Titel: | Ueber Bestimmung der Lichtstärke bei Erzeugung photographischer Bilder; von A. Lipowitz. |
Fundstelle: | Band 95, Jahrgang 1845, Nr. XXXVII., S. 139 |
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XXXVII.
Ueber Bestimmung der Lichtstaͤrke bei
Erzeugung photographischer Bilder; von A. Lipowitz.
Aus Poggendorff's Annalen der Physik und Chemie,
1844. Nr. 10.
Lipowitz, über Photographiren.
In Dingler's polytechnisches Journal Bd. XCIII S. 47 ging aus dem hannoverschen
Gewerbeblatt ein Aufsaz von Dr.
Heeren über, worin derselbe ein Verfahren angibt, durch
Chlorsilberpapier die jedesmalige Intensität des Lichts zu erfahren oder eigentlich
die Zeit, welche der Daguerreotypist bedarf, um die Platte in der geöffneten Camera
obscura zu lassen. Das Verfahren von Dr.
Heeren ist bekanntlich weder neu noch probat, denn
dasselbe ist erfolglos von Mehreren und auch von mir versucht worden; insbesondere
ist dasselbe beim Porträtiren durchaus unpraktisch. Mir
ist es nie gelungen, in dem schwachen Lichte und der kurzen Zeit, welche ich zur
Erzeugung photographischer Porträts bedarf, eine bemerkbare und bestimmte graue
Farbe des Chlor-, Jod- oder Bromsilberpapiers hervorzubringen; es
dürfte auch jedem wirklich geübten Daguerreotypisten schwer werden.
Nothwendige Bedingungen zur Erzeugung von Lichtbilder-Porträts nach der
vervollkommneten Methode Daguerre's
Womit jedoch nur die Verbesserungen und Erfindungen gemeint sind, welche von
Andern gemacht wurden. sind die, daß die abzubildende Person keinem starken Licht ausgesezt wird
und dennoch nur kurze Zeit sizen darf. – Je größer mithin die Fertigkeit des
Künstlers in Behandlung der Platten und die Kenntniß der dazu verwendeten
Substanzen, um so sicherer wird er beiden Bedingungen entsprechen, und satte Bilder
mit ausgezeichneten plastischen Details erhalten.
Hr. Dr.
Heeren tadelt nun das von mir angegebene Verfahren,
wonach ich die jedesmalige Pupillengröße zur Messung der Lichtintensität
anwendePoggendorff's Annalen, Bd. LXI S. 140., und er sagt:
„allein schon bei jenen Helligkeitsgraden, welche dem Photographen am
bequemsten sind, ist der Durchmesser der Pupille eines gesunden Auges so klein,
daß eine auch nur annähernd genaue Messung wenigstens auf die angegebene Art
mittelst des Spiegels, wie sich ein Jeder durch einen Versuch überzeugen wird,
fast zu den Unmöglichkeiten gehört.“
Dem muß ich widersprechen. Bei einem Bilde, welches den Ausdruk des Gesichts
unverändert, nicht verzerrt wieder geben soll, muß nothwendigerweise das Auge in seinen Details vorhanden
seyn; wie sollte dieses erscheinen, wenn die Person in einem Lichte sizt, welches so
stark ist, daß man nicht einmal die Pupillengröße eines gesunden Auges im Spiegel
beobachten kann? Wohl nur ein Anfänger oder ein Dilettant der Daguerreotypie braucht
ein so scharfes Licht, der fertige Arbeiter sucht sich's zu mäßigen, und bringt
dadurch Ruhe und den richtigen Ausdruk ins Bild. Leider finden wir aber diese
Eigenschaften so selten in den Bildern, weil die Arbeiter aus Unerfahrenheit und
geringer Uebung schlechte Bilder liefern, und sie durch die nachherige Fixage oder
durch Staffage dem Auge angenehm machen.
Ich arbeite nur im vollen Schatten, des Sommers zur Mittagzeit nie; meine
Pupillengröße darf nie kleiner als 1 Millimeter und selten 2,5 Millimeter groß seyn.
Die Zeit, welche ich sizen lasse, wechselt zwischen 10–40 Secunden, und
niemals höre ich Klage über schwieriges Sehen, so wie meine Bilder den Ausdruk der
Wahrheit im offnen, nicht gekniffenen Auge tragen. In jedem Bilde, selbst bei denen,
wo der Kopf kaum die Größe eines Silbergroschens hat, kann man die Pupille mit
bloßem Auge wahrnehmen, und der Lichtpunkt fehlt in keinem Bilde; bei Bildern, wo
die Köpfe kaum Erbsengroße haben, sieht man mit bewaffnetem Auge deutlich die
Pupille angedeutet.
Somit glaube ich Hrn. Dr.
Heeren's Ansicht widerlegt zu haben, denn meine Bilder
zeigen im verjüngten Maaßstabe, was Hr. Dr.
Heeren im natürlichen nicht sehen konnte, ein Zeichen,
daß ihm die nöthige Uebung zur Erlangung guter photographischer Porträts fehlt, denn
von diesen kann nur die Rede seyn.
Nicht jeder Maler ist ein Künstler, und nicht Jeder, der Farben präparirt, kann
malen; eben dasselbe gilt vom Daguerreotypisten. Um in der Photographie Gutes zu
leisten, muß man Meister im Präpariren der Platte seyn, sich sein Licht zu wählen
wissen und genau seinen Apparat kennen; durch lange fortgesezte Uebung kommt man
denn endlich zu Sicherem. Dem geübten Daguerreotypisten wird dann die Beobachtung
der Pupillengröße ein sicheres Maaß der Zeit zum Sizen angeben, so wie ein Urtheil
über das Gelingen der Bilder.