Titel: | Ueber die Intensität des galvanischen Lichts im Vergleich mit dem Sonnenlichte; von Fizeau. |
Fundstelle: | Band 100, Jahrgang 1846, Nr. XXIII., S. 115 |
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XXIII.
Ueber die Intensität des galvanischen Lichts im
Vergleich mit dem Sonnenlichte; von Fizeau.
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement, Sept. 1845, S. 393.
Fizeau, über die Intensität des galvanischen Lichts im Vergleich
mit dem Sonnenlichte.
Ich will in Folgendem Einiges über meine mit Hrn. Foucault
angestellten Versuche über die Intensität des galvanischen Lichts im Vergleich mit
dem Sonnenlichte und dem Lichte des auf Kalk gerichteten Hydrooxygengebläses
mittheilen.
Die außerordentliche Leuchtkraft der Pole einer galvanischen Batterie, durch die man
so leicht an den Glanz des Sonnenlichtes selbst erinnert wird, würde natürlich dahin
führen, diese beiden Lichtquellen, als in der Intensität einander sehr nahe kommend,
zu erklären, wenn man vergäße, bis zu welchem Punkte unsere Augen uns in der
Vergleichung sehr intensiver Lichtertäuschen können.
Man erinnert sich des Eindrucks, welchen die ersten Versuche mit dem Licht
hervorbrachten, das der Kalk mittelst des Hydrooxygengebläses ausgab: sein Glanz,
den anderer künstlicher Lichter weit übertreffend, schien nur mit dem des
Sonnenlichtes verglichen werden zu können; wollte man aber seinen Werth auf eine
minder unsichere Weise kennen lernen, so gab man diesem Stückchen weißglühenden
Kalks eine solche Richtung, daß der Beobachter das Licht desselben auf die
Sonnenscheibe selbst sich hinwerfen sah, wo man dann wahrnahm, daß der, obgleich im
isolirten Zustand so sehr glänzende Körper nur als ein matter und dunkler Körper
erschien.
Wirklich können wir, wenn wir uns über den Glanz der in Rede stehenden sehr
intensiven Lichtquellen Rechenschaft zu geben versuchen – sey es nun, indem
wir uns Mühe geben unser Auge auf den Focus selbst zu fixiren, oder indem wir um uns
her die von Licht umflossenen Gegenstände betrachten – nur sehr unsichere
Begriffe erlangen. Suchen wir den Gegenstand zu fixiren, so unterscheidet unser Auge
nicht mehr klar, es ist geblendet; betrachten wir die uns umgebenden beleuchteten
Gegenstände, so können wir zwar allerdings ein sicheres Urtheil fällen; allein es
ist zu bemerken, daß dann die Lichtintensität des Focus nicht allein im Spiele ist,
sondern daß auch die Ausdehnung der erhellenden Oberfläche bei den beobachteten
Wirkungen eine bedeutende Rolle spielt.
Wenn z.B. ein erhellender Körper eine zehnmal schwächere Lichtintensität besitzt, als
ein anderer von gleich großer Oberfläche, so ist seine erhellende Kraft zehnmal
schwächer; ist aber die Oberfläche des ersteren zehnmal größer als die des zweiten,
so wird die erhellende Kraft dieser beiden Körper einander gleich: es folgt hieraus,
daß wir bei der Betrachtung durch verschiedene Lichtquellen erhellter Gegenstände in
der That nur die erhellende Kräfte, keineswegs aber die relativen Intensitäten der
Lichtquellen selbst abschätzen. Wären die Oberflächen der leuchtenden Körper
deutlich und scharf begränzt, so könnten wir sie genau messen, und die Vergleichung
zwischen den erhellenden Kräften würde dann zur Vergleichung ihrer Intensitäten
selbst führen; allein so ist es eben nicht in dem uns beschäftigenden Fall.
Es ist daher ein eigenthümliches Verfahren erforderlich, um zur Entscheidung zu
gelangen, ob das galvanische Licht in der Intensität dem Sonnenlicht und dem des
Gasgebläses, welche offenbar allein mit ihm verglichen werden können, nahe
kömmt.
Das an die Lösung dieser Frage sich knüpfende Interesse gibt sich erst durch die
Bemerkung kund, daß diese Intensität selbst, und nicht die erhellende Kraft es ist,
welche die Hauptrolle bei den optischen Apparaten spielt, die wie der beschriebene
photo-elektrische zum Zweck haben, auf einen weißen Schirm bedeutend
vergrößerte Bilder mikroskopischer Gegenstände zu werfen; besonders aber, wenn man
die wichtigen Folgerungen bedenkt, welche aus der Vergleichung dieser
Lichtintensitäten in Bezug auf die Temperaturen der sie besitzenden Körper gezogen
werden können.
Es ist bekannt daß, wenn man die Temperatur eines Körpers über 500° C.
steigert, er leuchtend zu werden beginnt und daß das von ihm ausgehende Licht um so
intensiver ist, je höher die Temperatur steigt.
Gegen 1200° tritt Weißglühen ein und gegen 1500° blendende Weißgluth;
dieß ist der Schmelzpunkt des Eisens; die thermometrischen Messungen konnten nicht
weiter getrieben werden, das Gesetz aber ist unbestreitbar.
Wenn man nun mehrere an und für sich leuchtende feste Körper nach ihren
Lichtintensitäten geordnet hat, so kann man daraus mit großer Wahrscheinlichkeit
schließen, daß sie auch genau nach ihren Temperaturen geordnet sind.
Das Verfahren, welches wir zur Messung dieser Lichtintensitäten befolgten, gründet
sich auf die chemischen Eigenschaften des Lichtes. Es ist eine Anwendung jener
photographischen Verfahrungsarten, deren Fortschritte die Société d'Encouragement so sehr zu befördern suchte; einige
Worte werden diese Art von Versuchen verständlich machen.
Richtet man dieselbe Camera obscura nacheinander gegen mehrere Gegenstände von
verschiedener Lichtintensität, so wird um so viel mehr Zett erforderlich seyn, um
eine photographische Zeichnung des Gegenstandes zu erhalten, je schwächer die
Intensität seines Lichts ist. Besitzt von zwei Gegenständen, deren Bild man
nacheinander erzeugt, der eine zehnmal schwächere Lichtintensität als der andere, so
wird zehnmal mehr Zeit erforderlich seyn, um sein Bild zu erhalten.
Die Reihenfolge, in welcher die zur Erzeugung der Bilder erforderlichen Zeiten
zunehmen, bildet sonach auch diejenige, in welcher die Intensitäten der leuchtenden
Objecte abnehmen.
Bedient man sich dunkler Kammern, deren Focus und Oeffnungen verschiedenartig sind,
um die Bilder der leuchtenden Gegenstände zu erhalten, welche man vergleichen will
(und dieß waren wir bei unsern Versuchen zu thun gezwungen), so zeigt die
Berechnung, daß man scheinbare Oeffnungen, wie man sie sehen würde, wenn man sich in
den Focus stellt, annehmen muß; doch ist darum die Bestimmung des Werths der
relativen Intensitäten der verschiedenen leuchtenden Gegenstände nach der zur
Erzeugung ihres Bildes erforderlichen Zeit nicht weniger leicht und sicher.
Wir erhielten demgemäß durch aufeinanderfolgende Versuche die photographischen Bilder
der Sonnenscheibe, der durch die galvanischen Säule weißglühend gemachten Kohlen,
und endlich eines Stückchens dem Gasgebläse ausgesetzten Kalkes. Die zur Erzeugung
des Bildes einer jeden dieser Lichtquellen erforderliche Zeit wurde sorgfältig
gemessen und die Oeffnungen der dunkeln Kammern, welche bei unsern Versuchen
verschieden waren, ebenfalls genau gemessen, wodurch wir denn für die relativen
Intensitäten dieser drei Lichtquellen folgende Verhältnisse durch Berechnung
erhielten:
Die Intensität der Sonne war
1
Die des Kalks am Gasgebläse nur
1/146
Die der Kohlen einer Bunsen'schen Batterie von 80 Paaren
1/4'2
also ungefähr dreißigmal größer als die des Gasgebläses.
Um diese Intensität zu erhöhen, müßten wir nach der Theorie nicht die Anzahl der
miteinander verketteten Paare, sondern ihre Oberfläche vervielfältigen; man braucht
zu diesem Behufe nur zwei oder drei ähnliche und parallele Reihen in der Art
anzuordnen, daß ihre Pole an dieselbe Kohle auslaufen; auf diese Weise wird in der That nicht die Anzahl der
Elemente, sondern die Ausdehnung der in die Säuren getauchten Oberflächen
vermehrt.
138 Elemente wurden in 3 Reihen, jede von 46, geordnet.
Die Intensität ergab sich 1/2'5 oder 2/5.
Beinahe die Hälfte der Intensität des Sonnenlichtes selbst.
Das Licht des Gasgebläses ist also ungefähr 140mal schwächer als das Sonnenlicht; das
viel intensivere galvanische Licht ist gewöhnlich nur viermal schwächer, konnte aber
so verstärkt werden, daß es beinahe die Hälfte der Intensität des Sonnenlichtes
erreichte.
Die Hitze welche sich an den Polen der Säule erzeugt, steht übrigens ganz im
Verhältniß mit dieser außerordentlichen Intensität des Lichts. Die Schmelzung oder
Verflüchtigung sehr vieler feuerfester Körper liefert den Beweis dafür. Ich bemerke
bloß, daß die Kohle, der feuerbeständigste neutrale Körper, sich dabei so erweicht,
daß ihre Stückchen zusammenschweißen und daß Stücke von einer gewissen Länge gebogen
werden können, ohne zu brechen – Wirkungen, welche bisher durch keine andere
Wärmequelle erreicht wurden.
Man kann mithin behaupten, daß die weißglühende Kohle der Pole der galvanischen Säule
die intensivste Licht- und Wärmequelle ist, welche wir hervorzubringen
vermögen.