Titel: | Ueber Hrn. C. G. Kind's Bohrloch zu Mondorf und das von ihm angewendete Bohrsystem; von W. v. Seckendorff, herzogl. braunschweig'schem Bergmeister zu Schöningen. |
Fundstelle: | Band 100, Jahrgang 1846, Nr. LXVIII., S. 365 |
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LXVIII.
Ueber Hrn. C. G. Kind's Bohrloch zu Mondorf und das von
ihm angewendete Bohrsystem; von W. v. Seckendorff, herzogl. braunschweig'schem Bergmeister zu
Schöningen.
Aus dem Bergwerksfreund 1846, Nr. 4.
Ueber Kind's Bohrloch zu Mondorf.
Hr. Kind hat mir eine für das
bergmännische Publicum höchst interessante Uebersicht über die unter seiner Leitung
zu Mondorf bei Luxemburg mittelst seiner neuen Bohrapparate (beschrieben im
polytechnischen Journal Bd. XCVIII S. 166)
ausgeführte Bohrung mitgetheilt, welche ich deßhalb eile zu veröffentlichen, da sich
daraus ergibt, daß Hr. Kind
mit einem ganz außerordentlich geringen Kostenaufwande für jetzt das tiefste
Bohrloch in Europa niedergebracht hat. Nach den neuesten Mittheilungen desselben
mußte das Bohren jetzt bei 715 Meter Tiefe eingestellt werden, weil der Nachfall aus
der Gränze zwischen Muschelkalk und buntem Sandstein durch die daselbst getroffene
stark sprudelnde Quelle so stark angeregt war, daß man mit dem Bohrer nicht mehr vor
Ort gelangen konnte. Da man den bunten Sandstein bald durchbohrt zu haben glaubt und
die Kosten für eine eiserne Blechröhrentour nicht mehr anwenden will, so läßt Hr.
Kind jetzt eine 450 Meter
lange hölzerne Röhrentour anfertigen, nach deren Einbringung man in 15 Centimeter
Bohrerweite tiefer zu bohren beabsichtiget.
Bohrloch zu Mondorf.
Textabbildung Bd. 100, S. 366
Bohrkosten; Angefangen den 17.
Jun. 1840.; incl. des gesammten Inventars Franken;
Lias-Kalk und Mergel; Luxemburger Sandstein, die untern Lagen
Schwefelkies und Conglommerat; Keuper-Formation; Muschelkalk; Gyps und
Mergel; Rother und grauer sandiger Mergel mit Langen von Kalk, Gyps und
quarzigem Sandstein. Springende Soolquelle von 2 Proc. Salzgehalt 701 Liter pro Minute; Bunter Sandstein; 79 Met. Ende der 1sten
Röhrentour. 144,6 M. Ende der 2ten Röhrentour. 215,1 M. Ende der 3ten
Röhrentour. 251,74 M. Anfang. 260,13; 420,67 Ende der 4ten Röhrentour. 450,30 25
Grad Temperatur; Am 22. Jul. 1840 Wegen der abwechselnden bald festen bald
milden Gebirgslagen, bestehend aus ganz weichen Mergeln, mit Gypsknollen und
Anhydrit, ging das Bohren sehr langsam vor sich, indem jeder erbohrte Meter
sogleich wieder zusammenfiel u. durch die losen Steine die Röhren äußerst schwer
nachzubringen waren. Am 27. Jun. 1843. Durch drei Bohrerbrüche, wovon der eine
nur durchs Zerbohren beseitigt werden konnte und durch eine Verklemmung der
Bohrstange durch einen nachgefallenen Stein 12 Monate und 2 Tage Aufenthalt. Am
17. Jul. 1844; Am 24. August 1844; Am 29. Dec. 1844; Am 15. Octbr. 1845
Bei genauer Betrachtung dieser zweckmäßigen Zusammenstellung der Mondorfer Bohrung
wird man allerdings über Zeit und Kostenaufwand bei andern ähnlichen Bohrungen zu
ernsten Vergleichungen veranlaßt und es ist sehr zu bedauern, daß es in dieser
Hinsicht so sehr an zuverlässigen Quellen, aus denen man schöpfen kann, fehlt.
Hat der Chinese mit seinem gerühmten Seilbohren wirklich tiefer gebohrt, als es uns
Europäern bisher gelungen ist, so hat er dieß Ziel gewiß nur mit ganz gränzenloser
Aufopferung von Zeit und mit einer durch Menschenalter hindurchgehenden sterilen
Zweckverfolgung, die nur eben dem Chinesen eigen ist, durchgeführt. Nach der ältern
Bohrweise war aber auch der europäische Bohringenieur bestimmt, sich in Ausdauer mit
dem Chinesen zu messen, er mußte sich mit maßloser Beharrlichkeit rüsten und
Geduldproben ablegen, die ihm allerdings so lange zur Ehre gereichten, als es nicht
anders möglich war das vorgesteckte Ziel zu erlangen. Zu der ersten Bohrung in
Artern, welche 1000 Fuß tief wurde, gebrauchte man 7 Jahre Zeit und zu der 546 Meter
tiefen Bohrung von Grenelle waren wohl mehr als 15 Jahre erforderlich, und da im
Jahr 1834 Hr. v. Oeynhausen
für das Bohrloch zu Neusalzwerk bei Rehme sein Wechselstück oder den Schieber (Hrn.
Kind's Rutschschere)
einrichtete, so muß damals das Bohrloch schon eine Tiefe gehabt haben, die deren
Anwendung erforderlich machte, und man wird daher nicht viel fehlschließen, wenn man
annimmt, daß das Bohrloch einen Zeitaufwand von 12–15 Jahren beansprucht.
Aehnlich verhält es sich mit dem Kostenaufwande. Hr. Kind erbohrte für 18015 Rthlr. 6 Sgr. siebenhundert und dreizehn Meter. Nach den Verhandlungen
der französischen Akademie zu Paris vom 21. Oct. v. J., welche die Augsburger Allg.
Ztg. vor einiger Zeit veröffentlichte, hat die Bohrung von Grenelle, welche man in
Frankreich für das achte Wunder der Welt hielt, der Stadtcasse von Paris nur eine
Million Franken, dem Könige der Franzosen aber ein Kreuz der Ehrenlegion für den
Ingenieur Hrn. Mulot, das bei
verminderter Nachfrage allerdings nur al pari zu vier
und einem halben Franken veranschlagt wird, gekostet. Eine Million Franken sind aber
circa 266,666 Thlr. Cour. Wie viele Bohrlöcher würde
Hr. Kind für diesen Preis
niedergebracht haben!
Wie viel die Bohrung zu Neusalzwerk gekostet hat, ist nicht bekannt, jedoch hörte man
vor einiger Zeit die Summe von 45,000 Rthlr. angeben und sie scheint nicht
Uebertriebenes zu enthalten. Hr. Kind hätte für diesen Preis fast drei solcher Bohrungen
durchgeführt. Die Bohrung zu Artern kostete (s. Karstens Archiv das zweite Heft des XII. Bandes) 16,530 Rthlr.,
folglich nur 1485 Rthlr. weniger als Hrn. Kind's Bohrung, die weit über die doppelte Teufe hinausgeht.
Auch bei der zu Gunsten der herzoglichen Saline zu Schöningen am 6. Januar v. J.
begonnenen Bohrung, der zweiten, bei der die neuesten Principien des Hrn. Kind verfolgt werden, hat sich das
neue System als vorzüglich bewährt, obwohl erst seit wenigen Monaten mit dem
freifallenden Bohrer gearbeitet wurde. Das Bohrloch Nr. 1 ist mit Verwendung von circa 156 zwölfstündigen Schichten – d.h. 1/4
Schicht mehr oder weniger, darauf kommt nichts an – bis zu der Teufe von 680
Fußen gelangt, und dennoch hat in der letzten Zeit nicht mehr geleistet werden
können, als bisher geleistet wurde, weil ungefähr 400 Fuß Bohrwand unverrohrt sind
und der Nachfall aus den obern Schichten höchst lästig wurde. Wenn man nun das Jahr
zu 300 Arbeitstagen zu je zwei zwölfstündigen Schichten annimmt, so ist ersichtlich,
daß man hier die gedachte Teufe von 680 Fußen in dem Zeitraum von 1/4 Jahr und 3
Tagen hätte erbohren können, und ist eine gute Bohranstalt zur Hand, ein hoher
Bohrthurm, ein genügender Bohrschacht, ist die Disposition zur Arbeit selbst richtig
getroffen, ist für das Material zur Verrohrung des Bohrlochs gehörig und so gesorgt,
daß man diese bewirken kann, wenn man sie nöthig hat, dann kann man hienach die
Niederbringung eines Bohrlochs von 1000 Fuß Tiefe in dem Zeitraum von 1/2–3/4
Jahren nicht mehr für eine Chimäre halten.
Rücksichtlich des Kostenpunkts kann ich in diesem Augenblicke noch nicht ganz genauen
Aufschluß geben. Dennoch halte ich mich überzeugt, daß ich nach den bisher hier
gemachten Erfahrungen eine zweite Bohrung um ein ganz Bedeutendes billiger
herstellen werde. Dennoch, glaube ich, dient es der neuen Bohrweise des Hrn.
Kind nicht zum Nachtheil,
wenn ich sage, daß in der Lohnzeit von Nr. 1–4 des IV. Quartals v. J., in
welcher 99 Fuß 1 Zoll Teufe erbohrt wurden, jeder Fuß an Bohrmeister- und
Arbeitslöhnen gekostet hat 1 Rthlr. 1 Ggr. 5,106 Pf. und daß in der Lohnzeit von Nr.
5–8 desselben Quartals, in welchem 108 1/2 Fuß erbohrt wurden, der Fuß mit
einem Kostenaufwand von 22 Ggr. 7,188 Pf. erteuft wurde. Für 594 1/2 Fuß sind an
Löhnen für den Bohrmeister und die Arbeiter ausgegeben 473 Rthlr. 21 Ggr., mithin
hat der Fuß durchschnittlich gekostet 19 Ggr. 0,782 Pf., d. i. circa 24 Sgr. 2 Pf. und dennoch hätte mit der Aufwendung
von Menschenkräften wohl dann und wann noch etwas sparsamer umgegangen werden
können.
Noch wichtiger wird wohl die Betrachtung des Effects der auf das Bohrort ausgeübten
Schläge, und von diesem Gesichtspunkt ausgehend, habe ich alles aufgeboten und werde
ich ferner alles aufbieten, um zu einem gründlichen Resultate zu kommen, das ich
seiner Zeit dem bergmännischen Publicum vorzulegen gedenke. Der erfahrene
Bohringenieur wird einräumen, daß dieß keine ganz leichte Aufgabe ist, weil eine
ganze Menge Umstände dabei zu berücksichtigen sind. Die Wirkung des richtig
construirten Bohrers wird dann am größten seyn, wenn er aus der größtmöglichen
Fallhöhe (dem Hube) mit seiner ganzen Schwere auf das vom Bohrschmand und von
Nachfall gereinigte Bohrort fällt. Bei Hrn. Kind's Bohrweise bestätigt sich das vollkommen.
Beim Beginn einer Bohrperiode werden in den ersten Bohrschauern von 1/4 Stunde Dauer
(10 Minuten lang wird wirklich gebohrt, worauf den Arbeitern 5 Minuten Ruhe gegönnt
werden) meist mit 260 bis 280 Schlägen 4 und öfters wohl 5 Zoll erbohrt.
Ausnahmsweise sind in einer solchen Periode wohl sogar 6, 7 und der günstigste Fall,
der bisher vorgekommen ist, 9 Zoll erbohrt. Je unreiner das Bohrloch wird, je früher
der Nachfall behindernd eintritt, desto früher fällt das erbohrte Quantum auf 3,
dann 2 und endlich 1 Zoll zurück und ist man dann genöthigt wieder aufzuholen und zu
löffeln. Sind Quellen vor Ort, die die Trübe fortführen und den Bohrschmand locker
erhalten, so fällt dieser Aufenthalt lange weg und man hat hier schon 111 Zoll
erbohren können, bevor man genöthigt war aufzuholen. Wie wenig das bei der ältern
Bohrweise aber möglich war, kann man aus der Beschreibung des Hrn. v. Dechen von der ersten Bohrung zu
Artern im zweiten Heft des XII. Bandes des Archivs für Mineralogie, Geognosie,
Bergbau und Hüttenkunde S. 79 ersehen, wo es heißt: „Am 13. Febr. (1836)
bei 689 Fuß 11 Zoll Teufe wurde eine Bohrprobe genommen, sie zeigt grauen Gyps
mit rothen und weißen eingesprengten Partien.“ (Folglich ein Gestein,
dem eine sonderliche Festigkeit nicht zugeschrieben werden kann.) „Die
Behinderungen, der viele Nachfall dauerten fort und selbst der Bohrer wirkte
sehr wenig, die Schneide war bisweilen umgebogen, die Ecken abgesprungen. Am 21.
Febr. bohrte man mit 9000 Schlägen von 5 Zoll Hubhöhe nur 3 Zoll tiefer und am 23. desselben
Monats mit 4200 Schlägen 1 Zoll, am 26. d. M. in der Tagesschicht mit 6300
Schlägen 1 Zoll.“
Ganz anders ist das Resultat hier ausgefallen. Als man mit dem freifallenden Bohrer
zu arbeiten anfing, gab man dem Bohrer 10–12 Zoll Fallhöhe und wurde
allernächst erkannt, daß man noch mehr Hub geben könne, weßhalb derselbe auf
16–18 Zoll ohne Schaden, im Gegentheil zu Gunsten der Arbeit gesteigert ist. Uns
erschien hier der Hub von 10–12 Zollen bei einer Meißelbreite von 9 1/2
Zollen und dem Gewicht der armirten Bohrstange von circa 1400 Pfunden ungenügend,
während nach obigem Citate ein Hub von 5 Zollen gegeben wurde und S. 69 am a. O. ein
Hub von 8–9 Zollen ein beträchtlicher Hub genannt
wird. Aus der Breite des Meißels ergibt sich der Quadratinhalt des Bohrloches und
aus der Summe der verwendeten Schläge und der erbohrten Zolle ist man mithin im
Stande den durchschnittlichen Effect eines Schlags zu berechnen.
Im Monat September, wo man die neue Bohrweise zu benutzen anfing, wurden in 11
Schichten nur 29 Fuß 11 Zoll erbohrt. Davon wurden 17 Fuß 1 Zoll unter Benutzung des
freifallenden Bohrers mit Aufwendung von 13,930 Schlägen erbohrt, mithin waren pro Zoll nöthig 67,951 Schläge und effectuirte jeder
einzelne Schlag 1,042 Kubikzoll. Zu eben dieser Zeit wurden auf 12 Fuß 10 Zoll mit
Anwendung der Rutschschere (Hrn. Kind's Apparat gestattet die Benutzung auf die eine oder die andere
Weise, wie man es eben will) erbohrt. Es mußten dazu 16,482 Schläge verwendet
werden. Es fallen also pro Zoll 107,026 und effectuirten
dieselben zu 0,662 Kubikzoll. Das Verhältniß stellt sich also sehr günstig. Hätte
man 17 Fuß 1 Zoll, welche freifallend erbohrt wurden, auch mit dem Apparate als
Rutschschere erbohren wollen, so wären hienach nöthig gewesen 21,940 Schläge. Es
sind aber gemacht worden 13,930 Schläge, mithin sind erspart 8010 Schläge. Oder aber
wären die ganzen 30,412 Schläge vom freifallenden Bohrer ausgeübt, so würde man,
anstatt daß 29 Fuß 11 Zoll erbohrt wurden, erbohrt haben 65 1/4 Fuß, und dürfte sich
das Verhältniß leicht noch günstiger gestellt haben, weil man meist dann zur
Benutzung des freifallenden Bohrers überging, wenn der Apparat, als Rutschschere
benutzt, sich zu ungünstig auswies.
Im Monat October wurden im Ganzen 99 Fuß 1 Zoll erbohrt, davon 97 Fuß 8 Zoll mit dem
freifallenden Bohrer. Jeder einzelne Schlag schlug dabei 0,799 Kubikzoll Gebirge
los, während bei den übrigen 1 Fuß 5 Zoll nur 0,348 Kubikzoll effectuirt wurden.
Bei den im Monat November erbohrten 108/2 Fuß effectuirte jeder einzelne Schlag, wenn
man diejenigen Schläge, welche zur Beseitigung des Nachfalles verwendet wurden, d.h.
des Nachfalles, der beim Einlassen des Gestänges vorgefunden wurde, in Abrechnung
bringt, zu 0,851 Kubikzoll, und ich glaube wohl, daß man mit dieser Wirkung bei
einer Teufe von 486–594 1/2 Fuß schon ganz zufrieden seyn kann. Es ist aber
auch ersichtlich, daß bei der neuen Bohrweise des Hrn.
Kind die zunehmende Teufe am Effect nicht hinderlich
werden kann, weil das Spiel der Bohrwerkzeuge ganz dasselbe bleibt, der Gestängezug
ist 70 oder 700 oder gar 7000 Fuß lang. So viel Vorzüge, wie sie in dem bisher
Gesagten nachgewiesen sind, werden doch durch den Mechanismus der neuen Erfindung
noch gehoben. War mit der alten Bohrweise ein Spectakel verknüpft, der sich weithin
in die Ferne trug, und den Nahestehenden die Conversation unmöglich machte, so wird
der Sachverständige, der eine Bohrvorrichtung, nach Hrn. Kind's neuesten Principien eingerichtet,
betritt, dieser den Preis zuerkennen. Hunderte von Unglücksfällen können gar nicht
mehr möglich gedacht werden, und wenn Ruhe bei einer Maschinerie für die
Vorzüglichkeit derselben spricht, so findet man eben diese Ruhe bei Hrn. Kind's neuer Bohrvorrichtung. Wer
vor dem Bohrthurme steht, weiß kaum, daß gearbeitet wird, und der Laie versteht
nicht, wie es möglich, daß man das leiste, was man vorgibt. Der älteste Bohrmann
kann sich von dem gänzlich veränderten Geschäft keine Vorstellung machen! Es werden
hier hölzerne und eiserne Gestänge angewendet. Hat man früher zu den Bohrgestängen
wer weiß wie starke eiserne Stangen vom besten Eisen angewendet, so habe ich hier
unbedenklich englisches Eisen von 7/8 braunschweigschem Zoll Stärke genommen, und
während mir bei der ältern Bohrweise schon mancher Bruch vorgekommen ist, hat es
sich bei Handhabung der neuen Bohrweise als hinlänglich stark bewährt. Meine
hölzernen Bohrgestänge sind 2 1/2–3 Zoll braunschweigisch stark und zeigen
sich gleichwohl stark genug. Ein Gestängebruch kann kaum vorkommen und kommt er beim
Bohren vor, weil irgend ein Fehler im Eisen war, so hat das kaum noch etwas zu
bedeuten. Für vorzüglich festschließende Schrauben muß man sorgen, indem man die
Wahrnehmung macht, daß die nur einigermaßen willigen Schrauben bei dieser Methode
gern abschrauben.
Hr. Kind leistet mit einem
Wort, was mancher andere, der sich mit ähnlichen Ideen heschäftigte, selbst wohl
kaum erwartete. Die frühere Bohrweise war die Kindheit der Bohrkunst, die neue
Bohrweise ist das Alter der Mannbarkeit derselben, und ihre Zeugungskraft wird und
muß sie um so mehr sehr bald bekunden, da jetzt der Anwendung der Maschinenkräfte
nach meiner festen Ueberzeugung gar nichts mehr in dem Wege steht. Eine
Dampfmaschine wird das Einlassen und Aufholen der Gestängezüge besorgen, sie wird
den ganzen Gestängezug und den Bohrer heben und frei abfallen lassen, und endlich
das Löffeln besorgen; man wird dahin kommen, die Verrohrung in steter mit dem
Vorrücken des Bohrorts gleichmäßig niederwärts gehender Bewegung zu erhalten, und
wenn dabei täglich, weil der Nachfall nie störend einwirken kann, 10–20 Fuß erbohrt
werden, so wird man gleichzeitig um eben so viel seine Bohrwand gesichert haben. Die
Summe aller dieser Vorzüge, welche man sich bemühte in dem Vorhergehenden dem Leser
zu veranschaulichen, muß und wird der neuen Bohrweise sehr bald Eingang ins große
Publicum verschaffen, und zwar nicht, weil sie wirklich das Bessere bietet, sondern
vielmehr, weil sie durch den Selbstnutzen sich eindrängt. Dem gewerbsthätigen Manne
ist es nicht gleichgültig, ob er sich auf ein Project einlassen soll, das nach
Jahrzehnten erst zum Resultate führt, oder ob er ein Project ergreift, das nach
Verlauf von 1/2 bis 1 Jahr zum Ziel geführt ist; ob er 40 – 50,000 Rthlr in
Anschlag zu bringen hat, oder ob er mit dem Drittel davonkommen kann.
Der Bohrunternehmer kann zwar mit Hülfe eines tüchtigen Bohringenieurs den Apparat
des Hrn. Kind herstellen; wir
zweifeln auch keinen Augenblick, daß er es dahin bringt, daß der Apparat die armirte
Bohrstange greift und fallen läßt, und daß er die größere Wirksamkeit des
freifallenden Bohrers erkennt, er wird aber doch am Ende den Apparat wieder weglegen
müssen, weil er an Zeit mehr verliert, als er am Effect gewinnt. Referent spricht
hier wieder aus Erfahrung, denn obwohl er von Hrn. Kind mit Beschreibung und Modell, ja mit
Modellen in natürlicher Größe versehen war, und Hr. Kind alles aufbot, um bei uns das Bohren nach
seinem neuen Princip in Gang zu bringen, so war man doch vor Ergreifung ganz
durchgreifender Maßregeln nicht im Stande, die Neuerung in einen vollkommnen Gang zu
bringen. Bei der hiesigen Bohrung werden in einer Schicht unter Umständen bis zu
7000 Schlägen von 16–18 Zoll Fallhöhe ausgeführt; meistens um 5000 Schläge.
Je nachdem die Arbeit gut oder schlecht geht, steigt oder fällt die Zahl der
Schläge. Es liegt klar vor, daß der Greifapparat, der diese Verrichtung so oft zu
bewirken hat, mit einer eigenen Subtilität angefertigt seyn will, damit er so oft
und doch so regelmäßig seine Functionen verrichte. Ist der Apparat aber richtig und
gut construirt, so versagt er nie und erfordert Monate lang keine Reparatur. Gehört
zu seiner richtigen Construction die Bekanntschaft mit der Function jedes einzelnen
Theils, so gehört eine solche auch dazu, sie richtig in Betrieb zu setzen. Der
Bohringenieur würde von Neuem erfinden müssen, was man anderwärts schon weiß: die Praxis des Betriebs.
Man glaubt daher die betriebsamen Bohrunternehmer nur in ihrem eigenen Interesse auf
diesem Umstand aufmerksam machen zu davon, daß die Erneuerung des Ueberzugs so lange
als irgend thunlich müssen, und wird Hr. Kind
gewiß gern gegen ein billiges Honorar, das jeder Bohrunternehmer, dem so bedeutende
Vortheile geboten werden, wie sie im Vorhergehenden geschildert wurden, dem Erfinder
gern zollen wird, die geeigneten Maßregeln ergreifen, um dieselben zu belehren,
wobei Referent gern erbötig ist die Vermittelung zu übernehmen.