Titel: | Bericht des Hrn. Olivier über eine von Hrn. Grillet construirte Maschine, um Zeichnungen aller Art in beliebigem Maaßstabe genau zu copiren. |
Fundstelle: | Band 96, Jahrgang 1845, Nr. XVIII., S. 97 |
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XVIII.
Bericht des Hrn. Olivier uͤber eine von Hrn. Grillet construirte Maschine,
um Zeichnungen aller Art in beliebigem Maaßstabe genau zu copiren.
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement, Febr. 1845 S. 49.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Olivier, über eine von Hrn. Grillet construirte Maschine, um
Zeichnungen aller Art in beliebigem Maaßstabe genau zu copiren.
Hr. Grillet (rue Colbert No. 2
in Paris) erfand eine Zeichenmaschine, mittelst welcher man mit beträchtlicher
Zeitersparniß und mathematischer Genauigkeit Zeichnungen in beliebig vergrößertem
oder verjüngtem Maaßstabe copiren kann. Sie besteht aus einer großen Camera obscura,
bei welcher statt des Sonnenlichts eine Lampe angewandt wird. Um nun parallele
Lichtstrahlen zu erhalten, gebraucht der Erfinder einen parabolischen Reflector, in
dessen Brennpunkte sich die Lampe befindet. Da die Achse des Reflectors vertical ist,
so haben die Lichtstrahlen die Richtung von oben nach unten und treffen die
Zeichnung, welche auf durchscheinendem Papier ausgeführt und auf eine horizontale
Glasplatte gelegt ist. Nachdem die Lichtstrahlen die Glasplatte durchdrungen haben,
gelangen sie auf eine Linse, wie bei der gewöhnlichen Camera obscura, und liefern
dann das umgekehrte Bild der Zeichnung auf einem horizontalen Tisch, welcher sich
unter dem Linsensystem befindet und mit einem Zelt von schwarzem Zeug umgeben
ist.
Nach dem Gesagten könnte man glauben, daß an dem Apparat von Grillet nichts Neues ist. Bei Erfindungen sind aber neue Systeme selten,
und beinahe immer bestehen die neuen Erfindungen in der Anwendung bekannter
Principien, wodurch ein zu complicirter oder kostspieliger Mechanismus glüklich
vereinfacht wird, oder überhaupt in der Vereinfachung bekannter Maschinen, so daß
man schneller und sicherer arbeiten und folglich die Producte wohlfeiler in den
Handel bringen kann.
Die Zeichenmaschine des Hrn. Grillet gestattet eine
Zeichnung mit Schnelligkeit in jedem beliebigen Maaßstabe zu copiren. So ist man
z.B. damit im Stande, die Zeichnung eines Meubelzeuges oder einer Tapete so klein zu
copiren, daß sie für einen Westenzeug paßt und umgekehrt. Man kann damit Landkarten,
Plane von Städten etc. vergrößern oder verkleinern, und sie hat den großen Vorzug
vor dem Pantograph, daß man vor dem Beginn des Zeichnens das vollständige Bild vor
Augen hat, so daß man leicht beurtheilen kann, ob die Größe die gewünschte ist und
ob die Deutlichkeit nicht leidet. Eine gerade Linie von einem Centimeter Länge auf
der Originalzeichnung konnte bei den Versuchen auf das Zehnfache, also auf einen
Decimeter oder noch mehr vergrößert werden; jedoch wurde sie etwas gekrümmt; aber
ihre Krümmung betrug nicht mehr als 1/2 Millimeter, daher man eine Zeichnung
zehnfach vergrößern kann, ohne ihre Verhältnisse merklich zu stören, was für die
Praxis mehr als hinreichend ist.
Die Lampe und die Glastafel, worauf die Zeichnung gelegt wird, sind beweglich. Die
Glastafel kann man nicht nur horizontal von Rechts nach Links, sondern auch
vor- und rükwärts bewegen, so daß man nach und nach alle Theile der
Originalzeichnung unter die Lampe bringen kann. Auch können die Entfernungen der
Lampe von der Glastafel und dem Linsensystem geändert werden, wodurch der
Reductionsmaaßstab veränderlich wird.
Alle diese Bewegungen geschehen mit Leichtigkeit, Genauigkeit und Schnelligkeit mittelst
Schnüren und Rollen. Kurz, die Handhabung des Apparats ist eine der leichtesten und
einfachsten.
Beschreibung der Zeichenmaschine.
Die Maschine, welche Fig. 44 im Aufriß und Fig. 45 in der
Seitenansicht dargestellt ist, besteht aus zwei Pfeilern A,
A, die durch drei Querstüke B, B', B'' mit
einander verbunden sind. Das obere Querstük B trägt
sechs Rollen a, a, über welche die Ketten b, b laufen. An dem mittleren Querstük B' sind zwei Rollen c, c,
welche mit Sperrrädern d, d versehen sind und dazu
dienen, die Ketten aufzuwikeln, um die Rahmen auf- oder abwärts zu bewegen.
Um sie zu drehen sind auf der Achse der Rollen die Kurbeln e,
e befestigt. In Fig. 47 ist eine der
Rollen mit ihrem Zubehör im Durchschnitt dargestellt. Das dritte Querstük B'' dient die Füße C, C des
Gestells zu vereinigen.
Oben auf dem Gestell und über dem ersten Rahmen D ist
eine Lampe E mit doppeltem Luftzuge angebracht, deren
Reflector F das Licht von oben nach unten reflectirt, um
die auf eine horizontale Glasplatte gelegte zu copirende Zeichnung zu
beleuchten.
Der Rahmen D kann mittelst der Ketten b, b, welche mit einem Ende an den großen Rollen c, c befestigt sind, auf- und abwärts bewegt
werden. Man erhält ihn auf der für die Größe der Copie gewünschten Höhe, indem man
die Sperrklinken f in die Zähne der Sperrräder d, d einfallen läßt.
Außen ist dieser Rahmen mit einem Rande versehen, zwischen welchem sich ein anderer
Rahmen G, Fig. 46, horizontal
bewegt. Diese Bewegung geschieht mittelst der Schnüre g,
g, welche an demselben befestigt sind und über dazu vorhandene Rollen
gehen. In dem Rahmen G sind Ruthen angebracht, in denen
sich ein anderer Rahmen H verschieben läßt, in welchen
ein unbelegtes Spiegelglas gefaßt ist, worauf man die zu copirende Zeichnung legt.
Die doppelte hin- und wiederkehrende Bewegung, von vorn nach hinten und von
Rechts nach Links, welche aus dieser Anordnung hervorgeht, gestattet nach und nach
alle Theile der Zeichnung so zu legen, daß sie über die Mitte des zweiten Rahmens
I zu stehen kommen, der die Camera obscura trägt.
Die Bewegung geschieht durch Schnüre, welche zur Seite des Zeichners heruntergehen
und über Rollen geschlagen sind.
Der zweite Rahmen I bewegt sich wie der Rahmen D, und wird durch dasselbe Verfahren auf der gewünschten
Höhe festgestellt. Er ist mit einem Brette bedekt, in welchem die Camera obscura
befestigt ist; Fig.
48 ist ein Durchschnitt derselben in etwas größerem Maaßstabe; h, h sind die zwei Glaslinsen. Die Camera obscura,
welche sich mit dem Brette, worin sie befestigt ist, auf- und abwärts bewegen
läßt, ist mit einer Zahnstange i versehen, in welche ein
Getrieb eingreift, auf dessen Achse sich ein Griff k
befindet, so daß man durch die Drehung desselben die Entfernung der Linsen von
einander verändern kann, bis man ein deutliches Bild auf dem Papiere erhält, welches
man auf den Tisch K gelegt hat.
Es versteht sich von selbst, daß die zu copirende Zeichnung auf durchscheinendes
Papier gezeichnet seyn muß, damit das Licht durchdringen kann und die Linien der
Zeichnung mit der gehörigen Klarheit erscheinen.
Der Reflector F ist mit einer Zahnstange versehen,
mittelst welcher man ihn heben oder senken kann, bis man die größte Lichtstärke
erhält. Auf die zu copirende Zeichnung zeichnet man Quadrate von 10–15
Centimeter Länge, um mit ihrer Hülfe die Zeichnung desto leichter nach einer
Verschiebung wieder einstellen zu können.
Gebrauch der Maschine.
Da man mit dem beschriebenen Apparat nur beim Lampenlicht arbeitet, so ist es
unnöthig, denselben wie die gewöhnliche Camera obscura mit einem Vorhang zu
verhüllen. Will der Zeichner ein Original in derselben Größe copiren, so nimmt er
die untere Linse aus der Camera obscura weg und verstellt dann die Rahmen D und I allmählich so lange,
bis er die gehörige Größe gefunden hat. Immer wird aber der untere Rahmen I zuerst eingestellt.
Um eine Zeichnung auf das Doppelte zu vergrößern, hebt man den unteren Rahmen in die
Höhe und stellt dann das Instrument mit dem oberen Rahmen auf die genaue Größe ein.
Will man noch mehr vergrößern, so bringt man die untere Linse wieder an ihre Stelle,
und stellt, wie vorher, das Instrument ein. Die an dem Glasrahmen angebrachten
Schnüre gehen über Rollen und es hängt auf jeder Seite des Zeichners eine.
Um nun die Rahmen nach Rechts oder Links zu bewegen, zieht man an der entsprechenden
Schnur, eben so wenn man sie vor- oder rükwärts verschieben will.
Will man eine Zeichnung im verjüngten Maaßstabe copiren, so nähert man die Camera
obscura dem Tische. Im Allgemeinen hebt man die Camera obscura um zu vergrößern, und
senkt sie um zu verkleinern.