Titel: | Patentirte Reflections-Instrumente; von Pistor und Martins in Berlin. |
Fundstelle: | Band 96, Jahrgang 1845, Nr. V., S. 14 |
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V.
Patentirte Reflections-Instrumente; von
Pistor und
Martins Ein solches Instrument war auf der Berliner Gewerbe-Ausstellung
ausgestellt und entsprach ganz den hier gemachten Aussagen und dem seit lange
bewährten vortheilhaften Rufe dieser Werkstätte.A. d. O. in Berlin.
Aus dem Berliner Gewerbe-, Industrie- und
Handelsblatt Bd. XIV Nr. 2 u. 3.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Pistor und Martins' Reflections-Instrumente.
So unentbehrlich der Sextant und überhaupt die Spiegel-Instrumente für die
Seefahrer sind, eben so erwünscht und nüzlich muß den Betheiligten eine jede
Vervollkommnung dieser Instrumente seyn; besonders wenn dieselbe der Art ist, daß
dadurch weder die Manipulation des Instruments von der der bisher gebräuchlichen
Instrumente abweicht, noch der Preis dadurch erhöht wird.
Um die Vortheile der neuen Reflections-Instrumente würdigen zu können, ist es
zuvörderst nöthig, daß man ihre Eigenthümlichkeiten gegen die der älteren
Reflectionen hält und daß die so wesentliche Vortheile darbietende Construction
durch Figuren veranschaulicht werde.
Die Vortheile der neuen Reflectionen bestehen erstlich
darin, daß durch dieselben alle Winkel bis zu 180° meßbar sind.
2) daß sie lichtstarke, scharf begränzte Bilder geben, und endlich
3) darin, daß sie vor allen den Instrumenten, welche ganz oder theilweise diese
Vortheile besizen, das voraus haben, daß ihre Manipulation identisch derjenigen der
gewöhnlichen Sextanten, also jedem Seefahrer geläufig ist, während durch die
Eigenthümlichkeit der Construction keine Nachtheile in irgend einer Beziehung
entstehen, wie das bei andern Instrumenten, welche auf gleiche Vortheile Anspruch
machen, der Fall ist.
So läßt z.B. der Prismenkreis vom Professor Steinheil, mit
zwei übereinander liegenden beweglichen Prismen, eine Winkelmessung bis zu
180° zu, macht jedoch dabei nöthig, daß man das Fernrohr zwischen beide
Objecte richtet, und die Bilder derselben durch die Prismen von beiden Seiten her in
das Fernrohr reflectirt, was ohne Anwendung eines Statifs kaum ausführbar ist.
Ein zweiter Steinheil'scher Prismenkreis, mit drei
Prismen, von denen das größere das Alhidadenprisma ist, hat nun zwar den Vortheil, daß alle Winkel bis zu
180° von der Gesichtslinie des Fernrohrs (wenigstens von einer damit
parallelen Linie) aus gemessen werden, ist jedoch andererseits mit dem Nachtheil
behaftet, daß die durch die unregelmäßige Form des Alhidadenprisma entstehenden
Fehler nicht bei der Beobachtung eliminirt werden. Da rechtwinklige Prismen, deren
Seiten keine Pyramide bilden, und deren spize Winkel innerhalb 20'' bis 30 Secunden
gleich seyn sollen, sehr mühsam, oder eigentlich mehr durch Zufall hergestellt
werden, indem wenigstens keine zuverlässige Methode der Anfertigung bekannt ist, so
hat dieser Uebelstand Bedeutung.
Beide Instrumente haben den Vortheil der durch die Prismen erzeugten scharfen
lichtstarken Bilder; verdienen daher vor einem dritten Instrument von August Oertling den Vorzug. Dasselbe unterscheidet sich von den
gewöhnlichen Sextanten dadurch, daß statt des Alhidadenspiegels zwei übereinander
liegende abgesondert zu bewegende Spiegel angebracht sind, und der kleine Spiegel
bis oben hin belegt ist, so daß man statt eines reflectirten und eines divergenten
Bildes zwei reflectirte Bilder erhält. Das Instrument ist erstlich wie der
gewöhnliche Sextant zu gebrauchen, hat jedoch weniger lichtstarke Bilder, indem
beide Bilder durch Spiegel doppelt reflectirt sind. Hiebei wird der Alhidadenspiegel
dem kleineren Spiegel parallel gestellt und bleibt in dieser Lage stehen, während
der untere Spiegel bewegt wird. Will man Winkel über 120° messen, so muß der
obere Alhidadenspiegel im entgegengesezten Sinn wie der untere gedreht werden; es
tritt also derselbe Uebelstand ein, wie bei dem zuerst angeführten Steinheil'schen Prismenkreise: daß man das Fernrohr
zwischen die Objecte richten muß.
Von allen diesen Uebelständen sind die in Rede stehenden neuen Instrumente frei. Sie
geben lichtstärkere Bilder als die gewöhnlichen Sextanten, indem statt des einen
Spiegels ein Prisma gewählt ist. Sie lassen eine Messung der Winkel bis zu
180° zu und haben den Vortheil, daß alle Winkel von der Gesichtslinie des
Fernrohrs aus gemessen werden. Sie werden ebenso gehandhabt, wie der gewöhnliche
Sextant, und haben vor demselben noch das voraus, daß der Spiegel in allen Fällen in
weniger ungünstiger Lage steht. Die folgenden Figuren werden dieses klar machen.
Das Instrument ist hier als ganzer Kreis angedeutet, und wird hauptsächlich in dieser
Form ausgeführt, da die Vortheile zweier gegenüberliegender, die Excentricität
corrigirender Nonien, der regelmäßigen Form des Körpers, welcher seinen Schwerpunkt
nahe am Centrum hat, und des vom Centrum ausgehenden Handgriffs zu überwiegend sind.
Nur für die Liebhaber von Sextanten, welch sich nicht von der alt hergebrachten Form trennen mögen, werden
diese Instrumente auch als Sextanten von Kreisen angefertigt. Bei dieser Form ist
zwar ein größerer Radius anzubringen als bei einem Kreise, doch gewährt die feinere
Ablesung nur einen eingebildeten Vortheil, indem die Excentricitätsfehler einen
überwiegenden Nachtheil stiften. Die unregelmäßige Form des Sextanten, der den
Schwerpunkt unterstüzende, also excentrisch anzubringende Handgriff, macht eine
größere Festigkeit der Speichen, also eine größere Schwere nöthig, so daß z.B. ein
Kreis von 5 Zoll Radius weniger schwer und angenehmer zu handhaben ist, als ein
Kreissegment von 6 oder 7 Zoll. Hält man einen siebenzölligen Sextanten mit einem
fünfzölligen Kreise zusammen, so ergibt sich, daß ein Winkel von 10° bei
jenem des größeren Radius wegen etwas deutlicher zu erkennen ist, als bei diesem,
daß jedoch die Excentricität leicht 10'' übersteigt, der Vortheil der feinen
Ablesung also nur eingebildet ist. Läßt man bei dem fünfzölligen Kreise durch die
Nonien nur 20'' angeben, so erhält man eine sehr übersichtliche Ablesung, bei der
sich 10'' noch mit ziemlicher Sicherheit schäzen lassen, und da durch die –
die Excentricität corrigirenden – gegenüberstehenden Nonien das abgelesene
Resultat ein zuverlässiges wird, so kann die feinere jedoch unzuverlässige Ablesung
bei dem Sextanten hiegegen natürlich nicht das Gegengewicht halten.
Was das Prisma bei den neuen Instrumenten betrifft, so kommt es nur darauf an, daß
seine Seiten keine durch gewöhnliche Hülfsmittel, z.B. durch ein Winkelmaaß,
erkennbare Pyramide bilden, und daß seine Seiten plan sind.
Auf die Genauigkeit der Winkel kommt es nicht an, indem das Prisma nicht zum
Winkelmessen, sondern nur dazu dient, die Lichtstrahlen zu reflectiren und aus
diesem Grunde stets seine Lage unverändert inne behält.
In Fig. 1 ist
A, B, C ein Kreis von 5'' Radius; die Alhidade a. C mit gegenüberliegenden Nonien trägt den Spiegel d, e, dessen nach B liegende
Seite die reflectirende ist. In der gezeichneten Lage steht die Alhidade auf 0 der
Theilung, der Spiegel d, e also parallel mit dem
gleichseitigen rechtwinkligen Prisma f. Spiegel und
Prisma stehen so gegen das Fernrohr, daß ein mit der Gesichtslinie desselben
paralleler, auf den Spiegel fallender Lichtstrahl in das Fernrohr, und zwar parallel
mit seiner frühern Richtung gebrochen wird. Das Fernrohr g läßt sich auf und nieder stellen und sieht theils in das Prisma, theils
über dasselbe fort. Die Blendgläser sind zwischen Fernrohr und Prisma angebracht,
sie lassen sich in die Höhe schlagen und um ihre Achse verdrehen. Bei der Stellung
der Alhidade auf 0
muß ein Lichtstrahl unter einem Winkel von etwa 20° auf den Spiegel fallen,
um in das Fernrohr zu gelangen. Bewegt man die Alhidade mit dem Nonius C nach A zu, so bekommt man
von 0 bis 130° in ununterbrochener Folge die von der Seite B kommenden Lichtstrahlen in das Fernrohr. Dieselben
trafen den Spiegel in einem zunehmenden Winkel, der bei 130° bis zu
85° wächst (siehe Fig. 2).
Bei den älteren Sextanten dagegen muß, sobald die Alhidade aus 0 steht, ein
Lichtstrahl unter einem Winkel von etwa 75° auf den großen Spiegel fallen, um
in das Fernrohr zu gelangen. Beim Drehen der Alhidade bis zu 130° müssen die
Lichtstrahlen, um in das Fernrohr zu gelangen, den großen Spiegel in abnehmendem
Winkel treffen, welcher bei 130° bis 10° fällt. (Die Winkel sind hier
immer von der Spiegelfläche aus gemessen gedacht.) Der kleinste Winkel, unter
welchem das Licht auf den Spiegel fällt, ist daher bei den Sextanten um etwa
10° kleiner, als bei dem in Rede stehenden Instrument.
Hervorzuheben ist hier, daß die ungünstigste Stellung des Spiegels bei den neuen
Instrumenten bei 0 ist. Die Prüfung der Güte der Verglasung liegt daher dem
Beobachter sehr zur Hand, eben so wie der Künstler dadurch gewissermaßen gezwungen
ist, nur gute Spiegel anzuwenden. Bei den gewöhnlichen Sextanten können die Bilder
bei kleinen Winkeln gut seyn, während sie bei den größern schlecht sind. Unter allen
Umständen sind die Bilder der neuen Instrumente bei großen Winkeln besser als sie
durch gewöhnliche Sextanten zu erlangen sind, da bei lezteren, der Construction
wegen, der Alhidadenspiegel nicht die nöthige Breite haben kann.
Bis zu Winkeln von 130° ist das neue Instrument genau wie der Sextant zu
gebrauchen. – Bewegt man nun die Alhidade im vorher bezeichneten Sinne noch
weiter herum, so tritt zuerst von 120° ab das Prisma, dann das Fernrohr und
der Kopf des Beobachters den Lichtstrahlen in den Weg, bis daß die Alhidade gegen
ihre ursprüngliche Stellung 90° steht, wo dann diejenigen Lichtstrahlen in
das Fernrohr reflectirt werden, welche mit der Gesichtslinie desselben einen Winkel
von 180° bilden Fig. 3.
Soll das Instrument als Dippsector gebraucht werden, so wird der Bequemlichkeit wegen
vor das Fernrohrocular ein kleines Prisma so aufgestellt, daß man den Körper des
Instruments in senkrechter Lage halten und von der Rükseite aus – etwa in
senkrechter Richtung gegen dieselbe – in das Fernrohr sehen kann. Beim Messen
großer
Horizontalwinkel stekt man das Prisma, wie in Fig. 5 angedeutet auf, so
daß man von A aus in das Fernrohr sieht.
Bewegt man die Alhidade noch weiter herum, so lassen sich Winkel von 180° bis
280° messen oder mit anderen Worten von 180° abwärts bis zu
100°. Man hätte dann das reflectirte Bild links von der Gesichtslinie aus
liegen (Fig.
4), während es bei der früher angegebenen, dem Sextanten analogen Messung von
0 bis 130° rechts von der Gesichtslinie des Fernrohrs aus gedacht war. (Siehe
Fig. 1.)
Will man daher die Winkelmessung bis 180° in derselben Art wie von 0 bis
130° ausführen, so hat man nur das Instrument in umgekehrter Lage,
nöthigenfalls mit der linken Hand zu halten, was beim gewöhnlichen Sextanten in
vielen Fällen auch nöthig wird.
Aus Obigem geht hervor: daß die zwischen 100 und 130° liegenden Winkel doppelt
gemessen werden können, so daß die Beobachtung des Collimationsfehlers dabei
wegfällt.
Die patentirten Reflections-Instrumente werden in der Werkstätte von den
Erfindern in folgender Form und zu beigesezten Preisen angefertigt:
Ein Patentkreis von 5 Zoll Radius durch
zwei gegenüberstehende Nonien 20''(auf Wunsch 10'') angebend
85 Thlr.
Dasselbe Instrument, mit Lampe, um die
Theilung bei Nacht zu beleuchten
90 –
Ein Patentkreis von 2 1/2 Zoll Radius,
durch zwei Nonien 30'' angebend (mitFernrohr und Lupe) 40,
einfacher
35 –
Ein Patent-Sextant, von 6 Zoll
Radius, 10'' angebend
80 –
Die Kreiseintheilung dieser und ähnlicher Instrumente wird auf einer vor 25 Jahren in
der Pistor'schen Werkstatt nach Ramsden's Princip gebauten Maschine ausgeführt, welche vor 4 Jahren durch
die Verfasser so eingerichtet worden ist, daß der ganze Mechanismus durch ein
Schwungrad bewegt wird, so daß die Operation des Theilens ohne weitere
Beaufsichtigung durch einen Arbeitsmann zu Ende geführt werden kann. –
Beiläufig mag hier nur bemerkt werden, daß die ganze Einrichtung der Maschine der
Art ist, daß sich ohne Weiteres eine entsprechende Treibvorrichtung anbringen läßt,
wozu sich wohl ein Uhrwerk am besten eignen möchte. Der Vorzug desselben vor anderen
Treibvorrichtungen besteht wohl darin, daß die Unterhaltungskosten so gering sind,
daß sie fast nicht in Anschlag gebracht werden können, indem bei einer ohnedieß
geringen Abnuzung, nach
Vollendung der Theilung, nicht allein eine Auslösung der Maschine, sondern auch eine
weitere nuzlose Thätigkeit des Uhrwerks durch eine selbsttätige Hemmung auf
einfachem Wege erreicht werden kann.
Der Durchmesser der Theilscheibe dieser Maschine ist 28 Zoll. Zur Eintheilung
größerer Kreise, deren Theilung innerhalb 0,5 Secunde genau seyn soll, dient eine
Maschine von 5 Fuß Durchmesser.