Titel: | Ueber natürliches und künstliches Ultramarin; vom Professor C. Brunner in Bern. |
Fundstelle: | Band 100, Jahrgang 1846, Nr. LVII., S. 266 |
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LVII.
Ueber natürliches und künstliches Ultramarin; vom
Professor C. Brunner
in Bern.
Aus Poggendorff's Annalen der Physik und Chemie, 1846 Nr.
4.
Brunner, über natürliches und künstliches Ultramarin.
Das unter der Benennung Ultramarin bekannte Farbematerial
ist schon oft Gegenstand chemischer Untersuchung gewesen. Die Bestrebungen der
Chemiker waren dabei von zweierlei Art. Zuerst suchte man durch die Analyse des
sogenannten natürlichen Ultramarins dessen Zusammensetzung auszumitteln, um nachher
nach Anleitung des hiedurch erhaltenen Resultats eine ähnliche Verbindung künstlich
darzustellen.
A. Natürliches oder ächtes
Ultramarin.
Die Bereitung dieser Substanz geschieht durch größtentheils mechanische
Manipulationen, welche bezwecken, dieselbe aus dem Lasurstein, in welchem sie sich
eingemengt befindet, abzutrennen. Wenn auch die Verfahrungsarten etwas verschieden
angegeben werden, so kommen sie doch sämmtlich darin überein, daß sie auf ein
Herausschlämmen aus dem gepulverten Gestein hinauslaufen.
Nachdem der Lasurstein durch öfteres Glühen und Ablöschen in kaltem Wasser
hinlänglich mürbe gemacht ist, wird er zu Pulver zerrieben. Dieses wird hierauf mit
einer geschmolzenen Mischung aus Wachs, Harz, Pech und Oelen angerührt, und alsdann
mit lauem Wasser in einem steinernen Mörser bearbeitet. Aus dem emulsionartigen
Gemenge seht sich das Ganggestein ab, während das leichtere Ultramarin aufgeschlämmt
bleibt. Durch Wiederholung und zweckmäßige Leitung dieses Processes sucht man
möglichst allen blaugefärbten Stoff auszuziehen, und sondert ihn in verschiedene
Sorten, die zu verschiedenen Preisen in den Handel gebracht werden. Diejenigen von
geringster Qualität, die bereits durch beigemengtes Ganggestein verunreinigt sind,
führen die Benennung Ultramarinasche (cendre d'outremer). Der hohe Preis der ersten Qualitäten
dieser Substanz wird, abgesehen von der mühsamen und schwierigen Darstellung, auch
vorzüglich durch die geringe Ausbeute herbeigeführt, da man selbst aus gutem
Lasurstein, nach Clément und Deformes
Annales de Chimie, Bd. LVII, S. 317., nur 2 bis 3 Procent gewinnt.
Die erste chemische Zerlegung dieser Substanz verdanken wir den oben genannten
Chemikern.Ebendaselbst, S. 322. Dieselben fanden in 100 Theilen:
Kieselerde
35,8
Thonerde
34,8
Natron
23,2
Schwefel
3,1
kohlensauren Kalk
3,1.
Viele Jahre später lieferte (1828) C. G. Gmelin
Naturwissenschaftliche Abhandlungen, herausgegeben von einer Gesellschaft in
Württemberg Bd. II S. 194. (Im polyt. Journal Bd. XXVIII S. 165.) eine neue Analyse einer von ihm aus Paris bezogenen Probe mittlerer
Qualität, und fand darin:
Kieselerde
47,306
Thonerde
22,000
Natron (kalihaltig)
12,063
Kalk
1,546
Schwefelsäure
4,679
Schwefel
0,188
Wasser, harzige Substanz nebst
Verlust
12,218.
Außer diesen beiden Analysen sind mir keine bekannt geworden. Dagegen besitzen wir
mehrere Untersuchungen des Lasursteines, des Materials, aus welchem jene kostbare
Farbe gezogen wird. Obgleich es unmöglich ist dieselben auf rationelle Weise zu
vergleichen, indem offenbar ein so gemengtes Fossil in verschiedenen Proben
untersucht, keine nur irgendwie übereinstimmende Resultate geben kann, so suchte man
doch auch auf diesem Wege über die Natur des darin enthaltenen Farbstoffs einigen
Aufschluß zu gewinnen. Ich stelle hier die Resultate dieser Analysen zusammen:
Klapproth.Beiträge Bd. I, S. 189.
L. Gmelin.Schweigger's Journal Bd. XIV S.
329.
Varrentrapp.Poggendorff's Annalen Bd. XLIX S.
520.
Kieselerde
46,0
49
45,50
Thonerde
14,5
11
31,76
Natron
8
9,09
Kalk
17,5
16
3,52
Schwefel
0,95
Schwefelsäure
4,0
2
5,89
Eisenoxyd
3,0
4
0,86
(metallisch)
Chlor
0,42
Wasser
2,0
0,12
Kohlensäure
10,0
Talkerde
2
Die wichtigste Frage, welche sich für die Technik darbot, war die, zu wissen, welchem
unter diesen Bestandtheilen nun eigentlich die blaue Färbung zuzuschreiben sey.
Hierüber waren die Meinungen verschieden.
MargraffHistoire de l'Académie royale de Berlin,
année 1758, p. 10., welcher schon im Jahr 1758 einige Versuche über Lasurstein bekannt machte,
widerlegte die, wie es scheint, damals verbreitete Meinung, daß der Lasurstein
Kupfer enthalte, und ist geneigt, die Farbe einem Eisengehalte zuzuschreiben.
Guyton-MorveauAnnales de Chimie, Tom. XXXIV, p. 54. erklärte das färbende Princip für Schwefeleisen. Dieser Meinung traten, wie
es scheint, die meisten bei. In neuester Zeit wurde sie wieder durch Varrentrapp
Poggendorff's Annalen
Bd. XLIX, S. 521. vertheidigt. Clément und Deformes konnten in einer vorzüglich schönen Sorte von
Ultramarin dieses Metall nicht auffinden. Ueber die Frage, welches die färbende
Substanz sey, äußern sie kein Wort.
B. Künstlich erzeugtes
Ultramarin.
Den Uebergang zu der Untersuchung und Bereitung der künstlichen, dem Farbstoff des
Lasursteins ähnlichen Masse bilden einige zufällig gemachte Beobachtungen.
So führt Goethe (italienische Reise. – Palermo, 13.
April 1787) an, daß man in Sicilien eine Art von Glasfluß, der sich in den Kalköfen
bilde, in Tafeln geschnitten statt Lapis Lazuli zum Furniren von Altären, Grabmälern
und andern Verzierungen in Kirchen anwende.
Einen noch bestimmteren Fingerzeig zur Hervorbringung ähnlicher blauer Verbindungen
gab aber eine in einer Sodafabrik in Frankreich von Tessart
Annales de Chimie, Tom. LXXXIX, p. 88. gemachte Beobachtung. Man bemerkte nämlich daselbst die Erzeugung einer
auffallend blau gefärbten Substanz, die sich in den Oefen bildete, seitdem man sie
aus einer Art von Sandstein gebaut hatte, während früher, so lange sie aus
Backsteinen bestanden, dieselbe nicht erzeugt wurde. Vauquelin fand bei Untersuchung in dieser blauen Verbindung, nach
Abscheidung des mechanisch eingemengten Sandes, welcher 44 Procent betrug,
schwefelsauren Kalk, schwefelsaures Natron, Chlornatrium, Kieselerde, Thonerde,
nebst etwas Eisen und Schwefel. Er wies, auf diese Analyse gestützt, die Analogie
dieser Verbindung mit dem Ultramarin nach.
Es lag nun nicht mehr ferne, durch synthetische Versuche eine Methode aufzufinden,
durch welche dergleichen Verbindungen erzeugt werden könnten. Es scheint, daß dieses
zuerst in Frankreich gelang. Guimet war der erste, der
ein dem ächten Ultramarin nahestehendes Product in den Handel brachte, und noch
jetzt ist das unter seinem Namen verbreitete eines der schönsten.
Mittlerweile haben weder Gelehrte noch Techniker versäumt, diesen Gegenstand weiter
zu bearbeiten. Von letzteren scheint, vielleicht mehr auf empirischem Wege, ohne
Zweifel aber gleichwohl in Folge analytischer Untersuchungen der im Handel
verbreiteten Producte, die Bereitung in mehreren Weisen entdeckt worden zu seyn. Daß
man jedoch nichts Bestimmtes hierüber erfuhr, ist natürlich. Die Veröffentlichung
der Verfahrungsarten gehört im Allgemeinen nicht zu dem Geschäfte des Fabrikanten.
Daß diese Methoden ziemlich ausgebildet und sicher seyen, geht aus den bedeutend
erniedrigten Preisen und den zum Theil wirklich schönen Qualitäten der gegenwärtig
im Handel verbreiteten Präparate hervor.
Ohne Zweifel wurde diese Fabrication am meisten gefördert durch die von C. G. Gmelin im Jahr 1828 bekannt gemachte Abhandlung.Naturalwissenschaftliche Abhandlungen, herausgegeben von einer Gesellschaft
in Württemberg Bd. II, S. 191. (Polyt. Journal Bd. XXVIII S. 165.) In dieser gründlichen Arbeit ertheilt Gmelin eine
deutliche Vorschrift zur Bereitung von künstlichem Ultramarin. Wenn auch dieselbe
nicht als eine ganz sichere und ein immer gleichartiges, ja vielleicht nie ein dem
natürlichen Stoffe sehr annäherndes Product liefernde anzusehen ist, auch wohl die
heut zu Tage so niedrigen Preise dieser Fabricate nicht aushalten dürfte, so mag sie
doch wohl für alle seitherigen Bestrebungen den Ausgangspunkt gebildet haben.
Einzelne Analysen von künstlichen Ultramarinsorten haben in der neuern Zeit Elsner und Varrentrapp
geliefert. Ihre Angaben sind folgende:
Varrentrapp.Poggendorff's Annalen Bd. XLIX S.
520.
Elsner.Polytechn. Journal Bd.
LXXXIII S. 461.
Natron
21,476
23,00
Kali
1,752
Kalk
0,021
Thonerde
23,304
29,50
Kieselerde
45,604
40,00
Schwefelsäure
3,830
3,40
Schwefel
1,685
4,00
Eisen
1,063
Oxyd
1,00
Chlor
Spuren.
Die Vorschrift, welche Gmelin zur Bereitung des
Ultramarins mittheilt, ist kürzlich folgende:
Wasserhaltende Kieselerde (aus einem natürlichen Silicate auf gewöhnliche Art
bereitet) wird in einer Auflösung von Aetznatron aufgelöst, dazu so viel reines
Alaunerdehydrat zugesetzt, daß auf 35 Theile wasserfreie Kieselerde etwa 30 Th.
wasserfreie Thonerde kommen. Die breiartige Masse wird unter fleißigem Umrühren zum
trockenen Pulver abgedampft, dieses zerrieben und mit ungefähr gleich viel
Schwefelblumen innig gemengt. Zu dieser Mischung wird nun ein Gemenge aus gleichen
Theilen wasserfreien kohlensauren Natrons und Schwefelblumen zugesetzt, und zwar so
viel, als das durch das erste Abdampfen nach dem Eintragen des Alaunerdehydrats
erhaltene Pulver betrug. Dieses Gemenge wird nun in einem gut verschlossenen Tiegel
zwei Stunden lang einer starken Rothglühhitze ausgesetzt. Die auf diese Art
erhaltene grünlichgelbe Masse wird nun entweder in irdenen Tiegeln oder in Röhren
bei etwas gehindertem Luftzutritte so lange gebrannt, bis sie die gewünschte blaue
Farbe angenommen hat. Diese letzte Operation beschreibt Gmelin als die schwierigste und gibt zu ihrer Ausführung verschiedene
Handgriffe an.
Schließlich bemerkt Gmelin, es möchte zu technischer
Bereitung statt des Alaunerdehydrats ein möglichst eisenfreier, durch Behandlung mit
Salzsäure und Schlämmen gereinigter Thon wohl anwendbar seyn.
Außer dieser Vorschrift besitzen wir noch zwei andere.
Nach Robiquet
Polytechn. Journal Bd. L. S. 298. wird ein Gemenge von 2 Th. Porzellanthon, 3 Schwefel und 3 trockenem
kohlensaurem Natron in einer irdenen Retorte bis zum Aufhören der Entwicklung von
Dämpfen erhitzt. Nach dem Erkalten wird die Retorte zerschlagen, die Masse
zerrieben, mit Wasser ausgewaschen und das zurückbleibende Pulver noch einmal bis
zum Austreiben des Schwefels erhitzt.
Nach Tiremon
Polytechn. Journal Bd. LXXXV S.
53. werden 1075 krystallisirtes kohlensaures Natron in seinem Krystallwasser
geschmolzen, 5 rother Schwefelarsenik und so viel feuchtes Alaunerdehydrat als 7
geglühter Alaunerde entspricht, 100 gesiebter Thon und 221 Schwefelblumen zugesetzt,
die Masse zur Trockne verdampft und in einem Tiegel anfangs gelinde, zuletzt zum
Rothglühen erhitzt. Endlich wird das erhaltene Product in bedeckten Schalen bei
einer bis zum dunkeln Rothglühen gehenden Hitze unter bisweiligem Umrühren 1 bis 2
Stunden lang geröstet.
Zuletzt theilte noch Elsner
Polytechn. Journal Bd. LXXX S.
461. einige Erfahrungen über eine Reihe von ihm angestellter Versuche mit, aus
welchen zwar meistens bloß negative Resultate hervorgingen.
Eigene Versuche.
Den Ausgangspunkt bei diesen bildete die Gmelin'sche
Vorschrift. Es wurden zuerst verschiedene Proben genau nach dieser Anleitung
bereitet. Es zeigte sich bald, daß zwar auf diesem Wege ziemlich brauchbare
Präparate erhalten werden können, daß aber das Gelingen von mehreren Umständen
abhängt, die man nicht ganz in seiner Gewalt hat. Alle erhaltenen Proben standen dem
natürlichen Ultramarin, so wie auch den meisten künstlichen Sorten an Schönheit
bedeutend nach, und immer zeigten sie, besonders neben ersteres gehalten, einen
Stich ins Grünliche. Obgleich zu mehreren dieser Bereitungen chemisch reine
Materialien genommen, auch Porzellantiegel statt der gewöhnlichen hessischen
angewandt wurden, so wollte es doch nicht gelingen, dem Präparate die zur Anwendung
in der Malerei so nöthige Reinheit der Farbe zu verschaffen. Außer diesem schien
auch der mittlerweile so sehr gesunkene Preis der künstlichen Ultramarine zu
beweisen, daß die Fabrikanten bereits einfachere Methoden besitzen müssen, und gewiß
sich nicht mit der ängstlichen Reinigung der in Anwendung zu bringenden Materialien
Plagen. In dieser letzten Meinung wurde ich durch die Analyse verschiedener Proben
von sehr schönem Ultramarin, sowohl künstlichem als natürlichem, bestärkt, in denen
sehr verschiedene Verhältnisse der Bestandtheile, und namentlich immer kleine Mengen
von Eisen angetroffen wurden.
Es wäre offenbar zwecklos hier die vielen ganz und halb mißlungenen Versuche
aufzuzählen, die ich angestellt habe. Nur zwei dabei gemachte Beobachtungen muß ich
erwähnen, welche nachher besonders wichtig geworden sind.
Als ich nämlich einst eine Probe nach Gmelin bereiteten
Ultramarins von ziemlich blasser Farbe auf einer Porzellanscherbe erhitzte und ein
Stückchen Schwefel darauf warf, bemerkte ich, daß das Pulver an den dem brennenden
Schwefel zunächst liegenden Stellen eine viel dunklere Farbe annahm. Um zu erfahren,
ob diese Wirkung von einer directen Verbindung mit Schwefel oder von der durch das
Brennen des Schwefels entstehenden schwefligen Säure herrühre, glühte ich eine Probe des nämlichen
Ultramarins, dem etwas Schwefel beigemengt worden war, in einem gut verschlossenen
Tiegel. Es entstand jedoch keine Veränderung der Farbe. Eine andere Probe in einer
Glasröhre geglüht, während ein Strom schwefligsaures Gas durchgeleitet wurde, färbte
sich eben so wenig. Es schien also gemeinschaftliche Einwirkung von Schwefel und
Sauerstoff nöthig zu seyn.
In der Absicht zu erfahren, ob nicht ein schwach gefärbtes Product durch nochmaliges
Glühen mit Schwefelleber verbessert werden könnte, machte ich ein Gemenge aus
gleichen Theilen eines solchen trockenen kohlensauren Natrons und Schwefels, und
glühte es in einem bedeckten Tiegel. Nach dem Erkalten wurde es ausgewaschen, und
stellte nun ein grünlichblaues Pulver dar, welches durch Brennen mit Schwefel nach
oben beschriebener Art eine viel dunklere Farbe annahm.
Diese letztere Beobachtung führte zugleich auf die Vermuthung, daß die Behandlung der
Materialien in feuchtem Zustande ganz überflüssig seyn möchte, welches sich auch im
Verfolge der Arbeit bestätigte.
Ehe ich nun das Verfahren zur Bereitung des Ultramarins, wie es sich nach unendlich
vielen Versuchen zuletzt gestaltete, beschreibe, will ich die Auswahl der hiezu in
Anwendung zu bringenden Materialien des Näheren angeben.
1) Kieselerde. Als solche wende ich einen natürlich
vorkommenden, ziemlich reinen Kiessand an. Derselbe findet sich in der Nähe von
Lengnau, im Kanton Bern, und wird zu technischem Behufe seit langer Zeit
bergmännisch gewonnen. Er ist bei uns unter der Benennung Hupererde bekannt, und dient als ein vortreffliches feuerfestes Material
zur Verfertigung von Glashäfen, Backsteinen, Tiegeln und anderen Gegenständen, die
einen sehr hohen Hitzgrad zu ertragen haben.Eine Analyse dieses Minerals gab in 100 Theilen:Kieselerde 94,25Thonerde 3,03Kalk 1,61Eisenoxyd 0,94Verlust 0,17––––––100,00. Zu unserer Anwendung lasse ich dieses Fossil auf einem Präparirsteine aufs
feinste reiben und zuletzt noch mit Wasser schlämmen.
2) Thonerde. Statt dieser nehme ich gewöhnlichen
Kalialaun. Obgleich ein kleiner Eisengehalt nicht sehr nachtheilig zu seyn scheint,
so ist es doch zu empfehlen, den Alaun durch einmaliges Umkrystallisiren zu
reinigen. Zur Anwendung wird er hierauf so weit gebrannt, daß er ungefähr das Alumen ustum der Pharmaceuten darstellt. Im Kleinen kann
dieses in einer silbernen Schale vorgenommen werden, zu fabrikmäßigem Betriebe würde
es am besten auf einem eigens dazu gebauten Herde geschehen. Diese Operation ist
jedenfalls die mühsamste der ganzen Bereitung. Der gebrannte Alaun wird gepulvert,
und durch Abwägen einer Probe desselben und Glühen im Platintiegel die Procente
bestimmt, die er bei mäßiger Rothglühhitze noch verliert, damit bei der nachherigen
Gewichtsbestimmung er als in diesem letzteren Zustande genommen berechnet werden
könne. Diese Bestimmung ist zwar keineswegs vollkommen genau, denn bei verschiedenen
Graden der Glühhitze gibt der Alaun nebst dem Wasser ungleiche Quantitäten von Säure
ab, doch ist das auf diese Art bestimmte Verhältniß hinlänglich genau.Seitherige Versuche zeigten übrigens, daß auch lufttrockener gepulverter
Alaun angewandt, und daher dieses immerhin lästige Brennen umgangen werden
kann. Man verwahrt ihn nach dem Brennen vor feuchter Luft geschützt.
3) Schwefel. Bei den Schmelzungen der anzugebenden
Mischungen dienen gewöhnliche Schwefelblumen. Zu dem am Ende vorzunehmenden Brennen
mit Schwefel ist es zweckmäßig durch Destillation gereinigten anzuwenden.
4) Kohle. Gewöhnliches ziemlich feines
Holzkohlenpulver.
5) Kohlensaures Natron. Käufliches, wenn man will durch
Umkrystallisiren gereinigtes Salz läßt man an einem warmen Orte zu Pulver zerfallen,
und erhitzt dieses zuletzt noch in einer Schale, bis es wasserfrei ist.
Die Bereitung des Ultramarins geschieht nun auf folgende Art:
Man mengt
70 Kieselerde (Huper),
240 gebrannten Alaun (wasserfrei berechnet),
48 Kohlenpulver,
144 Schwefelblumen,
240 wasserfreies kohlensaures Natron.
Damit die Mengung so genau als möglich geschehe, werden die zuerst auf gewöhnliche
Art in einer Reibschale gemengten Materialien in einem Pulverisirapparate tüchtig
durchgearbeitet. Ich bediene mich hiezu einer Flasche von starkem Kupferblech,
inwendig verzinnt, mit etwas weiter Oeffnung von ungefähr 2 Liter Inhalt, gebe 1 bis
2 Loth des Gemenges hinein und zugleich 1 bis 1 1/2 Pfd. des gröbsten Eisenschrotes.
Nach Verschließen der Flasche wird nun dieselbe während 5 bis 10 Minuten anhaltend und
kräftig geschüttelt, hierauf auf ein weites Drahtsieb entleert, auf welchem die
Eisenkugeln zurückbleiben.
Von der sorgfältigen Ausführung dieser Mengung hängt das Gelingen der Bereitung
wesentlich ab. Das Pulver muß ganz unfühlbar fein seyn, und eine gewöhnliche Lupe
darf keine Verschiedenheit in der Färbung der Theilchen zu erkennen geben.
Nun füllt man in einen hessischen Tiegel so viel des Gemenges als derselbe zu fassen
vermag, bedeckt denselben mit einem Ziegel und lutirt den Deckel auf gewöhnliche
Art. So wird nun der Tiegel dem Feuer übergeben, welches sogleich zum mäßigen
Rothglühen gebracht und etwa 1 1/2 Stunden möglichst gleichmäßig erhalten wird. Auf
den Grad der Hitze hat man sehr zu ächten; durch einige Uebung wird man ihn bald
treffen lernen. Jedenfalls hüte man sich, dieselbe zu stark zu geben. Ist die
Operation gelungen, so stellt nach dem Erkalten der Inhalt des Tiegels eine locker
zusammengesinterte, theils grünlich-, theils röthlichgelbe
schwefelleberartige Masse dar, von ungefähr 2/5 des ursprünglichen Volumens.
Erscheint sie dagegen fest und geschmolzen, mehr bräunlich und auf ein kleineres
Volumen reducirt, so war die Hitze zu stark.
Der lockere Klumpen löst sich leicht vom Tiegel ab, und wird nun in einer Schale mit
Wasser übergossen. Die Masse weicht sich leicht auf, es entsteht eine Auflösung von
Schwefelnatrium, und ein dunkel grünlichblaues Pulver scheidet sich ab. Dieses wird
öfter mit frischem Wasser, wenn man will kochend, ausgewaschen, so lange, bis die
Auswaschflüssigkeit keinen merklichen Schwefellebergeschmack mehr zeigt, dann
getrocknet.
In diesem Zustande stellt das Präparat ein hell aschgraues leichtes Pulver dar. Man
überzeugt sich, ob eine kleine Probe desselben, auf einer Porzellanscherbe erhitzt,
durch darauf geworfenen Schwefel, bei dem Abbrennen desselben, eine bläuliche
Färbung annimmt. Diese wird immer noch sehr schwach seyn, etwa wie gebläute
Wäsche.
Das erhaltene Product wird nun mit seinem gleichen Gewichte Schwefel und seinem 1 1/2
fachen Gewichte wasserfreien kohlensauren Natrons auf die oben beschriebene Art
innig gemengt, und eben so wie das erstemal gebrannt. Das Pulver sintert wieder
etwas zusammen, doch vermindert sich sein Volumen weniger als bei der ersten
Glühung. Nach dem Erkalten wird die Masse eben so wie das erstemal mit Wasser
ausgewaschen und getrocknet.
Eine Probe des nunmehrigen Präparats auf der Scherbe mit Schwefel gebrannt, wird nun
schon eine bedeutend intensivere blaue Färbung annehmen.
Die Menge des erhaltenen Products wird ungefähr so viel wie nach dem ersten Glühen
betragen. Man mengt es wieder mit 1 Theil Schwefelblumen und 1 1/2 kohlensaurem
Natron und glüht es zum drittenmale genau so wie bisher. Nach dem Erkalten wird die
Masse wieder mit Wasser behandelt, allein dießmal vollständiger ausgewaschen als
nach den ersten beiden Glühungen. Es ist gut dieselbe eine Zeit lang mit Wasser zu
kochen, dann auf einem Filter oder auf einer Leinwand durch fließendes Wasser so
lange kalt auswaschen zu lassen, bis das Auswaschwasser durch essigsaures Bleioxyd
nicht mehr gebräunt wird. Von diesem Umstande hängt zum Theil die nachherige Farbe
des Products ab.
Wenn nun eine kleine Probe des getrockneten Pulvers durch Brennen mit Schwefel eine
schöne blaue Farbe annimmt, so kann zu der letzten Operation geschritten werden; im
entgegengesetzten Falle wiederholt man noch einmal das Glühen mit Schwefel und Soda.
Es hängt dieses gänzlich von dem bei den drei Glühungen angewandten Feuergrade ab.
Gewöhnlich ist man nach der dritten Glühung am Ziele. Sollte das Feuer zu schwach
gewesen seyn, so kann eine vierte Glühung erfordert werden.
Man schlägt jetzt das gut getrocknete bläulichgrüne Pulver durch ein feines Florsieb,
wodurch zuweilen kleine bräunlich gefärbte harte Körnchen ausgesondert werden. Diese
rühren theils von dem Tiegel, theils von der vielleicht stellenweise durch zu große
Hitze geschmolzenen und durch das Wasser nicht gehörig aufgeweichten Masse selbst
her, und müssen sorgfältig beseitigt werden.
Endlich schreitet man zu der letzten Operation, zu dem Brennen mit Schwefel.
Zu diesem Ende wird auf einer gußeisernen Platte (im Kleinen auf einem Platinblech)
eine etwa 1 Linie dicke Lage gepulverten, am besten durch Destillation gereinigten
Schwefels ausgebreitet, auf diesen ungefähr eben so viel oder etwas mehr des gut
getrockneten Präparats gleichmäßig aufgestreut, welches am besten mittelst eines
Streulöffels oder eines kleinen Siebes geschieht, und nun die Platte durch ein
Kohlenfeuer so weit erhitzt, bis der Schwefel sich entzündet. Man sorgt jetzt dafür,
daß der Schwefel bei der möglichst niedrigen Temperatur vollständig verbrenne, so
daß das Pulver selbst so wenig als möglich zum Glühen kommt. Dieses wird durch
Mäßigung des Feuers oder gänzliches Wegnehmen desselben erlangt. Im Großen dürfte es
am besten seyn, das Brennen auf einem mit Thüren versehenen Herde vorzunehmen, und
durch Oeffnen oder Schließen der letzteren die Verbrennung zu leiten. Diese
Operation wird mit dem nämlichen Pulver drei- bis viermal vorgenommen, nach
jedesmaligem Brennen dasselbe von der Platte abgenommen und etwas zerrieben. Hat das
Präparat die möglich schönste Farbe erlangt, so ist die ganze Bearbeitung am Ende.
Um diesen Punkt genau zu beurtheilen, thut man am besten bei größeren Partien durch
einige Versuche im Kleinen diesen Punkt aufzusuchen, und sich alsdann bei der
Bearbeitung der ganzen Masse nach dieser Probe zu richten.Es geht auch an, das Präparat zu jedesmaligem Brennen mit 1/2 seines Gewichts
Schwefel zu mengen und auf die Platte auszubreiten.
Bei dieser letzten Operation nimmt das Präparat etwas an Volumen zu, und erlangt eine
lockere, gewissermaßen flaumige Beschaffenheit. Eine eigentliche Krystallisation
konnte ich mit dem Vergrößerungsglase nicht daran bemerken. Zum technischen
Gebrauche ist es nothwendig, daß es wieder in den fein gepulverten Zustand
zurückgeführt werde, welches durch Bearbeitung in dem oben beschriebenen
Pulverisirapparate geschieht. Die Menge des aus der oben angegebenen Quantität der
Materialien erhaltenen Präparats wird ungefähr 160 betragen.
Zum Schlusse will ich noch einige Erfahrungen mittheilen, welche geeignet seyn
dürften, über die Entstehungsweise des künstlichen Ultramarins, so wie überhaupt
über dessen chemische Natur einiges Licht zu verbreiten.
Bei dem ersten Glühen des in Arbeit genommenen Gemenges entsteht bereits eine
chemische Verbindung von Schwefel, Natrium, Kieselerde und Thonerde. Dieselbe ist
noch wenig, zuweilen fast gar nicht gefärbt. Daß sich jedoch eine solche wirklich
gebildet habe, geht aus dem Umstande hervor, daß die mit Wasser gut ausgewaschene
Masse durch Säuren unter Entwicklung von Schwefelwasserstoffgas und Ausscheidung von
Kieselerdehydrat zersetzt wird. Der Zusatz des Kohlenpulvers bei der ersten Glühung
ist an sich nicht wesentlich, hat jedoch die vortheilhafte Wirkung, das
Zusammenschmelzen der Masse zu verhüten. Bei den folgenden Glühungen ist dieser
Zusatz unnöthig.
Bei dem zweiten Glühen der Masse mit Schwefel und kohlensaurem Natron nimmt der
Schwefel-, vielleicht auch der Natrongehalt zu. Eine merkliche
Gewichtszunahme tritt zwar nicht ein, weil dieselbe ohne Zweifel nur gering ist, und
von dem bei der Manipulation unvermeidlichen Verluste aufgewogen wird.
Das nunmehrige Product zeigt nun schon nach dem Auswaschen und Trocknen eine
deutliche, obgleich noch schwache grünlichblaue Farbe, welche bei dem Brennen einer
Probe mit Schwefel in offenem Feuer in ein reines, obgleich noch blasses Blau
übergeht.
Bei dem nun folgenden dritten Glühen mit Schwefel und Soda nimmt der Schwefelgehalt
noch mehr zu. Die gewaschene und getrocknete Masse zeigt nun schon eine intensive,
stark ins Grünliche spielende blaue Farbe, und ist gänzlich ohne das das Ultramarin
so sehr auszeichnende Feuer.
Man könnte glauben, daß alle drei Operationen in eine
vereinigt werden könnten, entweder durch länger andauernde Glühung oder durch
größeren Zusatz der Materialien. Directe Versuche, in beiden Beziehungen angestellt,
gaben jedoch kein günstiges Resultat.
Das nun folgende Brennen mit Schwefel ist der in theoretischer Beziehung
merkwürdigste Theil der Operation. Das Präparat nimmt erst durch diese Behandlung
seine wahre Farbe an. Dabei erleidet es eine Gewichtszunahme von 10 bis 20 Procent.
Diese Zunahme ist verschieden, und hängt theils von der Beschaffenheit des Products
vor dem Brennen, theils von der Art, wie diese Operation geleitet wird, ab.
Was den ersteren Umstand anbelangt, so dürfte es schwer seyn, das Präparat durch jene
drei Glühungen immer auf den nämlichen Zustand zu bringen. Doch kann hier Uebung,
besonders bei Bearbeitung größerer Massen, wohl einige Sicherheit gewähren. Ganz
besonders muß ich auf das feine Pulvern und genaue Mengen der Masse wiederholt das
größte Gewicht legen. Wird dieses versäumt, so erhält man nicht nur ein mit
weißlichen Punkten durchmengtes Präparat, sondern es erhält dasselbe niemals eine
schöne, wenn auch zuweilen ziemlich dunkle Farbe. Bei dem Brennen mit Schwefel
nimmt, wie schon oben bemerkt wurde, das Product an Gewicht zu. Diese Zunahme ist
ungleich, und kann bei öfter, 10 bis 15mal wiederholtem Brennen der Probe bis auf 20
Procent ansteigen. Nach drei- bis viermaligem Brennen ist gewöhnlich die
Farbe auf den höchsten Punkt von Intensität gelangt, und bann beträgt die Zunahme 5
bis 10 Procent.Schon Clément und Deformes führen an, daß das ächte Ultramarin beim Glühen in
Sauerstoffgas um 1 Proc. an Gewicht zunehme. Annales
de Chimie, Tom. LVII. p. 320.
Um diese Gewichtszunahme mit dem Schwefelgehalt zu vergleichen, wurde dieser sowohl
in der noch ungebrannten Masse, als in Proben von verschiedenem Grade des Brennens
bestimmt und mit der Gewichtszunahme verglichen.
Die Bestimmung des Schwefelgehalts geschah durch Behandlung einer gewogenen Probe mit
stark rauchender Salpetersäure, erst bei gewöhnlicher, dann etwas erhöhter
Temperatur in einer geräumigen Flasche, bis die Zersetzung vollständig erfolgt war.
Die hierauf mit Wasser verdünnte Masse zeigte nie ausgeschiedenen Schwefel. Die
filtrirte Flüssigkeit wurde nun nach vollständigem Auswaschen der Kieselerde mit
Chlorbaryum gefällt, und aus dem mit siedendem Wasser gewaschenen und geglühten
schwefelsauren Baryt der Schwefel berechnet.
100 des noch nicht mit Schwefel gebrannten Präparats gaben auf diese Art behandelt:
5,195 Schwefel.
100 des nämlichen Präparats wurden nun mit Schwefel vier- bis fünfmal
gebrannt, bis die Farbe die höchste Intensität zeigte. Die Gewichtszunahme betrug
10,16. Mit Salpetersäure wie oben behandelt, wurde erhalten 12,811 Schwefel. Es
bestand mithin jene Gewichtszunahme
in
7,618 Schwefel und
2,542 SauerstoffWiederholte Versuche mit anderen Proben gaben zwar etwas verschiedene
Zahlen, weil die Gewichtszunahme nicht immer gleich ist. In jedem
Falle war aber die Zunahme an Schwefelgehalt geringer als die ganze
Gewichtsvermehrung. Die Frage, wie viel des gefundenen Schwefels als
Schwefelsäure in der Verbindung enthalten sey, kommt, wie natürlich,
hier nicht in Betracht.
–––––––
10,160.
Um nun bei diesem Anlasse die Zusammensetzung der Verbindung überhaupt kennen zu
lernen, wurden die übrigen Bestandtheile auf folgende Weise bestimmt. 1,010 des noch
ungebrannten scharf getrockneten Präparats wurden in einer Achatschale mit Salzsäure
zu einem Brei angerührt, wobei sich Schwefelwasserstoff entwickelte. Nach einiger
Zeit schied sich die Kieselerde gallertartig aus. Die Masse wurde nun mit noch mehr
Wasser zerrührt und eine Zeit lang digerirt, dann die Kieselerde auf dem Filter
gesammelt und mit warmem Wasser ausgewaschen. Sie wog nach dem Glühen 0,346.
Die salzsaure Auflösung wurde mit Ammoniak übersättigt, und der Niederschlag
(Thonerde und Eisenoxyd) vollständig ausgewaschen und geglüht. Er wog 0,313. Mit
Salzsäure digerirt löste er sich auf unter Zurücklassen von 0,007 Kieselerde. Diese
Auflösung in warme Kalilauge eingetragen, gab einen Niederschlag von Eisenoxyd,
welcher 0,025 wog, also Thonerde = 0,281.
Die mit Ammoniak gefällte Flüssigkeit wurde mit oralsaurem Ammoniak vermischt und 12
Stunden bei gelinder Wärme digerirt. Der entstandene Kalkniederschlag wog nach dem
Brennen und Behandeln mit kohlensaurem Ammoniak 0,047.
Die Flüssigkeit wurde zur Trockne verdampft, zuletzt in der Platinschale und aus dem
zurückgebliebenen Salze die Ammoniaksalze durch Erhitzen entfernt, hierauf mit einem
Ueberschuß von Schwefelsäure vermischt, in einer kleinen Platinschale zur Trockne
verdampft und anhaltend geglüht, zuletzt unter öfterem Zusetzen von kohlensaurem
Ammoniak. Das zurückbleibende schwefelsaure Natron wog 0,586, und ließ beim Auflösen
in Wasser 0,009 Kieselerde zurück; mithin schwefelsaures Natron 0,577 = 0,18815
Natrium. Die Auflösung des schwefelsauren Natrons gab beim Abdampfen deutliche
Glaubersalzkrystalle, und reagirte mit Platinsolution nicht auf Kali.
Diese Analyse gibt nun, auf 100 berechnet, folgende Zusammensetzung des noch nicht
mit Schwefel gebrannten Ultramarins:
Kieselerde
35,841
Thonerde
27,821
Kalk
2,619
Eisenoxyd
2,475
Natrium
18,629
Schwefel
5,193
Sauerstoff (als Verlust)
7,422.
Da aber 100 Theile beim Brennen mit Schwefel zu 110,16 werden, worin 12,811 Schwefel
enthalten sind, die übrigen Bestandtheile dagegen keine Veränderung erleiden, so muß
das mit Schwefel gebrannte Ultramarin bestehen aus:
Kieselerde
32,544
Thonerde
25,255
Kalk
2,377
Eisenoxyd
2,246
Natrium
16,910
Schwefel
11,629
Sauerstoff (als Verlust)
9,039.
Vertheilt man nun den Sauerstoff auf den Schwefel und das Natrium unter der
Voraussetzung, daß er damit schwefelsaures Natron bilde, so hat man statt der drei
zuletzt aufgeführten Bestandtheile:
Schwefelsaures Natron
20,157
NatriumSchwefel
10,337 7,084
=
17,421 Schwefelnatrium
Hieraus ergibt sich zugleich, daß das Schwefelnatrium als einfaches anzusehen ist,
indem die Theorie auf 10,337 Natrium 7,149 Schwefel fordert.
Es ist übrigens klar, daß diese Aufstellung, wie alle ähnlichen Darstellungen
complicirter Verbindungen, keine absolute, sondern bloß eine theoretische Gültigkeit
haben kann, und es dahingestellt bleiben muß, den Schwefel dem Natrium, dem Kalk
oder dem Eisen beizufügen, in welchem Falle alsdann ein Antheil Natrium mehr als
Natron in Rechnung zu bringen wäre. Ueber solche Zweifel kann keine Erfahrung
entscheiden.
Fährt man, nachdem das Ultramarin bei dem Brennen mit Schwefel seine höchste
Intensität erreicht hat, mit dieser Behandlung fort, so gelangt man nach einiger
Zeit auf einen Punkt, da keine Gewichtszunahme mehr eintritt. Erhitzt man nun weiter
ohne Schwefel zuzusetzen, so nimmt das Gewicht wieder ab. Dabei verändert sich jetzt
die Farbe und geht in ein blasseres Blau über, gewissen Sorten von natürlichem
Ultramarin ähnlich, oft mit einem schwachen Stich ins Lilafarbene. Mit dieser
Veränderung ist zugleich eine mechanische verbunden; das Pulver verliert seine
lockere flaumige Beschaffenheit, und wird dichter und körniger. Es gelang mir nicht
immer diese Veränderung zu erhalten. Bei manchen Proben (auch käuflichen) trat sie
bald ein, bei anderen nur sehr unvollkommen, selbst nach stundenlangem Erhitzen. Ein
auf diese Art verändertes Ultramarin gibt, mit Salzsäure behandelt, keinen
Schwefelwasserstoff aus, enthält also kein unoxydirtes Schwefelmetall. Man sollte
denken, daß es bei dieser Veränderung durch Oxydation an Gewicht zunehmen müsse. Die
Abnahme möchte sich vielleicht daraus erklären lassen daß, während ein Antheil
Schwefel des Schwefelnatrium verbrennt, das entstehende Natron an die Kieselerde
oder überhaupt an die übrigen Bestandtheile trete. Da nun der fortgehende Schwefel
mehr beträgt, als der ihn ersetzende Sauerstoff, so muß Gewichtsabnahme
erfolgen.
Dieses blassere Ultramarin möchte wohl ebenfalls eine Anwendung finden, vielleicht
mit dem anderen in dem natürlichen und manchen künstlichen Sorten enthalten
seyn.
Noch waren drei Punkte zu untersuchen übrig.
1) In wiefern ist nämlich ein Gehalt von Kalk, wie er in fast allen käuflichen
Ultramarinsorten gefunden wird, wesentlich.
2) Ist die Gegenwart von Eisen zur Hervorbringung der Farbe nothwendig, oder
vielleicht dieselbe im Gegentheil schädlich?
3) Ist die Gegenwart von Natron erforderlich, oder kann dieses durch Kali ersetzt
werden?
Daß der Kalkgehalt nicht wichtig sey, geht wohl schon aus dem Umstande hervor, daß in
der oben angegebenen Mischung nur eine sehr geringe, zufällig in den Materialien
enthaltene Quantität zugegen ist. Es wurde gleichwohl versucht, auch diesen Umstand
direct auszumitteln. Ich setzte zu diesem Ende bei mehreren Zubereitungen bis 8
Proc. Kalk zu. Allein die erhaltenen Producte waren von den ohne diesen Zusatz
bereiteten nicht verschieden.
Daß der Eisengehalt keine sehr wichtige, wenigstens keine förderliche Rolle spiele,
ergab sich aus dem Umstande, daß eine Mischung nach obiger Vorschrift mit vollkommen
eisenfreien MaterialienDie Kieselerde wurde zu diesem Versuche durch Glühen von Huper mit
kohlensaurem Kalinatron, Uebersättigen mit Salzsäure u.s.w. bereitet, dann
zum Ueberfluß noch einmal mit Kalinatron geglüht und mit Salzsäure
abgeschieden. Das Eisen in der zugesetzten Holzkohle wird Wohl kaum in
Anschlag zu bringen seyn. und Vermeidung der Eisenkugeln beim Pulvern bereitet, ein dem aus den
gewöhnlichen dargestellten ganz gleiches Präparat gab. Uebrigens zeigte sowohl sehr
schönes künstliches Ultramarin von Guimet, als auch
achtes aus Rom bezogenes bei genauer Prüfung einen deutlichen Eisengehalt.
Ob eine etwas größere Menge von Eisen der Farbe schädlich sey, schien mir nicht sehr
wichtig zu untersuchen, läßt sich aber wohl a priori als
wahrscheinlich annehmen.
Endlich schien mir noch die Frage der Untersuchung werth, ob die blaue Farbe im
wesentlichen einer Natronverbindung zuzuschreiben sey, oder ob vielleicht auch durch
Anwendung von Kali eine solche hervorgebracht werden könne.
Zu diesem Ende wurde eine Bereitung nach oben gegebener Vorschrift in allen Theilen
durchgeführt, unter Anwendung von kohlensaurem Kali (durch Verbrennen von Weinstein
bereitet), statt des kohlensauren Natrons. Nach dreimaligem Glühen der Mischung
wurde jedoch eine beinahe weiße Masse erhalten, die, mit Schwefel gebrannt, nicht
die geringste blaue Färbung annahm, obgleich sie, mit Salzsäure übergossen,
reichlich Schwefelwasserstoffgas entwickelte.
Es geht hieraus in Bestätigung von Gmelin's A. a. O. S. 200 Anm. Angabe hervor, daß sich mittelst Kali (ohne Natron) kein Ultramarin
hervorbringen lasse, daß aber dennoch dadurch eine ähnliche Verbindung, obgleich von
weißer Farbe,
entstehe. Zugleich scheint diese Erfahrung ein neuer Beweis zu seyn, daß die blaue
Farbe nicht von einem Eisengehalte herrühre.
Nachschrift.
Vorstehender Aufsatz war bereits niedergeschrieben, als mir eine Abhandlung von C. P.
Prückner
Polytechn. Journal Bd. XCIV S.
388. über künstliche Bereitung von Ultramarin in die Hände fiel. Zeit und
Umstände erlauben mir nicht, seine Darstellungsmethode, die sich der Gmelin'schen nähert, für den Augenblick zu prüfen, um
eine Vergleichung mit der meinigen anzustellen. Auf jeden Fall geht daraus hervor,
daß man auf verschiedenen Wegen zum Ziele gelangen kann.
In einem Punkte weicht die Ansicht Prückner's von der oben ausgesprochenen wesentlich ab, nämlich in
Bezug auf die Erforderniß der Mischung Eisen zuzusetzen, welches er für wesentlich
zu halten scheint. Sein Verfahren ist in kurzem folgendes:
Man bereitet durch Glühen von schwefelsaurem Natron mit Kohlenpulver entweder in
einem Tiegel oder in einer Art von Muffel Schwefelnatrium. Dieses wird mit Wasser
ausgezogen, bis zur Sättigung Schwefel eingetragen, die durch Abdampfen concentrirte
Lösung mit 1/2 Procent der Schwefelnatriumlauge (bei 1,2 specifischem Gewicht
abgewogen) Eisenvitriol und 25 Procent möglichst reinem, gut präparirtem Thon
vermischt, zur Trockne verdampft, und die gepulverte Masse in einem Muffelofen
ungefähr eine Stunde lang geglüht. Nach dem Erkalten wird sie mit Wasser ausgelaugt,
getrocknet, zerrieben und noch einmal dem Glühen in der Muffel unterworfen, wodurch
sie die gewünschte Farbe erhält; zuletzt wird das Präparat auf einer Reibmühle fein
gemacht.