Titel: | Ueber Beobachtungsmittel zur Erkennung des Ganges der Uhren, insbesondere über das Passage-Prisma; von Prof. Steinheil. |
Fundstelle: | Band 99, Jahrgang 1846, Nr. XXIV., S. 104 |
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XXIV.
Ueber Beobachtungsmittel zur Erkennung des Ganges
der Uhren, insbesondere über das Passage-Prisma; von Prof. Steinheil.
Aus dem Kunst- und Gewerbe-Blatt, Jan.
1846, S. 3.
Mit Abbildungen.
Steinheil, über ein Passage-Prisma zur Regulirung der
Uhren.
Für alle Uhrmacher, welchen daran gelegen, ihren Werken einen gleichförmigen und
regelmäßigen Gang zu verschaffen, ist ein Mittel unentbehrlich, wodurch sie von Zeit
zu Zeit die Abweichungen der Uhren bestimmen können. Gewöhnlich bedienen sie sich
hiezu einer Uhr mit Compensationspendel, deren Gang als gleichförmig angenommen
wird. Indessen weiß man durch die Erfahrungen der Astronomen, daß keine Uhr einen
fehlerfreien Gang besitzt und daß man, um die strenge Gleichförmigkeit des Ganges
kennen zu lernen, genöthigt ist die Wiederkehr der Gestirne zur selben Lage gegen
eine bestimmte Gesichtslinie zu beobachten. — Dieß geschieht nun in der Regel
an einem Fernrohr, welches senkrecht auf seine Absehlinie mit einer Drehungsachse
verbunden ist. Die Zapfen dieser Achse werden in feste Lager horizontal von Ost nach
West gelegt und nun die Angabe der zu prüfenden Uhr für den Augenblick notirt, in
welchem ein Gestirn durch die Gesichtslinie des Fernrohrs geht. War dieses Gestirn
die Sonne, so verstreicht bis zur nächsten Wiederkehr derselben zur Gesichtslinie
des Fernrohrs ein wahrer Sonnentag, dessen Dauer nach mittlerer gleichförmiger Zeit
verschieden ist in verschiedenen Jahreszeiten, wie durch die astronomischen
Jahrbücher angegeben wird. War das Gestirn ein Fixstern, so verfließt bis zur
Wiederkehr ein Sterntag, d. h. 24 Stunden mittlerer Zeit weniger 3′
56″. Allein abgesehen davon, daß dieser Apparat—das Passageinstrument
genannt — in der Anschaffung kostspielig ist und daß es gewöhnlich den
Uhrmachern an einem geeigneten Locale fehlt, um das Instrument aufzustellen, da es
im Freien ungeändert stehen bleiben soll, so ist auch seine Handhabung nicht ohne
Schwierigkeit. Denn bei Nacht muß das Gesichtsfeld erleuchtet werden, um den
Passagefaden im Fernrohr zu erkennen, und es sind eigene Apparate und Methoden
erforderlich, um die Achse des Instruments horizontal und die Abschußlinie senkrecht
darauf zu machen; und unterläßt man diese Untersuchungen, so wie die der
Unveränderlichkeit der Aufstellung von Ost nach West, so sind die Angaben nicht mehr
genau. Das Passageinstrument ist also wohl vortrefflich geeignet für den Astronomen, der seine
Behandlung gründlich kennen lernt und zur Aufstellung eine Sternwarte hat, aber zu
complicirt für den Uhrmacher, dem solche Hülfsmittel fehlen.
Nun kennt man wohl noch viele andere einfachere Methoden, den Gang der Uhren mit dem
Gang der Gestirne zu vergleichen; aber jede bietet wieder eigene Beschränkungen. So
ist eine genaue Sonnenuhr wohl sehr einfach, aber nicht genau genug, um auch noch
kleinere Zeittheile als eine Zeitsecunde mit Sicherheit zu erkennen. So hat Olbers, der berühmte Astronom von Bremen, ein sehr
sinnreiches Mittel angegeben. Ich werde dieses jetzt näher beschreiben. Man sucht,
wo möglich gegen Süden (oder Nord), ein entferntes hohes Gebäude, was sich gegen den
Himmel projicirt. An der verticalen Ostseite desselben verschwinden nun plötzlich
die Sterne des Nachts, sobald sie hinter das Gebäude rücken. Ebenso erscheinen sie
plötzlich wieder an der Westkante, nachdem sie hinter dem Gebäude fortgerückt sind.
Hat nun Tags darauf der Beobachter wieder denselben Standpunkt, so verschwinden und
erscheinen dieselben Fixsterne wieder genau zur selben Sternzeit oder 3′
56″ nach mittlerer Zeit früher, was verglichen mit der dazwischen
verflossenen Uhrzeit deren Gang kennen lehrt. Um nun dem Auge des Beobachters immer
wieder dieselbe Lage zu geben, wie wir es vorausgesetzt haben, kann man auf die
Fensterscheibe ein geschwärztes Papier mit einer kleinen runden Oeffnung in der
Mitte aufkleben und das Verschwinden der Sterne durch diese Oeffnung beobachten.
Oder man kann, wie Olbers es angibt, sich eines Fernrohrs
bedienen, um kleinere Sterne zu erkennen und den Moment des Verschwindens genauer zu
sehen. Dabei hat man das Fernrohr nur jedesmal an denselben Stützpunkt anzulegen,
etwa an den Fensterstock, und da man mehrere Sterne hintereinander im Moment ihres
Verschwindens oder ihres Wiedererscheinens beobachten kann, so wird das Mittel aus
den beobachteten Momenten sehr genau. Diese Methode ließe nichts zu wünschen übrig,
wenn man überall geeignete entfernte Objecte hätte. Allein sehr oft finden sie sich
nicht und daher ist auch die Anwendung der Methode beschränkt.
In neuester Zeit hat auch der Hofuhrmacher Dent in London
ein sehr sinnreiches Instrumentchen erfunden, um den Durchgang der Sterne zu
beobachten und daraus den Gang der Uhren zu prüfen. Er nennt es Dipleidoskop
(beschrieben im polyt. Journal Bd. XCIV S. 132). Das Dipleidoskop bewirkt, daß
man zwei Bilder der Sonne oder des zu beobachtenden Gestirns gleichzeitig sieht.
Eines dieser Bilder ist einmal, das andere zweimal reflectirt. Dadurch haben sie
entgegengesetzte
Bewegung, so daß sie durcheinander hindurchgehen. In diesem Moment wird die Angabe
der Uhr notirt. Dieses Instrument besteht aus zwei Planspiegeln und einem Planglase.
Die Planspiegel sind mit den Spiegelseiten gegen einander gekehrt und bilden einen
Winkel von 60 Graden. Sieht man parallel mit der Ebene des ersten Spiegels in den
zweiten, so erkennt man darin die Bilder der Gegenstände, die sich in der
Verlängerung der zweiten Spiegelebene befinden. Diese Bilder sind die doppelt
reflectirten. Vor diese Spiegel ist nun ein Planglas so gelegt, daß es mit den zwei
Spiegeln ein gleichwinkeliges Prisma bildet. Auf diesem Planglas entstehen jetzt die
einmal reflectirten Bilder derselben Gegenstände. Bleibt nun der Apparat fest stehen
und es bewegen sich die Objecte, also die Sterne, senkrecht gegen die zweite
Spiegelebene, so sieht man, wie schon erwähnt, ihre Bilder sich begegnen und durch
einander gehen.
Soll aber das Dipleidoskop als Passageinstrument dienen, also das Zusammentreffen der
Bilder im Meridian zeigen, so muß die Ebene des zweiten Spiegels, in welchen man
sieht, in den Meridian gelegt werden. Um ihn erst senkrecht zu stellen, kann man
sich eines Bleiloths bedienen. Dieß wird in der Verlängerung der zweiten
Spiegelfläche aufgehängt. Nun sieht man, wie schon oben beschrieben, zwei Bilder
dieses Fadens, aber sie sind erst dann parallel, wenn der zweite Spiegel senkrecht
steht. Seine Stellung wird also corrigirt, bis dieß erreicht ist. Kennt man jetzt
die Zeit, in welcher die Sonne in den Meridian kömmt, so dreht man das Instrument in
der Ebene des Horizonts so lange, bis sich die beiden Bilder der Sonne in diesem
Augenblick der Culmination decken. Bis jetzt haben wir noch nicht angegeben, welche
Neigung die Kante haben soll, welche die beiden Spiegel mit einander bilden. Davon
hängt eigentlich nur ab, welchen Theil des Meridians man übersehen will. Wollte man
z. B. die Sterne im Scheitelpunkt bequem sehen, so müßte die Spiegelkante horizontal
stehen. Bei dieser Stellung übersieht man aber auch noch nördlichere und südlichere
Sterne, je nachdem man mit dem Auge (immer parallel mit dem ersten Spiegel) tiefer
oder höher geht. Darum hat Dent an dem Dipleidoskop eine
Vorrichtung angebracht, durch welche man das ganze Prisma in der zweiten
Spiegelebene drehen kann, und damit die Spiegelkante beliebig neigt, also jeden
Theil des Meridians bequem sichtbar macht.
Aus dieser Beschreibung des Dipleidoskops ergibt sich nun, daß das Princip, worauf es
beruht Bilder, welche sich conträr bewegen, in ihrem Durchgang durcheinander als
Passageinstrument zu benutzen, eine neue und sinnreiche Anwendung sey, und um so mehr
erwarten lasse, als dabei die Dimensionen des Instruments klein seyn können, das
Ganze daher sehr transportabel bleibt.
Dennoch scheint das Instrumentchen nicht allen Bedingungen zu entsprechen, die man an
eine auf so einfachem Princip beruhende Vorrichtung stellen kann, und auch in der
Anwendung nicht so bequem zu seyn, daß jeder auch des Beobachtens Unkundige es zur
Regulirung des Ganges seiner Uhr benützen könnte.
Was mir an dem Dipleidoskop noch mangelhaft scheint, ist Folgendes:
Dent bringt die conträre Bewegung der Bilder dadurch
hervor, daß er das eine zweimal, das andere einmal reflectirt. Das ist aber offenbar
auch einfacher zu erlangen; denn man bekömmt ganz dasselbe, wenn man nur ein Bild
einmal reflectirt, das andere dagegen direct betrachtet, also gar nicht reflectirt.
In Folge dieser unnöthigen Complication in der Auffassung des Grundgedankens ist
auch der Apparat complicirter als nöthig. Dent benützt
zwei Planspiegel und ein Parallelglas. Sind diese Gläser nicht vollkommen parallel
geschliffen, die Kante der Spiegel nicht genau parallel zum Planglas, so entstehen
Fehler, die den Apparat unbrauchbar machen würden. Ueberdieß bedarf das Dipleidoskop
einer Drehung, die genau in der Einen Spiegelebene vor sich gehen muß, sollen nicht
dadurch wieder Fehlerquellen sich ergeben.
Ein weiterer Uebelstand ist, daß das einmal reflectirte Bild auf dem Planglase immer
weit schwächer erscheint, als das von den belegten Spiegeln doppelt reflectirte.
Dadurch können Sterne, die nicht sehr hell sind, schwer daran beobachtet werden. Was
endlich den Gebrauch des Instruments betrifft, so ist es offenbar ein Mangel, daß
man nicht direct nach dem zu beobachtenden Gegenstand sieht, sondern mit dem Auge
erst die Ebene aufsuchen muß, in der die Bilder zusammentreffen, dann den Kopf in
dieser Ebene zu bewegen hat, bis die Bilder erscheinen. Dieß macht natürlich das
Auffinden schwierig und ist für Nichtgeübte, wenigstens anfangs, gewiß ein großes
Hinderniß.
Ich werde nun zeigen, daß man auf das Princip conträrer Bewegung der Bilder ein
Instrumentchen gründen kann, was frei ist von allen oben
erwähnten Mängeln des Dipleidoskops. Dieses Instrument was ich
Passage-Prisma
nenne, besteht, wie schon der Name sagt, in einem (kleinen)
Glasprisma, das mit einer Schraube versehen ist, um an dem Fensterrahmen
festgeschraubt zu
werden. Man sieht durch eine kleine runde Oeffnung in einer Blechscheibe vor dem
Prisma direct nach dem Gestirn, was beobachtet werden soll. Um aber den Apparat
deutlich zu machen, muß er näher beschrieben werden.
Textabbildung Bd. 099, S. 108
Für diejenigen meiner geneigten Leser, welche sich nicht mit Optik schon
beschäftigt haben, setze ich die nebenstehende Figur bei, um ihnen zu zeigen,
wie der Lichtstrahl bei dem Passage-Prisma durch letzteres gebrochen und
reflectirt in das Auge des Beobachters gelangt. Die Figur stellt einen auf die
Achse des Glasprisma senkrechten Durchschnitt vor. Das Prisma soll zwei gleiche
Winkel haben, der dritte Winkel mag etwa zu 90° angenommen werden. Wir
nennen nun die Hypothenusfläche des Prisma's die Reflexionsfläche, die
Kathetenflächen die Brechungsflächen. Denn denken wir uns, daß ein Lichtstrahl
parallel mit der Reflexionsfläche von a herkomme, in
b das Prisma treffe, so wird er hier von einer
Richtung gegen c abgelenkt. In c trifft er die Reflexionsfläche inwendig im Glase
und wird, weil diese Fläche polirt ist, größtentheils reflectirt und zwar unter
demselben Winkel mit der Reflexionsfläche gegen d.
Hier aber tritt er wieder aus dem Glas heraus in die Luft und erleidet daher
abermals eine Ablenkung von seiner Richtung. Diese ist aber der beim Eintritt
aus Luft in Glas conträr. Er wird daher jetzt gegen e hin gebrochen, so daß (d e) parallel
wird zu (a b) oder daß der Strahl in derselben
Richtung aus dem Prisma heraustritt, in welcher er gegen das Prisma kam —
eine Richtung, die wir als parallel mit der Reflexionsfläche des Prisma
vorausgesetzt haben. Kommt nun dieser Strahl von einem sehr entfernten
Gegenstand, etwa einem Stern, so treffen auch andere mit ihm parallele Strahlen,
z. B. a′ d′ über das Prisma hinweg. Wir denken uns jetzt das Auge des
Beobachters, so wie es die Figur zeigt, gegen das Prisma gerichtet, so ist klar,
daß es sowohl den Lichtstrahl a e empfängt, der
durch das Prisma ging, als denjenigen a′ d′, der direct vom Gegenstand über das Prisma
hinweg geht. Das Auge sieht daher den Stern oder Punkt, der in der Verlängerung
der Reflexionsebene liegt, direct und durch das Prisma zugleich, aber doch nur
als ein Bild, weil beide Arten von Lichtstrahlen
unter sich wieder parallel in das Auge gelangen.
Textabbildung Bd. 099, S. 108
Denken wir uns aber nun, daß der Stern nicht in der verlängerten Reflexionsebene
liege, sondern über ihr. Es komme der
direct gesehene Strahl in der Richtung a′ d′, der
damit parallele treffe das Prisma in b, sey
gebrochen nach c, da reflectirt nach d, beim Austritt abermals gebrochen von d nach e. Steht jetzt
das Auge wieder wie vorhin gegen das Prisma, so sieht es zwei Bilder des
Sternes, eines direct in der Richtung e a, das
andere durch das Prisma in der Richtung d′e′ oder unter der
Reflexionsebene. Je weiter folglich der direct gesehene Stern über der Reflexionsebene steht, desto tiefer unter derselben zeigt ihn das Prisma. Bleibt daher
das Prisma stehen und es bewegt sich der Stern von oben nach unten gegen die
Reflexionsebene, so sieht das Auge zwei Bilder des Sternes, die gegen einander
rücken und sich dann begegnen oder zusammentreffen, wenn der Stern durch die
Verlängerung der Reflexionsebene geht.
Textabbildung Bd. 099, S. 109
Sollen die beiden gleichzeitig gesehenen Bilder des Sterns auch gleich in
Helligkeit seyn, so muß das Auge eben soviel Licht direct empfangen, als durch
das Prisma, d. h. die Reflexionsebene des Prisma muß nahezu die Pupille des
Auges Halbiren. Um diese Lage des Auges leicht finden zu können, hat man daher
nur vor das Prisma eine Blendung mit Einsicht anzubringen, wo also die
Reflexionsebene die Einsichtsöffnung halbirt. An dieser Blendung kann auch
gleich ein Sonnenglas angebracht seyn, was die Beobachtung der Sonne möglich
macht. Damit man endlich dem Prisma eine feste unveränderliche Lage gegen den
Himmel geben könne, wollen wir es auf eine Messingplatte mit zwei Schrauben
festschrauben, und der Messingplatte eine Holzschraube geben, die zur
Befestigung des Ganzen dient. Das ist das Passageprisma.
Die Figur zeigt in a′ das Glasprisma, was mit zwei
Schrauben a durch die Lamelle b auf das Messingstück c gehalten ist. An dem
Stück (c) befindet sich die Holzschraube d und es ist zugleich die Blendung e in g angeschraubt. Die
Blendung e endlich trägt das Sonnenglas f.
Wir haben jetzt nur noch zu zeigen, wie dieser kleine Apparat aufgestellt werden
soll, um die zur Regulirung der Uhren geeigneten Beobachtungen damit
anzustellen.
Da die conträr gehenden Bilder sich immer in der Verlängerung der Reflexionsebene
begegnen, so ist klar, daß man dieser Ebene eine solche Lage geben müsse, daß sie
ins Unendliche verlängert, die Himmelskugel in demjenigen größten Kreise schneiden
würde, in welchem man beobachten will. Zur Regulirung der Uhren ist der geeignetste
größte Kreis der Meridian. Man muß also die Reflexionsebene des Prisma's parallel
machen zur Ebene
des Meridians und dieß kann hier eben so bewirkt werden, wie wir es schon für das
Dipleidoskop angegeben haben. Verlangt man jedoch keine Kenntniß der wirklichen
Zeit, sondern nur den Gang der Uhren zu wissen, so ist es ganz ausreichend, das
Instrumentchen nur ungefähr so aufzustellen, daß man über die Reflexionsebene hin
nach Süden sieht, daß diese Ebene ungefähr (nach dem Augenmaaße) senkrecht steht,
die Kante des Prisma aber etwa 45° gegen die Senkrechte geneigt sey. Da die
Sterne von Osten her kommen, wird man wohl daran thun, den Prismenkörper in die
westliche Halbkugel des Himmels zu legen. Aber auch in jeder andern Lage würden die
Sterne eine brauchbare, nur nicht eben so sichere Bestimmung geben. Daß man in
andern Lagen als im Meridian sich übrigens auf die Beobachtung von Fixsternen
beschränken und nicht etwa auch Planeten ohne Rücksicht auf ihre eigene Bewegung
wählen dürfe, versteht sich von selbst.
Das Passageprisma braucht nicht wie das Dipleidoskop in der Reflexionsebene gedreht
zu werden; denn man sieht nicht nur senkrecht auf die Prismenkante, welche dem Auge
zugekehrt ist, hindurch, sondern auch unter Neigungen nach beiden Seiten bis zu 70
Graden. Stellt man also die Prismenkante so, daß man senkrecht darauf nach dem
Aequator sieht (die Verlängerung der Kante geht also nach den Weltpolen), so lassen
sich Sterne bis zum Horizont herab und bis über den Scheitelpunkt hinauf ohne
Verstellung des Instruments beobachten. Vorzüglich hiedurch ist der Apparat so sehr
einfach in seiner Construction geworden. Die Bequemlichkeit seiner Handhabung,
verbunden mit der Genauigkeit, die er zuläßt (man kann circa auf ¾ Secunden den Moment des Zusammentreffens der
Sonnenbilder erkennen), gibt mir die Hoffnung, daß dieser kleine Apparat vielseitig
Anwendung finden werde.
Er dürfte sogar geeignet seyn zu astronomischen Bestimmungen. Man kann durch ihn die
absolute Zeit bis auf Theile einer Zeitsecunde genau bestimmen, durch Beobachtung
der Mondsterne die geographische Länge auf circa
½ Stunde Weges finden und durch Beobachtungen im ersten Vertical nach Bessel's Methode die geographische Breite auf ¼
Wegstunde erkennen, so daß das Passageprisma, was keinen Kubikzoll Raum einnimmt,
und eine Taschenuhr den Reisenden in den Stand setzen, ganz nützliche
Ortsbestimmungen zu machen. Doch gehören zu solchen Anwendungen des Instruments
Untersuchungen über die Fehlerquellen und ihre Bestimmung oder Elimination, auch
einige Abänderungen des Apparates, was ich ausführlich in Schumacher's astronomischen Nachrichten und in den Münchener gelehrten Anzeigen
demnächst geben werde.
Hier mag es genügen gezeigt zu haben, daß sich das Passageprisma in vielen Fällen
besser als die oben angeführten Instrumente und Methoden zur Regulirung des Ganges
der Uhren eigne, insofern als es an jedem Fenster, was die Aussicht nach einem Theil
des Himmels gestattet, aufgestellt werden kann, auch leicht für Ungeübte damit zu
beobachten ist und nur geringe Anschaffungskosten verursacht.