Titel: | Ueber die Anwendung von Gußstahl zu Bergbohrern, Bergeisen und Keilhauen. |
Fundstelle: | Band 96, Jahrgang 1845, Nr. XCIX., S. 390 |
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XCIX.
Ueber die Anwendung von Gußstahl zu Bergbohrern,
Bergeisen und Keilhauen.
Aus dem Bergwerksfreund, Bd. IX. S.
1.
Ueber die Anwendung von Gußstahl zu Bergbohrern, Bergeisen und
Keilhauen.
Der Grubendirector Hülßmann ließ auf der Centrumgrube bei
Eschweiler Versuche mit Gußstahlbohrern machen, welche folgende allgemeine Resultate
gegeben haben:
Ein Bohrer von Gußstahl, 2' lang, circa 3/4 stark,achtekig, ist 3 1/2 Pfd.
schwer, per Pfd. 8 Sgr.
=
28 Sgr.
– Pf.
Arbeitslohn eines neuen Bohrers
=
1 –
– –
––––––––––––
Summa
29 Sgr.
– Pf.
Ein Bohrer von gewalztem runden
Puddlingseisen miteingelegtem Stahl, 2' lang, circa 1'' rund stark, wiegt3 Pfd. 26 Loth, woran 3 Pfd. 18
Loth Eisen und 8 Loth Stahl. Ersteres per
Pfd. 1 1/4 Sgr.
=
4 Sgr.
9 Pf.
der Stahl, per
Pfd. 5 2/3 Sgr.
=
1 –
5 –
Arbeitslohn eines neuen Bohrers
=
1 –
– –
––––––––––––
Summa
7 Sgr.
2 Pf.
Mit solchen Bohrern wurden nachstehende Versuche mit voller Ueberzeugung ihrer
Richtigkeit und unter genauer Aufsicht ausgeführt.
1) Im festen Sandstein wurden mit zwei Bohrern von
Gußstahl in 9 1/2 Stunden 36 Zoll gebohrt, wobei der Verlust an Stahl ganz
unbedeutend und unwiegbar war.
In demselben Gebirge wurden auf dieselbe Tiefe von 36 Zoll in 16 Stunden 8 Bohrer
stumpf geschlagen und betrug der Eisenverlust der Bohrer 28 Loth.
Dieß gibt zu Gunsten der Gußstahlbohrer:
6 1/2 Stunde Zeitverlust, per Stunde 1 1/4 Sgr.
=
8 Sgr.
1 Pf.
28 Loth Eisen
=
1 –
2 –
Vier Bohrer zu schärfen à 1 1/4 Pfd.
=
– –
5 –
–––––––––––
Summa
9 Sgr.
8 Pf.
2) In mittelmäßig festem sandigen Schiefer bohrte man mit
zwei gußstählernen Bohrern, bevor sie ganz stumpf wurden, 396 Zoll; hiezu war ein
Zeitraum von 30 Stunden erforderlich, und kein Verlust der Bohrer an Stahl durch
Abschlagen bemerklich, was auch daraus hervorgeht, daß sich fast keine Köpfe
geschlagen hatten.
Mit Bohrern aus Schmiedeisen waren in demselben Gebirge auf 396 Zoll Bohrtiefe acht
Stük Bohrer erforderlich und ein Zeitraum von 37 Stunden. Hiebei betrug der
Eisenverlust der Bohrer 2 Pfd. 3 Loth.
Dieß gibt zu Gunsten der Gußstahlbohrer:
7 Stunden Zeitverlust
=
8 Sgr.
9 Pf.
2 Pfd. 3 Loth Eisen
=
2 –
9 –
Vier Bohrer zu schärfen
=
– –
5 –
–––––––––––––
Summa
11 Sgr.
11 Pf.
3) In reinem compacten Schieferthon wurden endlich mit
zwei Bohrern von Gußstahl in 69 Stunden 1404 Zoll gebohrt, wobei gleichfalls kein
Stahlverlust am Bohrer wahrzunehmen war. – Auch ist nach dieser Arbeit noch
kein Verschleiß an den Bohrern bemerklich geworden und daher wahrscheinlich, daß
dieselben in mildem Gebirge kaum stumpf werden.
Auf die obigen 1404 Zoll wurden in derselben Gebirgsart 6 Stük eiserne Bohrer
abgenuzt, hierauf 78 Stunden Zeit verwandt und ein Eisenverlust von 3 Pfd. 4 Loth
abgenommen.
Dieß gibt zu Gunsten der Gußstahlbohrer:
9 Stunden Zeitverlust
=
11 Sgr.
3 Pf.
3 1/8 Pfd. Eisen
=
4 –
2 –
Sechs Bohrer zu schärfen
=
– –
7 –
–––––––––––
Summa
16 Sgr.
– Pf.
Bei allen diesen Versuchen wurden dieselben Leute verwandt, und es ist daher nicht
wahrscheinlich, daß bei steter Aufsicht durch größere oder geringere Kraftäußerung
eine Differenz veranlaßt worden ist.
Aus diesen Beobachtungen geht hervor, daß man bei Anwendung von Gußstahlbohrern gegen
gewöhnliche eiserne verstählte in 24 Stunden auf je zwei Gußstahlbohrer erspart:
1)
nach den Versuchen in festem Sandstein
14 Sgr.
6 Pf.
2)
nach den Versuchen in mittelmäßig festem sandigen
Schiefer
7 –
9 –
3)
nach den Versuchen in reinem Schieferthon (mildem
Gebirge)
4 –
11 –
wobei die Mehrkosten eines Gußstahlbohrers, also die Zinsen
des größern Capitals, nicht gerechnet sind, weil dagegen a) der Abbrand beim häufigen Umarbeiten der abgenuzten Eisenbohrer, b) das öftere Verstählen derselben und c) die gegen Gußstahlbohrer nöthige, bei weitem größere
Menge in Betracht kommt, was, Alles zusammengenommen, einen neuen Nachtheil für die
Eisenbohrer bringen möchte.
Hauptsache bleibt die Behandlung des Gußstahls, die, einmal erlernt, leicht ist,
wogegen falsche Behandlung große Verluste nach sich zieht.
Die schönen Resultate mit Gußstahlbohrern haben Hrn. Hülßmann veranlaßt, die noch vorhandenen schmiedeisernen Bohrer nach und
nach zu verbrauchen und durch Gußstahlbohrer, namentlich bei Hauptgesteinarbeiten,
zu ersezen. – So wurde das Abteufen des Hauptförderschachts mit
zweiundzwanzig Stük Bohrern, welche zusammen 341mal geschärft wurden, 12 7/8 Lachtet
im Sandstein, Schieferthon und ihren Uebergängen abgeteuft und mit jedem Bohrer 24
Kubikfuß herausgeschlagen, wobei überhaupt ein Stahlverlust von 8 Pfd. 23 Loth
entstand. Ferner sind in einem Querschlag von größeren Dimensionen (für doppelte
Wagenleitung) in festem Sandstein mit zwanzig Bohrern von Gußstahl, welche zusammen 216mal
geschärft wurden, 6 3/4 Lachter aufgefahren; der Effect jedes einzelnen Bohrers war
7,5 Kubikfuß, der Stahlverlust 5 1/2 Pfd.
Im märkischen Revier verhalten sich nach den bis jezt gemachten Erfahrungen die
Schärfkosten der Gußstahlbohrer zu den eisernen:
im Schieferthon
=
1 : 2,364;
im sandigen Schieferthon
=
1 : 1,879;
im Sandstein
=
1 : 1,238;
der Verschleiß in den angeführten Gebirgen resp.
= 1 : 6,2 : 3,804 : 2,166.
In solchen Resultaten liegt die Aufforderung den Gegenstand weiter zu verfolgen; man
beabsichtigt Versuche in größerem Umfang, und zwar in den verschiedenen
Hauptbergdistricten Preußens vorzunehmen, wodurch sich besonders das Verhalten zu
dem in jedem Revier angewendeten Eisen herausstellen wird, welches von sehr
veränderlicher Qualität in verschiedenen Gegenden und nach verschiedenen Bezugsorten
seyn dürfte.
Vorläufig glaubt man annehmen zu können:
a) daß die Anlagkosten für die Bohrer sich vermindern,
indem für 15 schmiedeiserne nur 1 Gußstahlbohrer nöthig ist;
b) daß der Häuereffect mindestens um 1/10 größer ist,
weil die Schneiden länger stehen und nicht so viel Zeit auf halb und ganz stumpfe
Gezähe verwendet wird, weil der Pulversak größer wird, weil keine Köpfe am Bohrer
entstehen, die der Wirkung des Schlages nachtheilig sind, und die Arbeiter bemerkt
haben, daß selbst bei frisch geschärften und oben glatten Bohrern von Eisen die
Kraft des Schlages nicht so ungetheilt zur Schneide dringt, als bei Gußstahl; eine
Erscheinung, die sich aus der größern Dichtigkeit des leztern wohl erklären läßt und
bei verschiedenen Holzarten auch bemerkt wird;
c) daß der Transport des Gezähes in und aus der Grube
erleichtert,
d) die Schärfkosten vermindert und
e) die Gedinge um 1/10 herabgesezt werden.
Dieß leztere muß erst langsam und nach und nach geschehen, denn es gehört zu der
Fortführung der Versuche der gute Wille der Arbeiter, namentlich des Schmieds, da
die Behandlung des Gußstahls große Aufmerksamkeit und Kenntniß erfordert. –
Der Schmied auf Centrum, am besten einer aus Maschinenwerkstätten, hat sich bald an die Behandlung des
Gußstahls gewöhnt, und gelernt nach der Härte des Gesteins die Härte des Stahls zu
modificiren; die Hize darf selten über Kirschroth gegeben werden, Kopf und Schneide
dürfen nicht zu früh einen Bart bekommen und sich rund schlagen, andererseits aber
auch nicht ausspringen. Dieß sind die Gränzen, welche der Schmied kennen lernen muß;
bei zu großer Hize brökeln Stüke ab, und Bohrer von Schmiedeisen sind dann
vorzuziehen.
Man hat bis jezt vier Sorten Gußstahl probirt, englischen von Clemens Schmitz in Köln à 25
Thlr. 16 Sgr. pro 100 Pfd., von Beresford bei Eschweiler zu 20 Thlr., und zwei Sorten von Krupp bei Essen
à 28 Thlr., jedoch nur bei Bestellungen von
mindestens 500 Pfd.; davon ist die lezte Sorte von Krupp
bei weitem die beste.
Friedrich Krupp in Essen macht in gedrukten Empfehlungen
die Angabe der vortheilhaftesten Behandlung seines Gußstahls, und zwar:
a) Zu Steinbohrern: sie
bringen den größten Effect, wenn sie in der ganzen Länge aus Gußstahl bestehen. Die
Ursache beruht in der Festigkeit des Gußstahls, in deren Folge die Kraft der Schläge
sich ohne Verlust der Spize mittheilt; ebenso ist diese Festigkeit des Materials
wieder die Ursache, daß der Kopf sich nicht, wie bei den eisernen Bohrern, leicht
übertreibt, wodurch bei lezteren viel Abfall entsteht. Verschmieden: beim Ausschmieden der Schneide, welches ein zweimaliges
Erwärmen erfordert, ist darauf zu achten, daß der Gußstahl nicht überwärmt und nicht
vom Winde bestrichen wird, indem er hierdurch verbrennen kann. Es ist daher nicht
gut, mehr als zwei Bohrer zugleich im Feuer zu haben. Ein abgenuzter Bohrer wird
wieder in den Stand gesezt durch Nachschmieden und Aufstauchen der Schärfe. Härten: nachdem ein ausgeschmiedeter Bohrer fertig
angefeilt ist, stekt man die Schneide in das Herdfeuer, erwärmt dieselbe nicht
weiter hinauf als nöthig ist, kaum hellroth, und taucht den Bohrer in ein bereit
stehendes, mit Brunnenwasser angefülltes Gefäß ganz unter. Die Schneide ist nun
total hart und mit der besten Feile nicht zu fassen. Troz dieser hohen Härte wird
die Schneide auf sehr hartem Stein nicht ausspringen, wenn der Bohrer beim ersten
Ansezen, so lange die ganze Fläche nicht trägt, mit schwachen Schlägen angeführt
wird. Spingt der Bohrer aus und erfordert die Eigenthümlichkeit des Gesteins eine
Milderung der Härte der Schneide, so legt man einen auf oben beschriebene Weise
gehärteten Bohrer mit der Schneide aufs Herdfeuer, erwärmt die Schneide der Art, daß
ein darauf fallender Wassertropfen sich kugelt, und taucht darauf den Bohrer wieder
ins Wasser. Diese Art des Anlassens ist der gewöhnlichen, wo Härten und Anlassen
zugleich geschieht, vorzuziehen, indem die Härtung hierdurch ganz gleichmäßig
gemildert wird.
Die Anwendung der Gußstahlbohrer ist besonders vortheilhaft bei tiefen Bohrarbeiten,
mittelst Gestänge auf hartem Gestein. Der Gußstahl hiezu oder die fertigen Bohrer
können in jeder Stärke geliefert werden. Das Abbrechen eines solchen Bohrers im
Bohrloche ist nie (?) zu befürchten, indem die Stärke dieses Gußstahls fast das
Dreifache der des Eisens beträgt.
b) Zu Keilhauen: der Gußstahl
zu Keilhauen läßt sich mit Eisen zusammenschweißen, ohne daß er an Güte verliert.
Verschmieden: in eine aus Eisen vorgeschmiedete
aufgespaltene Keilhaue schlägt man einen Gußstahlkeil, bringt die Haue ins Feuer,
läßt das Gebläse nicht stärker werden, als zur Erlangung der Schweißhize nöthig ist,
legt die Haue so, daß der Wind sie nicht bestreichen kann, nimmt während des
Erhizens die Haue einigemal schnell aus dem Feuer, dreht sie durch eine Mischung
gleicher Theile von pulverisirtem Lehm und Salz, und stekt sie wieder ins Feuer. Die
aus dieser Mischung sich bildende Deke dient zum Schuz gegen die Berührung der Luft
und zum nöthigen Verhindern des Sprühens. – Ist nun die Hize weiß und weich,
so dreht man noch einmal schnell die Haue durch die genannte Mischung und schlägt
die Schweißung auf der flachen Seite zusammen. Weil das Eisen beim Anspizen sich
stärker strekt als der Gußstahl, wodurch der Vordertheil des Eisens sich über den
Gußstahl wegschiebt, so muß eine zweite Hize, zur völligen Verbindung des Eisens mit
dem Gußstahlkeil, in Art der ersten geschehen, und kann in dieser zweiten Schweißung
die Haue zugleich völlig ausgeschmiedet werden. Andere sich noch zeigende
Eisenhäutchen, welche die Spize überziehen, werden abgeschält. Darauf die Spize naß
abzuhammern, ist sehr gut, zur Vergrößerung der Zähigkeit. Das einzuschweißende Stük
Gußstahl wird am vortheilhaftesten so schwer genommen, daß das Einschweißen eines
neuen Stüks nicht öfter als nöthig geschieht. Härten: man
erwärmt die Spize der Keilhaue kaum hellroth, hält beim Abkühlen die Spize an der
Wasser-Oberfläche stets in Bewegung auf und ab, damit der Gußstahl sich nicht
absezen kann, und läßt während der Zeit die Spize zweimal gelb an. Die Härte ist der
Art, daß eine gute Feile kaum haftet. Das zweimalige Ablassen ist hier
vorgeschrieben, weil der erforderliche Härtegrad, verbunden mit der größtmöglichen
Dauerhaftigkeit, hierdurch weit sicherer erreicht wird, als durch ein einmaliges stärkeres
Ablassen.
Der vorstehend besprochene Gußstahl unterscheidet sich von allen andern Gattungen
durch eigenthümliche, der gedachten Verwendung entsprechende Qualität. Der Preis
desselben in der Stärke von 1/2 bis 2 Zoll kantig, oder mit gebrochenen Kanten, wie
für Bohrer üblich, ist in Partien unter 50 Pfd., pro
Pfd. 10 Sgr., in größeren Partien pro 100 Pfd. 30 Thlr.,
in Partien über 500 Pfd. pro 100 Pfd. 28 Thlr. –
Fertig gehärtete Steinbohrer von 1/2= bis 2zolligem Gußstahl kosten pro Pfd. 11 1/2 bis 12 1/2 Sgr.; fertige Keil-
und Schrämhauen, mit Gußstahl stark verstählt, pro Pfd.
5 bis 6 Sgr.
Auch die Fabrik von Mayer und Kühne in Bochum empfiehlt ihren Gußstahl und zwar Sorte A bei Bestellungen unter 100 Pfd. à 7 1/2 Sgr. und bei Aufträgen über 100 Pfd. zu 6 1/2 Sgr. pro Pfd. ab Bochum und ohne Verpakung, in Stangen von
gewöhnlichen Dimensionen, Ziel zwei Monate oder baar mit 1 1/2 Proc. Disc. Sie
liefern auf Erfordern den Gußstahl auch in außergewöhnlich schweren Stüken und zwar weicher oder
härter, der sich sowohl zu Draht, als zu Walzen und Münzstempeln oder
andern Zweken eignen soll. Ferner führen sie einen neuen Artikel, schweißbaren Gußstahl
B, welcher pro Pfd. 1 Sgr.
höher gehalten wird, obgleich sich derselbe wegen der Eigenschaft des Schweißens
nicht zu allen den Sachen gebrauchen läßt, wie Sorte A.
Endlich fertigen sie noch einen nicht im Guß raffinirten Stahl C,
welcher reiner und besser als der bergische Naturstahl, etwa in Güte concurrirend
mit dem steyerschen Stahl seyn und sich schön schweißen lassen soll, wobei er
unbeschadet der Zähigkeit einen hohen Härtegrad annimmt, zu dem Preis pro Pfd. von 5 Sgr. unter und 4 1/2 Sgr. über 100 Pfd.
Abnahme. Zugleich etabliren sie eine Feilenhauerei für die Sorten A und C, erbieten sich auch
zu Anfertigung von fertigen Geräthschaften (Bohrer
u.s.w.) und bitten um Prüfung ihrer Waare.