Titel: | Neues Verfahren die Chausséen mit Steingrundlager zu walzen; von Hrn. Schattenmann. |
Fundstelle: | Band 95, Jahrgang 1845, Nr. XXVI., S. 87 |
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XXVI.
Neues Verfahren die Chausséen mit
Steingrundlager zu walzen; von Hrn. Schattenmann.
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement, Okt. 1844, S. 447.
Schattenmann's Verfahren.
Die Beschaffenheit einer Straße hängt von der Gestalt der Chaussée, von der
Natur des Materialien-Gemenges, aus welchem sie besteht und endlich von der
Consolidirung desselben zu einer compacten Schichte ab.
Hr. Schattenmann gibt den Chausséen, je nach den
Umständen und ihrer Bestimmung, eine Breite von 5 bis 8 Metern. Er empfiehlt die
Seitenwiderlager aus Erde (accotements en terre)
wegzulassen oder wenigstens ihnen ein Steingrundlager zu geben (empierrer) und die Gräben durch Rinnen von Steinen oder
Pflastersteinen zu ersezen. Die Dike der Chaussée, in ihrer Achse, bringt er
auf 20 Centimeter mit einer Bauchung von 6 Centimetern per Meter. Auch der Grund der Durchschnittgräben (encaissement), welcher das Material aufnimmt, wird etwas gebaucht, damit
das Grundlager eine gewisse Dike behält bis zum Rand der Straße. Die reducirte
Bauchung, welche sich nach dem Zusammendrüken ergibt, ist, nachdem die
Chaussée geebnet wurde, zum Abfließen des Wassers hinreichend; für die
Fuhrwägen ist sie bequem, weil dieselben auf der ganzen Länge der Chaussée
fahren und sie ziemlich gleichförmig abnüzen können.
Das Steingrundlager kann auf jeden Boden gelegt werden, von welcher Beschaffenheit er
seyn mag, wenn er mit einer compacten und vom Wasser undurchdringlichen Schicht
bedekt ist. Man bringt die durch Zerschlagen auf 6 Centim. Durchmesser zerkleinerten Steine auf den Grund
der Durchschnittsgräben; die kleineren Steine werden für die Oberfläche
zurükbehalten. Diese mehr oder weniger harten und geschmeidigen Steine können zwar
durch einen starken Druk einander näher gebracht und zusammengedrängt werden, allein
dieß genügt nicht, damit sie sogleich eine compacte, von Wasser undurchdringliche
Masse bilden; es muß dem Grundlager nothwendig ein dünner Körper zugesezt werden, um
die leeren Räume auszufüllen und die Verbindung aller Theile zu bewerkstelligen.
Dieser Körper muß eine verschiedene Beschaffenheit haben, je nach der Härte der
Grundlagersteine und der Leichtigkeit, womit sie sich verbinden. Bei hartem
Steinmaterial, ohne bindenden Bestandtheil, wie bei Kieselsteinen, Granit, Quarz
etc. bedient man sich, um die Verbindung zu bewerkstelligen, des Mergels, weicher
Kalksteine, jeder Art schwerer Erde etc., welche sich leicht verbinden; bei
Kalksteinen von einer gewissen Härte aber nimmt man Sand; dieser erhält von dem
Kalkstein die ihm abgehende Bindekraft.
Die von Hrn. Schattenmann zum Zusammendrüken der Straßen
mit Steingrundlager angewandte Walze besteht aus einem hohlen gußeisernen Cylinder
von 1,30 Meter Durchmesser und 1,30 Meter Länge. An den beiden Enden ihrer
schmiedeisernen Achse befinden sich zwei Lager, welche einen starken Rahmen tragen,
worauf ein viereckiger Kasten ruht, der an Steinen oder Pflastersteinen eine Last
von 3000 Kilogr. aufzunehmen vermag. Mittelst zweier am Gerüst des Rahmens
eingefügter Deichseln können vorn oder hinten Pferde angespannt werden, wodurch man
des Umkehrens auf dem Plaze enthoben ist. Bei voller Ladung wiegt das ganze System
6000 Kilogr. (man vergl. die Beschreibung und Abbildung der Chausséewalze im
polytechn. Journal Bd. LXXXVIII S. 117).
Ist die Chaussée so hergerichtet und mit kleinen Steinen oder Kieseln
beschüttet, so schreitet man zum Walzen derselben, welches zwei einzelne Operationen
umfaßt, die Zusammendrükung der Steine und ihre Bindung (Agglomeration).
1) Das Zusammendrüken geschieht durch zweimaliges Ueberfahren mit der leeren Walze,
also mit der einfachen Last von 3000 Kilogr., zweimaliges Ueberfahren mit halber
Ladung, von 4500 Kilogr. und zweimaliges Ueberfahren mit ganzer Ladung (6000
Kilogr.).
Bei trokener Witterung muß das Steinmaterial begossen werden, damit die Steine besser
über einander gleiten und einander leichter spannen.
2) Die Bindung der Steine wird bewerkstelligt durch fortgeseztes Zusammendrüken mit
vollbeladener Walze; nach jedem Darüberfahren aber breitet man über die Oberfläche der Chaussée
eine dünne Schicht eines nach der Natur des Steingrundlagers zwekmäßig gewählten,
trokenen, gepulverten Bindematerials aus. Sechs Walzenzüge sind für diese zweite
Periode der Befestigung hinlänglich.
Das Chausséewalzen, auf das Minimum zwölfmaligen Ueberfahrens reducirt, kann
sich im Tage auf 200 bis 300 Meter Länge erstreken, also über eine Fache von 1500
bis 2000 Quadratmetern; erfolgt aber das Festwerden langsam, so wird man sich
manchmal genöthigt sehen die Anzahl der Ueberfahrungen etwas zu vermehren, wodurch
die in einem Tage gewalzte Fläche etwas geringer wird. Auf Straßen mit gewöhnlicher
Steigung sind zu dieser Arbeit sechs Pferde erforderlich; beträgt aber die Steigung
über 4–5 Centimeter per Meter, so nimmt man acht
Pferde. Dieses Gespann kann die leergehende Walze am Anfange der Operation ohne
große Anstrengung ziehen; je weiter die Operation aber vorschreitet, desto leichter
geht das Walzen und man kann die Belastung der Walze nach und nach bis auf 6000 Kil.
vermehren. Es darf jedes Pferd nur eine mäßige Zugkraft aufzuwenden haben; müßte es
sich anstrengen, so würde es mit seinen Füßen beständig die Oberfläche der
Chaussée wieder aufwühlen.
Nach zwölfmaligem Ueberfahren mit der Walze kann die Chaussée, wenn die
Operation gehörig vor sich ging, dem Verkehr überlassen werden; vorher breitet man
aber noch über das auf der Oberfläche der Chaussée liegen gebliebene
Bindematerial eine Lage Sand oder Kies aus, um die Steine zu bedeken, die Wirkung
der Pferdefüße zu mildern und das Anhängen der nicht in die Masse eingedrungenen
fetten Erde an die Räder zu verhindern; in diesem Zustand muß die Chaussée
noch durch Regen oder reichliches Begießen angefeuchtet werden und zwei Monate lang
austroknen, damit alles gut verbunden wird und eine compacte, vom Wasser
undurchdringliche Masse bildet.
Dieses ist das System des Hrn. Schattenmann, welches im
Departement des Niederrheins und zu Paris mit gutem Erfolge versucht wurde; es
bietet eine bedeutende Ersparung hinsichtlich der Unterhaltungskosten der Straßen
mit Steingrundlager dar.