Titel: | Ueber die Aufzeichnung der stündlichen Thermometer-Variationen mittelst photographischen Papiers; von Mungo Ponton. |
Fundstelle: | Band 99, Jahrgang 1846, Nr. X., S. 41 |
Download: | XML |
X.
Ueber die Aufzeichnung der stündlichen
Thermometer-Variationen mittelst photographischen Papiers; von Mungo Ponton.
Aus dem Edinburgh new philosophical Journal, Oct.
1845, S. 270.
Ponton, über die Aufzeichnung der stündlichen
Thermometer-Variationen mittelst photographischen Papiers.
Ein zweckmäßiges Verfahren, die stündlichen Variationen des gewöhnlichen
Quecksilber-Thermometers aufzuzeichnen, wurde längst gewünscht; bisher
konnten wir nur die höchste und niederste Temperatur für jeden Tag und jede Nacht
aufzeichnen, und dieß nur in sehr unvollkommener Weise; aber die stündlichen
Bewegungen des Quecksilbers im Thermometer aufzuzeichnen gelang unseres Wissens bis
jetzt noch nicht; man versuchte zwar von Zeit zu Zeit verschiedene rein mechanische
Mittel, jedoch ohne befriedigenden Erfolg. Durch die neuerlich entdeckten
Erscheinungen der Photographie schien mir dieser Zweck erreicht werden zu können und
die Resultate, zu welchen ich gelangte, geben die Hoffnung, daß der feine Griffel
des Lichts in Zukunft mit gutem Erfolg zum Aufzeichnen der Wärmeveränderungen in der
Atmosphäre angewandt werden wird.
Die erste zu besiegende Schwierigkeit war, einen deutlichen und scharf begränzten
Schatten des gefüllten Theils der Thermometerhöhlung zu erhalten, welcher von den
Schatten des leeren Theils unterschieden werden kann. Nach einigen Versuchen schien
mir folgendes Verfahren am sichersten zum Ziel zu führen: man wähle ein Thermometer
mit flacher Höhlung und schleife die Röhre (Spindel) auf der einen Seite bis beinahe
zur Höhlung ab, so daß man eine flache, eher noch etwas concave, polirte Oberfläche
erhält; die andere Seite aber schleife man nur ein wenig flach. Setzt man nun
letztere abgeflachte Seite dem Lichte einer Lampe oder Gasflamme aus, welches
mittelst eines mit Wasser gefüllten cylindrischen Glasgefäßes condensirt wird, so
wird man bei nur etwas geschickter Anordnung eine Stellung finden, bei welcher der
Schatten der Höhlung auf ein an die andere geschliffene Fläche der Röhre angelegtes
Papier in der Art fällt, daß der Schatten des leeren Theils der Höhlung sich beinahe
auf nichts reducirt, während der des gefüllten Theils beträchtlich groß und scharf
begränzt ist. Durch ein wenig Uebung trifft man bald die richtige Anordnung.
Das Nothwendigste war nun, ein photographisches Papier zu besitzen, welches
empfindlich genug ist, um in gehöriger Entfernung und in hinlänglich kurzer Zeit vom
künstlichen Licht afficirt zu werden, andererseits aber lange genug, ohne zu
verderben, aufbewahrt werden kann. Nach verschiedenen vergeblichen Versuchen
überzeugte ich mich, daß das auf folgende Weise bereitete Papier dem Zweck
vollkommen entspricht. Das Verfahren ist eine Modification des von Hunt erfundenen und von ihm sogenannten Energiatyppapiers
(polytechnisches Journal Bd. XCIII S. 46 und 158).
Man überzieht das Papier vorher mit Jod- oder Chlorsilber — ich ziehe
letzteres vor. Man kann sich dabei des gewöhnlichen Verfahrens bedienen, es vorher
mit salpetersaurem Silber und dann entweder mit Iodkalium oder mit Chlornatrium zu
waschen. Es soll mit dem Jod- oder Chlorsilber wohl überzogen seyn. Nachdem
das auflösliche Salz
durch Eintauchen des Papiers in reines kaltes Wasser gut ausgewaschen ist, muß
zunächst eine gesättigte Auflösung von Bernsteinsäure aufgetragen werden. In diesem
Zustand kann dann das Papier, trocken gehalten und wohl vor dem Lichte geschützt,
beliebig lange Zeit aufbewahrt werden.
Vor seiner Anwendung muß es mit salpetersaurem und essigsaurem Silber, dessen
Bereitung Talbot angab (polytechnisches Journal Bd. LXXXI S.
361), gewaschen werden; dieß verleiht dem Papier den erforderlichen Grad von
Empfindlichkeit; es kann in diesem Zustand, ohne Nachtheil für seine Eigenschaften,
zwei bis drei Tage lang aufbewahrt werden, länger aber nicht.
Wird das salpeter-essigsaure Silber aufgetragen ohne vorausgehendes Waschen
des Papiers mit Bernsteinsäure, so wird zwar das Papier nicht minder empfindlich,
allein es schwärzt sich dann im Dunkeln von selbst und wird folglich unbrauchbar.
Die Bernsteinsäure wirkt also conservirend, indem sie eine freiwillige Zersetzung
verhütet.
Das auf diesem Papier erzeugte Lichtbild ist unsichtbar (latent) und muß durch das
Auftragen einer gesättigten Eisenvitriollösung, welche mit ihrem drei-bis
vierfachen Volum eines Schleims von arabischem Gummi vermischt wurde, erst
hervorgerufen werden. Diese Mischung soll frisch bereitet werden, weil sie bald
gallertartig und dadurch unbrauchbar wird. Der Eisenvitriol kann noch 24 Stunden
nach der ersten Erzeugung des latenten Bildes auf das Papier getragen werden; das
Bild wird dessenungeachtet deutlich zum Vorschein kommen; auf diese Weise können die
Aufzeichnungen eines ganzen Tags auf einmal hervorgerufen werden. Zur Entwicklung
des Bildes ist manchmal die Beihülfe gelinder Erwärmung erforderlich.
Die mechanischen Vorrichtungen sind folgende: — Ein 4½ Zoll hoher,
schwarz lackirter Zinncylinder von 4 Zoll Durchmesser wird mit einem Stückchen des
empfindlichen Papiers umwickelt. Dieser Cylinder wird mittelst eines Uhrwerks um
seine Achse gedreht, so daß er hinter der Röhre des Thermometers vorbei kömmt. Er
bleibt nach Belieben eine Viertel- oder halbe Stunde bei jeder Abtheilung des
Thermometers stehen und bekömmt dann einen Ruck um eine Abtheilung weiter. Hiedurch
wird Zeit gewonnen, damit das Bild durch die Wirkung des Lichts vollkommen
hervorgerufen werden kann. Den das empfindliche Papier drehenden Cylinder umgibt ein
anderer 4 Zoll hoher und 4¼ Zoll dicker schwarz angestrichener Cylinder mit
einem Schlitz, der gerade groß genug ist, um die Röhre des Thermometers aufzunehmen.
Dieser hat den Zweck, das Licht von allen nicht wirksamen Theilen des Papiers abzuhalten. Das Ganze
ist noch mit einer Hülle bedeckt, um alles Licht auszuschließen, mit Ausnahme des
durch die Thermometerröhre gehenden. Die Röhre selbst ist noch mit Flügeln von
schwarzem Papier versehen, damit das Licht sich nach keiner Seite hin verbreiten
kann.
Die Röhre des Thermometers muß zweimal so lang seyn, als es für die gewöhnliche Scala
erforderlich wäre, so daß die Kugel in bedeutender Entfernung von jenem Theil, auf
welchen das Licht wirkt, gebracht werden kann, aus Vorsorge für den Fall, daß die
Temperatur durch letztere Ursache erhöht würde; die Kugel und der untere Theil der
Röhre müssen vor dem Lichte vollkommen geschützt werden. Dieß wird dadurch
bewerkstelligt, daß das Thermometer in ein hölzernes Kästchen kömmt, in welchem sich
die Kugel und die untere Hälfte der Röhre befinden, und das hinten offen ist, damit
die Luft zutreten kann, während der obere Theil der Röhre, dessen man sich zur
Erreichung des Zwecks bedient, über das Kästchen hinaussteht. Das Uhrwerk kann
womöglich in dem Kästchen seinen Platz finden.
Die beschriebenen Cylinder kommen hinter den dem Lichte ausgesetzten Theil der Röhre,
damit das Bild der Röhrenhöhlung sich dem den innern Cylinder umgebenden,
empfindlichen Papier mittheilt; das Papier muß dabei der Röhre so nahe als möglich
gebracht werden.
Der ganze Apparat wird nun in die Nähe einer Lampe oder einer wohlregulirten
Gasflamme gebracht, deren Licht mittelst einer mit Wasser gefüllten cylindrischen
Glasflasche auf die Röhre hin concentrirt wird. Soll die Aufzeichnung halbstündlich
geschehen, so stelle man das Licht auf 2 Fuß Entfernung; soll sie viertelstündlich
vor sich gehen, so darf der Abstand nur 1 Fuß betragen.
Durch diese Vorrichtung wird das Bild des in der Höhlung befindlichen Quecksilbers,
wie es in jeder halben oder Viertelstunde stand, in latentem Zustande auf dem Papier
erzeugt und die ganze Reihe kann nach Verlauf von 24 Stunden durch den Eisenvitriol
sichtbar gemacht werden.
An dem Cylinder muß eine Scala zur Bestimmung der Grade angebracht werden, und das
Papier entsprechende Zeichen erhalten, damit die Scala nach der Entfernung vom
Cylinder darauf gepaßt werden kann. Ein 1½ Zoll breiter Papierstreifen, an
den Theil des Cylinders gebracht, innerhalb dessen man die Bewegung des Quecksilbers
voraussetzt, wird in der Regel genügen.
Dasselbe Verfahren kann auch zum Aufzeichnen beim Barometer und andern Instrumenten
dienen. Es hat den besondern Vorzug, daß es die natürliche Wirkung des Instruments nicht im
geringsten behindert, sondern nur von dem Stand desselben in einer gewissen Zeit ein
Bild erzeugt.
Das von mir zu diesem Zweck am tauglichsten befundene Papier eignet sich ebenso zum
Aufnehmen von Landschaften in der Camera obscura; denn es hält sich gut, um ins
Freie mitgenommen werden zu können, und man kann es auch ebenso lange liegen lassen,
ehe man das Bild hervorruft.
Nachtrag.
Seit meiner ersten Mittheilung brachte Hr. Bryson an dem
photographischen Thermometer ein Uhrwerk an, wodurch die zur halbstündigen
Aufzeichnung der Temperatur erforderliche Vorrichtung vervollkommnet wurde. Die
Verbindung ist durch eine Spindel hergestellt, die sich in ein Kronrädchen endigt
und an dem Schlagwerk der Uhr angebracht ist. Das Kronrädchen greift in ein
horizontales gezahntes Rad, welches den Cylinder in Bewegung setzt, woran sich das
empfindliche Papier befindet und der auf diese Weise mittelst der Uhr jede halbe
Stunde um eine Abtheilung weiter gerückt wird.
Da fernere Versuche gezeigt haben, daß bei einer bessern Concentration des Lichtes
schon in Zeit von 4–5 Minuten eine hinlängliche Wirkung hervorgebracht wird,
so erscheint es vortheilhaft den Stillstand des Cylinders auf diese Zeit zu
beschränken, wobei für Höher- und Niederstellung der Gasflamme in der Art
gesorgt wird, daß sie etwa 5 Minuten lang in jeder halben Stunde auf ihre volle Höhe
gebracht wird, die übrige Zeit hindurch aber mit sehr kleiner Flamme fortbrennt.
Um das Licht besser zu concentriren, bediene ich mich eines linsenförmigen Glases von
4½ Zoll Länge, 3 Zoll Breite und ungefähr ½ Zoll Dicke in der Mitte.
Dieses bringt ein langes schmales Licht längs der Thermometerröhre hervor. Ich fand
es besser, mich eines Fischschwanzbrenners bedienend, statt der flachen Seite der
Flamme ihren Rand der Linse zuzukehren.
Um die Gasflamme höher oder niederer zu stellen, ist die Uhr mit zwei Zeigern
versehen. Ueber oder unter dem Mittelpunkt, um welchen sich diese Zeiger drehen,
befindet sich ein perpendiculärer Hebel, der sich unten in eine kleine Walze endigt.
Von dem einen Ende des Hebels aus geht ein Faden über eine in geringer Entfernung
befindliche Rolle, an welchem ein kleines Gewicht hängt, wodurch der Hebel etwas
seitwärts aus seiner perpendiculären Stellung gebracht wird.
Die Gasröhre ist in ein Knie gebogen und unmittelbar über der Stelle, wo das Gas von
der perpendiculären in die horizontale Röhre übergeht, ist eine kleine rechteckige
Kammer; die perpendiculäre Röhre endigt sich in ein flaches rechteckiges
Messingstück am Boden der Kammer, das in der Mitte ein Loch hat, durch welches das
Gas zuströmt. Auf dieser flachen Oberfläche ruht ein kleines rechteckiges Stück
Eisen, welches bis zu 1/16 oder 1/20 Zoll vom Deckel der geschlossenen Kammer
hinaufreicht. Ueber dem flachen Deckel der Kammer hängt an einer Achse ein kleiner
Hufeisenmagnet, mit einem mehrere Zoll von seiner obern Biegung hinausstehenden
Hebel. An dem Ende dieses Hebels ist ein Faden befestigt, welcher an das obere Ende
des über der Uhr befindlichen Hebels hingeht. Durch diese Verbindung wird der Magnet
von der Kammer in der Gasröhre hinweggezogen und da folglich das Eisenstück in
dieser Kammer von dem Magnete nicht afficirt wird, so bleibt es über der zum
Einlassen von Gas bestimmten Mündung, welche es so weit verschließt, daß nur so viel
Gas zutreten kann, als eben hinreicht um eine sehr kleine Flamme zu unterhalten.
Wenn sich die Uhrzeiger der perpendiculären Stellung nähern, drückt der obere Zeiger
gegen die unten am Hebel befindliche Walze; und wenn sich der Zeiger herumbewegt,
nimmt er den Hebel mit sich fort und hebt so das oben erwähnte kleine Gewicht in die
Höhe und macht dabei den am Magnet befestigten Faden schlaff, wodurch der Magnet
sich frei bewegen kann und von dem Eisen in der Kammer angezogen wird. Sobald die
Pole des Magnets den Deckel der Kammer erreichen, springt das Eisen zu ihnen hinauf
und läßt dadurch dem Gase freien Austritt, so daß die Flamme plötzlich ihre größte
Höhe bekommt. Dieser Zustand verbleibt, während der Zeiger der Uhr sich 5 Minuten
lang weiter bewegt, wobei er den Hebel mit sich führt und so das kleine Gewicht
fortwährend hebt. Sind diese 5 Minuten vorüber, so geht der Zeiger über den Hebel
hinaus, welcher dann augenblicklich in seine ursprüngliche Stellung zurückkehrt; und
zwar kehrt in Folge des Falles des Gewichts von seiner Höhe, der Hebel mit solcher
Kraft zurück, daß er den Magnet von der Kammer in der Gasröhre wegschnellt, so daß
das Eisenstück in dieser Kammer wieder in seine ursprüngliche Lage zurückfällt und
die Gasflamme plötzlich ihren niedersten Standpunkt wieder annehmen muß.
Auf diese Weise wird der Gaszutritt mit geringerer Störung des Uhrwerks regulirt, als
bei Anwendung eines Hahns.
Um den Tag über die Einwirkung fremdartigen Lichts zu verhüten, wurde es rathsam
befunden, zwischen der Linse und dem Thermometer einen kleinen Schirm
anzubringen, welcher durch denselben Hebel, der das Gas vermehrt und vermindert,
geöffnet und geschlossen wird. Dabei wird das Thermometer nur während des hohen
Standpunkts der Gasflamme dem Tageslicht ausgesetzt.
Um die Bilder der Quecksilbersäule in der Thermometerröhre gehörig hervorzubringen,
muß man das Licht im geeigneten Winkel auf sie fallen lassen, so daß der Schatten
des leeren Theils der Röhrenhöhlung verschwindet, der Schatten des vollen Theils
hingegen stärker hervortritt. Wird diese Stellung nicht getroffen, so werden die
Bilder nicht deutlich.
Da zu wünschen war, daß die Uhr innerhalb des Hauses angebracht werden könne, während
das Thermometer und der Registrircylinder sich außerhalb desselben befinden, so habe
ich ein Mittel erdacht, diesen Zweck zu erreichen. Es beruht auf demselben Princip,
wie das Verfahren wodurch die Flamme verstärkt und vermindert wird, und kann durch
denselben Hebel ausgeführt werden, so daß der Cylinder in demselben Augenblick
gedreht wird, in welchem die Gasflamme vermindert wird, gerade nachdem das
Registriren beendigt wurde. Die einzige Verbindung zwischen der Uhr und dem Cylinder
ist ein Faden, welcher durch das Fenster gehen kann.
Es ist bei dieser Einrichtung ein Leichtes zu bewerkstelligen, daß dasselbe Uhrwerk
zu gleicher Zeit den Stand eines Thermometers und eines Barometers, oder sogar eines
Barometers und zweier Thermometer, nämlich eines in der Sonne und eines im Schatten
befindlichen, aufzeichnet.