eines graulichen, aus kleinen Kügelchen
bestehenden Pulvers niedergeschlagen. Das Silber geht meistens in krystallinischen
Zustand über und wird mit Metallglanz gefällt.
7) Mehrere Metalle, z.B. Kupfer und Gold, werden, wenn ihre Auflösungen nur etwas
concentrirt sind, in der Art niedergeschlagen, daß sie auf der ganzen Oberfläche des
Phosphors eine glänzende Schicht bilden, welche vollkommen adhärirt und die man
durch öfteres Erneuern der Salzlösung diker machen kann. Ich erhielt auf diese Weise
vollkommen verkupferte oder vergoldete, schön glänzende
Phosphor-Cylinder.
8) Bei allen diesen Reactionen auf die Salze scheint sich der Phosphor in eine Säure
zu verwandeln, welche weniger Sauerstoff enthält, als die phosphorige Säure; denn ich fand in der
Regel, daß die Flüssigkeit, aus welcher das Metall durch einen großen Ueberschuß von
Phosphor gefällt wurde, mit salpetersaurem Silber einen schwarzen Niederschlag
gab.
Dieß sind die vorzüglichsten Resultate, zu welchen ich gelangte; sie gestatten einige
Anwendungen bei chemischen Analysen und in der Technik. Ich beschränke mich hier
darauf, nur eine einzige anzugeben, nämlich die schnelle und leichte Reduction aller
unlöslichen Silbersalze, selbst des Chorsilbers, nach ihrer Auflösung in
Ammoniak.