Titel: | Ueber die Gewinnung reinen Eisens in cohärenter Gestalt mittelst Galvanismus; von R. Böttger. |
Fundstelle: | Band 99, Jahrgang 1846, Nr. LXXIV., S. 296 |
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LXXIV.
Ueber die Gewinnung reinen Eisens in cohärenter
Gestalt mittelst Galvanismus; von R. Böttger.
Aus Poggendorff's Annalen der Physik, 1846 Nr. 1.
Böttger, über die Gewinnung reinen Eisens in cohärenter Gestalt
mittelst Galvanismus.
Die Beobachtung Péligot's,Polytechnisches Journal Bd. XCIV S. 166. auf chemischem
Wege durch Zerlegung des Eisenchlorürs mittelst darübergeleiteten Wasserstoffgases
reines Eisen, theils in glänzenden Octaëdern, theils in kleinen schmiedbaren
Lamellen zu gewinnen, war für mich zu interessant, als daß ich hätte unversucht
lassen sollen, ob es nicht vielleicht auch möglich sey, auf galvanischem Wege, mit oder ohne Batterie,
denselben Zweck zu erreichen. Es ist früherhin zwar schon einigemale (in der neueren
Zeit, wenn ich nicht irre, von Capitaine) behauptet
worden, daß man bei Behandlung einer möglichst neutral reagirenden concentrirten
Lösung von Eisenchlorür durch bloßes Kochen mit Zink metallisches Eisen gewinnen könne; indeß beruhen
diese und ähnliche Angaben sicherlich auf Täuschungen, indem es mir niemals, wie
mannichfach ich auch den Versuch und die dabei in Betracht kommenden Umstände
abändern mochte, gelang, metallisches Eisen überhaupt, noch viel weniger eine reine,
fest zusammenhängende Eisenmasse auf diesem Wege zu produciren. Meinen Beobachtungen
zufolge sieht man nämlich bei der Behandlung der Eisensalze mit bloßem Zink meist nur Oxydhydrat, und in einzelnen Fällen ein grauschwarzes, wie Hammerschlag
aussehendes, die Magnetnadel afficirendes Oxyduloxyd
resultiren, während Gold-, Platin-, Palladium-,
Kadmium-, Silber-, Kupfer-, Zinn-, Bleisalze u. s. w.
bei gleicher Behandlung lediglich ihre metallische Grundlage absetzen.
Bei weiterer Verfolgung dieses Gegenstandes, namentlich bei der Untersuchung, ob
vielleicht bei der Zerlegung des einen oder des anderen Eisensalzes mittelst einer
constant wirkenden galvanischen Säule reines
metallisches Eisen sich möchte gewinnen lassen, habe ich das Vergnügen gehabt höchst
interessante Resultate hervorgehen zu sehen. Meine früheren, die galvanische
Zerlegung gewisser Doppelsalze des Zinks, Platins und Nickels
betreffenden Beobachtungen berechtigten mich gewissermaßen zu der Annahme, es
möchten sich auch wohl die entsprechenden Doppelsalze des Eisens auf dieselbe
einfache Weise zerlegen lassen. Und in der That habe ich meine Vermuthung vollkommen
bestätigt gefunden. Zersetzt man nämlich mit einer etwa aus drei- oder
vier-, sechs- bis achtquadratzölligen Elementen bestehenden Daniell'schen constant wirkenden Batterie eine gesättigte
Lösung von schwefelsaurem Eisenoxydulammoniak oder von
Ammoniumeisenchlorür mit der Vorsicht, daß die in die
Salzsolution eingetauchte, aus einem Eisenblech bestehende Anode durch eine Membran von der Kathode geschieden ist, so sieht man
augenblicklich die letztere sich mit einer spiegelblanken, fast silberweißen Schicht
metallischen Eisens bekleiden. Regulirt man, durch Einschaltung einer Magnetnadel,
den elektrischen Strom genau so, daß an der Kathode kein Wasserstoffgas frei wird,
so sieht man, falls man die Eisensalzlösung immer auf dem Punkte der Sättigung
erhält, schon innerhalb weniger Tage die Kathode mit einer dicken Schicht reinen
Eisens überwachsen. Auf diese Weise ist es mir gelungen ein Guldenstück
galvanoplastisch zu copiren, muß aber bemerken, daß die auf diese Weise erzeugte
Eisenplatte eine solche Sprödigkeit besaß, daß es kaum gelang sie unbeschädigt von
dem Guldenstücke zu trennen. Bei einem auf diese Eisenmünze geführten schwachen
Hammerschlag sah ich sie in unzählige Stücke zerspringen, ich glaube daher nicht,
daß die Gewinnung des Eisens auf galvanoplastischem Wege jemals zu technischen Zwecken sich wird
benutzen lassen, obwohl das Factum an sich in rein wissenschaftlicher Beziehung
gewiß von einigem Interesse ist.
Fortgesetzte Versuche haben mich ferner gelehrt, daß ein Gemisch von Ammoniumeisenchlorür und schwefelsaurem Eisenoxydulammoniak noch weit geeigneter ist, bei seiner
Zersetzung auf galvanischem Wege metallisches Eisen auszuscheiden, als jedes der
genannten Salze für sich. Da man nun bekanntlich bei der Vermischung und Auflösung
von ungefähr 2 Gewichtstheilen Eisenvitriol und 1 Gewichtstheil Salmiak in Wasser
eine Salzlösung erhält, aus der in einiger Zeit zuerst schwefelsaures
Eisenoxydulammoniak, und am Ende Ammoniumeisenchlorür herauskrystallisirt, so
empfehle ich zu der mehrerwähnten Eisenproduction auf galvanischem Wege, sich stets
einer concentrirten Lösung von 2 Gewichtstheilen Eisenvitriol und 1 Gewichtstheil
Salmiak zu bedienen.
Selbst ohne Mitanwendung einer Daniell'schen Batterie und
zwar durch bloßen einfachen Contact mittelst eines Zinkstäbchens ist man im Stande
ein elektronegatives Metall in vorerwähnter Salzsolution mit einer dünnen,
spiegelblanken Schicht metallischen Eisens zu bekleiden. Erhitzt man nämlich eine
ziemlich gesättigte Lösung von Salmiak und Eisenvitriol in einer Porcellanschale zum
heftigsten Sieden, und senkt dann ein blank gescheuertes Kupfer- oder
Messingblech unter gleichzeitiger Berührung eines Zinkstreifens in jene Lösung, so
überziehen sich in wenig Augenblicken jene Metallbleche mit einer dünnen Schicht
Eisen, welche so fest haftet, daß sie recht gut den Polirstahl verträgt, und eine
genäherte Magnetnadel heftig afficirt. Bedient man sich statt eines Zinkstreifens
vielmehr einer Quantität granulirten Zinks, welches man
unmittelbar in die kochende Eisensalzlösung wirft, und trägt dann Sorge, daß der mit
Eisen zu überziehende Gegenstand mit mehreren Zinkpartikelchen zugleich in Contact
kommt, so erscheint der Eisenüberzug fast momentan.