Titel: | Etwas über Lichtmessungen; von L. v. Malinowsky J. |
Autor: | Louis Malinowsky [GND] |
Fundstelle: | Band 95, Jahrgang 1845, Nr. XCI., S. 359 |
Download: | XML |
XCI.
Etwas uͤber Lichtmessungen; von L. v. Malinowsky J.
Malinowsky, über Lichtmessungen.
Wenn man die bisherigen Verfahrungsarten das Licht zu messen betrachtet, so kommen
sie größtentheils im Allgemeinen darin überein, daß man den Schatten eines Körpers
von dem zu prüfenden Lichte mit dem eines andern verglich, und zwar dergestalt, daß
man den einen Leuchtpunkt so lange vor oder zurük bewegte, bis beide Schatten gleich
dunkel erschienen, und dann aus den Entfernungen der Leucht punkte nach dem
bekannten Saze, daß sich die Leuchtkraft verhalte, wie die Quadrate der Entfernungen
der Leuchtpunkte, auf die Leuchtkraft des zu prüfenden Lichtes schloß. Oder kam es
nur darauf an zu bestimmen, welches von den beiden zu vergleichenden Lichtern
stärker leuchte, so brauchte man nur einen Körper von beiden gleich weit entfernt
aufzustellen und deren beide Schatten zu betrachten, wo dann der dunklere dem
stärker leuchtenden Lichte angehörte. Dieß Verfahren ist an sich so rationell, daß
auch ich bei einer frühem VeranlassungNämlich bei Bearbeitung meiner Schrift: Hera, oder systematische Abhandlungen
etc. Berlin 1842. durch eine einfache Betrachtung auf dasselbe hingeleitet wurde, ohne die
Methoden von Rumford und Fox
zu kennen, die beide dasselbe Princip verfolgen, wenn gleich sie in der Ausführung
ihrer Apparate verschieden sind.
Rumford nämlich stellt einen Stab vor eine weiße Wand und
zwei leuchtende Körper weiter zurük, so daß deren Lichtstrahlen sich in dem Stabe
kreuzen und dadurch zwei Schatten erzeugt werden, die er durch Vor- oder
Zurükschieben des einen Leuchtpunktes gleich dunkel macht, worauf er das obige Gesez
in Anwendung bringt. Fox hat den von ihm construirten
Lichtmesser dadurch vervollkommnet, daß er ihn mit einem Bande versehen hat, an dem
sich eine Scala befindet, welche die n Mal stärkere
Leuchtkraft eines Lichtes im Vergleich zu einem andern unmittelbar angibt, wenn
beide Schatten eines kleinen hölzernen, an einem Bügel beweglichen Cylinders auf
einer dahinter befindlichen weißen Platte gleich stark erscheinen; die Scala selbst
aber ist ebenfalls nach dem obigen Gesez berechnet, indem er die Entfernung der zu
seinem Photometer gehörigen Flamme als unveränderlich annimmt, und von dieser Basis
ausgehend, die 1, 2, 3... n Mal größere oder kleinere
Leuchtkraft bestimmt, so nämlich, daß aus den Zahlen, welche die 1, 2, 3... n Mal größere oder kleinere Leuchtkraft ausdrüken, nur
die Quadratwurzel gezogen zu werden braucht, um die Entfernungen zu bekommen, welche
bei gleicher Stärke der Schatten dem aliquoten Theil der Leuchtkraft von der
angenommenen Basis entsprechen.
Das von Bouguer angegebene und von Ritchie verbesserte Photometer verlangt zwar nicht zwei Schatten, sondern
läßt die Lichtstärke unmittelbar nach der durch zwei im 45.° stehende Spiegel
reflectirten Beleuchtung zweier neben einander liegender Flächen erkennen, wenn
diese dem Auge durch eine innerhalb geschwärzte Röhre gleich dunkel erscheinen und
man sodann die Entfernungen mißt, welche man mit den Lichtern nehmen mußte, um jene
Wirkung hervorzubringen wobei wiederum die Quadrate dieser Entfernungen das
Verhältniß der Intensität beider Lichter angeben. Allein auch hier ist man wieder
auf das Auge angewiesen, von welchem die Beurtheilung des Tons der beleuchteten
Flächen und mithin die Entfernung der zu prüfenden Lichter abhängig ist.
Abweichend von diesen Methoden ist das Verfahren des Lampadius das Licht zu messen, indem er nicht die Intensität eines Lichts
mit der eines andern vergleicht, sondern die absolute Messung eines einzelnen Lichts verfolgt.
Er bringt nämlich eine Anzahl durchsichtiger Hornblättchen vor den Lichtpunkt, bis
dieser dem Auge unsichtbar wird, und berechnet aus der Anzahl der gebrauchten
Hornblättchen die Lichtstärke. Allein das Mangelhafte dieses Verfahrens leuchtet
ein, wenn man auch von der ungleichförmigen Durchsichtigkeit des Horns, welches sich
durch ein zwekmäßigeres Material ersezen ließe, abstrahirt. Denn genau genommen,
mißt er nicht eigentlich das Licht, sondern den Glanz des Leuchtpunkts, der von
jenem unendlich verschieden seyn kann. Es läßt sich z.B. die erleuchtete Glasgloke
einer Astrallampe aus weiter Ferne deutlich erkennen, ohne an dem Orte des
Beobachters auch nur den allergeringsten Schimmer von Licht zu verbreiten.
Gleichwohl würde eine Anzahl von Hornblättchen zur gänzlichen Verdekung dieses
Leuchtpunktes erforderlich seyn, die weder mit der Entfernung noch mit der Abnahme
des Lichts nur annähernd in einem richtigen Verhältniß stände. Es kann daher diese
Methode zu wirklichen Lichtmessungen in keiner Weise genügen, sondern sie muß
vielmehr mangelhafter als alle vorgenannten erscheinen, wenn gleich so viel
unzweifelhaft daraus hervorgeht, daß Lampadius das
Unzulängliche relativer Lichtmessungen bereits erkannt haben muß.
Endlich gestattet Leslie's
durch Ritchie verbesserter Lichtmesser ebenfalls nur eine
eingeschränkte Anwendung, da derselbe Körper voraussezt, die nicht allein Licht,
sondern zugleich auch Wärme verbreitenververbreiten, und es geht daher aus Obigem hervor, daß wir bis
jezt noch kein Instrument besizen, welches zu genauen Lichtmessungen geeignet
wäre.
Diese Behauptung wird unstreitig Manchen überraschen, da man gewöhnlich davon
auszugehen pflegt, daß zwar das Erkennen einer 1, 2, 3... Mal größern Dunkelheit
eines Schattens im Vergleich zu einer gewissen Einheit sehr schwierig, aber nichts
leichter sey, als die Beurtheilung, ob zwei Schatten gleichen Ton haben. Dieser
Ansicht kann ich mich aber durchaus nicht anschließen; denn denkt man sich den
Uebergang eines gewissen Schattens A zu einem gewissen
dunkleren B in eine Scala von 100 gleichen Theilen
getheilt, und sezt dem A nur einen Theil der Scala an
Dunkelheit hinzu, so läßt sich doch nicht behaupten, beide seyen gleich stark. Dem
Auge wird dieser Unterschied aber wohl schwerlich erkennbar seyn, selbst wohl noch
nicht, wenn A um noch mehrere Theile der Scala dunkler
gedacht wird; es sey denn, daß man den Unterschied von A
zu B sehr groß annähme, etwa einen Anflug von Schatten
und das tiefste Schwarz; doch kann man in diesem Falle sich eine beliebige größere
Scala denken, etwa eine tausendtheilige, und die obige Ansicht wird daher auch hier ihre Geltung
finden. So lange man also bei einem Lichtmesser auf eine vergleichende Beurtheilung
durch das Auge angewiesen ist, wird man nie im Stande seyn die Entfernungen, von
denen die Berechnung der Intensität des Lichts abhängt, mit einiger Genauigkeit zu
bestimmen, daher auch nicht zuverlässige Zahlen für eine Lichtmessung zu erhalten.
Ueberdieß sind die Eingangs angeführten Photometer nur zu Lichtmessungen, oder
vielmehr Schäzungen für Kerzenlicht und dergleichen geeignet, überhaupt bei Licht,
welches von einer mehr oder minder beträchtlichen Dunkelheit umgeben ist; wollte man
aber die unzähligen Gradationen des Tageslichts mit ihnen zu bestimmen versuchen,
wie sie sich bei mehr oder minder bewölktem Himmel oder in einem Zimmer gestalten,
so würde dieß, wie man auf den ersten Blik sieht, völlig unmöglich seyn. Selbst für
den Sonnenschein, welcher einen scharf abgegränzten Schatten hervorbringt, würden
sich jene Instrumente nicht eignen, da dann der zweite zum Vergleich nothwendige
Schatten nicht erzeugt werden könnte, mithin die Einheit für die anzustellende
Berechnung fehlte. Gleichwohl können die angeführten Photometer (oder eigentlich
Photoskope) für manche technische Zweke genügen; allein für alle gewiß nicht, und
noch viel weniger für die Wissenschaft, und so werden wir denn von selbst auf die
Nothwendigkeit geleitet, an eine absolute Messung des
Lichts zu denken.
Hier erreicht aber die angestellte Betrachtung gleichsam ihr Ende, da die
Schwierigkeiten, ein Instrument zu erfinden, das alle Fluctuationen von Hell und
Dunkel im Nu mit solcher Bestimmtheit angäbe, daß über den Grad der Intensität des
in jedem Augenblike vorhandenen Lichts gar kein Zweifel entstehen konnte, schon bei
einem oberflächlichen Anblik dieses Gegenstandes fast als unbesiegbar erscheinen
müssen, wie sie es denn auch in der That bisher gewesen sind. Zu diesen
Schwierigkeiten gesellt sich außerdem noch der Umstand, daß das Erkennen der durch
das Instrument angezeigten Grade bei einer gewissen Dunkelheit, da nämlich das Auge
die Veränderungen nicht mehr wahrzunehmen vermag, unabänderlich aufhören würde,
indem ein Festhalten eines angezeigten Grades tiefer Dunkelheit, um ihn für die
Erkennung zu beleuchten, nicht wohl denkbar ist; dieß würde etwa so viel heißen, als
den Sonnenschein in Säke fangen. Allein was ist in der Welt nicht schon alles
möglich gewesen! Dinge, die man noch vor wenigen Jahren für Fiederträume gehalten
hätte, hat seitdem der menschliche Verstand zum Theil bis zur Vollendung gebracht;
es mag also keineswegs der Gedanke an ein Photometer für absolute Lichtmessungen
aufgegeben werden, sondern es wird vielmehr darauf ankommen, den Wegen nachzuspüren, die möglicher
Weise an das verborgene Ziel zu führen versprechen.
Die Idee, welche mir vorschwebt, um ein vollkommenes Photometer darzustellen, beruht
in einem Instrumente, das, wie ein Thermometer die Temperatur, die Stärke des Lichts
unmittelbar in Graden angibt. Für die Scala müßte der Anfangspunkt in der völligen
Dunkelheit, d.h. in dem gänzlichen Mangel des Lichts liegen, der Endpunkt aber das
Sonnenlicht seyn; den Unterschied zwischen diesen beiden Extremen müßte man in eine
beliebige Anzahl gleicher Theile theilen, etwa in hundert, und jeden Grad dann
wieder in zehn, um noch Tausendtheile der Scala erhalten zu können. Allein die
Ausführung gehört bis jezt noch zu den räthselhaften Problemen, doch glaube ich
nicht zu irren, wenn ich die Grundzüge dazu in der so eben bezeichneten Art für
richtig halte. Ob eine chemische Wirkung des Lichts den
Schlüssel zur Auflösung unserer Frage geben möchte, steht dahin, denn wahrscheinlich
werden die dadurch eintretenden Veränderungen nicht schnell und entscheidend genug
erfolgen, obgleich das weiße Licht hierin die meiste Wirkung zeigt (weniger das
violette oder blaue, noch weniger das rothe) und Messungen desselben, indem man von
andern Lichtern vorläufig abstrahirte, genügen könnten, da man es in der Regel nur
mit diesem und seinen Mischungen mit Dunkel zu thun hat. So verbindet sich z.B. ein
Gemenge von gleichen Theilen Chlor und Wasserstoff in einem farblosen Glase
eingeschlossen im Dunkeln nicht, im gewöhnlichen Tageslichte langsam, im
Sonnenlichte augenbliklich und mit einem Knall. Indessen wird ein hierauf basirtes
Instrument schwerlich dem Zwek entsprechen, da einestheils, wie vorhin gesagt, die
Veränderungen nicht schnell genug erfolgen möchten, anderntheils das Sonnenlicht
dieses Instrument wahrscheinlich zerstören würde; oder wollte man es davor
sorgfältig bewahren, so würden die obern Lichtmessungen ganz unausführbar bleiben,
und bei den übrigen die verschiedenen Gradationen, worauf es doch eigentlich
ankommt, nicht mit der gewünschten Bestimmtheit hervortreten. Eben so scheint die
Anwendung von Silberverbindungen, z.B. Chlor- und Jodsilber, um aus
Reductionen derselben durch das Licht die beabsichtigte Messung zu bewerkstelligen,
nicht zum Ziele zu führen, da man hiebei wieder auf die Beurtheilung von Hell und
Dunkel durch das Auge angewiesen seyn würde. Es wird daher ein anderer Weg
eingeschlagen werden müssen, und der sicherste würde seyn, wenn es gelänge, ein
Instrument herzustellen, an dem in der Gradation nur derjenige Theil sich markirte,
der dem zu messenden Lichte völlig gleich ist; allein das Wie muß noch ferneren Bemühungen der Physiker
überlassen bleiben, wozu vielleicht die obigen Zeilen Veranlassung geben.