Titel: | Versuch über die Theorie der Fabrication mit Krappfarben bedruckter Kattune; von Saß. |
Fundstelle: | Band 100, Jahrgang 1846, Nr. XI., S. 39 |
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XI.
Versuch über die Theorie der Fabrication mit
Krappfarben bedruckter Kattune; von Saß.
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement, Aug. und Sept. 1845.
Saß, über die Theorie der Fabrication mit Krappfarben bedruckter
Kattune.
Der Zweck dieses Zweigs der Kattundruckerei ist, den Farbstoff des Krapps mit den
vorher auf dem Gewebe befestigten Beizen zu vereinigen; der Umstand daß wir fast gar
nicht wissen, wie diese Verbindung geschieht, ist für den Fabrikanten sehr
nachtheilig, weil er es ihm unmöglich macht den vorgesetzten Zweck mit Sicherheit zu
erreichen; deßhalb ist bis jetzt noch die Kattundruckerei ein fast bloß auf
Erfahrung gegründeter Industriezweig. Nachdem aber einmal die Grundbedingungen des
Gelingens der Fabrication, nämlich die Vereinigung der Beize mit dem Gewebe und
diejenige des Farbstoffs mit der Beize. gehörig erfüllt sind, d.h. nachdem der Zeug
gefärbt ist, lassen sich die nachher eintretenden Fehler leicht voraussehen und
folglich im allgemeinen vermeiden; darunter gehören die Ungleichheiten, welche durch
das Aviviren des
Rosenroth und Violett verursacht worden; dieselben entstehen nur wenn man eine zu
starke Beize oder zu wenig Zinnauflösung oder Schwefelsäure anwendet und daher das
Bad über 30° R. erhitzen muß. Die violetten Flecken in rosenrothen Kattunen,
besonders in den Bodenmustern rühren daher, daß dieselben mit eisenhaltigen Körpern
in Berührung kamen, was gefährlich ist, besonders wenn man die Stücke avivirt, bevor
man sie durch Seife passirt; ihre Farbe ist dann so empfindlich, daß ein vollkommen
klarer Wassertropfen, welcher von einer Eisenstange herabfällt, sie augenblicklich
in Violett verwandelt; ein eiserner Nagel, der sich in dem Brett einer Avivirkufe,
obgleich einen halben Zoll unter der Holzoberfläche befand, verursachte auf allen in
der benachbarten Abtheilung gefärbten Stücken einzelne Flecken. Die weißen Flecken,
welche das Violett nach dem Aviviren zeigt, erscheinen jedesmal, wenn die Stücke
schlecht ausgewaschen in Chlornatron behandelt wurden, oder wenn sie mit Chlornatron
bespritzt wurden, ehe man sie ausgewaschen hat; man vermeidet diesen Fehler, wenn
man die Stücke nach dem Aviviren vollkommen auswascht und die Chlorkufe in
ziemlicher Entfernung von der Avivirkufe anbringt.
Verbindung der Beizen mit dem Stoff.
Die Ursachen, welche sie bewirken, sind physische oder chemische. Wenn aus physischen
Ursachen Fehler im Druck entstehen, so können sie von dem Stoff, der Gravirung, der
Farbe und der während ihres Aufdruckens ausgeübten Pression herrühren.
Je regelmäßiger und feiner das Korn des Stoffs ist, desto vollkommener ist der Druck;
ist das Korn desselben zu dicht wie bei den Perkals, so bleibt die Beize, welche
nicht mehr hindurchdringen kann, auf der Oberfläche des Gewebes zurück und schuppt
sich daselbst ab, so daß man nur matte und ungleiche Farben erhält.
Hinsichtlich der Gravirung und der Pression gilt dasjenige was wir vom Walzendruck
sagen auch für den Handdruck. Wenn die Gravirung der Walze nicht überall gleichmäßig
tief ist, erhält man ungleiche Farben. Die Ursache dieses Fehlers hat man sich zu
Nutze gemacht, um mit einer, einzigen Walze und mit einer einzigen Farbe zwei
verschiedene Nüancen zu erhalten; um z.B. mit derselben Walze Roth und Rosenroth
hervorzubringen, genügt es die Stellen welche letztere Farbe geben müssen, weniger
tief zu graviren als diejenigen welche das Roth geben müssen. Da bei dieser Art von
Mustern, welche sehr schwer zu graviren sind, in den hellen Stellen nur wenig Farbe
aufgetragen wird, so ist es fast unmöglich sie gleichförmig und ohne Flecken zu
bekommen, was sich
besonders nach dem Aviviren zeigt; man wendet daher dieses Verfahren fast nur für
Aechtblau und Tafelfarben an. Auch die Art wie die Walze gravirt wurde, hat einen
großen Einfluß auf die Intensität der Farben; mit Scheidewasser geätzte und mit dem
Grabstichel gravirte Walzen geben immer dunklere Farben als die punktirten, weil
letztere viel weniger Farbe aufnehmen als die andern. Auch muß man die
Geschwindigkeit beim Walzendruck berücksichtigen; je schneller die Walze umläuft,
desto hellere Farben erhält man, weil sie dann weniger Farbe auf dem Gewebe abseht.
Wenn die Pression, welche auf die Walze ausgeübt wird, zu stark ist, so schlägt,
wenn auch die Textur des Stücks die geeignete ist, die Farbe durch das Gewebe
hindurch und befestigt sich darauf nicht, so daß man beim Färben nur schlechte
Nüancen erhält; ist hingegen die Pression zu schwach, so tritt derselbe Fehler ein,
jedoch aus einem verschiedenen Grund, indem die Farbe, welche den Stoff nur schwach
berührt, denselben nicht durchdringt, sondern gänzlich auf seiner Oberfläche
zurückbleibt, sich schuppt und abfällt. Ein anderer großer Uebelstand beim
Walzendruck besteht darin, daß man mehr oder weniger helle Farben erhält, weil die
Wirkung der Pressionswalze auf die gravirte Walze niemals eine vollkommen
gleichförmige ist; dieser Fehler, welchen man mit einer starken Pression vermeidet,
erscheint hingegen in seiner ganzen Stärke, wenn sie zu schwach ist.
Man begreift nun, wie wichtig es ist, daß der Druck, welcher durch den Hebel auf
jedes Ende der Pressionswalze ausgeübt wird, so gleich als möglich sey, um Stücke
von gleichförmiger Nüance zu erhalten. Ein derartiger Fehler ist leicht zu erkennen,
weil man nur die zwei Leisten des Zeugs zu vergleichen braucht, welche vollkommen
ähnlich seyn müssen; ist die eine dunkler als die andere, so war die Pression
ungleich.
Die Fehler, welche von der Farbe herkommen, hängen von ihrer Verdickung und der Art
der Beize ab. Wenn die Farbe zu dick ist, bringt sie nicht in die Gravirung ein; ist
sie hingegen zu dünn, so fließt sie und das Muster wird nicht scharf: man muß
zwischen diesen zwei Extremen das Mittel treffen, was man nur durch lange Erfahrung
erlernt; nicht nur jede Art von Zeugen erfordert eine andere Verdickung der Farben,
welche um so dünner seyn müssen, je dichter sie gewoben sind, sondern auch jede Art
von Muster, und fast jedes einzelne Muster; je schwerer (voller) das Muster ist,
desto dünner muß die Farbe seyn: dieß geht so weit, daß die sogenannten Bodenmuster
nur mittelst Gummifarben gehörig gelingen, und die Stärkefarben können ohnedieß nicht über einen gewissen
Grad hinaus verdünnt werden, ohne sich zu zersetzen.
Die mit Gummi verdickten Farben haben den Fehler, daß sie während des Drückens viel
Schaum bilden, welcher, wenn man ihn nicht in dem Maße wegnimmt als er entsteht,
sich auf dem Zeug befestigt und darauf nur schwache Farben hervorbringt, weil er nur
sehr wenig Beize enthält. Die Stärkefarben schäumen nur schwach; auch ist dieß
leicht durch Zusatz von ein wenig schwefelsaurem Blei zu verhindern, welches dadurch
zu wirken scheint daß es die Masse zertheilt. Von den Verdickungsmitteln hat jedes
seine besondere Wirkung auf die Beize. Eine mit Stärke oder Mehl verdickte Farbe,
welche sehr dunkel ist, wird es viel weniger seyn, wenn man sie mit Gummi oder
gerösteter Stärke verdickt; letztere gibt übrigens beim Färben immer weniger
lebhafte Nüancen als die Stärke oder das Gummi. – Traganth, Dextrin, Salep
und Zucker wirken gerade so wie das Gummi und geben glänzende Farben.
Die physischen Ursachen der Fehler welche durch das Trocknen der Stücke nach dem
Bedrucken derselben verursacht werden, rühren entweder von zu großer oder zu
geringer Wärme und dem Mangel einer Circulation der Luft in der Trockenstube her.
Das Trocknen der Stücke muß so rasch als möglich geschehen, damit sich die Farben
auf dem Zeug nicht ausbreiten können, worunter die Schärfe der Muster leiden würde;
auch heizt man die Trockenstuben auf 30° R., um die Stücke auf der Stelle
auszutrocken.
Man muß sich jedoch hüten diesen Grad zu überschreiten, welcher, wie die Erfahrung
gelehrt hat, namentlich für die Thonerdebeizen der geeignetste ist; denn sonst
könnten sich die Farben schuppen und von den Zeugen lostrennen, besonders wenn sie
mit Gummi verdickt worden sind. Wenn man sehr starke Eisenbeizen, z.B. Schwarz oder
auch Dampffarben, namentlich aber Tafelfarben mittelst der Walzendruckmaschine
aufdruckt, heizt man die Trockenstube nicht so stark, weil diese Farben um so
schöner ausfallen je langsamer man sie trocknen läßt.
Die Luft muß in der geheizten Trockenstube so oft als möglich erneuert werden, um die
Wasser- und Säuredämpfe fortzuschaffen, welche sich von den gedruckten
Stücken entwickeln; erstere können nämlich das Muster verderben, indem sie es
befeuchten, letztere, indem sie die Beize in ein saures essigsaures Salz verwandeln,
welches sich nicht mehr mit dem Gewebe verbindet und daher weiße Flecken erzeugt.
– Dieselben Beobachtungen gelten auch für die Hängen, in welchen man die
Stücke nach dem Drucken einige Tage aufhängt (bevor man zum Aussieden im Kühkoth schreitet), um die
Beize mit den Stoff zu verbinden; die Temperatur in denselben darf
10–15° R. nicht überschreiten und die Luft muß darin feucht genug
seyn, daß die Stücke beim Zerknittern kein Geräusch mehr machen; übrigens dürfen sie
nicht eigentlich feucht werden, weil sonst die Beize fließen würde. Ein gewisser
Grad von Feuchtigkeit ist unumgänglich nothwendig, um die Beizen mit dem Stoff zu
vereinigen, besonders wenn deren Basis aus Eisen oder Zinn, Eisen in Verbindung mit
Thonerde oder Zinn mit Thonerde besteht. Die Wirkung des Aufhängens auf die Stücke
ist eine rein chemische, obgleich sie durch physische Kräfte hervorgebracht wird;
die feuchte Luft durchdringt nämlich die Farbenschichte, indem sie dieselbe erweicht
und entzieht der Beize mechanisch die Essigsäure, indem sie die Thonerde, womit
letztere chemisch verbunden war, zurückläßt, jedoch noch nicht mit dem Gewebe
vereinigt, mit dem sich dieselbe erst durch ein gehöriges Aussieden (in Kühkoth)
verbindet, ohne welches man nur schwache und matte Farben erhält.
Beim Aussieden wirken die rein physischen Ursachen, welche auf die Verbindung der
Beize mit dem Stoff von Einfluß sind; sie sind mit den chemischen Ursachen so eng
verbunden, daß man nur durch ein langes Studium ihrer Wirkung im Stande ist zu
bestimmen, wo erstere aufhören und letztere anfangen. Das Aussieden scheint eine
ganz verschiedene Wirkung zu haben, je nachdem man es mit Stücken vornimmt, welche
unmittelbar vom Drucken kommen, oder mit solchen, die 48–60 Stunden in der
Hänge blieben.
Die Wirkung ist eine chemische und eine mechanische: eine chemische ist sie im
ersteren Fall, denn wenn man dem Kühkothbad nicht so viel Kreide (oder ein sonstiges
kohlensaures Alkali) zusetzt als nöthig ist, um alle Essigsäure der Beize zu
sättigen, so trennt sich letztere vom Zeug und löst sich im Bad auf; sie ist eine
mechanische, weil sie die Verbindung der reinen oder basisch-schwefelsauren
Thonerde mit den Fäden des Gewebes auf der Oberfläche begünstigt.
Diese Behauptung wird durch die Thatsache bestätigt, daß der mittlere Theil jedes
Fadens vollkommen weiß bleibt, indem sich nur die Oberfläche desselben färbt.
Im zweiten Fall, wo alle Essigsäure der Beize bereits verdunstet ist, wendet man bloß
Kühkoth (ohne Kreide) an, dessen Wirkung wahrscheinlich nur eine mechanische
ist.
Die mechanische Wirkung des Kühkoths beschränkt sich nicht auf die Vereinigung der
Thonerde mit dem Gewebe, indem es jene unauflöslich macht; sondern es wird dabei
auch ein Theil der nicht mit dem Stoff verbundenen Beize, deren vom Druck losgerissene Theilchen
die weißen Stellen fleckig machen können, abgezogen, so wie das Verdickungsmittel,
welches davon einen großen Theil zurückhält, aufgelöst. Dieß ist der Grund weßwegen
das Degummiren oder Reinigen gleich gut mit Kleie, Kühkoth und sogar im fließenden
Wasser bewerkstelligt wird: letzteres welches nur sehr langsam wirkt, besonders im
Winter, wird fast nur für helle Farben angewandt, die mit Gummi und gerösteter
Stärke verdickt sind. Uebrigens hat es den Nachtheil, daß die Beize, welche sich vom
Druck losreißt, auf den weißen Grund des Stücks fallen und denselben fleckig machen
kann, sobald sich die geringste Falte bildet.
Wenn das Degummiren keine andere Wirkung hätte als die oben angegebene, so scheint es
daß die Stücke sich im Krappbad ohne vorhergehendes Degummiren vollkommen färben
müßten, weil dieses Bad so ziemlich dieselben Bestandtheile wie der Kühkoth enthält
und daher alle Bedingungen vereinigt, um das Verdickungsmittel und den überflüssigen
Mordant wegzuschaffen, so daß sich der auf dem Zeug zurückbleibende darauf fixiren
kann; dieß ist jedoch keineswegs der Fall: wenn man Stücke ohne vorhergehendes
Aussieden in Krapp färbt, so erhält man niemals gute Resultate; man erhält nur
schwache Farben, ungleiche und fleckige Muster. Dieser Umstand, welcher scheinbar
mit obiger aus den Thatsachen abgeleiteter Theorie in Widerspruch steht, erklärt
sich leicht, wenn man die Wirkung des Kühkothbads mit derjenigen des Krappbads
vergleicht; da man mit den Stücken kalt in das Bad fährt, nachdem man das
Krapppulver darin zertheilt hat, und bevor dessen Schleim sich im Bad verbreiten
konnte, so müssen die verdickten Farben sich erweichen ohne sich aufzulösen und
durch die dem Stück ertheilte Bewegung sich lostrennen, indem sie fast alle Beize
mitreißen die sie enthielten, während das Kühkothen die Beize fast gänzlich an den
Stoff abtritt, wenn das Bad heiß genug ist um das Verdickungsmittel rasch
aufzulösen; ferner fällt alle überschüssige Beize, welche beim Kühtothen
unauflöslich gemacht und von dem thierischen und vegetabilischen Schleim mitgerissen
wird, im Krappbad auf das Gewebe zurück, verbindet sich mit demselben und macht es
fleckig, aus dem einfachen Grund, weil sie keinen Krappschleim in Auflösung
vorfindet, welcher sie ebenfalls mitreißen würde.
Die folgenden sechs Versuche bestätigen diese Theorie.
Ein Muster von gewöhnlichem Kattun, welches mit Thonerdebeize, mit Stärke verdickt,
seit acht Tagen bedruckt war, wurde in sechs gleiche Theile von 25 Centimeter Länge
auf 12 Breite vertheilt:
Nr. 1 wurde bei 12° R. Temperatur in einem Kühkothbad gereinigt, welches seit
zwölf Stunden mit 500 Grammen Kühkoth auf 4 Liter Wasser bereitet war;
Nr. 2 wurde in einem ähnlichen Kühkothbad gereinigt, welches aber auf 50° R.
erhitzt war;
Nr. 3 wurde ohne vorläufiges Degummiren im Kühkoth bei 12° R. Temperatur in
ein Krappbad eingeführt, welches 32 Gramme Paludkrapp (erste Qualität) auf 4 Liter
Wasser enthielt;
Nr. 4, man fuhr ohne vorheriges Degummiren in ein Krappbad wie vorher, welches seit
zwölf Stunden in der Kälte bereitet war;
Nr. 5, man fuhr ohne zu degummiren bei 30° R. in ein Krappbad, welches mit 64
Grammen Krapp und 125 Grammen Kühkoth auf 4 Liter Wasser angesetzt war.
Nr. 6 wurde in bloßem Wasser bei 12° R. degummirt und dann wie Nr. 3
gefärbt.
Die Muster 1, 2 und 6 wurden, nachdem sie degummirt worden waren, geklopft, gewaschen
und dann jedes besonders wie Nr. 3 gefärbt. Mit den sechs Mustern brachte man das
Färbebad in drei Viertelstunden auf 80° R. und blieb fünfzehn Minuten lang
auf diesem Grad; man passirte sie hierauf in Seife, avivirte sie hierauf und seifte
sie zum zweitenmal.
Resultate: Nr. 1 und 2 sind gleich schön;
bei Nr. 3 ist der Druck verunstaltet, der Boden fleckig;
Nr. 4, die Farbe ist so gleichförmig wie bei Nr. 1, aber um die Hälfte schwächer;
dieß rührt ohne Zweifel daher, daß die Beize, welche sich davon losriß, indem sie
sich auf dem Krapp befestigte, einen Theil des Farbstoffs unauflöslich gemacht
hat;
Nr. 5, die Farbe ist so schwach daß man sie kaum sieht, was ohne Zweifel daher rührt,
daß der Holzstoff des Kühkoths den Farbstoff des Krapps absorbirte;
Nr. 6 ist eben so schön wie Nr. 1.
Wir gehen nun auf die Verfahrungsarten über, welche man gewöhnlich zum Degummiren
anwendet. Mit Kühkoth geschieht es in der Regel zwischen 30 und 65° R. in
einer hölzernen Kufe, welche 2 Meter lang, 130 Centimeter breit und ebenso tief ist;
dieselbe wird mit Wasser gehörig gefüllt, in welchem man auf vierzig Stücke von 50
Meter Länge auf 3/4 Breite beiläufig 60 Liter Kühkoth vertheilt, so daß 1/2 Liter
Kühkoth auf das Stück kommt. – Man passirt sie damit eine Viertelstunde lang
und schafft sie dann heraus, um sie auszuwaschen und in Waschrädern zu reinigen. Man
kann sie dann färben oder noch einmal durch Kühkoth Passiren, um des guten Erfolgs sicher zu seyn. Es
schadet nicht wenn man mehr als 60 Liter Kühkoth auf vierzig Stücke anwendet;
weniger darf man aber nicht nehmen, weil sonst die Beize, welche den Stoff verläßt,
nicht mehr den nöthigen Schleim vorfindet, der sie einhüllen und niederschlagen
kann, so daß sie in dem Bad schwebend bleibt, sich auf den Stücken absetzt und
dieselben fleckig macht.
Die Temperatur, bei welcher man degummirt, ist ziemlich gleichgültig, wenn sie nur
nicht unter 30° N. beträgt; denn sonst findet die Wirkung zu langsam statt
und bei Null bis 10 Grad tritt die Beize schon auf dem Stück aus, bevor das
Verdickungsmittel sich erweicht hat.
Wenn man dem Kühkoth Kreide zusetzt, nimmt man davon 500 Gramme per Stück.
Gewöhnlich passirt man die Stücke eine Viertelstunde in Kühkoth; sie müssen um so
länger darin verweilen, je weniger heiß das Bad ist.
In den Kufen mit Walzen passirt man die Stücke nur zwei Minuten lang, weil das Bad so
gleichförmig auf das ganze Stück wirkt, daß die Wirkung so zu sagen eine
augenblickliche ist.
Dieselben Bemerkungen gelten auch für das Degummiren in Kleie und phosphorsaurem
Salz; ersteres geschieht mit 15 Kilogr. Kleie und letzteres mit 250 Grammen
phosphorsaurem SalzMan vergl. polytechn. Journal Bd. LXXVII S.
291. auf vierzig Stücke; die Kleie muß man zuvor auskochen, um ihren Schleim
auszuziehen und das Salz muß man vorher auflösen. Um in kaltem Wasser zu degummiren,
hängt man die Stücke gut ausgebreitet in fließendes Wasser, läßt sie darin, bis
ihnen alles Verdickungsmittel entzogen ist, wascht sie dann sorgfältig und behandelt
sie vor dem Färben in den Waschrädern; dieses Verfahren ist zwar wohlfeiler aber
auch gewagter; die geringste Falte im Stück bildet einen Flecken, weil die
überschüssige Beize, da sie nicht mehr von dem Wasser fortgerissen werden kann, sich
auf dem Stück absetzt und an dasselbe anhängt.
Das Degummiren mit bloßer Kreide wird fast bloß für Eisenbeizen angewendet; die
Thonerdebeizen werden durch dasselbe nüancirt, wahrscheinlich weil sich die Kreide
in geringer Menge mit ihnen verbindet; wenigstens spricht dafür der Umstand, daß das
in bloßer Kreide degummirte Rosa stets einen Stich in Weinroth bekommt.
Je größer die Masse der auf das Stück gedruckten Beize ist, desto weniger innig ist ihre
Vereinigung damit, desto leichter reißt sie sich also ab, wovon man sich bei zu
schnell vorgenommenem Kühkothen häufig zu überzeugen Gelegenheit hat; die Muster mit
zwei übereinander gedruckten Nüancen von derselben Farbe verlieren alsdann die
dunklere davon, welche matt und heller als die andere wird; um diesen Fehler zu
vermeiden pflegt man Stücke, bei welchen mehrere Farben übereinander gedruckt sind,
zwei- und sogar dreimal nacheinander zu degummiren.
Wenn die Stücke aus der Kühkothkufe kommen, wascht man sie mehrmals in fließendem
Wasser aus, bringt sie eine Viertelstunde in die Waschräder und wascht sie dann
neuerdings, um alle Theilchen von Beize und Kühkoth zu beseitigen, welche ihnen noch
anhängen könnten; man kann sie dann färben.
Die Erfahrung hat gelehrt, daß unter allen Methoden zu degummiren das Kühkothen das
beste Resultat liefert; da diese Materie aber ziemlich zersetzbar ist und auch ihre
Natur nach der Nahrung der Kühe sich ändert, so kann ihre Wirkung nicht immer gleich
seyn. Eine Menge Fehler, welche man gewöhnlich dem Färben in Krapp zuschreibt, mögen
daher rühren, daß man die Stücke in zersetztem Kühkoth gereinigt hat; dagegen erhält
man bei Anwendung des erwähnten phosphorsauren Salzes immer günstige Resultate.
Nachdem wir nun die Mittel durchgegangen haben, um die Beize mit dem Gewebe zu
vereinigen, wollen wir uns mit dem Verfahren beschäftigen, sie mit dem Farbstoff zu
verbinden.
Bei dem Krappen sind sieben Hauptpunkte zu berücksichtigen, nämlich: 1) die Natur des
Wassers, worin man färben muß; 2) die Menge Wasser welche für ein Quantum Krapp
angewendet werden muß; 3) der günstigste Temperaturgrad um die Stücke in das
Färbebad zu bringen; 4) die Dauer des Färbens; 5) die Wirkung der
Temperaturerniedrigung des Bads; 6) die Menge Krapp welche zur Sättigung eines
bestimmten Verhältnisses von Beizen nöthig ist; 7) der Temperaturgrad auf welchen
man das Färbebad bringen muß, um den Farbstoff gehörig auszunutzen.
1) Die Beschaffenheit des Wassers welches man zum Färben anwendet, muß man genau
kennen, weil davon das Gelingen oder Nichtgelingen gewisser Farben abhängt. So ist
z.B. ein vollkommen reines Wasser, welches kein Reagens trübt, das günstigste für
alle Arten Krappfarben, mit Ausnahme der violetten, in Bezug auf die Lebhaftigkeit
der Farben.
Ein kalkhaltiges Wasser hingegen gibt niemals ein so schönes Roth und Rosenroth als
das vorige; diese Farben sind immer mehr oder weniger matt und bläulich; es liefert
aber ein ohne Vergleich kräftigeres und bläulicheres Violett als das reine Wasser.
Es gibt zwei Arten kalkhaltiges Wasser, nämlich solches worin Gyps aufgelöst ist,
und solches welches kohlensauren Kalk enthält; ersteres kann man nicht benutzen,
weil es alle Krappfarben matt macht, ferner die Seifenbäder trübt und niederschlägt,
welche allein den Krappfarben die gewünschte Lebhaftigkeit geben können; das andere
kann immer angewandt werden, so viel kohlensauren Kalk es auch enthalten mag.
Wasser welche viele Metallsalze enthalten, sind durchaus zu verwerfen; dahin gehören
besonders die eisenhaltigen Wasser, welche die Seifenbäder zersetzen, alle
Thonerdebeizen violett und den weißen Grund der Stücke schmutzig machen.
Die Schwefelwasser müssen den Eisenbeizen schädlich sey und sie fleckig machen,
während sie wahrscheinlich ohne Wirkung auf die Thonerdebeizen sind, wenn denselben
keine Metallsalze zugesetzt werden.
Wir haben versucht, welche Wirkung einige Substanzen ausüben, wenn man sie dem Krapp
im Färbebad zusetzt; alle wirkten nachtheilig: vielleicht haben wir aber zuviel im
Verhältniß zum Krapp zugesetzt. Bei diesen Versuchen verfuhren wir
folgendermaßen:
Ein Gemisch von 31 Grammen Salpetersäure von 40 Grad Baume und 1 Liter kalten Wassers
wurde auf 500 Gramme Krapp (Palud) gegossen und gut umgerührt. Am andern Tag nahm
man 186 Gramme der Mischung und vertheilte sie in 8 Liter Wasser; das Muster,
welches man darin mit den bekannten Vorsichtsmaaßregeln färbte, war heller roth als
ein anderes von gleicher Größe, welches mit dem dritten Theil dieses Gewichts,
nämlich 62 Grammen unpräparirten Krapps gefärbt wurde. Als man dem Krapp mehr Säure
zusetzte, zog sie die Beize vom Zeug ab, so daß derselbe gar nicht mehr gefärbt
werden konnte.
31 Gramme Olivenölseife und 62 Gramme Krapp lieferten beim Färben nur eine
außerordentlich schwache Farbe.
Ebensoviel Leim in Wasser aufgelöst und 62 Gramme Krapp lieferten nur ein schlechtes
Roth, welches hell und matt war. Ueber dieses Resultat waren wir verwundert, weil
Berthollet jene Mischung empfiehlt und behauptet, daß
sie das Färben fast ebenso begünstige wie die Galläpfel; er hat sie auch zu
Chantilly häufig angewandt, als man daselbst Teppiche fabricirte, deren blauer Boden
sich jedesmal veränderte, wenn man nicht die Vorsicht gebrauchte dem Färbebad 31
Gramme Leim auf 500
Gramme Krapp zuzusetzen; man hat nicht bemerkt, daß dieser Zusatz die Anwendung
eines stärkeren Verhältnisses Farbstoff erheische. Aus diesen Thatsachen kann man
schließen, daß das entgegengesetzte Resultat, welches wir bei unserem Versuche
erhielten, nur daher rührt, daß wir halb soviel Leim als Krapp nahmen.
186 Gramme einer Mischung, welche aus 31 Grammen Potasche, 500 Grammen Krapp und 1
Liter Wasser bestand, lieferten ein sehr schwaches bläuliches Rosa.
186 Gramme einer Mischung, welche mit 31 Grammen gebranntem und gelöschtem Kalk, 500
Grammen Krapp und 1 Liter Wasser gemacht wurde, gaben ein schlechtes Rosa, welches
gelblich und sehr hell war.
186 Gramme einer Mischung, welche mit 500 Grammen Krapp und 1 Liter Wasser, das 31
Gramme concentrirter Schwefelsäure enthielt, gemacht wurde, lieferten ein sehr
Helles Rosa und die Beize wurde an mehreren Stellen weggeätzt.
31 Gramme Kreide und 62 Krapp gaben ein schlechtes Roth, welches schwach und matt
war.
Wir haben die Substanzen, welche wir dem Färbebad zusetzten, in starkem Verhältniß
zum Krapp angewandt, um die Wirkung einer jeden genauer beurtheilen zu können;
dadurch wurde es uns aber unmöglich ihren respectiven Nutzen kennen zu lernen,
welchen wenigstens zwei unter ihnen, die Kreide und der Leim haben. Diese Versuche
sind so delicat, daß man keinen sichern Schluß daraus ziehen kann, wenn man sie im
Kleinen anstellt.
Uebrigens können noch viele Umstände die Wirkung der Substanzen modificiren, welche
man beim Krappen zusetzt um möglichst viel Farbstoff auszuziehen; dieß scheint
wenigstens aus folgenden Versuchen hervorzugehen, welche in der Absicht angestellt
wurden, zu ermitteln, in welchem Zustand man die Galläpfel beim Krappen am besten
anwendet.
Vermengt man 31 Gramme gestoßener Galläpfel oder Sumach, mit 62 Grammen Krapp, in 8
Liter Wasser, so nehmen die Thonerdebeizen, welche man darin färbt, nur eine braune
und matte Farbe an; während man ein schönes Roth erhält, wenn man das Muster nach
vorläufigem Kühkothen eine Viertelstunde lang in einem 80° R. heißen Bad
passirt, das dieselbe Menge Galläpfel oder Sumach enthält und es sodann mit
ebensoviel Krapp wie im vorhergehenden Versuch färbt; färbt man ein Muster ebenso,
jedoch ohne vorhergehendes Galliren, so erhält man ein weniger dunkles Roth.
Versetzt man die Beize vor dem Aufdrucken mit einer Auflösung von Galläpfeln, so
bleibt auf dem Zeug nach
dem Kühkothen fast keine Beize zurück. Man kann aus diesen Thatsachen schließen, daß
die Galläpfel ihren ganzen Einfluß auf den Farbstoff des Krapps nur dann ausüben,
wenn man sie vor dem Färben mit der Beize verbindet, welche durch das Kühkothen
zuvor auf dem Gewebe fixirt worden ist. Es ist wahrscheinlich, daß im ersteren Fall
die Galläpfel das Färben gehemmt haben, indem sie den Farbstoff niederschlugen, und
daß sie es im zweiten Fall begünstigten, indem sie das Absorptionsvermögen der Beize
erhöhten. Man könnte so die bekannte Thatsache erklären, daß die auf zweimal
gefärbten Stücke immer sattere und lebhaftere Farben annehmen als diejenigen, welche
nur einmal oder gleich mit derselben Menge Krapp gefärbt werden. Im dritten Fall
haben die Galläpfel die Fixirung der Beize auf dem Gewebe verhindert, weil ihre
Infusion die Thonerdesalze niederschlägt. – Verseht man die Färbebäder mit
grob gemahlener Weizenkleie und zwar ebensoviel als der Krapp beträgt, so erhält man
um die Hälfte schwächere Farben als wenn man den Krapp allein nimmt; dagegen färbt
sich der weiße Grund der Stücke viel weniger ein, vorausgesetzt daß man die Vorsicht
gebraucht, sie auszuwaschen, sobald sie aus dem Färbebad kommen; außerdem befestigt
sich der Farbstoff darauf so sehr, daß es fast unmöglich ist ihn davon zu
trennen.
Kühkoth dem Färbebad zugesetzt, hat dieselbe Wirkung wie die Kleie.
2) Das vortheilhafteste Verhältniß von Wasser für eine gegebene Menge Krapp läßt sich
nur annähernd bestimmen; die Erfahrung lehrt, daß man 60 Liter auf 1 Kilogramm
gewöhnlichen Krapps braucht. Wir haben gefunden, daß man das Verhältniß des Krapps
zu dieser Menge Wasser innerhalb gewisser Gränzen vergrößern oder vermindern darf;
überschreitet man dieselben aber, so vereinigt sich der Farbstoff nicht mehr mit dem
Gewebe, weil er durch das überschüssige Wasser mitgerissen, oder durch den
Krappschleim, der seine Auflösung verhindert, zurückgehalten wird.
3) Ueber den Wärmegrad bei welchem man die Stücke am besten in das Färbebad bringt,
sind die Ansichten der Praktiker sehr verschieden; die einen behaupten, daß man es
auf 30–40° R. bringen muß, während die meisten glauben, daß es besser
ist kalt anzufärben; alle aber stimmen darin überein, daß man es nie von Nullgrad
und nie kochend anwenden darf. Um uns hierüber aufzuklären, haben wir folgende
Versuche angestellt:
Ein vollkommen gebleichtes Stück Kattun wurde in Muster von 48 Centimeter Länge auf
32 Breite zertheilt; dieselben wurden miteinander in essigsaurer Thonerde von 10
Grad Baumé fünf Minuten lang grundirt, ausgedrückt, von Hand ausgewunden und
in einer etwas feuchten Trockenstube bei 15° R. zwei Nächte und drei Tage
lang aufgehängt; am dritten wurden sie bei 65° R. gekühkothet, hierauf jedes
sogleich in einem Färbebad gefärbt welches in einem kupfernen Kessel mit 8 Litern
reinem Wasser und 31 Gr. Krapp (superfeinem Palud) zubereitet war. Während der
ganzen Dauer der Operation rührte man die Muster mit einem kleinen Stäbchen aus
Tannenholz beständig um. Ein Thermometer gab die Temperatur jedes Bades an,
Textabbildung Bd. 100, S. 50
erhitzte das Bad in einer Stunde
bis auf 80° R. und nahm dann die Proben heraus; Diese drei Muster haben
eine ganz gleichartige hellrothe Farbe; Diese waren gleichförmig roth u. zwar
satter als die drei vorgehenden; Dunkler als Nr. 6; Gerade so wie Nr. 6
Diese Versuche beweisen, daß es besser ist über als unter 30° N. in das
Färbebad einzugehen, was auch die Praxis lehrt, wonach man viel Krapp erspart, wenn
man die Wärme auf 40° N. treibt; sie ergeben ferner, daß der vortheilhafteste
Temperaturgrad zum Eingehen in das Bad 70° R. ist. Leider kann man denselben
im Großen nicht gut anwenden, weil die Arbeiter bei einer so hohen Temperatur die
Stücke an den Enden nicht zusammenknüpfen können ohne sich zu verbrennen; übrigens
ist es wahrscheinlich, daß man bei diesem Grad auch keine gleichförmigen Stücke
erhielte, besonders bei Bodenmustern, weil sich das Stück nicht so schnell bewegen
läßt, daß alle seine Theile auf einmal in das Färbebad getaucht sind, dessen Wirkung
ohne Zweifel eine fast augenblickliche wäre. Wir werden weiter unten sehen, daß
dieser Grad (70° R.) auch der vortheilhafteste ist um mit dem Färben
aufzuhören; endlich daß das Kochen, weit entfernt die Verbindung des Farbstoffs mit
der Beize zu begünstigen, im Gegentheil einen Theil des schon mit ihr verbundenen
wieder abzuziehen scheint. Im Winter bei Frost pflegt man das Krappbad schwach
lauwarm zu machen, weil bei Nullgrad das Färben unmöglich ist, indem sich der
Farbstoff fast gar nicht auflöst. Wenn das Bad so kalt ist, daß es die kleinen
Eisschollen, welche den einzuführenden Stücken anhängen, nicht rasch schmelzen kann
(die man übrigens mit der
größten Sorgfalt immer vermeiden muß, weil der Frost die Beizen verändert), so
bilden sich allenthalben wo solche vorkommen weißliche Flecken.
4) Die Dauer des Färbens ist je nach den zu erzielenden Farben verschieden; sie
beträgt in der Regel beim Färben auf einmal, für Roth und Violett drei Stunden; beim
Färben auf zweimal, jedesmal anderthalb Stunden, für Rosenroth, womit man zwischen
20 und 30° beginnt und auf 40–50° N. steigt.
5) Die Wirkung einer Temperaturerniedrigung des Färbebads wurde mittelst ähnlicher
Muster bestimmt, wie man sie zu dem vorhergehenden Versuch anwandte. Man erhitzte
das Krappbad in einer Viertelstunde auf den unten angegebenen Grad, indem man es
beständig umrührte; dann nahm man es vom Feuer und ließ es hierauf, ohne es zu
bedecken, zwölf Stunden lang in ganz reinen und gleich großen Gefäßen von Steinzeug
erkalten; nach Verlauf dieser Zeit wurden die Bäder wie frische angewandt, so wie
wir es für die vorhergehenden Versuche angegeben haben. – Wir nahmen für
jeden unserer Versuche 31 Gr. Paludkrapp erster Qualität.
Nr. 1 wurde aufNr.
2 „
„Nr.
3 „
„Nr.
4 „
„Nr.
5 „
„Nr.
6 „
„Nr.
7 „
„
10° R.
getrieben20°
„30°
„40°
„50°
„60°
„70°
„
und
so „ „ „ „ „ „
gelassen „ „ „ „ „ „
Alle diese Musterhaben dieselbehellrothe
Farbe.
Nr.
8 „
„
80°
„
„
„
das Muster färbte sich
nicht; es wurde kaum ein wenig
schmutzig.
Hieraus schließen wir, daß man unter dem Siedepunkt gegen die allgemein angenommene
Meinung die Temperatur des Färbebads ohne den geringsten Nachtheil um einige Grade
sinken lassen darf, daß dieß aber bei 80° R. nicht mehr der Fall ist, und daß
ein auf diesen Grad erhitztes, nachher erkaltetes Färbebad nicht mehr zu gebrauchen
ist. Es scheint daß alsdann der Farbstoff unauflöslich wird; wenigstens ist das
Wasser über dem Krapp, der beim Erkalten sich niederschlägt, vollkommen klar und nur
schwach bernsteingelb gefärbt.
Es wäre interessant zu wissen, ob der Farbstoff, welcher verschwindet, von dem
Holzstoff absorbirt ist, oder durch eine geronnene Materie zurückgehalten wird.
6) Die Menge Krapp, welche anzuwenden ist, um ein bestimmtes Gewicht Thonerdebeize zu
sättigen, läßt sich nicht genau bestimmen, so lange man nicht den Farbstoff dieser
Wurzel isolirt hat; bekanntlich wechselt der Gehalt des Farbstoffs nicht nur bei den
verschiedenen Sorten Krapp, sondern er differirt auch bei jeder besondern Sorte je
nach ihrem Alter, ihrer Trockenheit, den darin enthaltenen Salzen und der
Behandlung, welche man damit vornahm; auch glaube ich nicht, daß der Farbstoff des
Krapps mit der Thonerde eine bestimmte Verbindung bilden kann, was ich aus acht
Versuchen schließe, welche mit denselben Vorsichtsmaßregeln wie die vorhergehenden
angestellt wurden, mit dem Unterschieb jedoch, daß ich meine Muster in einer weniger
starken Thonerdebeize (2 1/2° Baumé) grundirte, damit sich die Nuancen
um so deutlicher unterscheiden ließen.
7) Die bei der äußeren Temperatur von 12° N. in das Krappbad gebrachten
Probemuster wurden in einer Stunde auf 80° R. getrieben und eine
Viertelstunde auf diesem Grad erhalten; sie wurden dann eine Viertelstunde lang bei
65° R. geseift, nämlich in 24 Liter Wasser mit 64 Gr. weißer Seife, hierauf
in derselben Menge Wasser mit der Auflösung von Zinn in Königswasser avivirt, im
Fluß ausgewaschen und wie das erstemal in Seife passirt.
Nr.
1, 31
Gramme Krapp,
lebhaftes Rosa;
Nr.
2, 64
„
„
helles Roth;
Nr.
3, 95
„
„
intensives lebhaftes Roth;
Nr. 4,
126
„
„
dunkles Roth;
Nr. 5,
157
„
„
etwas intensiveres Roth als Nro. 4;
Nr. 6,
188
„
„
um ein Drittel dunkler als Nr. 4;
Nr. 7,
250
„
„
etwas dunkler als Nr. 6;
Nr. 8, 500
„
„
um ein Viertel dunkler als Nr. 7.
Diese Versuche scheinen zu beweisen, daß die Menge Paludkrapp, welche erforderlich
ist um ein Stück Kattun von 50 Meter Länge auf 1 Meter Breite schön roth zu färben,
38 Kilogr. ist; die Praxis lehrt uns aber, daß 10–12 Kilogr. genügen, um das
dunkelste Roth zu erhalten; es gelang also bei diesen Versuchen nicht allen
Farbstoff des angewandten Krapps zu fixiren; der Grund davon ist, daß das Färben
sechsmal schneller statt fand, als es im Großen der Fall ist.
Da sich die Thonerdebeize nur sehr schwer mit Farbstoff sättigt, wenn anders diese
Sättigung wirklich stattfindet, so glaube ich, daß eine bestimmte Verbindung des
Farbstoffs mit der Thonerde nicht existire, und daß die Intensität der Farbe, wenn
sie einen gewissen Grad erreicht hat, nicht mehr im Verhältniß zur Menge des
angewandten Krapps zunimmt; sie wird dann nicht mehr so schnell dunkler, wie es Nro. 8 beweist, dessen
Farbe nur um ein Viertel dunkler ist als die von Nr. 7, obgleich das Färbebad
zweimal so viel Krapp enthielt.
Es wäre sehr nützlich zu untersuchen, ob man beim Färben schwacher Krappfarben, wenn
man eine stärkere Beize als nöthig ist anwendet, dann weniger Krapp braucht als bei
einer schwachen Beize, um dieselbe Nuance zu erhalten.
Ueber den Temperaturgrad, auf welchen es am vortheilhaftesten
ist das Färbebad zu treiben. – Die Erfahrung hat gelehrt daß, jemehr
man eine Flotte nach einer bestimmten Zeit erhitzt, desto weniger Farbstoff verloren
geht und die Farbe der rothen Beizen um so weniger lebhaft wird; die Beizen von
Eisen, Zinn, Thonerde mit Eisen und Thonerde mit Zinn leiden aber bei dieser
Behandlung durchaus nicht. Deßhalb färbt man letztere immer beim Kochen und erstere
bei höchstens 65° R. aus. Das Rosa wird fast überall zwischen 40 und
55° R. gefärbt und fällt um so lebhafter aus, je weniger hoch die Temperatur
war.
Um zu erfahren, bei welchem Temperaturgrad der Farbstoff des Krapps anfängt sich mit
den Thonerdebeizen zu vereinigen und bei welchem Grad er sich in der größten Menge
damit verbindet, stellte ich folgende Versuche mit den früher beobachteten
Vorsichtsmaßregeln an:
Nr. 1, man ging bei der äußeren Temperatur von 13° R. in
das Bad, ließ das Muster eine Stunde lang in demselben, rührte unaufhörlich um und
zog es dann heraus: der Zeug war kaum gelblich rosenroth gefärbt;
Nr. 2, man ging bei 13° R. in das Bad und trieb es in 1
Stunde auf 20° R. Dieselbe Farbe wie Nr. 1;
Nr. 3, man ging bei 13° R. in das Bad und trieb es in 1
Stunde auf 30° R. Deutliches Rosa;
Nr. 4, man ging bei 13° R. in das Bad und trieb es in 1
Stunde auf 40° R. Viermal dunkleres Rosa als Nr. 1;
Nr. 5, man ging bei 13° R. in das Bad und trieb es in 1
Stunde auf 50° R. Zweimal dunklere Farbe als Nr. 4;
Nr. 6, man ging bei 13° R. in das Bad und trieb es in 1
Stunde auf 60° R. Dieselbe Farbe wie Nr. 5;
Nr. 7, man ging bei 13° R. in das Bad und trieb es in 1
Stunde auf 70° R. Merklich dunklere Farbe als Nr. 6;
Nr. 8, man ging bei 13° R. in das Bad und trieb es in 1
Stunde auf 80° R. Dieselbe Farbe wie Nr. 5.
Der Farbstoff des Krapps vereinigt sich also schon bei + 13° mit dem Zeug,
welcher mit Thonerde gebeizt ist, und bei 70° R. verbindet er sich damit in
dem stärksten Verhältniß; bei diesem Grad ist es also am vortheilhaftesten mit den
Stücken in den Krapp zu gehen. Wie wir schon bemerkt haben, entzieht das Kochen
wieder einen Theil des Farbstoffs, welcher sich darauf befestigt hatte, daher man in
keinem Fall die Thonerdebeizen bei 80° R. färben sollte. Eine größere Hitze
des Bads läßt sich bis auf einen gewissen Grad durch ein längerdauerndes Färben
ersetzen, weßhalb man das Rosa längere Zeit färbt als jede andere Farbe.
Die aus dem Färbebad kommenden Stücke werden in fließendes Wasser getaucht und stark
gewaschen, um allen Farbstoff fortzuschaffen welcher nicht mit der Beize verbunden
ist, und da er nur oben auf dem Stoff liegt, dessen weiße Stellen beschmutzen würde,
wenn man ihn darauf verweilen ließe.
Nach dieser Operation ist das Weiß der Stücke noch rosenroth; um ihm seine
anfängliche Lebhaftigkeit wieder zu verschaffen, beobachtet man ein verschiedenes
Verfahren, je nachdem man mehr auf Schönheit der Farben wie im Elsaß, oder mehr auf
Wohlfeilheit wie in Rouen sieht.
Das Bleichen durch Auslegen auf der Wiese übergehen wir, weil es wegen seiner langen
Dauer allgemein aufgegeben ist, obgleich dadurch der Zweck vollkommen erreicht
wird.
Im Elsaß pflegt man den weißen Grund auf die Art wieder herzustellen, daß man die
Stücke bei 50–65° R. seift, sie wie unten angegeben avivirt und dann
noch einmal in Seife kocht. Im Sommer legt man sie drei bis sechs Tage auf die
Wiese, je nachdem die Witterung mehr oder weniger schön ist, worauf man sie wegnimmt
und neuerdings bei der Siedhitze seift; im Winter hingegen, wo man diese Methode
wegen der Fröste nicht befolgen kann, werden sie nach dem Aviviren mehrmals in Seife
gekocht, bis ihr Weiß vollkommen ist, wozu bisweilen vier auf einander folgende
Seifenpassagen, jede von einer halben Stunde, erforderlich sind. Diese ziemlich
kostspielige Behandlung wird insbesondere für die kleinen Bouquets mit Schwarz und
Roth, oder Schwarz, Roth und Rosa, welche man méfonds nennt, angewandt, welche dadurch allein die erforderliche
Lebhaftigkeit bekommen.
Rosa, welches sehr stark avivirt und dann unter einem höheren Druck als dem der
Atmosphäre geseift wurde, zeigt immer ein vollkommenes Weiß, was nicht bei solchem
der Fall ist, das man nur schwach avivirt, und dessen Weiß dessenungeachtet von der
höchsten Vollkommenheit seyn muß, damit die Nuance des Desseins nicht leidet, welches man mittelst der
Walzenmaschine aufzudrucken und sodann mit verschiedenen Farbstoffen zu färben
pflegt, die sich an allen Stellen anhängen, welche nicht sehr gut gebleicht worden
sind.
Wir glauben, daß die Wirkung der Seife eine rein chemische ist, indem die Alkalien
die Eigenschaft besitzen den Farbstoff des Krapps aufzulösen (wobei derselbe
allerdings verändert wird), und die Seife weiter nichts als ein ätzendes Alkali ist,
dessen Wirkung man gemäßigt hat, indem man es mit einem fetten Körper verband,
welcher den Farbstoff zurückhält und ihn verhindert sich neuerdings auf dem Stoff zu
befestigen. Man kann sich von dieser Thatsache überzeugen, indem man ein ganz
verunreinigtes Seifenbad durch eine Säure zersetzt; die fetten Säuren begeben sich
augenblicklich auf die Oberfläche des Bades und sind orange gefärbt, während das Bad
fast farblos geworden ist, so roth es auch vorher war.
Man kann also annehmen, daß die Wirkung der Seife, obgleich wesentlich chemisch, doch
einigermaßen auch eine mechanische ist. Die Seife besitzt noch den eigenthümlichen
Vortheil, die Farben ächter zu machen, so daß sie auch weniger beim Aviviren
angegriffen werden, und insbesondere ihnen einen Glanz zu verleihen, welchen man auf
keine andere Weise hervorbringen kann; der Grund davon ist wahrscheinlich der, daß
sich eine dreifache Verbindung von fetter Säure, Farbstoff und Beize bildet.
Das Auslegen auf der Wiese wirkt bekanntlich dadurch, daß der Farbstoff durch
Dazwischenkunft des Wassers oxydirt wird; dieß ist in dem Grade der Fall daß, wenn
man die Stücke zu lange liegen läßt, die Farben schwächer, matt werden und endlich
ganz verschwinden.
Man hat gesucht diese Behandlung durch Anwendung von Chlorkalt vor oder nach den
Seifenpassagen wohlfeiler zu machen; man erspart dadurch im Sommer die dritte und
letzte Seifenpassage und im Winter alle diejenigen, welche man anwendet um das Weiß
wieder herzustellen; übrigens wird durch diese Methode sehr viel Zeit erspart.
Man passirt die Stücke durch den Chlorkalk entweder sogleich nach dem Krappen, oder
nach dem ersten Seifenbad, welches nach dem Aviviren folgt, oder auch vor oder nach
dem dritten Seifenbad, wonach die Operationen beendigt werden.
Durch die erste Methode wird das Roth sehr matt, was jedesmal geschieht, wenn es mit
auflöslichen Kalisalzen in Berührung kommt; das Schwarz wird gräulich braun;
hingegen erhält man ein vollkommenes Weiß.
Durch die zweite und besonders durch die dritte Methode werden die Farben merklich
weniger verändert als durch die erste.
Die vierte ist die einzige, welche, indem sie dem Boden ein schönes Weiß gibt, das
Roth so wenig matt macht, daß man sie mit Erfolg anwenden kann. Der Erfolg ist noch
besser, wenn man anstatt des Chlorkalks das Chlornatron anwendet; dessenungeachtet
wird das Roth niemals so schön wie mit bloßer Seife.
Zum Bleichen von Violett und Puce wird der Chlorkalk allgemein angewendet, weil er
dabei gar keinen Nachtheil darbietet.
Die Chloralkalien wirken oxydirend wie das Auslegen auf der Wiese, jedoch sehr
kräftig, daher man diese Operation sehr geübten Händen anvertrauen muß.
So werden z.B. bei einem zu lange dauernden Passiren in Chlorkalk die Elfenbeizen
durch das Chlor abgezogen, das Schwarz und Violett werden schwächer; das Puce,
welches aus Eisen- und Thonerdebeize besteht, wird in Folge des Auflösens der
Eisenbeize roth; die Thonerdebeizen hingegen, welche durch das Chlor nicht
angegriffen werden, behalten ihre ganze Stärke, werden aber durch den Kalk, die
Basis des Salzes, gebräunt.
In Rouen besteht das Bleichverfahren in abwechselnden Passagen durch Chlorkalk und
Kleie oder Kleie und Seife. Die Kleie wirkt absorbirend und färbt sich in dem Maaße
roth, als die Stücke weiß werden; in keinem Fall verändert sie den rothen
Farbstoff.
Wir haben gesehen, daß man nach dem Färben die Stücke durch Kleie oder Seife passirt,
bevor man zum Aviviren schreitet. Diese Operation hat lediglich zum Zweck, mehr oder
weniger verdünnte Säuren auf die gefärbten Beizen wirken zu lassen, damit sich das
Ziegelroth der Thonerdebeizen in ein lebhaftes Roth, und das schwärzliche Violett
der Eisenbeizen in ein schönes Violett verwandelt.
Um die Thonerdebeizen zu aviviren, bedient man sich für das Roth einer Auflösung von
Zinn in Königswasser, für das Rosenroth einer Zinnauflösung und reiner Salpetersäure
oder endlich einer Komposition aus gleichen Gewichtstheilen Zinnauflösung und
Schwefelsaure; der Erfolg ist mit diesen verschiedenen Mitteln fast immer
derselbe.
Die Eisenbeizen avivirt man mit Schwefelsäure oder mit Zinnauflösung; letztere wirkt
schneller, daher man sie nur in solchen Fällen anwendet, wo diese Beizen in dem
Muster mit Thonerdebeizen verbunden sind, denen man ihre lebhafte Farbe zu erhalten
wünscht.
Um die Thonerdebeizen zu aviviren, taucht man die nassen Stücke schnell in ein kaltes
Bad von 10° R., welchem man Zinnauflösung zusetzt, und zwar um so mehr, je
schneller die Wirkung seyn und je heller die Farbe werden soll. In Bezug auf die
anzuwendende Zinnauflösung ist die Temperatur des Wassers wohl zu berücksichtigen,
und man muß von ihr um so weniger zusetzen, je wärmer dasselbe ist; man haspelt die
Stücke zwei oder drei Minuten lang herum, damit sie die Zinnauflösung gleichförmig
in dem Bad verbreiten; alsdann läßt man nach und nach den Dampf in die Kufe und
erhitzt die Flüssigkeit so bis die Farbe gehörig geschwächt ist. Man beeilt sich
dann den Hahn des Dampfrohrs zu schließen, kaltes Wasser in die Kufe laufen zu
lassen, die Stücke herauszuschaffen und sie im fließenden Wasser auszuwaschen.
Diese Vorsichtsmaßregeln haben zum Zweck, die Farben zu verhindern ungleich zu
werden, was geschieht, wenn das Avivirbad seine Wirkung nicht gleichförmig auf die
ganze Oberfläche des Stückes ausübt; man läuft daher Gefahr ungleiche Stücke zu
bekommen, wenn man das Avivirbad zu stark oder zu schnell erhitzt, eine zu große
Menge Auflösung anwendet und das Bad vor dem Eintauchen der Stücke nicht sorgfältig
umrührt, oder letztere nicht unmittelbar nach dem Aviviren auswascht.
Die Wirkung des Avivirens ist eine doppelte: sie erstreckt sich gleichzeitig auf den
Farbstoff und auf die Beize, welche ihn fixirt.
Der Farbstoff wird durch die Zinnauflösung stark angegriffen, welche man durch bloße
Salpetersäure ersetzen oder mit solcher vermischt anwenden kann. Man begreift nun,
daß die Wirkung des Avivirens darin besteht, daß es den Farbstoff oxydirt, was die
gelbe Farbe beweist, die er in diesem Falle annimmt, nach Art aller
stickstoffhaltigen organischen Substanzen, wenn sie durch Salpetersäure angegriffen
werden.
Man glaubt allgemein, daß die Avivirauflösung dadurch wirkt, daß sie auf dem Roth
auch ein wenig von dem in ihr aufgelösten Zinnoxyd fixirt; dieß ist ein Irrthum,
weil man mit bloßer und reiner Salpetersäure eben so schöne Farben erhält, wie mit
dem Zinnsalz.
Die wichtigste Wirkung des Avivirens ist noch unbekannt; man muß wissen ob diese
Operation die Natur des mit der Beize verbundenen Farbstoffs verändert, ob sie den
Ueberschuß desselben beseitigt, oder endlich, ob sie von selbem eine braune Substanz
trennt, die ihn matt macht Wir glauben daß letztere Hypothese die wahrscheinlichste
ist, weil Thonerdebeizen, welche man bloß durch das Färben zu sättigen suchte, ohne
sie mit Farbstoff zu
überladen, um der zweiten Hypothese zu entgehen, immer nur ein Ziegelroth lieferten,
obgleich man diesen Zweck auf zweierlei Art zu erreichen suchte, indem man für
gewisse Versuche eine wenig hohe Temperatur und für andere eine geringe Menge Krapp
anwandte. Diese bräunliche Farbe des Roth nach dem Krappen wird vielleicht durch den
Gerbstoff oder die Gallussäure hervorgebracht; dieß ist Uns deßhalb wahrscheinlich,
weil die vor dem Färben gallirten Thonerdebeizen ohne Vergleich brauner sind, als
sogar diejenigen welche mehrmals in bloßem Krapp gefärbt wurden.
Man avivirt bisweilen die Thonerdebeizen mit einem Gemeng von Alaun und Weinstein,
was zu Gunsten unserer zweiten Hypothese zu sprechen scheint, wenn diese Salze nicht
auch dadurch wirken können, daß sie die Beize selbst abziehen, oder den Gerbestoff
oder die Gallussäure verdrängen.
Zu Gunsten der ersteren Hypothese haben wir die gelbe Farbe welche der Farbstoff
unter dem Einfluß der Salpetersäure annimmt, und die sich durch die Wirkung der
Seife in ein schönes Roth verwandelt; es ist zu bedauren, daß man mit bloßem Alaun
keine schönen Krapplacke machen kann, ohne zum Gebrauch der Salpetersäure seine
Zuflucht zu nehmen. Die Schönheit dieser Lacke rührt nicht von der Säuerlichkeit
dieses Salzes her, weil das Aviviren mittelst Schwefelsäure niemals ein so schönes
Roth gibt wie mit Salpetersäure.
Das Aviviren bringt ohne Zweifel eine Veränderung im Molecularzustand des Farbstoffs
hervor, weil derselbe dann so zertheilt ist, daß er auf den weißen Stellen des Zeugs
absteckt, so zwar daß die entstandenen Flecken nur sehr schwer wieder verschwinden,
wenn man die Stücke nicht sogleich seift.
Es ist zu bemerken, daß wenn man Krappwaare nach dem Aviviren und Seifen neuerdings
aviviren will, um ihr eine hellere Nuance zu geben, starke Quantitäten von
Avivirauflösungen angewendet werden müssen; es scheint daher, daß die Farbstoffe
durch das Aviviren viel haltbarer gemacht werden. Diese Thatsache läßt sich nur
dadurch erklären, daß die Natur des Farbstoffs eine Veränderung erlitten hat,
ähnlich derjenigen gewisser Salze, welche die letzten Spuren ihrer Säure oder ihrer
Basis um so schwerer fahren lassen, mit desto mehr Basis oder Säure sie in Berührung
sind.
Diese Erscheinung ließe sich auch einer dreifachen Verbindung von Farbstoff, Thonerde
und fetter Substanz (der Seife) zuschreiben, welche sich erst nach dem Aviviren
bilden würde; in dieser letztern Ansicht bestärkt uns der Umstand, daß die Beizen im
allgemeinen und besonders die Thonerdebeizen nach dem Seifen nicht mehr nachgefärbt werden können, weil sie
sich kein Atom Farbstoff mehr aneignen; es scheint, daß die Beize gänzlich gesättigt
ist.
Wenn man Muster mit zwei Roth, wovon das hellere das dunkle überdeckt, zu stark
avivirt, so ist es oft der Fall, daß nur das erste zurückbleibt und das zweite
verschwindet, weil die Thonerdebeizen um so weniger Verwandtschaft zum Zeug haben,
je mehr Basis sie enthalten.
Die Eisenbeizen müssen mit denselben Vorsichtsmaaßregeln avivirt werden wie die
Thonerdebeizen; sie gehen durch das Aviviren in Gelblichbraun über; man wascht sie
in fließendem Wasser und taucht sie dann in ein stark alkalisches Bad von Chlorkali,
welches sie in ein schön blaues Violett umändert. Die Wirkung erfolgt augenblicklich
und ist, wie ich mich überzeugt habe, dem überschüssigen Alkali zuzuschreiben; dieß
ist ebenfalls ein Punkt, welcher in der Geschichte der Krappfarben noch aufzuklären
bleibt.
Wenn man die avivirten und ausgewaschenen, aber nicht geseiften Eisenbeizen noch
einmal durch Krapp nimmt, so färben sie sich darin vollkommen nach, vorausgesetzt
daß die Wirkung der Säure nicht zu weit getrieben wurde; denn in letzterem Fall
wurde nicht nur der Farbstoff zerstört, sondern die Beize selbst abgezogen, daher
sich der Farbstoff nicht mehr mit ihr verbinden kann.
Diese Thatsache beweist also, daß das Aviviren ebensowohl auf die Beize als auf den
Farbstoff wirkt. Die Eisenbeizen werden wie die Thonerdebeizen um so leichter von
den Säuren angegriffen, je stärker sie sind. Unmittelbar nach dem Aviviren werden
die Stücke, welches auch ihre Beize seyn mag, geseift, appretirt u.s.w.
Wir haben die zahlreichen Verschiedenheiten, welche man in der Nuance in Krapp
gefärbter Stücke während verschiedener Jahreszeiten beobachten kann, obgleich
dieselben vollkommen gleich behandelt worden sind, mit Stillschweigen übergangen;
dieselben können durch so verschiedene Umstände verursacht werden, daß man nicht
weiß, welchen man sie zuschreiben muß. So kommt es in den Kattunfabriken, wo man
sehr schöne Rosa erzeugt, nicht selten vor, daß man auf einmal nur ein sehr mattes
Rosa erhalten kann; nach dem lebhaftesten bläulichen Violett erhält man oft nur mehr
ein grauliches. Die Ursachen hievon sind nicht mit Sicherheit zu bestimmen; es ist
wahrscheinlich, daß sie sich durch ein erschöpfendes Studium des Krappfarbstoffs und
besonders feiner Wirkung auf die zahlreichen heterogenen Substanzen, welche im
Wasser vorkommen können, größtentheils erklären ließen. Auch wäre es zur Erreichung
dieses Zwecks sehr nützlich, wenn man in den Kattunfabriken über die atmosphärischen Umstände,
die Beschaffenheit des Wassers und alle Vorfallenheiten bei der Fabrication ein
Tagebuch führen würde.