Titel: | Ueber Blutegelverkauf; von Hrn. Briffaud zu Blanc (Indre-Depart.). |
Fundstelle: | Band 100, Jahrgang 1846, Nr. XLVIII., S. 218 |
Download: | XML |
XLVIII.
Ueber Blutegelverkauf; von Hrn. Briffaud zu
Blanc (Indre-Depart.).
Im Auszug aus dem Journal de Chimie médicale, Dec.
1845, S. 670.
Briffaud, über Blutegelverkauf.
Der südwestliche Theil des Indre-Departements in Frankreich, unter dem Namen
Brenne bekannt, ist größtentheils mit großen Sümpfen
und Teichen bedeckt, welche trotz aller bisherigen Bemühungen wegen der
Beschaffenheit und Lage des Bodens noch nicht ausgetrocknet werden konnten.
Dieselben wurden ehemals zum Blutegelfang und als Fischteiche benutzt. Ersterer
namentlich war sehr ergiebig und sogar als die Blutegel wegen ihrer Allgemeinheit
sehr niedrig im Preise standen, waren sie noch die Hauptnahrungsquelle dieser
sumpfigen Gegend. Seit langer Zeit aber hat die einsichtslose Habsucht der Fischer
diese natürlichen Reservoirs zum größten Theil entvölkert, und heutzutage ist der
Fang sehr unbedeutend.
Man findet hier vorzüglich den grauen Blutegel (Sanguis
medicinalis), jedoch auch den grünen und einige ungarische, durch den
Handel dahin versetzte. Ersterer wird vorgezogen und zu dem höchsten Preise
bezahlt.
Ueber den Fang und die Aufbewahrung der Blutegel ist nichts Neues zu sagen.
Der aus dem Teiche kommende Blutegel enthält in der Regel kein
rothes Blut; wird er vom Kopf bis zum Schwanz stark gedrückt, so gibt er
bloß eine grüne, klebrige Substanz von sich, welche mit dem Blut der Säugethiere
nichts gemein hat. Ich überzeugte mich selbst, daß bei einem Fang von 800 bis 900
Stück nur 15 ein wenig schwarzes Blut enthielten, welches sie von durch den Teich
gegangenen Thieren frisch gesogen hatten. Wie sie aus dem Teich kommen, dürfen also
höchstens 3–4 unter 100 ihrer eigenen Constitution fremdartiges Blut
enthalten.
Zum Anfüllen der Blutegel (man vergl. polytechnisches Journal Bd. XCVII S. 160, 400 und 453 und Bd. XCVIII S. 80) nehmen
die von den Städten entfernten Bauern, da sie sich kein frisches Blut von Ochsen,
Kälbern oder Hammeln verschaffen können, Geflügel. Irgend ein solches wird erstickt,
geöffnet und die anzufüllenden Blutegel in die noch rauchenden Eingeweide gesteckt.
Die so angefüllten Blutegel werden auf die Märkte in den Städten gebracht, wo die
Käufer sie holen, sich gar nicht darum bekümmernd, wenn die solche Blutegel
enthaltenden Säcke von Blut triefen.
Schon gebrauchte Blutegel werden nicht unmittelbar wieder in den Handel gebracht; die
Händler kaufen sie zu niederm Preise und setzen sie wieder in ihre Reservoirs behufs
der Vermehrung; sie behaupten, ob mit Recht oder nicht, ist mir nicht bekannt, daß
schon gebrauchte Blutegel viel fruchtbarer seyen als die ungebrauchten.
Ich mußte die genaue Kenntniß des Blutegels und seiner Geschichte bei einem
Blutegelhändler dieser Gegend, einem bloßen Bauern, bewundern; unter 1000 Blutegeln
erkannte er einen, der etwas Blut enthielt; in 5 Minuten las er vor mir aus einer
bedeutenden Menge Blutegel alle Blut enthaltenden aus und ich überzeugte mich, daß
er sie richtig getroffen.