Titel: | Beiträge zur Kenntniß und Bereitung des Ultramarins, besonders in fabrikmäßiger Hinsicht; von C. P. Prückner. |
Fundstelle: | Band 94, Jahrgang 1844, Nr. LXXXVII., S. 388 |
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LXXXVII.
Beiträge zur Kenntniß und Bereitung des
Ultramarins, besonders in fabrikmäßiger Hinsicht; von C. P. Prückner.Der Hr. Verfasser, Chemiker und Fabrikbesizer zu Hof, bemerkt in der
geschichtlichen Einleitung dieser Abhandlung, welche wir Erdmann's
und Marchand's
Journal für praktische
Chemie, 1844 Nr. 21 entnehmen: „Es war im Jahr
1828 als ich Kenntniß von Gmelin's (in Tübingen) Abhandlung über die künstliche
Darstellung einer dem Ultramarin ähnlichen Farbe erhielt; mein Erstes war
Gmelin's Versuche
zu wiederholen, und da er am Schlusse seiner Schrift vorzugsweise darauf
hinweist, sich der sorgfältigsten Reinheit der Materialien zu versichern, so
war es mein besonderes Streben, die Basis des Ultramarins, wie er solche
angibt, nämlich die farblose Verbindung von Kieselsäure, Thonerde und
Natron, in vollkommenster chemischer Reinheit
darzustellen. Allein so sehr ich mich monatelang damit beschäftigte, war ich
doch nicht im Stande, je eine Farbe herauszubringen, die mit dem Ultramarin
Aehnlichkeit hatte; ich erhielt nur meistens weiße oder höchstens graue und
röthliche Pulver und nur einigemal eine ganz schwach blaue Verbindung. Mißmuthig
über die so geringen Resultate und stets die chemische Reinheit der Stoffe
im Auge behaltend, nicht ahnend, daß ich mich dadurch
immer mehr von dem Wege entfernte, zum Zwek zu gelangen, sezte ich zulezt die ganze Arbeit zurük, und weil während eines Verlaufs von etwa zehn Jahren
über diesen Gegenstand nichts Näheres oder Wichtigeres in den chemischen
Verhandlungen bekannt wurde, ließ ich die Sache inzwischen ganz
fallen, bis ich nach dieser Zeit ein Muster von
dem in Nürnberg fabricirten sogenannten grünen Ultramarin zu sehen bekam.
Ein Jahr später kam ich durch meine
Handels- und Fabricationsgeschäfte in nähere Beziehung mit der
Methode der Erzeugung des Ultramarins im Großen (in der Fabrik der HHrn.
Leykauf,
Heyne und Comp. in Nürnberg), und da mir, als Lieferant der
hierzu nöthigen rohen und chemischen Producte, so wie über deren
Verarbeitung auf Ultramarin mehreres Hochdienliche nicht unbekannt bleiben
konnte, mir auch meine früheren Arbeiten darüber noch in schriftlicher
Aufbewahrung waren, so gewann ich neues Interesse an diesem Gegenstand und
nahm meine wiederholten Versuche vor. Diese lieferten mir schon bei den
ersten Experimenten günstigere Resultate, als ich zehn Jahre früher erhalten
hatte. Ich werde im Folgenden diejenigen anführen, welche wesentlichen
Einfluß auf die Erzielung des Fabricats gehabt haben.“
Daß als Basis des Ultramarins für seine fabrikmäßige Bereitung natürlich
vorkommender Thon benuzt werden kann, weiß man jedoch schon seit dem Jahr 1833,
wo Robiquet ein Verfahren beschrieb (polytechn.
Journal Bd. L S. 28), um aus wohlfeilem Wege Ultramarin
darzustellen. Es ist im Wesentlichen folgendes: „Ein Gemeng von 1
Gewichtstheil Kaolin (Porzellanerde), 1 1/2 Theil Schwefel und 1 1/2 Th.
troknem reinem kohlensauren Natron bringt man in eine lutirte thönerne
Retorte, erhizt dieselbe zum Glühen und fährt mit dem Erhizen fort, bis sich
keine Dämpfe mehr entwikeln. Nach dem Erkalten zerschlägt man sie und findet
als Inhalt eine schwammige Masse von ziemlich schön grüner Farbe, welche an der Luft allmählich Feuchtigkeit anzieht
und dabei eine lasurblaue Farbe annimmt. Man
laugt sie mit Wasser aus, welches Schwefelnatrium auflöst und ein Pulver von
schön lasurblauer Farbe zurükläßt. Das gehörig ausgewaschene Pulver wird
sodann, um eine Portion noch anhängenden Schwefels auszutreiben, nochmals
zur Rothglühhize gebracht und stellt so das Ultramarin dar.“
Erst im Jahr 1842 zeigte Dr. Elsner durch entscheidende Versuche (polytechnisches Journal
Bd. LXXXIII S. 461 und Bd. LXXXIV S. 467), daß die Gegenwart von
Eisen nothwendige Bedingung zum Hervorkommen der
blauen Farbe sey und die kleine Menge des in den gewöhnlichen Schwefelblumen als
Verunreinigung vorhandenen Eisens dazu schon hinreiche.Die neuesten Mittheilungen über Ultramarinbereitung sind von Dr. Winterfeld; möglichste
Wohlfeilheit der Materialien, mithin möglichst niedriger Preis des Products
waren sein Hauptaugenmerk. Sein Verfahren um ein Ultramarin von schöner, lebhaft
blauer Farbe, welches freilich gegen das Guimet'sche
Ultramarin noch zurüksteht, zu etwa 6 Sgr. das Pfund herzustellen, ist
folgendes:200 Theile Sodaasche (eingetroknete Mutterlauge von krystallisirtem kohlensauren
Natron) werden in siedendem Wasser gelöst, sodann 100 Theile pulverisirter
Schwefel eingetragen, hierauf 4 Theile Eisenvitriol in Wasser gelöst zugesezt,
endlich 100 Theile pulverisirter Thon eingerührt, und das Ganze zur Trokne
gebracht. Die trokne Masse wird fein zerrieben, in feuerfeste Thongefäße
gegeben, die 8–10 Pfd. davon aufnehmen können, diese mit Thonplatten
bedekt und in einem Ofen allmählich erhizt, während dem aber von Zeit zu Zeit
die Masse mit einem eisernen Stabe umgerührt. Wenn man bemerkt, daß die Masse
zusammenzusintern beginnt, und eine schwarzblaue Farbe zeigt, die beim Erkalten
in ein schönes Grün übergeht, so darf der Proceß als beendigt angesehen werden.
Bei Quantitäten von 10 Pfd. soll ein etwa 14 Stunden lang fortgeseztes Glühen erforderlich
seyn. Man läßt die gesinterte Masse mit dem Gefäß, welches ganz luftdicht
verstrichen wird, erkalten, nimmt sodann den grünen Inhalt heraus, zerschlägt
ihn gröblich, entfernt die Stüke, welche eine schmuzige Färbung zeigen, laugt
die guten mit heißem Wasser aus, und mahlt sie noch feucht, zum feinsten Pulver.
Bei diesen Behandlungen geht die grüne Farbe durch den Einfluß des Luftzutritts
in ein schönes Blau über. Der bei diesen Versuchen verwendete Thon war ein
ziemlich magerer, fast ganz eisenfreier und besaß in ungebranntem Zustande eine
grauweiße Farbe. Er wurde zur Zerstörung der eingemengten organischen Theile
stark geglüht, worauf er ganz weiß erschien, sodann zerstampft, fein gemahlen
und so erst verwendet. Die Sodaasche muß zur Zerstörung organischer Beimengungen
ebenfalls calcinirt werden. Als Glühgefäße empfiehlt Winterfeld kolbenartige Thongefäße, welche schräg in einen Ofen so
eingelegt werden, daß der Hals vom Feuer nicht berührt wird. Man schließt ihn
mit einer Platte, die eine zum Einbringen des Rührstabes hinreichende Oeffnung
erhält.A. d. R.
Prückner, Beiträge zur Kenntniß und Bereitung des
Ultramarins.
Die zur Bereitung von Ultramarin nöthigen Materialien sind: Thonerde, schwefelsaures
Natron, Schwefel, Kohle und ein Eisensalz, wozu gewöhnlicher Eisenvitriol am besten
dienen kann.
Die zur Fabrication des Ultramarins anzuwendende Thonerde hat unstreitig den meisten
Einfluß auf die Bildung der Farbe, und hierin liegt nach meiner Ansicht
wahrscheinlich das öftere Mißlingen derselben, wenn z.B. sie in einer Sorte verwandt wird,
welche zu reichhaltigen oder zu wenig Eisengehalt hat. Die Kunst läßt jedoch
nachhelfen. Ich bediente mich bei meinen Arbeiten eines weißen Thons, welcher sich
im Feuer nicht röthlich brannte, demnach nur einen geringen Eisengehalt besizen
konnte. Denselben fand ich an mehreren Orten und insbesondere in der Nähe von
Roschitz im reußischen Fürstenthum unweit Gera, wo selbiger als Porzellanthon in den
dortigen Fabriken verarbeitet wird. Auch in hiesiger Gegend findet sich eine
Thonerde, die noch weißer und reiner ist und die sich vorzüglich zur Fabrication des
Ultramarins eignet. Beide Sorten sind matt an Farbe, im troknen Zustand an der Zunge
klebend und bilden mit Wasser zwar eine zähe, aber noch nicht völlig plastische
Masse. Die Hauptbestandtheile sind wie bei allen diesen Mineralien Thon- und
Kieselerde in verschiedenen Verhältnissen, die jedoch keinen wesentlichen Einfluß
auf die Bildung des Ultramarins ausüben, denn die Kieselerde ist wahrscheinlich
nicht das nöthigste Material hiezu, indem nach meinen Versuchen auch
Ultramarinerzeugung erfolgte, wenn ich bei Anwendung dieser Thonsorte noch künstlich
gebildete Thonerde zusezte. Dagegen wirkt ein größerer Antheil Kiesel, als man in
den gewöhnlich aufgefunden werdenden Thonsorten findet, nachtheilig. Ein Versuch,
den ich anstellte, wo ich fein zerriebenen Kieselstein, 30 Gran, mit 60 Gran des
feinsten Ultramarins in starkes Glühfeuer brachte, bezeugt dieses, indem alle blaue
Farbe zerstört und in graue verwandelt wurde. Es vereinigt sich dabei auf jeden Fall
die Kieselsäure mit dem Natron des Ultramarins zu kieselsaurer Verbindung und
zersezt, wie jede andere Säure, die farbigen Bestandtheile.
Weißer Bolus oder Siegelerbe (Bolus alba) der Apotheken
ist zur Erzeugung des Ultramarins gut anwendbar und wird als Basis desselben
dermalen in der Nürnberger Ultramarinfabrik fast allein verwandt und kann aus der
Oberpfalz bei Tischenreuth bezogen werden.
Im Allgemeinen wähle man einen reinen, so viel wie möglich eisenfreien Thon, der sich
im Feuer weiß brennt und worin das Verhältniß der Thonerde zur Kieselerde ungefähr 3
: 4 stattfindet. Gewöhnlich hält der Thon auch etwas Kalkerde, die aber ohne
wesentlichen Einfluß ist. Wie die Thonerde weiter behandelt wird, folgt unten.
Das zweite wichtige Material für Ultramarinfabrication ist nun das Natron.
Was ich oben schon erwähnte, ist kohlensaures Natron derjenige Artikel nicht, der
insbesondere für die Ultramarinbereitung angewandt wird, indem hier das
schwefelsaure Natron allein eben so gute und in Bezug auf geringere Kosten
vortheilhaftere Dienste leistet. Die Ultramarinfabrik in Nürnberg bedient sich hiezu
der rükständigen Salzkuchen von der Bereitung der Salzsäure – eines rohen
schwefelsauren Natrons – und nimmt die Raffination entweder selbst vor oder
läßt solche von den Fabrikanten des schwefelsauren Natrons vollziehen.
Das schwefelsaure Natron, wie solches aus den Destillationsgefäßen kommt, hält
nämlich noch viele freie Säure, unzerseztes Kochsalz und mehr oder minder Eisenoxyd,
je nach der Reinheit des angewandten Kochsalzes und eiserner oder gläserner
Destillationsgefäße. Ueberhaupt ist ein solcher Salzkuchen in seinen Bestandtheilen
nicht überall gleichartig, sondern der untere, auf dem Boden des Gefäßes gelegene
Theil hat viel saures schwefelsaures Natron, während der mittlere aus mehr
neutralem, jedoch die meiste freie Säure haltendem Salz, der obere Theil wieder
mehrentheils aus vielem oder wenig salzsaurem Natron besteht, wie sich schon aus dem
Ansehen ergibt. Durch nachherige mechanische Behandlung, nämlich Pulvern, wird zwar
das Ganze gleichmäßiger gemengt, die freie Säure aber nicht davon entfernt, wo dann
die weitere chemische Bearbeitung eintritt und dadurch diese so wie der Eisengehalt
vollständig abgeschieden wird.
So wie schon das Vorhandenseyn einer ungebundenen Säure, sie mag seyn welche es will,
der Bildung von Ultramarin nachtheilig ist, so ist es besonders hier der Fall, daher
auf die Entfernung der freien Salzsäure vorzüglich Rüksicht zu nehmen. Auch der
Eisengehalt ist zu berüksichtigen, der im Kochsalz hin und wieder 1/8 Proc. beträgt
und als salzsaures Eisenoxydul vorhanden ist. Dergleichen Kochsalz sieht zwar
anfangs weiß aus, erhält aber an der Luft nach einiger Zeit eine gelbe Farbe, unter
Neigung zum Zerfließen. Daraus gefertigtes rohes schwefelsaures Natron, vorzüglich dann,
wenn es in eisernen Cylindern behandelt wurde, hat noch einen größeren Eisengehalt,
der bis 1/2 Proc. steigen und diese Waare, wenn sie, was auch schon bei der
Ultramarinfabrication geschehen, ungereinigt auf Ultramarin verarbeitet würde, hiezu
ganz untauglich machen kann. Kalk- und Talkerde, die in wenigen Fällen im
Kochsalz, erstere als Gyps, wie z.B. im Kochsalz von der Saline Heinrichshall, und
Talkerde im Kochsalz von Hallein oder Berchtesgaden, dort als salzsaure Talkerde,
vorkommen, zeigen keinen nachtheiligen Einfluß auf Ultramarinbildung und werden
durch die unten angegebenen Reinigungsmethoden abgeschieden.
Schwefel, und zwar gereinigter Stangenschwefel, ist zu sehr bekannt, als daß hierüber
noch Einiges zu sagen wäre.
Nur wollte ich hier eine Meinung beleuchten, die dahin geht, daß im Ultramarin
Arsenik enthalten sey, oder diese Farbe vermittelst Schwefelarsenik erzeugt
würde.
Es könnte wohl seyn, daß mitunter eine Sorte Schwefel angewandt worden wäre, welche
arsenikhaltig war, indessen ist denn doch dieser Gehalt so sehr unbedeutend in
denselben, daß, wie sich schon bei Untersuchungen arsenikhaltiger Schwefelsäure
ergab, wohl nicht viel Wichtigkeit darauf zu legen seyn dürfte. Irgendwo hat Jemand
eine Vorschrift zur Bereitung des Ultramarins veröffentlicht, wobei Schwefelarsenik
angewandt werden soll. Die Fertigung bezieht sich aber nur aufs Kleine, denn außer
diesem Körper soll dazu auch noch feuchtes Alaunerdehydrat genommen werden.
Ich habe die Vorschrift nicht praktisch bearbeitet, bei den vielen Proben, die ich
auf Ultramarin machte, indem mir diese Angabe auch erst später bekannt wurde; allein
ich kann mit Bestimmtheit versichern, daß bei der fabrikmäßigen Bearbeitung des
Ultramarins weder an Arsenik noch an künstliche Alaunerde gedacht wird.
Was die Kohle betrifft, so dient Holzkohle, wo diese am billigsten zu haben ist, auch
die Abfalle davon, welche bei Feuerarbeiten gesammelt werden können, sogenannte
Lösche. Sie muß aber troken und nicht mit fremdartigen Theilen verunreinigt seyn.
Unreine Kohlenabfälle, die öfters durch Zusammenkehren derselben mit Kalk, Thon und
Steinchen vermengt sind, reinige ich überhaupt dadurch leicht, daß ich sie in großen
Kästen mit Wasser gut umrühre, absezen und vermittelst eines durchlöcherten
Schöpfers den obenschwimmenden Antheil herausnehmen und auf Haufen werfen lasse; die
so abgeschwemmte Kohle wird dann an der Luft getroknet.
Man nimmt in fabrikmäßiger Hinsicht zwekdienlich auch Steinkohlen, die auch in der
Nürnberger Fabrik verwandt werden. Nur muß diese Kohle keine gewöhnliche geringhaltige, mit
fremdartigen Theilen versezte Steinkohle seyn, sondern eine an Kohlenstoff reiche,
die ohne große Flamme brennt und lokere Kohks liefert. Blätter- und Grobkohle
werden am dienlichsten seyn.
Die Werkzeuge und Geräthschaften, die zur Einrichtung einer Ultramarinfabrik gehören,
verdienen gleichfalls eine Beschreibung, wenn die Bereitung selbst nicht im Kleinen
geschehen soll.
Vorzüglich muß man auf zwekmäßig angelegte Feuerung und Oefen sein Augenmerk richten,
denn das Brennmaterial ist bei der Ultramarinfabrication ein wichtiger und
kostspieliger Gegenstand. Man bedient sich im Großen der Schmelztiegel zur Glühung
der Massen nicht, indem dieselben nicht füglich einer geregelten Aufmerksamkeit
während des Glühens und gehöriger Bearbeitung der Materialien unterliegen können.
Zum Glühen der anzuwendenden Mischung gehören Muffeln und feuerfeste Reverberiröfen
aus Ziegelsteinen. Auch selbst zu kleinen Proben fand ich Muffeln weit praktischer
als Tiegel, indem man in diesen den Feuergrad viel besser beurtheilen kann als in
lezteren.
Die Muffeln einer Ultramarinfabrik dürfen jedoch nicht zu groß, auch nicht zu klein
seyn.
So viel ich zu beobachten Gelegenheit hatte, sind diese Muffelöfen 3'-3' 4''
bayerisch breit im Lichten, und eben so tief. Rechnet man auf den Raum des
Feuerherdes 3–4'' auf beiden Seiten, so bleiben für die Muffel selbst
22–24'' Weite, ihre Höhe sey 12–15''.
Solcher Muffeln können zur Ersparung an Brennmaterial 2 bis 3 in einem Ofen
eingerichtet werden. Sie selbst bestehen aus feuerfestem Thon, Chamotte oder
Glashäfenmasse. Ihre vordere Oeffnung, die wie die hintere einen kleinen Ausschnitt
hat, zur Beobachtung so wie zum Zutritt der Luft, wird mit einer gußeisernen Thür,
die in einem Zug mit Rollen läuft, verschlossen. Es versteht sich von selbst, daß
diese Oefen mit Register und Schlußklappen versehen sind, um den Grad des Feuers
nach Belieben leiten zu können. Am besten ist es, wenn die Muffel selbst in dem
Gewölbe des Ofens bei ihrer angegebenen Größe auf einer Unterlage von Thonziegeln
ruht, die in drei Reihen mit Zwischenräumen für die Spielung der Flamme auf den Rost
aufgesezt sind, so daß eigentlich für die Feuerung selbst zwei Schürgassen kommen,
die 8–9'' Breite und Höhe haben. Dadurch wird bezwekt, daß dem Boden der
Muffel selbst mehr Ausdauer gewährt wird und etwa entstehende Risse nicht gleich die
völlige Unbrauchbarkeit derselben verursachen. Die Muffeln selbst mit Eisen binden
zu lassen, oder ihnen selbst gußeiserne Unterlagen zu geben, halte ich aus Erfahrung
nicht für rathsam, da bei Oefen, in denen Schwefelverbindungen behandelt werden, Eisen sehr
bald zerstört wird. Arbeitet man bloß mit Kohlen, als Brennmaterial, so kann das
Aufgeben derselben auch von der obern Wölbung, durch eine Oeffnung mit Verschluß,
geschehen, wo dann der Rauchcanal auf der Seite angelegt wird; sonst sind aber
Oefen, nach erster Angabe construirt, sowohl auf Kohlen- als auf Holzfeuerung
dienlich.
Nach dem Muffelofen ist noch ein zweiter Ofen nöthig, der zur Zersezung des
schwefelsauren Natrons und Fertigung von Schwefelnatrium dient. Derselbe hat ganz
die Einrichtung eines Soda- oder Calcinirofens, und jeder schon hierzu
vorgerichtete kann zu dieser Operation benuzt werden. Doch habe ich es bei meiner
chemischen Anstalt vorgezogen, diesen Calcinirofen mit zwei Feuerungen statt mit
einer größeren an der Seite zu versehen, indem zwei auf einander entgegenströmende
Feuer mehr auf die Sohle des Ofens reverberiren und nach meiner Erfahrung in
kürzerer Zeit bei weniger Brennmaterial mehr leisten als eine Feuerung, besonders bei Oefen, deren Sohlenlänge über 6–7''
beträgt.
Die Bauart solcher Oefen ist zu bekannt und deren Angabe findet sich in zu vielen
chemischen Schriften, als daß es hier nöthig wäre, mehr darüber zu erwähnen. In
meiner Abhandlung über Sodafabrication ist ein Schmelzofen für fabricationsmäßige
Darstellung des Schwefelnatriums angegeben und durch Zeichnung erläutert, wo noch
vermittelst Schmelzgefäßen oder Tiegel auf billig herzustellende Weise dieß Fabricat
zu produciren gelehrt wird.
Späterhin schlug ich jedoch eine andere Schmelzmethode, die praktischer ist und wobei
man alle Schmelzgefäße entbehren kann, ein. Es ist folgende:
Indem nämlich Schwefelnatrium aus schwefelsaurem Natron, durch Kohle zersezt, sich
nicht darstellen läßt, wenn man das Gemenge im offenen Reverberirofen behandelt,
weil die Kohle weit eher vor dem eigentlichen Glühen oder Schmelzen der Masse
verbrennt, ehe sie vor demselben ihre desoxydirende Wirkung auf das Natronsalz
ausüben kann, was aber nicht geschieht, wenn die Schmelze vor dem Einfluß der Luft
in bedekten Gefäßen geschüzt ist, kam ich auf den Gedanken, theils um die Abhaltung
der Atmosphäre zu bezweken, theils auch dem leichtflüssigen Zustande des gebildeten
Schwefelnatriums zu begegnen, den Schmelzposten einige Procente gebrannten und
zerfallenen Kalk hinzuzusezen, den ganzen Schmelzhaufen aber selbst mit einer Deke
von Kalk zu umgeben. In der Ausführung fand ich diese Methode anwendbar, und erhielt
dadurch eine eben so gute Zersezung des schwefelsauren Natrons als mit Gefäßen,
obgleich bei der nachherigen Auflösung der geschmolzenen Masse jederzeit noch ein Antheil unverändertes
schwefelsaures Natron vorhanden ist, welches aber durch Abdampfen und Abkühlen
leicht herauskrystallisirt.
Bei diesem Schmelzproceß muß man vermeiden die Masse umzurühren; auch ist es gut, die
Eintragöffnung des Ofens immer im Verschluß zu halten, bis zu Ende, wo man sieht,
daß die Masse gut geflossen ist, worauf man einigemal umrührt, auch noch einige
Schaufeln Kohlenpulver dazu gibt, dann ruhig die Schmelze sich selbst überläßt und
zulezt mit Krüken aus dem Ofen bringt, wenn die Masse ruhig in Fluß gekommen ist und
keine oder wenig Gasentwikelung durch emporsteigende Flämmchen zeigt. Später werde
ich noch auf diese Arbeit zurükkommen, nur wollte ich noch bemerken, daß es gut ist,
den Herd des Ofens muldenartig vertieft anlegen zu lassen, um die Schmelzmasse mehr
zusammen zu halten.
Auch ist es zwekmäßig, wenn der Ofen auf beiden Seiten Oeffnungen zum Aufschütten des
Kalks hat.
Die übrigen Vorrichtungen bestehen in einer Präparirmühle, größerer und kleinerer
Art. Die größeren werden durch Mechanismus bewegt, wozu Wasser- oder
Pferdekräfte dienen, wie es z.B. in Nürnberg mit lezteren geschieht, wo sehr gut
construirte Maschinen bestehen. Die allgemeine Einrichtung ist wie die der
Töpfermühlen mit Bodenstein und Laufer. Der Bodenstein hat einen Durchmesser von circa 5'. Die kleinen Präparirmühlen werden durch
Menschenhände getrieben. Pochwerke zum Pulvern der Kohlen, des schwefelsauren
Natrons und der übrigen Materialien sind ebenfalls nöthig. Eine viel leistende
Vorrichtung zum Pulvern hat Oliver Evans erfunden und ist
in Prechtl's technologischer
Encyklopädie unter dem Artikel „Mühlen“ angegeben. Ich
vermuthe, daß diese Maschine oder eine dieser ähnliche in der Nürnberger Fabrik sich
jezt befindet.
Die übrigen Geräthschaften bestehen vorzugsweise in einer Anzahl größerer und
kleinerer Kufen und Butten für die Schlämmarbeiten, und außerdem ergeben sich die
anzuschaffenden Instrumente, Trokenanstalten etc., wie man sie in jeder Farbenfabrik
antrifft, dem Unternehmer von selbst.
In einer wohleingerichteten chemischen Fabrik sind die Localitäten auf das Princip
der geschlossenen einzelnen Arbeiten eingerichtet. Der Plan bei Errichtung derselben
zielt besonders in Farbenfabriken, wie auch hier, darauf, daß die Räume der
mechanischen Arbeiten von denen der chemischen getrennt und diese wiederum nach
ihren verschiedenen Operationen in verschiedene Localitäten abgesondert sind.
Besonders sind die Schmelzoperationen fern zu halten, damit bei Steinkohlenfeuerung der Rauch
und die Dämpfe den zum Schlämmen oder Troknen bestimmten Farben nicht nachtheilig
werden.
Ich gehe nun zum eigentlich chemischen Theil der Operation, zur Erzeugung des
Ultramarins über, und wenn hier im Verfolg derselben noch einiges zu wünschen übrig
bliebe, so wolle man bedenken, daß ich bloß im Interesse der Wissenschaft meine
Beiträge für diesen Gegenstand liefere, daß ich aber hier eine eigene
Fertigungsmethode des Ultramarins, welche sich auf eigene praktische Ausführung,
Forschungen und Erfahrung stüzt und nicht bloß in ganz kleinen Proben geschah,
angebe, die zum Ziele führt, und bei der im Großen besonders von der in Nürnberg
angewandten Weise auf keinen Fall viel Unterschied seyn wird. Jeder Beitrag zu einer
Sache fördert das Ganze, lehrt uns mehr und mehr dessen Kenntniß und lüftet den
Schleier des Geheimgehaltenen, der noch über diesem chemischen Product waltet. Mit
vorzüglichem Dank werde ich es gegen alle diejenigen Freunde der chemischen
Wissenschaft erkennen, welche durch Gegenversuche, der Oeffentlichkeit
anheimgegeben, meine Angaben weiter verfolgen werden.
Als vorangehende Arbeiten gehören dazu: Vorbereitung der Thonerde oder Reinigen und
das Schlämmen derselben, so wie Fertigung einer vorräthigen Menge Schwefelnatrium.
Erstere ist eine einfache mechanische Arbeit. Die in kleine Stüke mit hölzernen
Keulen zerschlagene trokene Thonerde wird in einen vierekigen Kasten von 5–6'
Länge und 3' Breite gebracht, mit Wasser übergossen oder eingesümpft und mehrere
Tage sich selbst überlassen. Sie zerfällt und quillt dadurch auf, daß sie inzwischen
öfters mit einem eisernen Rechen unter einander gearbeitet wird, worauf ein Arbeiter
dieselbe theilweise mit einer Schaufel in einen großen Schlämmbottig wirft und mit
so viel Wasser als möglich, um eine dünne Brühe zu bilden, vermittelst einer Krüke
durch einander arbeitet. Je mehr Wasser, je feiner wird gleich anfangs die
geschlämmte Erde ausfallen, und man kann durch die größere Menge der Flüssigkeit
eine oder zwei Arbeiten ersparen. Die Schlämmbottige stehen wo möglich
terrassenförmig über einander 3–4 an der Zahl, und sie sind mehr weit als
hoch. Ihre Größe richtet sich nach Maaßgabe des Geschäfts, doch sind 8–10
Eimer haltende Gefäße die gewöhnlichsten.
Das Abschlämmen selbst geschieht, indem man die zertheilte Erde durch Haarsiebe
passiren läßt, davon die Maschen denen der Apothekersiebe gleich sind, während das
erste Schlämmsieb größer ist.
Die von ihren sandigen und gröberen Theilen 3–4mal abgeschlämmte und durch
jedesmaliges Absezen erhaltene Thonerde wird am besten in vierekigen Kästen unter
einer Bedachung aufgehoben, ohne jedoch getroknet zu werden. Bei Weiterverarbeiten auf
Ultramarin versichert man sich jederzeit durch eine gewogene und scharf getroknete
Probe des Gehalts an trokener Masse, und berechnet dann darnach die anzuwendende
Menge.
Ich habe oben erwähnt, wie man eine gefärbte oder reichlicher eisenhaltige Thonerde
verbessern könne. Es geschieht dadurch, daß man nach dem lezten Schlämmen die
breiige Masse mit 3–4 Proc. Kochsalz und 3–3 1/2 Proc. Schwefelsäure
versezt und längere Zeit damit in Berührung unter öfterem Durcharbeiten mit einer
Holzkrüke läßt.
Die dadurch entwikelte Chlorwasserstoffsäure zieht den Eisengehalt ziemlich aus und
die später gewaschene und von schwefelsaurem Natron gereinigte Erde hat ein viel
weißeres Ansehen als vorher, so daß sie zur Ultramarinfabrication tauglicher wird.
Inzwischen ist es immer rathsamer, dieser Reinigung durch Auswahl guter und reiner
Thonerde entgehen zu können.
Das zur Bereitung des Ultramarins dienliche Schwefelnatrium ist das sogenannte
doppelte oder siebente Schwefelnatrium nach Berzelius.
Seine Anfertigung ist im Allgemeinen von der in den chemischen Lehrbüchern
angegebenen Weise nicht unterschieden; die Manipulation, um solches in Masse
darstellen zu können, ist schon zum Theil angegeben. Um aus den Rükständen von der
Salzsäurebereitung das hierzu nöthige schwefelsaure Natron zu gewinnen, muß vorher
alle freie Salzsäure entfernt werden. Dieß geschieht durch die Calcination des
Salzes im Großen in einem Reverberirofen. Die 2–3 Fäuste großen Stüke
desselben taucht man vorher schnell in Wasser, oder befeuchtet sie etwas, wenn sie
nicht selbst schon durch längeres Liegen an der Luft Feuchtigkeit angezogen haben,
denn ein mäßig feuchtes Salz läßt die Säure viel leichter und vollständiger fahren
als trokenes, eben erst fertig gewordenes. Der Ofen wird beinahe bis an das Gewölb
damit angefüllt, nur muß man darauf sehen, Zwischenräume in dem eingetragenen Salz
zum Durchstreichen der Flamme zu lassen und die Feuerung so lange fortgesezt zu
unterhalten, als sich noch durch den Geruch an der hinteren Ofenöffnung gegen den
Rauchfang hin erkennbare Dämpfe von Salzsäure entwikeln. Das Feuer braucht
anfänglich nicht stark zu seyn, und wird nur mäßig nach und nach vermehrt, bis das
Salz in gelinde Rothglühhize kommt, wo dann gewiß alle freie Salzsäure ausgetrieben
ist und höchstens etwas schweflige Säure anfängt sich zu entwikeln. Das Kennzeichen
eines gut auf diese Weise gefertigten schwefelsauren Natrons ist, daß es zerrieben
und in Wasser gelöst, eine etwas trübe Auflösung macht, welche meistentheils etwas
Eisenoxyd oder Kalkerde, wenn das Kochsalz Gyps enthielt, fallen läßt, dann die Auflösung selbst nicht mehr
auf Lakmus röthet. Die bei dieser Arbeit in die Luft geführten Dämpfe müssen so viel
als möglich nicht in die Nähe von Gebäuden oder Pflanzen kommen, indem sie
ungemeinen Nachtheil auf alles Eisenwerk und auf die Vegetation ausüben. Das
calcinirte Salz wird alsbald auf Pochwerken oder Mühlen pulverisirt, in der Feinheit
wie grobes Schießpulver, und wenn man einen Vorrath davon erzielen will, welcher
nicht verschmolzen wird, kann es am besten gleich, mit der nöthigen Menge Kalk und
Kohle vermengt, troken aufbewahrt werden, indem es, an einem feuchten Ort an und für
sich selbst aufgehoben, hygroskopisch wird und dadurch die Pulverform verliert.
Man vermengt zur Darstellung des obengenannten Schwefelnatriums das trokene
schwefelsaure Salz in folgendem Verhältniß:
100 Pfd.
schwefelsaures Natron,
33 –
Kohlenpulver,
10 –
Kalk, an der Luft zerfallen.
Die Mengung muß aufs Innigste vermittelst Sieben der Masse oder eines um seine Achse
sich drehenden Fasses geschehen, in welches die Materialien geschüttet wurden.
Oefen, deren Herdsohle so viel Raum hat (15–18'), daß darin 2 Cntr. der
Schmelzmasse behandelt werden können, sind in mehrerer Hinsicht praktisch
vortheilhafter als größere, welche 5–6 Cntr. fassen können. Man bringt einen
solchen Schmelzposten in den Ofen, überdekt ihn 1 1/2–2 Zoll hoch mit
Kalkmehl auf allen Seiten und drükt dasselbe mit einer eisernen Schaufel fest an.
Die Schmelzung wird dann, wie oben angegeben, durchgeführt.
Das fertige Schwefelnatrium wird mit einer Krüke oder Schaufel ausgenommen und in
einen vierekigen gußeisernen Einguß von mehr flacher als tiefer Gestalt gebracht,
worin es erkaltet, und aus welchem es ausgeschlagen wird. Es zerfließt leicht an der
Luft und wird daher am besten baldmöglichst weiter verarbeitet und in Wasser gelöst.
Bei der Auflösung desselben rechnet man auf 1 Theil 5 Theile Wasser.
Dieses Schwefelnatrium besteht in seiner Auflösung außer diesem aus kohlensaurem und
Aeznatron, ferner noch aus etwas Schwefelkalk, unterschwefelsaurem und
schwefelsaurem Natron. Bei der Behandlung mit Wasser ist es besser, solches siedend
heiß anzuwenden und die Lauge einige Zeit zu kochen, bis sich die Salzklumpen gelöst
haben. Durch die Auflösung in der Hize wird das Schwefelcalcium vermittelst des
kohlensauren Natrons wieder zersezt und es bildet sich kohlensaurer Kalk. Die Lauge
bringt man in gußeiserne oder mit Eisenblech ausgelegte Sedimentirkästen, wodurch alle
unauflöslichen Theile sich absezen. Diese bestehen, außer dem kohlensauren und etwas
schwefelsauren Kalk, auch in einem Antheil Kohle, die fein zertheilt in der Lauge
schwimmend sich erst nach Verlauf von mehreren Tagen absezt. Je länger man die Lauge
stehen lassen kann, wodurch sie sich reiner abklärt, desto besser ist es, weil der
geringste Antheil Kohle später, mit auf Ultramarin verwandt, dem Feuer der Farbe
schadet. Die Flüssigkeit muß so viel als möglich vor dem Zutritt der Luft verwahrt
werden. In der Kälte krystallisirt auch aus der Lauge mehrmals etwas schwefelsaures
Natron heraus, welches entfernt und zu neuer Arbeit, nachdem es vorher seines
Krystallwassers beraubt wurde, angewandt werden kann. Diese Lauge, einfaches
Schwefelnatrium, wird nun durch Kochen mit gepulvertem Schwefel in doppeltes
Schwefelnatrium verwandelt; die geklärte Lauge bringt man in einen reinen
gußeisernen Kessel und sezt ihr während des Kochens so lange und so viel gepulverten
reinen Schwefel hinzu, bis sich nichts mehr davon auflöst. Hundert Theile des
geschmolzenen einfachen Schwefelnatriums brauchen circa
40–50 Th. Schwefel. Man läßt die Lauge im Kessel erkalten, oder läßt sie
wieder in die Klärgefäße ab. Da durch das Kochen die Lauge concentrirter wird, so
macht man es sich zur Regel, diese so weit einzuengen, daß 4 Thle. einem Theile
trokenen Schwefelnatriums gleich kommen, wobei diese dann ungefähr ein specifisches
Gewicht von 1,200 oder 25° B. hat.
Die fertige Schwefelnatriumlauge, die nach einiger Ruhe meistentheils noch einigen
Schwefel, zu einer zweiten Arbeit dienlich, absezt, wird, vor dem Luftzutritt
verwahrt, am schiklichsten in Glasballons aufgehoben und ist als solche nun zum Zwek
der Ultramarinbereitung vorgerichtet.
Nach vorhergegangener Herrichtung dieser Utensilien kann nunmehr zur Anfertigung der
Farbe selbst geschritten werden. Je nach der Größe und Ausdehnung des Geschäftes
wird es rathsam bleiben, den Ansaz auf 25–50 Pfd. einzurichten, eine größere
Masse läßt sich weniger leicht bearbeiten. Man dampft in einem flachen gußeisernen
Kessel von der vorräthigen Schwefelnatriumlauge ein Gewicht von 100 Pfd. bis zur
Syrupsdike ab und rührt vermittelst eines starken eisernen Spatels 25 Pfd. trokene
Thonerde, oder von der vorräthigen noch feuchten präparirten so viel als dieser
Menge im trokenen Zustande entspricht, aufs innigste darunter. Während die Masse
sich noch gut rühren und bearbeiten läßt, gibt man eine Auflösung von 1/2 Pfd.
reinem, nicht kupferhaltigem krystallisirtem schwefelsaurem Eisen nach und nach
darunter und mengt Alles mit möglichster Sorgfalt bestens durcheinander. Es thut
auch nichts, diese Eisenauflösung früher dem Schwefelnatrium zuzusezen und dann erst die Thonerde
einzutragen. Sobald die Eisenauflösung hineingegeben ist, erhält die Masse alsdann
eine gelb-grüne Farbe, und innige Vereinigung des gebildeten Schwefeleisens
mit dem Ganzen muß vorzüglich berüksichtigt werden.
Sie wird nun unter fortwährender Bearbeitung durch Rühren zur völligen Trokenheit
abgedampft und aus dem Kessel ausgeschlagen, möglichst bald, da sie Feuchtigkeit der
Luft anzieht, weiter verwendet, indem man sie auf der bereits angegebenen
Stoß- oder Pulverisirmaschine in möglichst feines Pulver verwandeln läßt.
Die so vorgerichtete rohe Ultramarinmasse wird nun in die Muffel, etwa 3 Zoll hoch,
gebracht und einer mäßigen Rothglühhize ausgesezt, bis sie durch und durch glüht;
das Glühen wird 3/4–1 Stunde lang fortgesezt, während man die Masse öfters
umrührt, überhaupt den Zutritt der Luft nicht hindert. Ich habe die Bemerkung
gemacht, daß längeres und schärferes Glühen von Nachtheil ist, dagegen schwaches
Glühen keine Ultramarinfarbe liefert. Man bemerkt während dessen eine völlige
Umänderung der Masse, sie wird lederfarbig, dann röthlich, grün und blau. In den
grünen Stüken bemerkt man schon deutlich die Farbe des sogenannten grünen, so wie in
den blauen Antheilen die des gebildeten blauen Ultramarins, wovon öfters welche
schon sehr feurig aussehen. Aufmerksamkeit bei der Glüharbeit darf nicht verfehlt
werden, sie erfordert eine gewisse Uebung, um den richtigen Feuergrad zu erkennen,
und man erhält bei verfehltem Gange derselben weniger und geringere Farbe, als
wodurch auch die verschiedenen Sorten Ultramarin entstehen.
Die geglühte Masse wird nun aus der Muffel gebracht und eine neue Operation dadurch
begonnen, daß nach ihrem Erkalten dieselbe in einen Bottig gebracht und mit Wasser
dort so lange ausgelaugt wird, bis alle salzartigen Theile entfernt worden sind. Die
Lauge besteht größtentheils aus überschüssigem Schwefelnatrium, schwefelsaurem und
unterschwefelsaurem Natron, auch enthält sie etwas Thonerde in Aeznatron gelöst.
Eine Benuzung wird zur Zeit nicht davon gemacht, man könnte sie aber vielleicht als
Auflösungswasser zu einer neuen Arbeit gebrauchen.
In den Auslaugebottigen vereinigt man diese Arbeit mit den Ergebnissen mehrerer
Glühoperationen, und wenn die Masse rein ausgewaschen ist und sich abgesezt hat,
wird solche auf Spizbeutel gebracht und nach Entfernung der überflüssigen
Feuchtigkeit in einem Trokenzimmer auf Leinwandhurten oder Brettern gut getroknet.
Sie hat ein meistens grün- oder blauschwärzliches Ansehen. Man hat auch
gesucht, die geglühte Masse vor dem Auslaugen zu sortiren und die rein blauen Stüke besonders
zu den feinsten Sorten Ultramarin zu verarbeiten.
Die trokene Masse wird nun aufs Neue zerrieben und fein gesiebt. Das Zerreiben
geschieht entweder in Steinschalen oder in einem reinen gußeisernen Gefäße mit
hölzernem Pistill und geht nicht schwer von statten, da die Masse ohnehin eine
leichte Zertheilbarkeit besizt.
Sie wird nun aufs Neue einer zweiten Glüharbeit ausgesezt. Hiezu dienen gleichfalls,
aber bloß zu dieser Operation verwendbare Muffeln, die eine Menge von 10–15
Pfd. der Masse fassen, 18–20'' breit und gegen 32–36'' lang seyn
können. Die Oeffnung der Muffeln verschließt ein Versazstük mit Handgriff. Das Feuer
wird mäßig unterhalten und gelinde Rothglühhize ist hinreichend, die Farbe zu
bilden. Gewöhnlich läuft vom Rande der Masse an schon nach einigem Steigen der Hize
die Masse blaulich an und verbreitet sich weiter ins Innere; ein Beweis, daß der
Sauerstoff der Luft da, wo er am meisten einwirken kann, viel zur Beförderung des
Entstehens der blauen Farbe beiträgt. Man rührt, nachdem sich die blaue Farbe,
welche schnell intensiver wird, zeigt, die Masse mit einem eisernen Haken um und
beobachtet sie genau bis zu dem Punkte, wo sie in reines Blau übergegangen ist. Das
Glühen dauert gegen 1/2–3/4 Stunden. Längere und stärkere Hize ist von keinem
Vortheil. Wird das geglühte Pulver herausgenommen, auf Granitplatten an die Luft
gelegt, so zeigt sich oft schnell während des Erkaltens eine rasche Verschönerung
und Erhöhung der blauen Farbe. Manchmal fand ich diese Erscheinung nicht eintretend.
Unter welchen Umständen dieses geschieht oder nicht, ist, so viel ich davon
erforschen konnte, noch nicht ins Reine gestellt und muß auf weiteren Versuchen
beruhen.
Die lezte Präparirarbeit des Ultramarins geschieht im Großen auf einer durch
Pferdekraft oder Wasserkraft getriebenen Präparirmühle nach oben angegebener
Einrichtung mit Bodenstein und Laufer von 4–5' Durchmesser, aus dem härtesten
Granit gearbeitet. Kleinere Handmühlen, die von einem Arbeiter nebenbei, während der
Aufsicht auf die größeren Maschinen, mit versehen werden, bearbeiten meistens die
geringeren Sorten der Farbe. Die äußerst fein geriebene Farbe wird nun noch
geschlämmt und die verschiedenen Schlämmwasser in Bottigen von Nr. 0/0, 0, 1, 2, 3,
4 abgelassen, woraus die verschiedenen Sorten Farbe, wie solche z.B. die Nürnberger
Fabrik liefert, dadurch gewonnen und nach dem Troknen in den Handel gebracht
werden.
Noch Einiges über die Prüfung von Ultramarin. In der Behandlung mit Wasserstoffgas glaube ich
ein Mittel gefunden zu haben, die Güte und Haltbarkeit des Ultramarins zu
prüfen.
Bekanntlich entzieht ihm dieses in der Hize Schwefel, wobei seine Farbe röthlich
werden soll.
Als ich in ein Glasrohr Ultramarin brachte, solches mit einem Gasentwikelungsapparat
verband, das Ultramarin in der Röhre erhizte und Wasserstoff währenddem
durchstreichen ließ, erhielt ich folgende Resultate.
A. Künstliches Ultramarin, Sorte 0, wurde zwar anfangs
scheinbar etwas röthlich, als aber das Durchströmen des Wasserstoffes länger, und
zwar über eine halbe Stunde anhielt, verlor sich die blaue Farbe mehr, fiel endlich
ganz ab und wurde grünlichgrau.
Geringere Sorten des künstlichen Nürnberger Ultramarins verloren ihre Farbe noch
früher, die Sorte Nr. 5 schon nach kurzer Zeit; sie wurde graulich-weiß.
Dagegen war dem venetianischen Ultramarin nach Verlauf von einer längeren Zeit, eben
so behandelt, weit weniger die blaue Farbe entzogen, und noch nach Verlauf von
beinahe einer Stunde Einströmen von Wasserstoffgas zeigte sich die Farbe noch
merklich blau. Eben so war das Verhalten von der älteren ächten Sorte Ultramarin;
nachdem dieses beinahe 2 Stunden mit Wasserstoff in Berührung war, konnte ich die
blaue Farbe nicht ganz zerstören.
Demnach verhält sich künstliches Ultramarin unter dieser Behandlung gegen ächtes aus
Lasurstein verschieden, und man kann die Folgerung ziehen, daß dieses gleichfalls in
der Anwendung bei der Malerei stattfinden möchte. Wir haben bei dem Zinnober bereits
dasselbe Beispiel, indem Zinnober, auf nassem Wege bereitet, sogenannter
Patentzinnober, gegen Zinnober auf trokenem Wege, als sublimirter, in seiner
Anwendung bei der Oblaten- und Siegellakfabrication ganz verschiedene
Eigenschaften zeigt. Oblaten und Siegellak, besonders jene werden, sobald die rothe
Farbe mit ersterem dargestellt werden soll, mehr schwarzroth als hochroth, Siegellak
deßgleichen, wenn gleich die Farbe des Patentzinnobers feuriger ist als die des
sublimirten. Aus diesem Grunde schon verwerfen häufig die Fabrikanten bis jezt
genannte Waare, und so viel ich weiß, ist noch kein Mittel vorhanden, diesem
Nachtheile auf nassem Wege abzuhelfen. Liegt hier nicht der Fehler in der chemischen
Bereitung? Die Thatsache ist vorhanden, während der Theorie (!) und den chemischen
Bestandtheilen zufolge kein Unterschied stattfinden sollte. Eben so kann es wohl
auch mit dem Ultramarin seyn. So wie es nun verschiedene Sorten Ultramarin im Handel
gibt, so sind auch ihre Dauer und Verhalten bei ihrer Anwendung verschieden; im Allgemeinen aber glaube
ich sagen zu können, daß diese Farbe, wenigstens auf dem künstlichen Wege bereitet,
als blauer Farbenkörper dennoch zu sehr überschäzt wurde. Hauptsächlich mag
Heyne's Abhandlung über
die chemisch-technische Bereitung von Ultramarinfarben etc., ganz im eigenen
Interesse geschrieben, viel hiezu beigetragen haben, denn es müssen noch größere
Vervollkommnungen und wohlfeilere Preise durch Concurrenz eintreten, ehe sich die
nach sehr großem Maaßstabe angenommenen Vortheile, welche nach diesem Schriftchen
der vaterländischen Industrie einen neuen jährlichen Absaz von sechs Millionen
Gulden ins Ausland und die Ernährung von 12,000 Familien verschaffen würden, als so
glänzende Resultate verwirklichen möchten. Ferner mag auch diese Ueberschäzung daher
kommen, daß wir zeither keine blaue Farbe besaßen, welche Aechtheit an Luft und
Licht zeigte, auch schwefligen und kalischen Ausdünstungen widerstand und nebenbei
die Reinheit und Lebhaftigkeit des ächten Ultramarins hatte, als diese. Ob aber bei
dem künstlichen Ultramarin, streng genommen, dieß bis jezt der Fall gegen das aus
dem Lasurstein gezogene ist, möchte ich verneinen. Sachkenntnißvolle Maler und
darunter Künstler ersten Ranges, wie z.B. in München, wollen nach einiger Zeit an
mit dem feinsten künstlichen Ultramarin gefertigten Malereien Abnahme und
Veränderung der Farbe wahrgenommen haben. Wahr ist es, daß Firmenschilder, Wagen
etc., deren Farbe aus blauem Ultramarin bestand, nach einem gewissen Zeitraume sich
ganz in schmuzig-blau verzogen. Die allenthalben in Bayern auf höhere
Verordnung mit Ultramarinfarbe angestrichenen Wegsäulen, wozu freilich die beste
Sorte nicht genommen worden seyn mag, verloren bald alles Ansehen, eben so sah ich
selbst, daß das Ultramarin in gemalten Zimmern bald auswitterte und verdarb. Ich
will damit keineswegs dieser schönen Farbe ihren Werth abstreiten, denn es ist wohl
möglich, daß bei der Fertigung oder Anwendung gefehlt seyn konnte, da man bei der
Neuheit des Gegenstandes doch noch nicht alle Kenntnisse in jeder Beziehung des
Verbrauchs haben konnte.
Daß das grüne Nürnberger Ultramarin zur Zeit noch wenig in Anwendung kam und andere
grüne Farben nicht verdrängen konnte, ist bekannt; doch sollen diese Bemerkungen nur
dazu dienen, auf dem Wege der Verbesserung und mit Beseitigung alles Geheimhaltens
fortzuschreiten.