Titel: | Lamolere's Wasserrad mit Kolben. |
Fundstelle: | Band 99, Jahrgang 1846, Nr. XL., S. 167 |
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XL.
Lamolere's Wasserrad mit Kolben.
Aus dem Technologiste, September 1845, S.
541.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Lamolere's Wasserrad mit Kolben.
Hr. Lamolere ließ vor vier Jahren in seiner Besitzung
Sours bei Chartres einen neuen hydraulischen Motor bauen, den er Wasserrad mit
Kolben (roue à piston) nannte. Diese ganz einfache
Maschine besteht aus einem verticalen Cylinder mit elliptischem Querschnitt, in
welchem sich Kolben bewegen, die durch eine über eine Trommel geschlagene endlose
Kette mit einander verbunden sind. Die Kolben, deren Durchschnitt kleiner als
derjenige des Cylinders ist, sind mit ledernen Riemen eingefaßt, welche unter dem
Drucke des Wassers hermetisch an den Cylinder schließen, so daß der auf dem Kolben
lastende Verticaldruck stets dem Gewichte einer Wassersäule gleich kommt, deren
Grundfläche der
Querschnitt des Cylinders und deren Höhe die Höhe des Wasserstandes über dem Kolben
ist.
Man sieht, daß diese Maschine die zur Hervorbringung eines Maximumeffectes
günstigsten edingungen in sich schließt, und daß sie, wenn sie vollkommen adjustirt
wäre, einen Nutzeffect liefern müßte, welcher von der theoretischen Leistung nur
sehr wenig verschieden wäre.
Leider zeigte die Maschine, zu deren Kraftbestimmung der obengenannte Ingenieur
berufen wurde, keineswegs die Regelmäßigkeit der Bewegung, welche man bei dem
Mechanismus dieses Motors erlangen kann. Dieser Umstand hinderte mich, den ganzen
möglicherweise zu erlangenden Nutzeffect mit Sicherheit zu bestimmen. Die Maschine,
deren Leistung mit Hülfe des Prony'schen Zaumdynamometers
bestimmt wurde, arbeitet gewöhnlich mit einem Gefälle von 2,04 Meter und einem
Wasserverbrauch von ungefähr 31 Liter per Secunde. Die
Geschwindigkeit wechselte zwischen 36 und 39 Umdrehungen per Minute. Der Nutzeffect wurde zu 0,71 und 0,72 des theoretischen
Effectes gefunden. Diese für eine gut adjustirte Maschine zwar mittelmäßige Leistung
schien mir dennoch zu Gunsten des neuen Motors zu sprechen, insofern derselbe in
einem schlechten Zustande sich befand. Es machten sich drei Hauptursachen des
Kraftverlustes bemerklich:
1) der Cylinder füllte sich nicht vollständig, weil in Folge einer fehlerhaften
Anordnung die große Achse des rechtwinkeligen Durchschnittes im Sinne des
Wasserlaufs anstatt im entgegengesetzten Sinne gestellt war;
2) die Kolben hatten viel zu viel Spiel in der Trommel, um das Gleiten der endlosen
Kette auf der Trommel zu verhüten; und dieses Gleiten fand an mehreren Punkten
statt;
3) endlich war der Cylinder an seinem unteren Theile schlecht befestigt, und die
dadurch veranlaßten Oscillationen erzeugten eine Reibung zwischen dem Kolben und dem
Cylinder.
Ich glaube daher, daß die Maschine des Hrn. Lamolere, wenn
sie mit aller möglichen Genauigkeit aufgestellt und so angeordnet wird, daß sich der
Cylinder leicht fühlen kann, den höchsten Nuzeffect liefern wird, der sich mit einer
hydraulischen Maschine erreichen läßt.
Fig. 49 stellt
die Maschine im Verticalaufrisse, Fig. 50 im
Längendurchschnitte nach der Achse dar. A das obere, B das untere Wasserniveau; C
die Schütze; D, D der
verticale, elliptische in Mauerwerk ausgesührte Cylinder von der Höhe des
Wassergefälles; E die hölzerne Trommel, welche zur
Aufnahme der Kolben mit eingeschnittenen Kränzen versehen ist; e, e, e, e die hölzernen mit Leder eingefaßten
Kolben, welche mit
sanfter Reibung in den verticalen Cylinder eintreten; F,
F die endlose Kette, welche die Kolben mit einander
verbindet.