Titel: | Ueber die Prüfung der käuflichen Potasche auf ihre Verfälschung mit Natronsalzen und einen hiezu dienlichen Apparat (Kalimeter); von O. Henry. |
Fundstelle: | Band 96, Jahrgang 1845, Nr. XI., S. 46 |
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XI.
Ueber die Pruͤfung der kaͤuflichen
Potasche auf ihre Verfaͤlschung mit Natronsalzen und einen hiezu dienlichen
Apparat (Kalimeter); von O.
Henry.
Aus dem Journal de Pharmacie, März 1845, S.
214.
Mit einer Abbildung auf Tab. I.
Henry, über die Prüfung der käuflichen Potasche auf Verfälschung
mit Soda.
Vor einigen Jahren schrieb die Société de
Pharmacie einen Preis aus: für ein leichtes Verfahren
die Vermengung der im Handel vorkommenden Potasche mit Natronsalzen
auszumitteln. Ueber diesen Gegenstand erschienen seitdem Abhandlungen von
Fremy, Anthon und Preisser;Polytechn. Journal Bd. LXXXVIII S. 57
und Bd. XCI S. 382.
Anthon bestimmt den Kaligehalt des Gemenges und die
beiden andern Chemiker den Natrongehalt desselben. Ich bestimme bei dem Verfahren,
welches ich unten mittheile, ebenfalls den Kaligehalt des Gemenges, aber durch eine
andere Methode als Anthon; ich benuze nämlich dazu die
bekannte Eigenschaft der Ueberchlorsäure mit dem Kali ein in Alkohol vollkommen
unauflösliches Salz zu bilden und dadurch diese Basis vollständig aus ihren Auflösungen
niederzuschlagen.
Wenn das Kali mit Essigsäure, selbst in schwachem Ueberschuß, verbunden und in kaltem
Alkohol von 37 Graden (Volumsprocenten) aufgelöst ist, so scheidet es sich gänzlich
ab bei Vermischung dieser Flüssigkeit mit einer Auflösung von überchlorsaurem Natron
in Alkohol.
Ein Gramm sehr reines und wasserfreies kohlensaures Kali lieferte bei dieser Probe,
nachdem ich es in essigsaures Kali umgewandelt hatte, dem Gewichte nach:
trokenes
überchlorsaures
Kali
1,755 Gr.
–
–
–
1,79 –
–
–
–
1,77 –
–
–
–
1,78 –
–
–
–
1,75 –
also gerade so viel überchlorsaures Kali als seinem Kaligehalt
entspricht.
Das Natron bildet bekanntlich mit der Ueberchlorsäure ein zerfließliches Salz,
welches in Alkohol von 37° sehr leicht auflöslich ist. Kalter Alkohol von
37° löst übrigens nur eine unbedeutende Menge Chlorkalium auf, welches in der
käuflichen Potasche gewöhnlich nebst schwefelsaurem und kieselsaurem Kali enthalten
ist.
Ehe ich mein Verfahren näher beschreibe, will ich angeben, wie man sich das
erforderliche Reagens (überchlorsaures Natron) leicht und wohlfeil bereiten
kann.
Bereitung des zu den Proben erforderlichen überchlorsauren
Natrons. – Man verschafft sich zuerst eine Quantität überchlorsaures
Kali nach der Methode von Serullas, indem man das
krystallisirte chlorsaure Kali in einem Platintiegel vorsichtig erhizt. Das Salz
schmilzt zuerst zu einer durchsichtigen Flüssigkeit und zersezt sich dann mit
lebhafter Entbindung von Sauerstoffgas. Das Aufbrausen läßt hierauf nach, die Masse
wird dik, weiß, undurchsichtig, milchartig; wenn man nur noch einige Blasen bemerkt,
nimmt man den Tiegel vom Feuer und gießt das Product mit Vorsicht in destillirtes
Wasser; man vereinigt das Product von mehreren solchen Operationen, ergänzt das
Wasser auf beiläufig das zwanzigfache Gewicht des Salzes, bringt es zum Sieden,
filtrirt durch ein Stükchen Wollenzeug und läßt erkalten, indem man die
Krystallisation stört. Das überchlorsaure Kali sezt sich in kleinen weißen
glänzenden Körnern ab, welche man sammelt und nach dem Abwaschen mit kaltem Wasser
troknet. Die Mutterlaugen, ein wenig eingedampft, liefern noch eine kleine Menge
davon, welche aber schon mit unzerseztem chlorsaurem Kali und später mit Chlorkalium vermengt ist.
Sämmtliches überchlorsaure Kali wird sodann in ein feines Pulver verwandelt und
mittelst kieselflußsauren Gases zersezt. Dabei verfährt man folgendermaßen: man
bringt in eine trokene Retorte von Steinzeug ein inniges
Gemenge von 1 2/3 Theil feinem Sand (welcher mittelst
Salzsäure und Wasser gereinigt worden ist) nebst 1 1/4 Theil troknem Flußspath auf 1
Theil Kalisalz. Eine gekrümmte Röhre, welche sehr troken
und ziemlich weit ist, wird durch einen guten Kork mit
der Retorte verbunden; auf das Gemenge von Sand und Flußspath gießt man 3 Theile
concentrirte Schwefelsäure und läßt die von der Retorte ausgehende Röhre einige
Linien tief in Queksilber tauchen, welches sich auf dem Boden eines weiten
Standglases befindet. Das überchlorsaure Kali wird in seinem sechs- bis
siebenfachen Gewicht reinen Wassers zertheilt auf das Queksilber gegossen, worauf
man die Retorte zu erwärmen beginnt. Die Kieselflußsäure entwikelt sich bald,
streicht durch das QueksilberOhne diese Vorsicht würde es sich zum Theil zersezen und die Röhre durch sich
abscheidende gallertartige Kieselerde verstopfen. und macht aus dem Kalisalz die Ueberchlorsäure frei. Nach beendigter
Reaction bringt man den Brei auf Leinenzeug, wascht den gallertartigen Niederschlag
mit destillirtem Wasser aus und neutralisirt die vereinigten Flüssigkeiten mit
krystallisirtem kohlensauren Natron, womit man sie schwach übersättigt. Die
neuerdings filtrirte Flüssigkeit wird im Sandbad vorsichtig zur Syrupconsistenz
abgedampft. Hierauf verdünnt man sie mit beiläufig ihrem gleichen Gewicht Alkohol
von 37°, erwärmt sie gelinde und filtrirt sie dann.
Diese geistige Auflösung des überchlorsauren Kalis dient zu den kalimetrischen Proben, nachdem man sie auf einen bestimmten Gehalt gebracht hat. Beim vorsichtigen Abdampfen liefert
sie das Salz in weißen Nadeln; dasselbe hat einen kühlen Geschmak, ist leicht
auflöslich, zieht Feuchtigkeit an und präcipitirt das essigsaure Kali
augenbliklich.1/100 Gramm essigsaures Kali, in Alkohol aufgelöst, liefert sogleich einen
Niederschlag, welcher in einer Röhre von engem Durchmesser sehr in die Augen
fällt.
Bei meiner kalimetrischen Probe verfährt man folgendermaßen:
Die geistige Auflösung des überchlorsauren Natrons wird auf einen solchen Gehalt
gebracht, daß jeder von den hundert Graden, in welche das Instrument eingetheilt
ist, 1 Proc. reinem kohlensauren Kali entspricht.
Die zuvor in ein essigsaures Salz umgewandelte Potasche
wird sodann in
Alkohol von 37 Graden (Volumsprocenten) aufgelöst, und zwar in der Kälte, damit das
in ihr enthaltene schwefelsaure Kali und Chlorkalium unaufgelöst zurükbleiben.
Beschreibung des Kalimeters. A,
B ist eine gläserne Röhre von beiläufig 60 Centimeter Länge und 4
Millimeter Durchmesser. Bei A ist ein Trichter
angeschmolzen oder bloß befestigt und bei B ist ein
messingener Hahn angebracht, welcher in ein Haarröhrchen ausgeht. Dieser Hahn wird
an der Röhre mittelst eines guten Korks und Siegellak befestigt. Die Röhre A, B wird durch zwei Haken
auf einer Scale befestigt, welche auf einem Brettchen verzeichnet und in 100 gleiche
Theile eingetheilt ist. Das Ganze ruht auf einem Fuß, so daß man die Röhre A, B über das Gefäß M
stellen kann, welches das zu probirende Kalisalz enthält. Die Röhre A, B enthält vom 1sten bis 100sten Grad einschließlich
(x bis z) eine Auflösung
von überchlorsaurem Natron, wovon jeder Grad 1 Proc. reinem
kohlensaurem Kali entspricht.Auf diesen Gehalt ist sie leicht zu bringen; man läßt nämlich den zwischen 0
und 100 Graden in der Röhre A, B enthaltenen
Alkohol (von 37 Volumsprocenten) ausfließen und bestimmt dann genau sein
Gewicht. Hierauf wiegt man 10 oder 100mal so viel Alkohol (von derselben
Stärke) in einem Fläschchen (mit eingeriebenem Glasstöpsel) ad und sezt im
ersten Falle 10mal 0,884 Gr., im zweiten Falle 100mal 0,884 Gr. troknes
überchlorsaures Natron zu; das Gemisch bildet die Probeflüssigkeit, welche in dem von 100 Graden der Röhre
eingenommenen Raum 0,884 Gr. trokenes überchlorsaures
Natron enthält, die 1 Gr. reinem kohlensaurem Kali entsprechen.
Ich habe es vorgezogen die Röhre auf der 100theiligen Scale anzubringen, anstatt sie
selbst zu graduiren, weil der Apparat dadurch wohlfeiler wird und man die Röhre,
falls sie zerbrechen sollte, dann leicht durch eine andere ersezen kann; natürlich
muß man dann die Probeflüssigkeit für dieselbe wieder besonders bereiten.
Verfahren bei der kalimetrischen Probe. – Man
nimmt von der zu prüfenden Potasche aus verschiedenen Theilen des Fasses 250 oder
300 Gramme, vermengt sie und verwandelt sie so schnell
als möglich in ein feines Pulver. Von diesem Pulver nimmt man 50 Gramme, welche man
mit kaltem destillirten Wasser (100 Grammen oder einem Deciliter) behandelt; man
filtrirt und bringt die Flüssigkeit P, P' in ein kleines
Meßgläschen, welches in 50 gleiche Theile eingetheilt ist.
1) Man nimmt zuerst mittelst eines graduirten Saugröhrchens 10 Maaßtheile von dieser
Flüssigkeit P, P' (welche 5 Grammen der Potasche
entsprechen), probirt sie mittelst des Gay-Lussac'schen AlkalimetersPolytechn. Journal Bd. XXXII S.
190. und bemerkt sich den gefundenen alkalimetrischen Grad.
2) Andererseits nimmt man 1 Maaßtheil obiger Flüssigkeit P,
P'
(1 Gramm der Potasche
entsprechend), sättigt sie mit Essigsäure bis zu einem schwachen Ueberschuß, dampft
fast bis zur Trokne ab und behandelt den Rükstand mit kaltem Alkohol (von 37
Volumsprocenten); hierauf filtrirt man sie sorgfältig. Dieser Flüssigkeit, welche
das in der angewandten Potasche enthaltene kohlensaure Kali (und Natron) als
essigsaures Salz enthält, sezt man nun tropfenweise von
der Probirflüssigkeit (überchlorsaures Natron) zu, so lange noch ein Niederschlag
entsteht; das Zusezen muß sehr langsam geschehen, wenn man sich dem 40sten oder
50sten Maaßtheil der Röhre A, B nähert.
Die Anzahl der erforderlichen Maaßtheile gibt für 1 Gramm der angewandten Potasche
die Procente an reinem kohlensauren Kali an.
Da man nun bereits durch die alkalimetrische Probe weiß,
wie viel Schwefelsäure diese Potasche sättigt, so läßt sich leicht das Verhältniß
von kohlensaurem Kali und kohlensaurem Natron im Gemenge berechnen.
100 Maaßtheile des Alkalimeters repräsentiren:
Gramme
Schwefelsäure von 66°
Baumé
5,423 oder
wasserfreie Schwefelsäure
4,429 –
welche entsprechen: reinem wasserfreien
kohlensauren Kali
7,60 –
–
–
reinem wasserfreien kohlensauren
Natron
5,74
Durch die Probe mit dem Kalimeter weiß man aber auch, wie viele Procente kohlensaures Kali die fragliche Potasche enthält.
Berechnet man nun, wie viel wasserfreie Schwefelsäure dieser Gehalt an kohlensaurem
Kali in Anspruch nimmt und zieht diese Quantität von sämmtlicher Säure ab, welche
bei der alkalimetrischen Probe für 100 Potasche erforderlich war, so zeigt die
Differenz sogleich die Menge des ihr beigemengten kohlensauren Natrons an.
Wir wollen des leichteren Verständnisses wegen ein Beispiel anführen: angenommen 100
Gramme der zu probirenden Potasche hätten:
1) bei der alkalimetrischen Probe eine Anzahl Grade ergeben, welche entsprechen:
wasserfreier Schwefelsäure
38,9
Grammen;
2) bei der Probe mit dem Kalimeter aber so viele Grade als entsprechen:
reinem kohlensauren Kali
50
Grammen.
Nun erfordern 50 kohlensaures Kali 28,9 wasserfreie Schwefelsäure; die Differenz 10
Säure entspricht:
reinem kohlensauren Natron
13,3
Grammen.
In folgender Tabelle ist eine Anzahl von Fällen zusammengestellt.
KaͤuflichePotasche.
Alkalimetrische Grade.
Gradeam Kalimeter.
Gehalt an kohlensaurem Kaliund kohlensaurem
Natron in Procenten.
100
137,19
100 =
Reinem kohlensauren Kali
100/100
100
68,59
50
=
Deßgleichen
50/100
100
85,5
50
=
Kohlensaurem KaliKohlensaurem Natron
50/100 13/100
100
85,5
25
=
Kohlensaurem KaliKohlensaurem Natron
25/100 26/100
100
70,0
30
=
Kohlensaurem KaliKohlensaurem Natron
30/100 17/100