Titel: | Beschreibung und Gebrauchsanweisung eines Zukermessers; von Hrn. Franz Schatten. |
Fundstelle: | Band 95, Jahrgang 1845, Nr. XVI., S. 47 |
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XVI.
Beschreibung und Gebrauchsanweisung eines
Zukermessers; von Hrn. Franz
Schatten.
Aus den Verhandlungen des Vereins zur Befoͤrderung des
Gewerbfleißes in Preußen, 1844, 5te Lieferung.
Schatten's Zukermesser.
1. Zwek des Apparats.
Meine Absicht ist: denjenigen Individuen, welche mit Zuker oder zukerhaltigen
Flüssigkeiten verkehren, ein Mittel an die Hand zu geben, wodurch sie den Gehalt des
zu untersuchenden Körpers an reinem Zuker leicht, in kurzer Zeit, mit sehr geringem
Kostenaufwande und zwar auf rein mechanischem Wege ermitteln können. Bei der bisher
üblichen Art dieser Untersuchungen ist ein gewisser Grad von chemischer Ausbildung
unerläßlich, weil viele mit dem Zuker zugleich vorkommende organische und
unorganische Substanzen, als: Gummi, Schleim, Extractivstoff, Salze und dergleichen,
die Ausscheidung des Zukers in reinem Zustande erschwerten, und die auf
Lichtpolarisation basirte Methode nur bei wasserklaren Lösungen Anwendung finden
kann, auf Traubenzuker unsicher reagirt und ebenfalls einige mechanische Fertigkeit
zur Handhabung des Instruments erfordert.
Da ich aber vorzugsweise die Rübenzuker-Fabrikanten, Zukerraffineure und
Weinproducenten im Auge habe, und von diesen, mit wenigen Ausnahmen, eine
hinreichende Kenntniß zur Ausführung einer derartigen chemischen Untersuchung nicht
vorausgesezt werden kann, so glaube ich nicht ohne Nuzen für diese Industriezweige
mit dem besagten Instrumente hervorzutreten.
2. Princip, nach welchem der Zukermesser
construirt ist.
Daß der Zuker im aufgelösten Zustande sich mit Aezalkalien, alkalischen Erden und
Metalloxyden verbindet, ist bekannt und die Verbindung des Zukers mit Aezkalk ist
schon vielfach bearbeitet worden. Es ist aber bis jezt noch nicht bekannt, daß
leztere Verbindung eine, in allen Verhältnissen nicht constante ist, wiewohl es
vorauszusezen wäre. Ich habe gefunden, daß in Wasser gelöster Zuker, wenn diesem in
einem größern Verhältnisse zu jenem genommen wird, eine unverhältnißmäßig größere Menge Kalk aufnimmt. So werden 10 Gramme solcher
Lösungen, welche 1 bis 16 Proc. Rohrzuker enthalten, folgende Mengen Kalk
aufzunehmen vermögen.
Zukergehalt in Procenten.
Gehalt an Aezkalk.
Differenz.
bei 0
Procent
0,015
– 1 –
0,029
0,014
– 2 –
0,045
0,016
– 3 –
0,062
0,017
– 4 –
0,080
0,018
– 5 –
0,098
0,018
– 6 –
0,115
0,017
– 7 –
0,136
0,021
– 8 –
0,160
0,024
– 9 –
0,188
0,028
– 10 –
0,219
0,031
– 11 –
0,244
0,025
– 12 –
0,271
0,027
– 13 –
0,299
0,028
– 14 –
0,330
0,031
– 15 –
0,361
0,031
– 16 –
0,394
0,033
Die mit dem Zuker in Rüben, Beeren oder andern Pflanzensäften vorkommenden
organischen Substanzen sind aber theils indifferent gegen den Kalk, theils werden
sie durch die Behandlung bei der Probe unlöslich gemacht, wie z.B. das Pektin. Freie
Säure und Salze können, wie im Verfolg dieses klar werden wird, keinen Einfluß auf
die Zukerprobe haben, oder das Resultat unsicher machen.
Vorgenannte Erfahrungen benuzte ich, um zukerhaltige Flüssigkeiten auf ihren Gehalt
an Zuker zu prüfen, indem ich einen Theil dieser Flüssigkeit mit Kalkhydrat im Ueberschusse bei einer bestimmten Temperatur behandele,
die gesättigte Flüssigkeit von dem ungelösten Kalke und den unlöslichen
Kalkverbindungen abfiltrire, einen bestimmten Theil des Filtrats in eine graduirte
Glasröhre bringe und so viel von verdünnter Salzsäure, welche durch Lakmustinctur
roth gefärbt ist, zugieße, bis die Mischung anfängt sauer zu reagiren, welcher
Zustand mit einer so großen Genauigkeit herzustellen ist, daß der Zukergehalt leicht
bis auf 1/10 Proc. genau bestimmbar ist.
3. Beschreibung der einzelnen Theile des
Zukermessers.
Die wesentlichen Theile dieses Apparats sind:
a) Ein gläsernes Gefäß mit einem Korke verschlossen, in
welchem ein Thermometer
befestigt ist, welches die Temperatur der im Gefäße enthaltenen Flüssigkeit
anzeigt.
b) Ein kleiner Cylinder von Glas, als Maaß zum
Kalkhydrat.
c) Ein graduirter Glascylinder, welcher so getheilt ist,
daß beim Vermischen der gebildeten Kalkzukerlösung mit Salzsäure die Menge des
Zukers nach Gewichtsprocenten angegeben wird.
d) Ein Glasgefäß mit Salzsäure, welche mit Lakmustinctur
roth gefärbt und mit so viel Wasser verdünnt ist, daß ein
Gewichtstheil dieser Säure genau einen Gewichtstheil
einer Lösung von 1 Gewichtstheil krystallisirtem kohlensauren Natron in 13
Gewichtstheilen Wasser bei der Siedehize neutralisirt. Das zu verwendende
kohlensaure Natron darf kein mechanisch anhängendes Wasser, eben so wenig aber
entwässertes Natron enthalten, weßhalb kleine Krystalle zu wählen sind, welche vor
dem Verwiegen abgebürstet werden.
e) Ein Glasgefäß mit Kalkhydrat.
f) Zwei Stük kleine Glascylinder, welche so adjustirt
sind, daß jeder völlig gefüllt und in den graduirten Cylinder entleert, diesen
genau bis an den angeschliffenen Ring füllt.
g) Ein Glastrichter zum Filtriren der
Kalkzukerlösung.
h) Eine kleine Schaufel zum Füllen des Cylinders Nr. 2
mit Kalkhydrat.
i) Eine Partie kleiner fertiger Papierfilter.
4. Gebrauchsweise.
Das Gefäß a mit dem Thermometer wird bis an den
angeschliffenen Ring (= 30 Grammen) mit der zu untersuchenden Flüssigkeit gefüllt,
welche auf diejenige Temperatur (12 1/2° R.) erwärmt oder erkältet wird, daß
das Queksilber im Thermometer an dem Punkte feststeht, wo der im obern Schliz der
messingenen Fassung eingebogene Theil derselben hinzeigt; sodann wird der Cylinder
b mit Kalkhydrat gefüllt und dieses in das Gefäß a zu der Flüssigkeit gethan, der Stöpsel aufgesezt und
ungefähr eine Minute lang so kräftig geschüttelt, daß der Inhalt beim Schütteln am
Stöpsel anschlägt, jedoch halte man das Gefäß stets senkrecht, damit das Queksilber
des Thermometers nicht in die obere Oeffnung der Spize steigt, wodurch es sich
theilen könnte.
Bei diesem Schütteln neutralisirt sich der in der Flüssigkeit enthaltene Zuker mit
Kalk und die Temperatur wird sich um mehrere Grade erhöhen und zwar um so höher, als
mehr Zuker gegenwärtig ist. Jezt erkälte man den Inhalt des Gefäßes bis zu dem
vorher erwähnten Grade von 12 1/2° R. durch anhaltend kreisende Bewegung des
Gefäßes in kaltem Wasser, schüttle hierauf noch 1 bis 1 1/2 Minuten wie das erstemal, während man,
wenn die Temperatur der Flüssigkeit noch steigen sollte, stets durch Eintauchen des
Gefäßes in kaltes Wasser, die Temperatur von 12 1/2° R. zu erhalten sucht.
Nach dieser Operation sezt man den Trichter mit einem Papierfilter auf den
Trichterhalter, welcher am Rande des Kastens festgeschraubt und vorher ausgeklappt
wird, sezt einen der Cylinder f unter den Trichter und
gießt den ganzen geschüttelten Inhalt des Gefäßes a auf
das Filter.
Die Filtration dieser Lösung wird um so schneller von statten gehen, je weniger die
Flüssigkeit an Zuker enthielt, sie reicht hin, um beide Cylinder f mit Filtrat füllen zu können. Ist einer der Cylinder
gefüllt, so entleert man ihn in den graduirten Cylinder c, wodurch dieser bis an den untersten eingeschliffenen Ring gefüllt
werden muß, und gieße von der Säure aus dem Gefäße d
nach und nach so viel zu der Kalkzukerlösung, bis die gemischte Flüssigkeit sich so
eben roth färbt; es ist hiebei nöthig, nach jedesmaligem Zugießen von Säure den
Cylinder mit dem Daumen zu verschließen und den Inhalt durch Umkehren des Cylinders
mehreremale auf- und ablaufen zu lassen, jedoch vermeide man es zu schütteln,
wodurch Schaum entstehen würde, welcher das genaue Ablesen an der Scala des
Cylinders behindert. Der Theilstrich der Scala, welchem die Flüssigkeit bei ihrer
Sättigung gleichsteht, zeigt die Gewichtsprocente Zuker an, welche in der
Flüssigkeit vorhanden waren.
Sehr schleimige Pflanzensäfte lasse ich vorher mit 1/150 Kalkhydrat aufkochen,
wodurch sie leicht filtrirbar werden.
Diese hier angegebene Methode, den Zukergehalt einer Flüssigkeit zu prüfen, gilt
sowohl für den Rohrzuker, als auch für den Traubenzuker; lezterer nimmt jedoch nur
etwas über 3/4 so viel Kalk auf, als der Rohrzuker, der Cylinder c muß deßhalb zu Traubenzuker besonders getheilt werden;
ich kann aber einen solchen gegenwärtig nicht beigeben, weil es mir nicht gelungen
ist, reinen Zuker aus Trauben zu bekommen, und die
Versuche, welche ich mit reinem Stärkezuker in dieser Beziehung machte, müssen erst
durch Gegenversuche mit Zuker aus Traubenmost und andern Pflanzensäften, welche vor
oder während der Bildung des Zukers eine freie Säure enthalten, verglichen werden,
welches jedoch erst zur Zeit der Reife dieser Früchte geschehen kann.
Honiglösung verhält sich sehr verschieden von der Lösung anderer Zukerarten; eine
solche, welche 3 Proc. Honig hält, ist nach dem Schütteln mit der vorgeschriebenen
Menge Kalkhydrat noch filtrirbar, dagegen wird sie bei 5 Proc. ganz dikflüssig, und
bei 10 Proc. gesteht das Ganze zu einer steifen Masse.
Eine starke Färbung der Zukerlösungen tritt der Untersuchung bei dieser Methode nicht
hindernd in den Weg, indem die meisten Pflanzenfarben die alkalische und saure
Reaction: durch die veränderten Farbennüancen anzeigen; selbst bei Lösungen von
gewöhnlichem Zukersyrup ist bei einiger Uebung die Operation noch bequem
ausführbar.