Titel: | Ueber die Fabrication der Dünger und die Prüfung derselben auf ihren Werth; von Payen. |
Fundstelle: | Band 99, Jahrgang 1846, Nr. LVIII., S. 221 |
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LVIII.
Ueber die Fabrication der Dünger und die Prüfung
derselben auf ihren Werth; von Payen.
Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement, Nov.
1845, S. 337.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Payen, über die Fabrication der Dünger und deren Prüfung auf ihren
Werth.
Unter den im Handel vorkommenden Düngern ist die Knochenkohle — der Rückstand
der Zuckerraffinerien — ohne Zweifel einer der wichtigsten; derselbe wird in
der größten Menge erzeugt und angewandt. Als man in den Raffinerien anfing zum
Klären der Syrupe die feingemahlene Knochenkohle und das Rinderblut zu benutzen,
wurde der Rückstand dieser Operation, aus einem Gemenge von Knochenkohle und
geronnenem Blut bestehend, in den Fabriken aufgehäuft, bis sich Gelegenheit darbot,
sich desselben zu entledigen. Erst im J. 1825 versuchte man diese Substanz als
Dünger zu benutzen; man erhielt damit so günstige Resultate, daß die
Zuckerraffinerien sie zu immer höheren Preisen verkaufen konnten; seit einiger Zeit
wird diese Substanz sogar höher als die neue Knochenkohle bezahlt.
Die Knochenkohle, welche man hauptsächlich in den westlichen Departements
(Frankreichs) anwendet, die sie auf der Loire beziehen, wird nach Nantes
transportirt und zwar nicht nur aus allen Städten Frankreichs welche Raffinerien
besitzen, wie Marseille, Havre, Paris etc., sondern auch von den Raffinerien in
England, Hamburg, Amsterdam etc.; im westlichen Frankreich allein werden über 10
Millionen Kilogramme Knochenkohle jährlich verbraucht.
Anfangs glaubte man die Knochenkohle verdanke ihr Befruchtungsvermögen einzig dem in
ihr enthaltenen phosphorsauren Kalk; directe Versuche mit phosphorsaurem Kalk,
nämlich mit gebrannten
Knochen oder den Rückständen der Leimfabriken, bewiesen jedoch, daß dieses Product
für sich allein nicht befruchtend wirkt; die Knochenkohle, ohne Beimengung
angewandt, zeigte sich wenig wirksam. Daraus folgerte man natürlich, daß dem Blut
die auffallenden Wirkungen des kohligen Rückstands der Raffinerien zuzuschreiben
sind, ohne daß man den nützlichen Einfluß des phosphorsauren Kalks in einem Boden,
welchem solcher mangelt, deßhalb bestritt.
Als man die Wirkung der Knochenkohle aus den Raffinerien, welche im trockenen
Zustande 15 bis 20 Proc. Blut enthält, mit der Wirkung einer äquivalenten Menge
Bluts, für sich allein angewandt, verglich, überzeugte man sich, daß die
Knochenkohle vier-bis fünfmal wirksamer als das in ihr enthaltene Blut ist.
Nachdem diese auffallende Thatsache einmal erklärt war, säumte man nicht daraus für
die Fabrication und Anwendung analoger Dünger Nutzen zu ziehen. Wenn man sich
erinnert, daß die Kohle die Eigenschaft besitzt, die Fäulniß zu verzögern und
überdieß die bei der Fäulniß sich entbindenden Gasarten zu absorbiren, so begreift
man, daß das mit Kohle vermengte Blut sich so langsam zersetzen kann, daß die
Pflanze Zeit hat die nützlichen Producte zu absorbiren und zu assimiliren, während
das Blut, allein angewandt, sich viel schneller zersetzen kann, wobei sich ein
großer Theil der Zersetzungs-Producte in der Luft verlieren muß.
Bald fingen nun geschickte Fabrikanten an einen Dünger zu fabriciren, welcher der
Knochenkohle der Raffinerien nicht nur im äußeren Ansehen sondern auch hinsichtlich
des Befruchtungsvermögens ähnlich war. Sie machten Gemenge von geronnenem Blut und
Menschenkoth mit kohlehaltiger Erde (verkohltem bituminösem Mergelschiefer), welche
unter der Benennung noir animalisé verkauft wurden und
sich als sehr wirksame Dünger bewährten, denn sie enthielten die stickstoffhaltigen
organischen Substanzen sowie die der Vegetation zuträglichen Salze und Basen, welche
dem Boden fehlen können.
Die Fabrication derartiger Dünger mittelst des Menschenkoths anstatt der früheren
fehlerhaften Fabrication von Kothpulver (poudrette) ist
ein bedeutender Fortschritt sowohl im Interesse der Landwirthschaft als auch der
großen Städte; dadurch werden nämlich die faulen Ausdünstungen vermieden, welche bei
dem alten System der Schindanger und bei der Bereitung des Kothpulvers die Luft der
Umgegend verpesten. Durch Vermengen des Menschenkoths mit kohlehaltiger Erde in
geeignetem Verhältniß kann man in sehr kurzer Zeit und ohne Gestank einen sehr
wirksamen Dünger bereiten, welcher sogleich verkäuflich ist und bei dessen
Fabrication keine nützliche Substanz verloren geht; dagegen erfordern die
Manipulationen, welche nöthig sind um den Menschenkoth in trockenen und
pulverförmigen Zustand zu versetzen (ihn in sogenanntes Kothpulver zu verwandeln),
durchschnittlich einen Zeitraum von fünf Jahren und während dieser Zeit verliert das
Product in Folge der Gährung und des Auswaschens durch Regenwasser 9/10 seines
Werths.
Die Benutzung der kohlehaltigen Erden und der desinficirenden Substanzen, welche in
der letzten Zeit vorgeschlagen wurden,Polytechn. Journal Bd. XCV S. 312, Bd. XCVI S.
336, Bd. XCVII S. 315 und Bd.
XCVIII S. 336.A. d. R. gewährt den bedeutenden
Vortheil, daß sich die Abtrittgruben in großen Städten auf eine bequemere Weise und
mit weniger Nachtheil für die Gesundheit ausräumen lassen und man der
Landwirthschaft jedes Jahr einen sehr kräftigen Dünger in viel größerer Menge als es
jetzt der Fall ist, zu liefern im Stande ist.
Außer dem Menschenkoth können auch thierische Ueberreste, wie das Blut der
Schlachthäuser, das Blut und Muskelfleisch der todten Pferde, der Landwirthschaft
kräftige Dünger in großer Menge liefern. Man bereitet (in Frankreich) im Großen
geronnenes und ausgetrocknetes Blut, sowie getrocknetes Muskelfleisch, welche man in
die Colonien als Dünger für die Zuckerrohrfelder versendet. Außer den genannten
Substanzen werden noch viele Rückstände der Fabriken, theils allein, theils mit
verschiedenen Producten vermengt, als Dünger angewandt.
Bei der bedeutenden Ausdehnung, welche der Handel mit künstlichen Düngern in kurzer
Zeit erreichte, war zu erwarten daß auch Betrügereien nicht unterbleiben würden, was
leider der Fall ist. Es wäre daher sehr zu wünschen, daß man eine sichere
Probirmethode des Düngers besäße, um ihn wie andere Waaren nach seinem Gehalt kaufen
und verkaufen zu können. Wir wollen nun das Princip entwickeln, auf welches sich
eine solche Düngerprobe gründen läßt.
Die Landwirthe nehmen an und die Erfahrung hat gezeigt, daß die thierischen
Ueberreste die besten Dünger sind. Diese Substanzen unterscheiden sich von den
Stoffen vegetabilischen Ursprungs durch den größeren Gehalt an stickstoffreichen
Producten, welche leicht in Fäulniß übergehen und sich dabei in Gase oder
auflösliche Materien zersetzen, die zur Ernährung der Pflanzen geeignet sind; die
Pflanzen können aber nur auflösliche oder gasförmige Producte assimiliren, und daß
sie stickstoffhaltiger Materien zur Ernährung bedürfen, beweist schon die
Zusammensetzung der Pflanzen und des Saftes. In der That enthalten der Saft, die jungen Organe der
Vegetabilien und diejenigen Theile, wo die Lebensfunctionen hauptsächlich thätig
sind, eine große Menge stickstoffhaltiger, den thierischen Materien analoger
Substanzen.
Da nun die stickstoffhaltigen organischen Materien einerseits unentbehrlich und
andererseits fast nie in hinreichender Menge im Boden enthalten sind, so müssen sie
den wesentlichen Bestandtheil des Düngers bilden; wenn man also den Stickstoffgehalt
eines Düngers bestimmt und ihn mit demjenigen eines anderen als Einheit angenommenen
Düngers vergleicht, so kann man stets den relativen Werth eines gegebenen Düngers
bestimmen. Die thierischen Ueberreste enthalten überdieß die Salze und Basen, welche
die Materialien zur Pflanzenernährung ergänzen; die unorganischen Substanzen, welche
im Boden fehlen sollten, müssen natürlich besonders zugesetzt werden.
Bei meinen Untersuchungen über die Dünger, welche ich gemeinschaftlich mit Hrn. Boussingault ausgeführt habe,Polytechn. Journal Bd. LXXXII S. 134 und Bd. LXXXVI S.
372. nahmen wir den gewöhnlichen Stallmist als Einheit
an; wir fanden, daß das zur jährlichen Düngung einer Hektare Feldes verwendete
Quantum Dünger durchschnittlich 40 Kilogramme Stickstoff enthalten muß; ein Dünger
wird also einen desto größeren Werth haben, je weniger davon erforderlich ist um 40
Kilogr. Stickstoff zu repräsentiren.
Wir wollen nun sehen wie man den Stickstoffgehalt eines
Düngers bestimmen kann. Zuerst muß man sich ein durchschnittliches Muster der zu
analysirenden Substanz verschaffen, indem man an mehreren Stellen des Haufens,
zunächst der Oberfläche, am Boden, in der Mitte desselben etc. Proben nimmt und
dieselben gehörig mit einander vermengt; von diesem Gemenge nimmt man dann eine
gewisse Quantität, um sie zu analysiren.
Nachdem man sich so ein Muster verschafft hat, welches so nahe als möglich die
mittlere Zusammensetzung des Düngers repräsentirt, bestimmt man zuerst den
Wassergehalt, indem man eine bestimmte Menge davon auf 80° R. in einem
Luftstrom oder im luftleeren Raum erhitzt. Um den Stickstoff zu bestimmen, verbrennt
man eine kleine Menge der trockenen Substanz in einer Glasröhre mit Kupferoxyd; man
verwandelt so ihren Kohlenstoff in Kohlensäure, ihren Wasserstoff in Wasser und
sammelt den Stickstoff in gasförmigem Zustande auf. Ich will nun das Verfahren
umständlich beschreiben. Der Apparat besteht, wie aus Fig. 20 und 21 ersichtlich
ist, aus einer Röhre von grünem strengflüssigen Glase a′, welche 1, 1 Meter lang ist und 10 bis 15 Millimeter im
Durchmesser hat; ihr eines Ende b′ ist ausgezogen
und an der Lampe zugeschmolzen, das andere aber mündet so aus, daß es dem Druck des
fest eingezwängten Stöpsels c′ widerstehen kann.
Am offenen Ende dieser Röhre bringt man eine Tförmige
Röhre d′ an, deren längerer Schenkel e′, welcher vertical ist, etwas über 76
Centimeter lang seyn muß; unten ist der große Schenkel umgebogen und taucht in eine
Quecksilberwanne f′, so daß man mittelst der
Glocke g′ die Gase aufsammeln kann. Das dritte
Ende der Tförmigen Röhre communicirt mit einer Luftpumpe
h′, damit man den Apparat luftleer machen
kann.
Ehe man den Apparat so zusammensetzt, muß man die zu analysirende Substanz in die
Röhre bringen und folgende Vorsichtsmaaßregeln befolgen: man erhitzt das
anzuwendende Kupferoxyd, welches ein Gemenge von feinem und gröberem Oxyd seyn muß,
vorher zum Rothglühen. Man spült zuerst die Röhre mit diesem heißen Oxyd aus, indem
man die Vorsicht gebraucht das hiezu benutzte Oxyd dann zu beseitigen: durch dieses
Ausspülen sollen die fremdartigen Körper beseitigt werden, welche sich allenfalls an
der Innenseite der Röhre angesetzt haben. Nachdem die Röhre gehörig ausgespült ist,
läßt man sie einen Augenblick erkalten und bringt auf den Boden derselben
Natron-Bicarbonat auf eine Länge von 12 bis 15 Centimetern; auf dieses bringt
man Kupferoxyd, etwa auf eine Länge von 10 Centimetern; dann bringt man die Substanz
hinein, welche vorher zu feinem Pulver gerieben und so gut als möglich mit
Kupferoxyd vermengt worden ist: das Gemenge der Substanz mit Kupferoxyd nimmt eine
Länge von 15 bis 20 Centimetern ein und darüber bringt man eine gleiche Menge
Kupferoxyd, womit man zuvor den Mörser ausreibt, der zum Anmachen des Gemenges
gedient hat, um die letzten Antheile der zu analysirenden Substanz mitzunehmen,
welche übrigens sehr genau gewogen worden seyn muß. Auf dieses letztere Oxyd bringt
man durch Wasserstoffgas reducirtes Kupfer, etwa auf eine Länge von 15 Centimetern,
welches man mit einem Glasstab gut eindrückt: dieses reducirte Kupfer muß den
Sauerstoff und die Stickstoffoxyde absorbiren, welche während der Operation
entstehen. Auf dieses metallische Kupfer bringt man 8 bis 10 Centimeter Oxyd und
zuletzt füllt man die Röhre mit metallischem Kupfer, indem man einen ziemlich großen
Raum übrig läßt, damit der Kork dem Kupfer nicht zu nahe kommt, welches sehr heiß
wird und ihn daher zersetzen könnte.
Die kleine Menge Kupferoxyd welche zwischen das reducirte Kupfer gebracht wird, hat
zum Zweck die Gase zu verbrennen, welche allenfalls der Verbrennung entgingen;
ferner die Oberflächen der Gase, welche mit der zweiten Portion metallischen Kupfers
in Berührung kommen, zu wechseln und zu vervielfältigen. Nachdem die Röhre so
gefüllt ist, umgibt man sie mit einem dünnen Messingblech, welches spiralförmig
gewunden ist, wobei man aber denjenigen Theil der Röhre, wo sich das Bicarbonat
befindet, sowie denjenigen, welcher an ihrem anderen Ende leer gelassen wurde,
entblößt läßt; man fügt dann mittelst eines gut gewählten Korks die Tförmige Röhre an und legt hierauf den Apparat auf den
Ofen i′, indem man den gekrümmten Theil der Tförmigen Röhre in eine Quecksilberwanne steckt; dann
setzt man den Apparat mit der Luftpumpe h′ durch
eine Kautschukröhre k′ in Verbindung und pumpt
die Luft aus der Röhre aus: das Quecksilber steigt nun in dem verticalen Schenkel
der Tförmigen Röhre und man versichert sich, daß seine
Säule nicht sinkt, um überzeugt zu seyn, daß der Apparat ganz dicht ist. Hierauf
fangt man an das Natron-Bicarbonat zu erhitzen; das Quecksilber sinkt nun in
der Röhre und der Apparat füllt sich ganz mit Kohlensäure; man stellt dann zum
zweitenmal den luftleeren Raum her, hierauf zum dritten- und sogar zum
viertenmal; man kann nun beinahe überzeugt seyn, daß die Röhre bloß noch Kohlensäure
enthält. Uebrigens ist es leicht sich dessen zu vergewissern, indem man auf das
Entbindungsrohr eine kleine Glasglocke mit Aetzkali stellt; wenn das Gas vollständig
absorbirt wird, ist dieß ein Beweis, daß die Röhre bloß noch Kohlensäure enthält;
alsdann unterbricht man die Communication der Luftpumpe mit der Röhre, indem man die
Kautschukröhre, welche diese zwei Theile des Apparats mit einander verbindet, in
ihrer Mitte zusammenschnürt. Fig. 22 und 23 machen
dieses deutlich: im Innern der Kautschukröhre befindet sich nämlich ein kleiner
Cylinder aus massivem Glase l′; ist letzterer in
der Lage Fig.
22, so können die Gase zwischen dem Glascylinder und der Kautschukröhre
circuliren; will man aber die Communication unterbrechen, so braucht man nur, wie
Fig. 23
zeigt, den Kautschuk auf dem Glascylinder durch einen Verband zusammenzudrücken.
Nachdem man auf die Entbindungsröhre eine mit Quecksilber gefüllte Glocke gestellt
hat, in welche man mittelst einer krummen Pipette Aetzkali einführte, fängt man an
die Verbrennungsröhre zu erhitzen: zuerst muß man den vorderen Theil erhitzen, indem
man allmählich gegen die Spitze vorschreitet. Die zu analysirende Substanz darf man
nicht eher angreifen, als bis der vordere Theil der Röhre völlig rothglühend ist,
und wenn man an dem Theil der Röhre angelangt ist, wo sich diese Substanz befindet,
muß man langsam erhitzen, damit sich die Gase Blase für Blase entbinden, und folglich, indem
sie langsam durch die Röhre streichen, gänzlich zersetzt werden. Nachdem die
Substanz vollständig verbrannt ist, was man an dem Nachlassen der Gasentbindung
erkennt, erhitzt man neuerdings das Bicarbonat, um mittelst der Kohlensäure allen
Stickstoff auszutreiben, welcher in der Röhre zurückgeblieben seyn könnte. Wenn ein
Ueberschuß von Kohlensäure die Röhre passirt hat, ist die Operation beendigt und man
bricht die Spitze der Röhre ab.
Man hat dann in der Glocke allen Stickstoff in gasförmigem Zustande; dieses Gas füllt
man in eine graduirte Glocke mit Wasser über und kann nun aus dem Volum desselben
mit Berücksichtigung der Temperatur und des Luftdrucks leicht sein Gewicht
berechnen.
Endlich braucht man bloß noch den analysirten Dünger mit Düngern von bekanntem Gehalt
zu vergleichen.
(Auf diese Weise haben Boussingault und Payen die Aequivalente der verschiedenen Düngerarten
bestimmt, welche im polytechn. Journal Bd. LXXXII S. 143 und Bd. LXXXVI S. 384
mitgetheilt worden sind.)