Titel: | Bericht des Hrn. Theodor Olivier über die Verfahrungsarten des Hrn. Rouget de Lisle Fabrikmuster und Stikmuster darzustellen. |
Fundstelle: | Band 95, Jahrgang 1845, Nr. IX., S. 14 |
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IX.
Bericht des Hrn. Theodor Olivier uͤber die
Verfahrungsarten des Hrn. Rouget
de Lisle Fabrikmuster und Stikmuster darzustellen.
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement, Okt. 1844, S 413.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Rouget de Lisle's Verfahrungsarten.
Die Principien der Instrumente des Hrn. Rouget de Lisle
(passage des Petites-Ecuries, No. 15 in
Paris) sind nicht neu, nur wandte er mit Umsicht und Sachkenntniß Verfahrungsarten,
welche bei anderen Fabricationszweigen gebräuchlich sind, auf den besonderen
Industriezweig an, welchen er zu vervollkommnen beabsichtigte, und dadurch leistete
er allen denjenigen, welche sich mit Stikereien beschäftigen, einen wesentlichen
Dienst.
Unter den Verfahrungsarten, welche Hr. Rouget de Lisle
beim Zeichnen anwendet, müssen wir aber besonders zwei hervorheben, weil seine
Instrumente, obgleich sie schon bekannt sind, doch solche Verbesserungen erhielten,
daß eines derselben ohne diese Verbesserungen nuzlos wäre, weil man es nicht
gebrauchen könnte; das andere dagegen machte Hr. de Lisle
so bequem und leicht zu handhaben, daß seine Anwendung ohne Zweifel bald unter den
Dessinateurs verbreitet seyn wird.
Das erste dieser Instrumente ist die neue Camera clara.
Dieselbe besteht aus einem nicht belegten verticalen Spiegelglase; horizontal vor
dasselbe legt man die Zeichnung, welche man copiren will, und der Zeichner, welcher
ebenfalls vor dem Spiegelglase steht, sieht durch dieses Glas auf der horizontalen
Fläche, welche sich hinter demselben befindet, das verkehrte symmetrische Bild des
Originals. Man kann dann mit einem Bleistift den Umrissen dieses Bildes folgen und
erhält so eine verkehrte Copie der Originalzeichnung.
Dieß ist allerdings richtig; bei der Anwendung aber kann das Auge der Spize des
Bleistifts nicht folgen, da man dieselbe nicht rein und bestimmt sehen kann, und
dieß ist der Grund, daß auch der geübteste Zeichner nicht im Stande ist, eine Copie
von gehöriger Reinheit hervorzubringen.
Hr. Rouget de Lisle gab diesem Spiegelglase noch einen
Vorhang bei, welcher nach Willkür mehr oder weniger gehoben werden kann und unten
von dem Spiegel ausgeht. Durch dieses sehr einfache Mittel wird das Bild klar und
bestimmt und man kann die Spize des Bleistifts vollkommen gut sehen, wenn man ihn so
hält, daß er gerade über dem oberen Rand des Vorhangs zu sehen ist.
Diese Vervollkommnung kann als eine wahrhafte Erfindung betrachtet werden; denn Hr.
Rouget de Lisle machte ein Instrument für die Kunst
praktisch, welches, so wie es war, nur bei Vorträgen über Optik Interesse hatte.
Das zweite Instrument ist das Kaleidoskop. Dasselbe ist
schon eine sehr alte Erfindung, konnte aber unseren Fabrikzeichnern wenig nuzen; die
Nothwendigkeit, in der man sich befindet, nach einem Bilde zu zeichnen, gerade wie
wenn man eine Zeichnung frei copirt, und die Unbequemlichkeit, alle Augenblike durch
das Ocular des Instruments sehen zu müssen, sind die Gründe, warum das Instrument,
wo nicht ganz vernachlässigt, doch wenigstens sehr selten angewandt wurde.
Hr. Rouget de Lisle hat an dem gewöhnlichen Kaleidoskop
eine Lampe mit Reflector angebracht, welche das Bild erhellt, und mittelst einer
Camera obscura bringt er das Bild auf eine matte Glasplatte, wo dessen Farben und
Umrisse leicht auf durchscheinendes Papier gepaust werden können. Er hat das
Kaleidoskop auch noch vervollkommnet, indem er die Spiegel so angeordnet hat, daß er
eben so wohl größere rosettenförmige Bilder, als deutlichere gestrekte Bilder,
Borduren und Ekbilder erhalten kann: um Ekbilder zu erhalten, müssen die Spiegel
einen rechten Winkel bilden. Durch das Kaleidoskop erhielt man bis jezt nur rosettenförmige
Bilder, indem die beiden Spiegel einen spizen Winkel einschlossen, und Borduren,
indem man die Spiegel parallel zu einander stellte.
Diese Zugaben und Verbesserungen, welche Hr. de Lisle an
beiden Instrumenten anbrachte, haben dieselben wirklich nüzlich und für die Zeichner
leicht anwendbar gemacht. Man kann durch einfache, eigenthümliche Anordnungen
mittelst beider Instrumente entweder ein Bild von derselben Größe, wie das Original,
oder eine in einem gewünschten Verhältnis) größere oder kleinere Copie erhalten.
Beschreibung des Chromograph, eines
Instruments zum Componiren oder Verfertigen von Musterzeichnungen, von Hrn.
Rouget de Lisle.
Fig. 1
Seitenansicht des Instruments;
Fig. 2
verticaler Durchschnitt des inneren Mechanismus;
Fig. 3
horizontaler Durchschnitt desselben.
Dieselben Buchstaben bezeichnen in den drei Ansichten denselben Gegenstand.
a Kaleidoskop von 20 Centimeter Länge und 4 1/2
Centimeter Durchmesser.
i, k verzahnte Cirkelstüke, welche mittelst Scharnieren
bei c, d da wo die Spiegel e,
f,
Fig. 2,
aufruhen, befestigt sind.
g Knopf, welcher auf die Achse h aufgestekt ist und dazu dient die beiden Cirkelstüke i, k, Fig. 3, mittelst des
Getriebes m in entgegengesezter Richtung zu bewegen.
l Zahnkranz, welcher durch das Getrieb b bewegt wird, wenn man die Kurbel n dreht. Diese Bewegung dient dazu den farbigen
Elementen des Bildes, welche sich in der katoptrischen Büchse o befinden, eine andere Lage gegen einander zu ertheilen.
p Camera obscura, welche sich auf einem hölzernen
Gestell befindet, worin zwei Schubladen q, q angebracht
sind; sie ist nach Willkür um die Zapfen r drehbar.
s achromatisches Objectiv, dessen Brennpunkt auf eine
durchsichtige oder matte Glasplatte t fällt, welche
horizontal in einen verschiebbaren Rahmen u, u gelegt
ist.
v belegter Spiegel oder plan-convexes Prisma,
welches dazu bestimmt ist, die Bilder oder Zeichnungen auf die Glasplatte t zu reflectiren.
x Schirm von Holz, welcher zugleich den Dekel der Camera
obscura bildet und so angeordnet ist, daß er die Lichtstrahlen, welche nicht vom
Kaleidoskop ausgehen, abhält. Ein Knopf mit einer Schraube erhält den Rahmen u und den Spiegel v in der
gewünschten Lage.
y Lampe mit doppeltem Luftzug und einem Reflector y'; sie dient dazu, die Elemente der Zeichnung zu
erleuchten, d.h. die Bilder klarer und stärker sichtbar zu machen.
z verschiebbare Stüze, welche den Zwek hat das
Kaleidoskop zu tragen, wenn dasselbe in der Camera obscura befestigt ist.
Gebrauch des Instruments. Nachdem alle Theile des
Instruments an ihrer gehörigen Stelle sind, sucht man den Brennpunkt, indem man den
Rahmen u verschiebt. Sobald das Bild lebhaft und
deutlich ist, stellt man den Rahmen mittelst einer Schraube fest, um jedes Verrüken
zu vermeiden. Hierauf bedekt man das polirte Glas mit einem Blatt durchscheinenden
Papiers, welches gefirnißt und quadrillirt ist, und paust auf dasselbe entweder mit
oder ohne Farben das entstandene Bild durch.
Man kann auch das polirte Glas durch eine matte Glastafel ersezen, auf welcher sich
die Bilder in großer Reinheit zeigen. Dann copirt man dieselben auf gewöhnliches
oder quadrillirtes Papier, und zwar gleich in der gewünschten Form und Größe.
Um ein kreisförmiges oder rosettenartiges Bild zu bekommen, neigt man die Spiegel
gegen einander, was dadurch geschieht, daß man den Knopf g, Fig.
2, von der Linken zur Rechten dreht, wenn die Spiegel vorher parallel
standen. Will man dagegen eine Bordur oder einen rechtwinkeligen gemusterten
Streifen erhalten, so stellt man die Spiegel parallel zu einander, wie in Fig. 2 zu sehen
ist, indem man den Knopf g von der Rechten gegen die
Linke dreht, wenn die Spiegel vorher gegen einander geneigt waren.
Bringt man endlich in die katoptrische Büchse o eine
rechtwinkelige durchsichtige Zeichnung, so daß sie mit dem Spiegel c oder d einen Winkel von
45° bildet, so erhält man durch Reflexion ein Ekbild, oder ein Bild das ein
rechtwinkeliges Dreiek bildet.
Bemerkungen. Nöthigenfalls könnte man auch mittelst der
Camera obscura p allein Zeichnungen, welche vertical in
einer gewünschten Entfernung aufgestellt, und entweder direct oder transparent von
einer Lampe mit concavem Reflector beleuchtet werden, verkleinern oder vereinfachen.
In diesem Fall nimmt man das matte Glas, welches die katoptrische Büchse schließt,
so wie die colorirten Elemente weg und die Zeichnungen selbst dienen dann als
Elemente.
Man kann auch mittelst der Zeichnungen oder Muster vervielfältigte Bilder erhalten,
wenn man sich des Kaleidoskops bedient.
Beschreibung des
Universal-Chalkograph, eines Instruments zum Copiren von Fabrikmustern
(Musterzeichnungen), von Hrn. Rouget de Lisle.
Fig. 4 ist
eine Seitenansicht des vollständig zusammengesezten Instruments;
Fig. 5 eine
Ansicht desselben von Oben.
Fig. 6 ist
eine perspectivische Ansicht des Ganzen, um die Anordnung der einzelnen Theile
besser daraus ersehen zu können.
a', b' Rahmen von Fichtenholz, worin sich eine dünne
durchsichtige Glastafel d' befindet, welche senkrecht
auf dem Rahmen b', c' steht. Diese beiden Rahmen sind
durch zwei Scharniere und einen metallenen Gradbogen mit einander verbunden.
f', f', f' drei eiserne Schrauben, deren Muttern an den
Rahmen b', c' befestigt sind; sie bilden drei Füße für
den Rahmen b', c'.
g' Pappendekel, der mit einem Glaspapier bedekt ist und
in seiner horizontalen Lage durch zwei Spizen h', h',
Fig. 5 und
6,
erhalten wird.
i Zeichenbrett, das mit einem gewöhnlichen Pappendekel
j' bedekt und mit drei Schrauben k', k', k', welche einen Dreifuß bilden, versehen
ist.
l' Zeichentisch, worauf der ganze Apparat horizontal
eingestellt wird.
m' verschiebbarer Ständer, welcher als Visirpunkt dient
und mittelst einer Schraubzwinge n' an den Zeichentisch
l' befestigt ist.
o' metallener Knopf, welcher auf das Ende der eisernen
Stange p' aufgepaßt ist. Die Stange p' dreht sich in zwei Lagern, welche an das untere
Querstük des Rahmens a', b' angeschraubt sind. Der Knopf
o' dient dazu, den gewobenen Vorhang q', welcher auf die Stange p' aufgenäht ist, auf- und abzurollen. Das Aufziehen des Vorhangs
wird durch ein Gewicht r' erleichtert, welches an einem
Seidenfaden s' hängt, der über zwei Rollen geht, die an
dem Obertheil des Rahmens ', b' befestigt sind.
Gebrauch des Instruments. Der Apparat wird auf den
Zeichentisch l' so aufgestellt, daß der Rahmen b', c' und das Zeichenbrett i' horizontal, und die Glastafel d' vertical
stehen, und daß die Lichtstrahlen auf leztere von der Linken gegen die Rechte
fallen. Man bringt dann die Zeichnung oder das Modell u', Fig.
5, auf den Pappendekel g' und legt darüber
einen Rahmen v', v' von Pappe oder Zink. Ueber die Mitte
der Seitentheile dieses Rahmens sind zwei Seidenfäden so gespannt, daß sie genau
unter rechtem Winkel gegen einander liegen. Das Papier oder Gewebe, worauf gezeichnet werden soll,
wird mit Nadeln auf den Pappendekel j' gespannt und dann
ein Rahmen x', ähnlich demjenigen v' darüber gelegt. Ist dieß geschehen, so legt man die Stirne an die Stüze
y', und verschiebt dieselbe so lange, bis man den
besten Visirpunkt gefunden hat. Dieser Punkt muß so liegen, daß das Auge den
größtmöglichen Raum übersehen kann. Man findet denselben bald durch Probiren.
Richtet man nun das Auge auf das Zeichenpapier l', l'',
so sieht man durch Reflexion das Bild der Originalzeichnung bei z', z'. Man kann dann sogleich die Umrisse, Schatten und
Schattenlinien mittelst eines Bleistifts, Pinsels oder einer Feder und greller
Tinte, so daß man sie leicht durch das Glas hindurchsieht, aufzeichnen. Das
reflectirte Bild ist aber nicht ganz so hell und scharf wie die Originalzeichnung,
weil das Glas immer einen Theil der Lichtstrahlen absorbirt.
Ist das Tageslicht zu grell, so sieht man ein secundäres Bild, welches das Hauptbild
zuweilen entstellt, oder mehr oder weniger in dasselbe übergeht. Jedesmal aber ist
das Hauptbild hinreichend deutlich, um die Conturen und die Hauptdetails darnach
zeichnen zu können. Sollte man ungewiß seyn, so vergleicht man die Skizze mit dem
Original, indem man beide, wie gewöhnlich, mit beiden Augen betrachtet. Uebung im
Zeichnen reicht hin, um diese Vergleichung machen zu können und aufzufinden, was der
Copie fehlt, um genau dem Original gleich zu seyn. Man kann endlich auch noch das zu
lebhafte Licht schwächen, indem man es entweder durch mehr oder minder transparente
Körper dringen läßt, oder indem man auf der Glastafel d'
noch ein zweites, mehr oder weniger dikes Glas anbringt.
Die erhaltene Copie ist links gezeichnet, wenn das Original als rechts angenommen
wird. Doch kann man sie leicht rechts erhalten, wenn man Papier nimmt, welches auf
einer Seite mit Röthel, Graphit oder Kienruß eingerieben ist und dasselbe mit der
Farbe nach oben, unter das Papier oder den Stoff, worauf gezeichnet werden soll,
legt. In diesem Fall fährt man mit einem harten Stift oder einer abgestumpften Spize
der Copie nach und zeichnet so auf die Rükseite des Papiers, d.h. man erhält das
directe und ähnliche Bild des Originals.
Zeichnet man auf weißes Papier oder einen weißen Stoff, welcher die Lichtstrahlen
stark reflectirt, so kommt es oft vor, daß sich das Bild zu schwach zeigt. In diesem
Fall muß man Schatten auf das Papier oder den Stoff bringen, was mittelst des
Vorhangs q' geschieht, welchen man durch den Knopf o' auf- oder abrollt. Doch darf man einen gewissen Punkt nicht
überschreiten, damit das Auge zu gleicher Zeit die Spize des Bleistifts und das
hervorgebrachte Bild noch sehen kann.
Man braucht den Vorhang nicht anzuwenden, wenn man eine kleine Zeichnung entweder auf
graues oder dunkles Papier, oder auf einen lithographischen Stein, auf eine gekörnte
Zinkplatte, eine mit Firnißgrund versehene Kupferplatte oder auf irgend einen
dunklen Stoff zeichnen will, welcher die Lichtstrahlen stark absorbirt.
Regeln, welche zu beobachten sind. 1) Um eine gleiche und
genau dem Original ähnliche Copie zu erhalten, ist es nothwendig, daß das
Spiegelglas d' ganz winkelrecht auf den Rahmen b', c' und das Zeichenbrett i' steht, wovon man sich leicht durch einen Winkel oder den Seidenfaden
s', welcher die Stelle eines Senkels vertritt,
überzeugen kann. Wäre das Glas gegen das Original hingeneigt, so würde die erhaltene
Copie in der Richtung von l', l''' gestrekt seyn,
während der Breite nach (in der Richtung von o', r',
Fig. 5)
die richtigen Dimensionen beibehalten worden wären.
2) Um eine Zeichnung zu machen, welche größer als das Original ist, erhebt man den
Apparat a', b', c' horizontal, so daß er höher zu liegen
kommt als das Zeichenbrett i'. Hiezu dienen die drei
Schrauben f', f', f'. Um aber die Copie in verjüngtem
Maaßstab zu erhalten, muß man das Zeichenbrett i' höher
stellen, als b', c'. In jedem Fall aber zeichnet man
sich die wirtlichen Dimensionen des Originals durch gerade Linien an, welche
senkrecht auf einander stehen und nur schwach gezogen werden; dann bemerkt man sich
die gewünschten Dimensionen der Copie; endlich muß man die Lage von a', b', c' und von i' so
reguliren, daß die Linien des Originals und der Copie vollkommen mit den über beide
Rahmen gespannten Kreuzfäden v', v', z', z'
zusammenfallen, und diese selbst müssen einander so deken, daß sie nur ein einziges
Kreuz bilden.
3) Will man genau die Umrisse einer großen Zeichnung, welche man nicht ganz übersehen
kann copiren, so ist es nöthig, zuerst das Original und das Zeichenpapier in gleiche
Theile einzutheilen; hierauf zieht man Horizontallinien und Verticallinien durch
alle Theilpunkte, wodurch man lauter Quadrate erhält, die man numerirt, um nachher
keine Verwechslung zu machen. Man befestigt nun das Modell an seinem Plaz und das
Zeichenpapier auf dem Pappendekel j', indem man Sorge
trägt, daß man auf dem Zeichenpapier die mit dem Original correspondirenden Quadrate
sieht und daß sich überhaupt die Theillinien vollkommen deken. Die ganze Arbeit
besteht dann bloß darin, die Umrisse welche in den sichtbaren Quadraten enthalten
sind, nachzuzeichnen
und dann das Original und das Papier zu verschieben und wieder einzustellen.
4) Sollte man, nachdem man einige Zeit gezeichnet hat, unwillkürlich die Lage des
Auges und folglich den Gesichtspunkt Verändert haben, so treffen die Spize des
Bleistifts und die gezeichneten Linien nicht mehr mit dem Bilde zusammen. Es ist
dann aber leicht den richtigen Gesichtspunkt wieder zu finden, denn man hat nur die
Stelle für das Auge zu suchen, wo die gezeichneten Linien mit denen des Bildes
wieder zusammenfallen. Um endlich den Uebelständen, welche aus dem unfreiwilligen
Verrüken des Auges hervorgehen, zu begegnen, fixirt man seine Stellung dadurch, daß
man die Stirn leicht gegen die Stüze y' andrükt.
Bemerkungen. Man kann den Chalkograph auch benüzen, um
einen Gegenstand perspectivisch zu zeichnen. Soll dieß geschehen, so befestigt man
die Stüze m' mittelst der Schraubzwinge n' parallel zur Glastafel d'', Fig.
4, und indem man durch die kleine Oeffnung a'', welche als Ocular dient, den vertical gestellten Gegenstand b'', b''' betrachtet, zeichnet man seine Spur mit
lithographischer Kreide oder Tinte auf die Glastafel selbst. Hierauf drükt man die
Zeichnung auf feuchtes Papier ab, welches man darauf legt und mit einem Falzbein
oder einer Walze leicht reibt. Da aber nun die Zeichnung verkehrt ist, so macht man
nach Bedürfniß einen Gegenabdruk, so lange dieselbe noch feucht ist, entweder auf
Papier oder auf irgend einen anderen Stoff. Statt eines Spiegel- oder
gewöhnlichen Glases kann man auch einen Pappendekelrahmen anwenden, auf welchen man
Musselin, Gaze oder noch besser Beuteltuch spannt und aufleimt. Dann zeichnet man
aber nur die Umrisse und die Hauptlinien mit weicher Kreide, Zeichenkohle oder mit
einem sehr weichen Pastelstift und legt dann die Skizze auf das horizontale
Zeichenbrett, und zwar entweder direct oder umgewandt, und klopft endlich mit dem
Finger darauf. Durch diese Erschütterung fällt dann die Kohle oder Kreide etc. auf
das Zeichenbrett und die Zeichnung ist hinreichend bemerkbar. Damit man aber ein dem
Gegenstand ganz ähnliches Bild erhält, ist erforderlich daß das Glas parallel zu
diesem Gegenstand stehe; in allen anderen Lagen wird es mehr oder weniger von
demselben verschieden seyn.
Je weiter der Gegenstand b'', b''' von dem Glase d' entfernt ist, desto kleiner wird das Bild seyn; man
kann dasselbe jedoch vergrößern, wenn man den Visirpunkt a'' weiter von dem Glas entfernt. Je größer oder kleiner man die Zeichnung
haben will, desto weiter muß man den Visirpunkt entfernen oder das Object dem Glas
nähern. Doch darf der Visirpunkt nicht zu weit vom Glas entfernt werden, damit man
dasselbe noch leicht mit der Hand erreichen und ohne Ermüdung und Anstrengung auf dasselbe zeichnen
kann. Der Gegenstand selbst darf dem Glas nicht zu sehr genäher werden, damit das
Bild nicht unnatürlich scheint.
Ist der Gegenstand auf das Glas gezeichnet, so kann man denselben entweder größer
oder kleiner auf eine verticale Tafel c'', c''', welche
hinter dem Glas in einer beliebigen Entfernung angebracht wird, wieder copiren.
Aus Fig. 4 kann
man leicht ersehen, auf welche Weise die Vergrößerung der Bilder stattfindet; der
kleine punktirte Pfeil zeigt die Lage der Zeichnung auf dem Glase an, während das
Auge sich an dem Punkt a'' befindet, und die beiden
hinter dem Glas befindlichen Pfeile bedeuten die mehr oder weniger vergrößerten
Copien.
Es ist begreiflich, daß man auf ähnliche Weise auch auf eine horizontale Fläche
zeichnen kann; man bringt dann nur den Visirpunkt a'',
das Glas d' und das Zeichenbrett an einer verticalen
Stange an, und zwar so, daß sich jeder Theil verschieben und mit einer Stellschraube
befestigen läßt; dann zeichnet man, indem man von oben nach unten sieht.
Fig. 7 stellt
diese Vorrichtung dar. A ist das Glas; B das Zeichenbrett, welches auf einer horizontalen
Stange aufliegt, die sich auf der einen Seite an der Stange C, auf der anderen hingegen an dem Gestell D
auf und ab verschieben läßt. E, E sind Stellschrauben,
durch welche das Glas und das Zeichenbrett in den gewünschten Lagen erhalten werden.
T Visirpunkt, welcher an dem Ende des Arms G befestigt ist.