Titel: | Ueber Rohstahl aus Kohksroheisen; von Stengel. |
Fundstelle: | Band 95, Jahrgang 1845, Nr. LX., S. 217 |
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LX.
Ueber Rohstahl aus Kohksroheisen; von Stengel.
Aus Karsten's Archiv, Bd. XVIII, S.
260.
Stengel, über Rohstahl aus Kohksroheisen.
Wegen des steigenden Preises der Holzkohlen fand man sich in Siegen veranlaßt zu
versuchen, ob sich nicht das für die Stahlfrischerei bestimmte Roheisen auch durch
Kohks werde erlangen lassen. Um den Einfluß des Schwefels durch vorläufige Versuche
kennen zu lernen, ward ein Quantum Spiegeleisen von 1334 Pfunden und ein Quantum von
666 Pfd. halbirtes oder graues Roheisen (Nebeneisen) in einem Cupolofen bei Kohks
umgeschmolzen. Das Verhältniß des Rohstahleisens zu den Kohks ward so genommen, daß
56 Pfd. Rohstahleisen auf eine Gicht zu 34 Pfd. (1,57 Kubikf.) Kohks kamen, also zu
100 Pfd. Rohstahleisen 3,14 Kubikf. Kohks. Die Kohks entwikelten bei dem Betriebe
des Cupolofens wirklich einen starken Schwefelgeruch auf der Gicht. Sowohl das
Spiegeleisen als das Nebeneisen änderten sich beim Umschmelzen in vollkommen
schwarzgraues Roheisen mit grobem Korne um, indem man das Verhältniß der Kohks zu
dem umzuschmelzenden Roheisen absichtlich höher gehalten hatte als es nothwendig
gewesen wäre.
Bei dem Verfrischen der beiden Sorten des umgeschmolzenen Roheisens zeigte sich der
Gang roh, und es dauerte lange bis die ersten Heißen, welche aus grauem Nebeneisen
bestanden, gahr wurden. Auch bei dem durch Umschmelzen des Spiegeleisens erhaltenen
grauen Rohstahleisen, welches demnächst in den Frischherd gebracht wurde, verzögerte
sich das Gahrwerden. Das verfrischte Material hatte ganz die Natur des bei
Holzkohlen und bei heißem Winde erblasenen Rohstahleisens. Das Ausbringen betrug 77
Proc. Der Stahl unterschied sich für das Auge von dem gewöhnlichen durchaus
nicht.
Es wurden von diesem Rohstahl 43 Pfd. (eine Garbe) in einem Raffinirfeuer raffinirt.
Die Schienen oder Rippen zeigten ein gutes feines Korn, und ließen sich dünn
ausreken, ohne sich brüchig zu verhalten. Im Laufe des ganzen Raffinirprocesses
verhielt sich der Rohstahl ganz und zäh, und wurde als ein kräftiger Stahl
anerkannt, weil er auch nach vier Hizen, die bei dem Herumbiegen gegeben wurden,
seine Kraft behalten hatte. Das Korn auf der Bruchfläche der ausgerekten Stäbchen
zeigte sich sehr gleichartig und fein. Auch die aus diesem Stahle gefertigten
Stahlwaaren fielen sämmtlich gut aus, und zur Sensenfabrication hat er sich
ebenfalls ganz geeignet gezeigt.
Ungeachtet dieses günstigen Erfolges warb zur größern Sicherheit noch ein zweiter
Versuch gemacht, nämlich ein Frischen von Rohstahleisen veranstaltet, welches im
Cupolofen auf der Saynerhütte bei einem reichlichen Kohkssaze umgeschmolzen und ganz
grau geworden war. Es wurden aus 1731 Pfd. von dem umgeschmolzenen Rohstahleisen
1289 Pfd. Rohstahl, folglich 74,46 Proc. erhalten. Das Frischen ging gut von
statten, aber die Frischzeit dauerte auch hier länger als gewöhnlich. Der
Unterschied zwischen dem bei Kohks im Hohofen aus Spatheisensteinen geschmolzenen
Rohstahleisen und demselben Roheisen, wenn es im Cupolofen umgeschmolzen worden ist,
besteht darin, daß erstens im Frischfeuer gahr, lezteres roh einschmelzt. Der
Rohstahl verhielt sich beim Raffiniren völlig gut und ließ sich ohne Schwierigkeit
schweißen. Die ausgestrekten Stäbchen hatten ein schönes Korn, und die aus dem Stahl
gefertigten Instrumente waren untadelhaft.
Nach diesen günstigen Ergebnissen konnte man mit größerer Zuversicht dazu schreiten,
das Rohstahleisen unmittelbar aus den Erzen bei Kohks im Hohofen zu erzeugen. Bei
dem zu Lohe ausgeführten Versuchsschmelzen wurde bis 9. Mai bloß bei Kohks
geschmolzen. Dabei leisteten 3/4 Tonnen Kohks so viel als eine Tonne Holzkohlen. Die
angewendeten Kohks waren theils in offenen Meilern aus Stükkohlen dargestellt und
aus der Grafschaft Mark (vom Adai) bezogen, theils waren sie aus kleinen Kohlen in Kohksöfen bereitet
(Bakofen-Kohks), welche von der Grube Schöllerpad bei Essen ausgeliefert
worden waren. Bei den ersteren war der Hohofengang untadelhaft; die lezteren
veranlaßten Ansäze in dem schon beim Anfange des Versuchsschmelzens weiten Gestelle
und schienen eine sehr strengflüssige Asche zu hinterlassen. – Das
Rohstahleisen aus dem Stahlberger Stein war auf keine Weise spiegelig zu erhalten,
obgleich jenes Erz so sehr zur Spiegelfloßbildung geneigt ist; es war theils grau
oder strahlig, mit oder ohne graue Fleken. Das bei Kohks erblasene Rohstahleisen von
den Nebengruben des Stahlbergs (Kohks-Nebeneisen) verhielt sich eben so.
Zuerst wurden aus dem bei Schöllerpader Kohks erblasenen Stahlberger Rohstahleisen
Luppen (Schreie) gefrischt, ohne Anwendung von Nebeneisen, um das Verhalten genau
kennen zu lernen. Man fand gleich bei den ersten Heißen eine auffallende Veränderung
gegen den Frischfeuerbetrieb mit Spiegeleisen bei Holzkohlen dargestellt. Die Heißen
erfordern bei dem leztern eine lange Zeit zum Frischen oder Gerinnen, während sie
bei dem Kohks-Rohstahleisen schneller zur Gahre kommen, als selbst bei dem
gewöhnlichen Nebeneisen.
Das Frischen ging überhaupt zu rasch von statten, so daß die zweite Heiße die erste
kaum auflösen konnte, wie es die Frischmethode erfordert. Die übrigen Heißen gahrten
ebenfalls schnell und mußten größer als gewöhnlich genommen werden. Sie versezten
häufig die Form; besonders war dieß der Fall bei den lezten Heißen. Diese konnten
wegen des raschen Gahrens kaum in der Mitte des Schreies ein Loch bis auf den Boden
aufweichen, wie dieß bei jeder Heiße von der dritten ab geschehen muß. Die Schlake
wurde gahr und reichhaltig,
auch gab es nach dem Ausbrechen der Schreie viel Brokwerk im Herde. Es wurden vier
Schreie aus Rohstahleisen, bei Schöllerpader Kohks erblasen, angefertigt. Hierauf
frischte man sechs Schreie aus Adaier Kohks-Rohstahleisen, welches leztere
ebenfalls aus Stahlberger Spatheisenstein erblasen war; dieses verhielt sich beim
Frischen ganz wie das vorige.
Die Schreistüke eines Schreies wogen zusammen etwa 650 Pfd. Das Ausbringen betrug
durchschnittlich 69 Proc. In einem zweiten Stahlherde, in welchem die Versuche
wiederholt wurden, verhielt sich das Kohks-Rohstahleisen auf gleiche Weise.
Auch hier wurden 69 Proc. Rohstahl ausgebracht, oder 5 Proc. weniger als gewöhnlich
aus dem bei Holzkohlen dargestellten Rohstahleisen.
Hienach hatte es den Anschein, daß der Siegen'sche Frischproceß für
Kohks-Rohstahleisen ohne besondere Modificationen (etwa durch weit größere
Heißen) nicht anwendbar seyn werde.
Man versuchte nun auch, mit 2/3 Kohks-Rohstahleisen aus Stahlberger Erzen und
1/3 Kohks-Rohstahleisen aus Eisenerzen von den Nebengruben
(Kohks-Nebeneisen) Stahl zu frischen. Beide Rohstahleisenarten waren im
Hohofen bei Kohks aus Stükkohlen (vom Adai) erblasen. Der Gahrgang des Stahlberger
Rohstahleisens ward durch den des Kohks-Nebeneisens noch in dem Grade
übertroffen, daß die zweite Heiße die erste nicht mehr aufzulösen vermochte, auch
das Frischen zu schnell von statten ging, als daß die Schreistüke sämmtlich hätten
ausgerekt werden können.
Es ward nun versucht, daß ein Drittel des zum Schrei erforderlichen Rohstahleisens
aus Kohks-Nebeneisen und die beiden andern Drittel aus Stahlberger
Kohks-Rohstahleisen und Stahlberger Holzkohlen-Rohstahleisen
(Spiegeleisen) bestehen zu lassen, und das Spiegeleisen zwar in einem möglichst
geringen, aber doch zureichenden Verhältniß anzuwenden, um durch den Zusaz desselben
das zu schnelle Frischen zu verhindern und zu bewirken, daß die zweite Heiße die
erste auflöseIm Siegen'schen nennt man dieses Wiederauflösen der verdikten Heiße durch das
Einschmelzen der nächst folgenden „den Herd fegen“. und jede Heiße in der Mitte der Verdikten Eisenmasse ein Loch bis auf den
Herdboden durchbohren könne. Dieses Verfahren gelang. Der Zusaz von Spiegeleisen
gewährte ein gutes Mittel, den gahren Gang zu mildern; es mußte aber bei der zweiten
und bei den übrigen Heißen so viel davon zugesezt werden, daß das Spiegeleisen im
Ganzen 1/3 des Schmelzmaterials für einen Schrei ausmachte.
Auf das aus Stahlberger Spatheisensteinen bei Kohks erblasene RohstahleisenAus Euler Spatheisenstein mit Kohks erblasenes Eisen gab ein schlechtes
Stabeisen und schlechten Stahl; man untersuchte deßhalb das Euler
Rohstahleisen, bei Kohks und bei Holzkohlen erblasen. Die Untersuchung ergab
in 100 Theilen des Rohstahleisens:Kohks-Rohstahleisen.Holzkohlen-Rohstahleisen.Schwefel
0,121
0,019Silicium
0,500
0,768Kupfer
0,383
0,366Mangan
0,565
1,659.Das bei Kohks erblasene Rohstahleisen enthielt also 6 1/3 mal so viel
Schwefel, als das bei den Holzkohlen erblasene, und da beide Roheisenarten
aus einerlei Eisenstein erblasen worden waren, so mußte der größere
Schwefelgehalt von den Kohks herrühren.In dem erhaltenen Stabeisen fanden sich in 100 Theilen: Stabeisen
vonKohks-Rohstahleisen. Stabeisen
vomHolzkohlen-Rohstahleisen.Schwefel
0,026 0,012Silicium
0,096 0,046Kupfer
0,560 0,521. haben die Kohks, wegen der großen Reinheit der Erze, keinen bemerkbaren Einfluß
ausgeübt, denn das Roheisen hat nicht nur ein gutes Stabeisen, sondern auch einen
sehr guten Nohstahl geliefert. Es war sehr wichtig, die
Güte des Productes durch sorgfältige, genaue und scharfe Proben festzustellen. Die
Proben wurden an drei verschiedenen Orten angestellt:
1) auf dem Raffinirhammer des Fr. Böcking zu
Hillnhütten;
2) zu Hagen bei Eduard Elbers;
3) zu Ehringshausen bei Joh. Bernh. Hasenclever.
Es wurden zu Hillnhütten in Untersuchung genommen:
A. 50 Pfd. Edelstahl, welcher
herrührte aus 1/3 bei Holzkohlen erblasenem Stahlberger Spiegeleisen, 1/3
Stahlberger Kohks-Rohstahleisen, 1/3 Kohks-Nebeneisen von den
Müsener Nebengruben. Die Kohks waren vom Adai.
B. 50 Pfd. Edelstahl aus bloß
Stahlberger Kohks-Rohstahleisen bei Schöllerpader Kohks.
C. 50 Pfd. Edelstahl aus bloß
Stahlberger Kohks-Rohstahleisen bei Adaier Kohks erblasen.
D. 50 Pfd. Edelstahl, dessen
Material bestand aus 2/3 Stahlberger Kohks-Rohstahleisen, 1/3
Kohks-Nebeneisen von den Müsener Nebengruben. Die Kohks waren vom
Adai.
E. 50 Pfd. Edelstahl aus 1/3 bei
Holzkohlen erblasenem Spiegeleisen, 1/3 Stahlberger Kohks-Rohstahleisen,
1/3 Kohks-Nebeneisen von der Grube Eule. Die Kohks vom Adai.
Diese verschiedenen Edelstahlsorten wurden jede für sich geplättet. Die im Wasser
gehärteten Rippen zeigten sich silberweiß auf den breiten Flächen; ihre Kanten waren
schwarz und rauh wie bei dem gewöhnlichen, aber guten Loher Stahl.
Nach dem Plätten wurden die Rippen einer jeden Sorte in eine Garbe (Zange) gesezt,
jede Garbe für sich im Raffinirfeuer behandelt und zu einem Prügel von etwa 2 Zoll
im Geviert ausgerekt, ohne daß ein Herumbiegen derselben und Aufeinanderschweißen
stattfand. Der Prügel bekam nochmals eine starke Schweißhize, und wurde unter dem
Hammer dicht geschlagen, um die Masse völlig homogen zu machenDiese Operation ist unter dem Namen des Zuschlagens bekannt., dann wieder ins Feuer gebracht, um ihn stärker zu erhizen, und dann zu
langen Rippen ausgerekt. Von einem Theile des einmal raffinirten Stahls wurden, vor
dem Rippenziehen, Stäbchen von 6 Linien im Gevierte gezogen.
Bei diesem einmaligen Raffiniren verhielten sich alle Stahlsorten vollkommen
geschmeidig; die Rippen schweißten sehr gut zusammen, mit Ausnahme der von D., welche in wiederholter starker Hize nur mit Mühe zum Schweißen gebracht
werden konnten, dann aber, als sie einmal aufeinander geschlagen waren, sich gut zu
einem Prügel reken ließen. A, B, C und E verhielten sich bei allen Operationen als vollkommen
gute Stahlsorten.
Die Stäbchen verhielten sich sehr geschmeidig beim Ausziehen, bekamen durch das
Härten eine silberweiße Farbe und zeigten beim Durchschlagen auf der Bruchfläche ein
schönes gleichartiges Korn. Nur D, dessen Rohstahleisen
im Feuer sich nicht gut behandeln ließBeim Wärmen der Garbe hatte ein Lehrling dem Stahl in der Garbe zu starke
Hize gegeben, weßhalb der Stahl fehlerhaft wurde., zeigte ein gröberes Korn, auch konnten die Stäbchen nur durch wiederholte
Schläge zerschlagen werden, während die von A, B, C und
E beim ersten Schlage zersprangen.
Nachdem die einmal raffinirten Stahlsorten (mit Ausnahme von D) als völlig gut anerkannt waren, wurden die Rippen wieder in Garben
gebracht, jede auf dieselbe Weise behandelt, und nun jeder erhaltene Prügel zu
Stäben von 1 Zoll Breite und 1/2 Zoll Dike ausgerekt, um einen doppelt raffinirten
Stahl zu erhalten. Von jedem Stabe wurden neun Stäbchen von 6 Linien im Geviert und
andere Stäbchen von 3 Linien im Geviert ausgezogen, welche sich sehr geschmeidig
unter dem Hammer Verhielten.
Die Stäbchen von A, B, C und E zersprangen nach dem Härten, wobei sie eine schöne silberweiße Farbe
bekommen hatten, beim ersten Schlage mit dem Handhammer. Das Korn war fein und
gleichartig, und die Stäbchen zeigten sich als ein vollkommen untadelhafter Stahl.
D verhielt sich gegen die andern Sorten wie beim
ersten Raffiniren.
Das zweimalige Raffiniren wurde deßhalb vorgenommen, um zu untersuchen, ob die
Stahlsorten in der nochmaligen starken Schweißhize nicht in ihrer Kraft (Härte)
zurükgehen würden, was bei A, B, C und E keineswegs der Fall war, weßhalb diese Sorten als
vorzüglich gut und edel anerkannt wurden.
Die einmal raffinirten Stahlsorten von A, B, C und E, so wie die doppelt raffinirten, die mit d. A., d. B., d. C und d. E
bezeichnet wurden, ließ man durch einen Stahlarbeiter näher untersuchen. Es wurden
diese Sorten zu dünnen Blechen ausgebreitet, wobei sie sämmtlich, ohne zu zerreißen,
sich sehr zäh und dehnbar zeigten. Diese Bleche, 3 Zoll lang und 1/2 bis 2 Zoll
breit, wurden rothwarm gehärtet, wobei sie ebenfalls unversehrt blieben, eine weiße
Farbe bekamen und auf dem Bruch ein sehr feines Korn zeigten. Die scharfen Eken
rizten Glas, und eine englische Feile griff die Flächen nicht an. Hierauf wurden Federn
von 4–5 Zoll Länge und 1/2 Zoll Breite gefertigt, rothwarm gehärtet und dann
mit Oehl bestrichen, worauf man das Oehl abstammen ließ.
Die Federn waren so dik, daß ein Zweifel entstand, ob sie beim Geradespannen im
Schraubstoke nicht zerbrechen würden. Sie ließen sich aber ohne Kantenrisse zu einer
geraden Linie ausspannen und nahmen ihre vorige Biegung jedesmal wieder an. Die
Stahlsorten besizen also eine große Elasticität.
Nunmehr wurden Meißel gefertigt, vorn an der Schneide gehärtet, welche man gelb
anlaufen ließ und sie dann ins Wasser stekte, um sie abzukühlen und die gelbe Farbe
zu fixiren. Die Meißel zeigten sich sehr hart, indem sie ohne alle Beschädigung in
ungehärtetem Gußstahl gehauen wurden.
Zulezt wurden kleine Messerklingen gefertigt und gehärtet, wobei sie eine weiße Farbe
bekamen und eine so große Härte annahmen, daß eine englische Feile sie nicht
angriff. Sie wurden mit einem Steine blank abgescheuert, bis zur dunkelgelben Farbe
abgelassen, dann auf dem Schleifsteine geschliffen und zeigten einen sanften
Schnitt.
Aus diesen Proben ergab sich, daß sämmtliche Stahlsorten eine
sehr große Zähigkeit bei großer Elasticität besaßen, und den schneidenden Maaren
einen sanften Schnitt ertheilten. Nach dem Urtheil des Stahlarbeiters haben
sie sich völlig untadelhaft und von sehr großer Güte erwiesen. Unter einander zeigten sie keine wesentliche
Verschiedenheit. Nur glaubte man den Schnitt der doppelt raffinirten Sorten etwas
zarter gefunden zu haben. Dieser Unterschied war übrigens zu unbedeutend, als daß
nach dem Urtheile des Stahlarbeiters ein doppeltes Raffiniren nothwendig gewesen
wäre. Die Probe hatte aber vollständig dargethan, daß der Stahl durch die Hizen,
welche das zweimalige Raffiniren erforderte, in der Härte nicht zurückgegangen
ist.
Die Resultate auf dem Raffinirhammer zu Hagen waren nicht minder günstig. Es wurden
von den nämlichen Stahlsorten nach dem Plätten Garben zusammengesezt und solche
folgendermaßen behandelt:
Zuerst wurde aus jeder Garbe ein vierekiger Stab gefertigt und dieser in der Mitte
herumgebogen und zusammengeschweißt. Dann wurde dieser Stab wieder in die
Schweißhize gebracht, nochmals in der Mitte auseinandergebogen, abermals
zusammengeschweißt und nun zu einer vierkantigen Stange ausgestrekt. Der bei dieser
Behandlungsart erhaltene Stahl heißt zu Hagen doppelt raffinirter Stahl. Die davon ausgerekten
Stäbchen von 6 Linien im Geviert zeigten gehärtet ein aschgraues feines Korn, und
der Stahl ward als völlig untadelhaft anerkannt.
Der Raffinirmeister gab an, daß er unter dem Hammer sich zäher und schweißbarer als
der gewöhnliche Loher Stahl verhalte und eine große Kraft besize, indem er nach den
mehrfachen Schweißhizen von seiner Harte nichts verloren habe. Die erhaltenen Sorten
von raffinirtem Stahl wurden sodann auf Festigkeit, Härte und zarten Schnitt näher
geprüft. Dieß geschah durch Anfertigung von Beuteln (Meißeln zum Feilenhauen),
Hobeleisen, Feilen und Sensen. Die Beutel bekamen beim Feilenhauen keine Scharten;
der Stahl wurde als recht passend dazu anerkannt.
Die Hobeleisen wurden zuerst auf ästigem Eschenholz probirt. Der Tischler erklärte
sie als vorzüglich hinsichtlich ihrer Ausdauer. Es war dabei kein Unterschied unter
den Sorten zu erkennen. Nunmehr geschah das Hobeln auf Eisen. Die Hobel zogen
sämmtlich viele lange Eisenspäne, ehe sie stumpf wurden. Sie hielten diese Operation
sämmtlich gut aus; am besten die von E oder vom
raffinirten Stahl, dessen Rohstahleisen aus 1/3 Spiegeleisen, 1/3 Stahlberger
Kohkseisen und 1/3 Kohks-Nebeneisen von der Grube Eule bestand.
Die Hobel von B und C,
nämlich von bloß Stahlberger Rohstahleisen, einerseits bei Schöllerpader,
andererseits bei Adaier Kohks erblasen, verhielten sich gleich gut. Für Feilen
erklärte der Feilenschmied die Stahlsorten sämmtlich recht passend. Die Feilen, 1'
lang, ließen sich alle gleichmäßig hauen, ohne Beschädigungen zu bekommen. Sie
wurden nun nach ihrer Vollendung auf die Härte dadurch probirt, daß mit Eisen auf
die Rissen gedrükt wurde. Diese brachen alle aus, wie es bei guten Feilen jedesmal
geschehen muß, wenn der Stahl ein harter Feilenstahl ist. Nunmehr wurde mit den
Kanten der Feilen in den runden Stiel eines Glases gefeilt. Sie griffen alle das
Glas an, besonders aber die von E; auch wurden die
Kanten erst nach längerem Feilen etwas blank, welches ein
Zeichen großer Festigkeit und Härte ist. Endlich wurden, um die Anwendbarkeit des
Kohksstahls für Sensen zu erforschen, drei Sensengarben aus den geplätteten Rippen
zusammengesezt, und zwar so, daß von den Edelstahlsorten A,
B, E Stäbe raffinirt wurden mittelst einmaligen Herumbiegens, d.h. Stäbe
von einmal raffinirtem Stahl. Die Zusammensezung der Garbe erfolgte ganz auf
dieselbe Weise, wie es bei dem gewöhnlichen Stahl zu geschehen Pflegt. Unten ward
eine Schiene von Eisen gelegt, hierauf kamen Rippen von geplätteter Mittelkür und oben
der raffinirte Stab. Die Mittelkür war bei A und E ebenfalls beim Frischen dieser Stahlsorte A und E erfolgt, also
Kohks- Mittelkür; beim Stahl C ward versuchsweise
Holzkohlen-Mittelkür angewendet. Es wurde nunmehr aus den Garben eine Stange
geschmiedet, und diese dergestalt herumgebogen, daß der oben liegende raffinirte
Stab die Mitte der Stange bildete und oben und unten, also auf beiden Seiten von den
geplätteten Mittelkürrippen begränzt ward, die Eisenschiene aber oben und unten zu
liegen kam. Der auf diese Art zusammengebogene Stab ward in die Sensenstangenform
gebracht und die Sensen aus demselben in gewöhnlicher Art
bereitet. Alle Operationen dabei, als das Reken, Breiten, Klöppern im ungehärteten
Zustande, Härten, Schaben, Blauanlaufenlassen, Klöppern im gehärteten Zustand und
Abrichten auf den Schnitt, hielten die Stahlsorten gut aus.
Von der
Sorte A
wurden angefertigt:
27 Stük,
von C
28 –
von E
27 –
–––––––
zusammen
82 Stük.
Davon wurden unbrauchbar:
von A
2 Stük,
– C
3 –
– E
3 –
––––––
Summa
8 Stük,
so daß der Abgang 10,8 Proc. betrug. Dieß Verhältniß kann als
ein ziemlich günstiges betrachtet werden. Die Sensen schnitten sämmtlich gut.
Zu Ehringshausen bei Joh. Bernh. Hasenclever wurden die
Sorten A. und C probirt. Es
wurden diese Sorten jede für sich geplättet und raffinirt. Sie zeigten beide eine
gute Schweißbarkeit und der Stahl fiel beiderseits in der ganzen Ausdehnung der
Stäbe völlig ganz aus. Die davon gefertigten Instrumente, als Beutel, Hobeleisen und
Feilen, wurden sämmtlich von den Meistern als vollkommen gut gelobt und bestanden
alle Proben. Es ergaben sich also auch hier die Stahlsorten als hart, fest und von zartem
Schnitt.
Um die Zähigkeit zu erforschen, wurden Sensen angefertigt. Die verwendete Mittelkür
bei A bestand aus der Mittelkür, welche bei A, als diese Probe gefrischt wurde, erhalten worden war;
eben so wurde bei C die Mittelkür von C genommen. Die Anfertigung der Sensen geschah nach der
nämlichen Methode wie in Hagen.
Es wurden hier angefertigt
von A
95
Stük,
von C
96
Stük.
Bei allen Operationen wurden bei A unbrauchbar 25 Stük,
bei C dagegen nur 9 Stük.
Die Sorte A hat sich also hier keineswegs so befriedigend
gezeigt als zu Hagen; vielmehr betrug der Abgang 26 Proc.
Bei der Sorte C hingegen, die bloß aus Stahlberger
Kohks-Rohstahleisen dargestellt worden war, betrug der Abgang nur 9 Proc.,
ein Verhältniß, wie es gewöhnlich bei der Sensenfabrication aus gutem Rohstahl
stattfindet. Es scheint, daß weil zu Hagen der Abgang bei A gering war, ein Fehler beim Raffiniren der zusammengesezten Sensengarbe
stattgefunden haben muß.
Ein Raffinirschmied des Hauses Joh. Bernh. Hasenclever,
welcher 1150 Pfd. Edelstahl und 600 Pfd. Mittelkür raffinirt hatte, erklärte diesen
Stahl für eben so gut als den aus Holzkohlen-Rohstahleisen, wie er ihn zu
verarbeiten gewohnt sey.
Auch der Stahlfabricant Luhn in Remscheid, welcher 2000
Pfd. Edelstahl und 2000 Pfd. Mittelkür verarbeitet hat, und dem, weil er auch von
der Anfertigung seltener vorkommender Arten von Stahlwaaren eine genaue Kenntniß
besizt, ein sehr competentes Urtheil zusteht, ertheilt diesem Stahl alles Lob und
versichert, daß er große Zähigkeit und Härte besizt, und daß er besseren Stahl nicht
verlange, indem sich dieser Probestahl für alle Instrumente sehr gut habe verwenden
lassen.
Auf den Grund dieser günstigen Resultate wird der Rohstahl auf der Lohhütte jezt aus
13 Spiegeleisen, 1/3 Kohks-Rohstahleisen (beide Sorten vom Stahlberger Stein)
und 1/3 gewöhnlichem Nebeneisen (bei Holzkohlen erblasen) dargestellt.