Titel: | Neues Verfahren das Eisen auf nassem Wege quantitativ zu bestimmen; von Friedrich Margueritte. |
Fundstelle: | Band 100, Jahrgang 1846, Nr. LXXIII., S. 381 |
Download: | XML |
LXXIII.
Neues Verfahren das Eisen auf nassem Wege
quantitativ zu bestimmen; von Friedrich Margueritte.
Aus dem Comptes rendus, April 1846, No.
14.
Margueritte's Verfahren das Eisen auf nassem Wege quantitativ zu
bestimmen.
Ein schnell zum Ziele führendes Verfahren um den Eisengehalt der Eisenerze
quantitativ zu bestimmen, ist besonders jetzt, wo die Eisenfabrication eine so große
Ausdehnung erlangt hat, wünschenswerth geworden. Das Verfahren, welches man
gewöhnlich hiebei anwendet, besteht darin, im Kleinen die Operation nachzuahmen,
welche im Großen im Hohofen ausgeführt wird; d.h. das Erz, nachdem es mit geeigneten
Flußmitteln vermengt worden ist, in einem mit Kohle ausgefütterten Tiegel einer
hohen und anhaltenden Temperatur auszusetzen; man erhält so einen Gußeisenkönig,
dessen Gewicht den Eisengehalt des Erzes anzeigt. Dieses Verfahren kann jedoch nicht
sehr scharf seyn, denn die Genauigkeit seiner Resultate hängt von der Temperatur ab,
bei welcher man operirt und von den Substanzen, die man als Flußmittel anwendet, für deren Wahl es keine
bestimmten Vorschriften gibt; überdieß hält das Medium, worin die Schmelzung bewirkt
wird, bisweilen sehr merkliche Mengen von Eisen zurück, und der Gußeisenkönig kann
selbst durch Kohlenstoff, Kiesel, Phosphor, Arsenik, Mangan verunreinigt und
zahlreiche Gußeisentheilchen können manchmal in der Schlacke zerstreut seyn. Die
andere analytische Methode, welche darin besteht, das Erz in einer Säure aufzulösen
und das Eisenoxyd von allen fremdartigen Substanzen getrennt niederzuschlagen, ist
ziemlich langwierig, besonders wenn das Erz phosphorsaure Salze enthält, und sie
erfordert auch eine gewisse praktische Geschicklichkeit, um sie richtig auszuführen.
Die Analysen der Eisenerze, Schlacken, des Gußeisens etc. können daher nur selten
auf den Hüttenwerken selbst ausgeführt werden.Der Verfasser ignorirt die Fuchs'sche Eisenprobe
(polyt. Journal Bd. LXXIII S. 36 und
Bd. LXXV S. 311), welche ihm,
wenn sie auch nicht in den französischen Journalen mitgetheilt wurde, aus
Berzelius' Jahresbericht bekannt seyn mußte,
wovon regelmäßig eine französische Uebersetzung erscheint. Bei der Fuchs'schen Eisenprobe, welche eben so einfach
als diejenige des Verfassers und für Hüttenbeamte offenbar geeigneter ist,
hat die Phosphorsäure keinen Einfluß; in den sehr seltenen Fällen, wo Arseniksäure vorhanden ist, gewährt sie
allerdings ohne Modification keine völlige Richtigkeit, aber die Gegenwart
des Arseniks verräth sich dabei bestimmt durch schwärzlich graue Schuppen,
welche auf den Kupferblechen entstehen; um den Einfluß des Arseniks bei der
Probe aufzuheben, braucht man jedoch nur die Auflösung des Eisenerzes,
welches sich arsenikhaltig zeigte, mit metallischem Zink stehen zu lassen,
um den Arsenik niederzuschlagen und dann zu filtriren, bevor man sie durch
chlorsaures Kali auf das Maximum der Oxydation bringt.E. D.
Das neue Verfahren, welches ich vorschlage, ist viel genauer als die bisher
angewandten, schnell ausführbar und einfach, so daß es auf allen Hütten angewandt
werden kann; es beruht auf der Anwendung einer Normalflüssigkeit. Die Vortheile der
auf dieses Princip gegründeten Verfahrungsarten, unter welche die Bestimmung des
Silbers nach Gay-Lussac
und des Kupfers nach Pelouze gehören, sind bekannt;
obgleich nun die quantitative Bestimmung des Eisens keine so strenge Genauigkeit
erfordert, wie die des Silbers und Kupfers in den Münzen etc., so suchte ich doch
diesen zwei Verfahrungsarten mich so viel als möglich zu nähern.
Meine Methode gründet sich auf das Verhalten der Eisenoxydulsalze zum mineralischen
Chamäleon (übermangansauren Kali); eine bestimmte Menge Eisen zerstört eine ihm
entsprechende Menge des Chamäleon. Wenn man also eine Eisenauflösung auf dem Maximum
der Oxydation hat, wie man sie meistens mit den Eisenerzen erhält, so braucht man
sie nur auf das Minimum der Oxydation zurückzubringen und nach und nach mit einer
Auflösung von übermangansaurem Kali von bekanntem Gehalt zu versetzen. So lange noch eine
Spur Eisenoxydul vorhanden ist, wird die Farbe des Chamäleons zerstört; endlich
tritt ein Zeitpunkt ein, wo der letzte Tropfen, welchen man hineingoß, nicht
zerstört wird, sondern der ganzen Flüssigkeit eine rosenrothe Farbe ertheilt;
dadurch erfährt man, daß die Operation beendigt ist und der Quantität von
übermangansaurem Kali, welche man anwenden mußte, entspricht der Eisengehalt der
Auflösung. 1 Aequivalent übermangansaures Kali verwandelt 10 Aequivalente
Eisenoxydul in Oxyd. Ich brauche wohl kaum zu bemerken, daß die Flüssigkeit, in
welcher die Reaction stattfindet, einen solchen Säureüberschuß enthalten muß, daß
sowohl das sich bildende Eisenoxyd als die Producte der Zersetzung des
übermangansauren Salzes, nämlich das Manganoxyd und Kali, aufgelöst bleiben
können.
Die Operationen bei der Anwendung dieses Verfahrens bestehen also darin, daß man
1) das Erz in Säure, z.B. Salzsäure, auflöst;
2) die erhaltene Auflösung des Eisenoxydsalzes mit schwefligsaurem Natron behandelt,
um sie in Oxydulsalz zu verwandeln und dann kochen läßt, um die überflüssige
schweflige Säure zu verjagen;Das schwefligsaure Natron muß die Eisenoxydsalze auf Oxydulsalze reduciren,
und da es wichtig ist, daß man von ihm so viel anwendet, daß die Reduction
vollständig ist und dennoch immer ein Ueberschuß von Salzsäure in der
Flüssigkeit zurückbleibt, so thut man am besten stets dieselbe, ein für
allemal bestimmte Quantität davon anzuwenden.Man wiegt nämlich annähernd 250 Gramme krystallisirtes schwefligsaures Natron
ab, welche man in 1 Liter Wasser auslöst und benutzt eine Pipette von 10
Kubikcentimetern, um die Quantität abzumessen, welche man bei jedem Versuche
zusetzen muß. 2 1/2 Gramme des Salzes, welche die 10 Kubikcentimeter der
Auflösung enthalten, sind mehr als hinreichend, um 1 Gramm Eisen zu
reduciren und dieser Ueberschuß bürgt dafür, daß das Oxydsalz vollständig in
Oxydulsalz verwandelt wird.
3) hierauf vorsichtig normale Chamäleon-Auflösung hineinzugießen, bis die
rosenrothe Farbe erscheint und auf dem Maaßgläschen (burette, wie es bei Gay-Lussac's Chlorometer angewandt wird) die Anzahl von
Abtheilungen abzulesen, welche erforderlich waren.
Man begreift nun, daß zwei Bedingungen zu erfüllen sind: 1) muß die Reduction eine
vollkommene seyn, denn die Eisenoxydsalze reagiren nicht auf das Chamäleon und das
zurückbleibende Eisenoxyd entginge daher gänzlich der Bestimmung seines
Eisengehalts; 2) muß man aus der Flüssigkeit durch das Kochen alle überschüssige
schweflige Säure verjagen; denn diese würde sonst dem übermangansauren Kali
Sauerstoff entziehen, um sich in Schwefelsäure zu verwandeln und so nach Art des Eisenoxyduls reagiren.
Man kann sich durch Versuche leicht überzeugen, daß die Auflösung eines
Eisenoxydsalzes, wenn man sie mit einer hinreichenden Menge schwefligsauren Natrons
behandelt, nicht nur auf das Minimum der Oxydation zurückgeführt wird, sondern auch
nach einige Minuten andauerndem Kochen nicht mehr die geringste Spur schwefliger
Säure enthält.
Ich mußte mich vergewissern, daß die Eisensalze, wenn sie einmal auf das Minimum der
Oxydation zurückgeführt sind, sich nicht so schnell wieder oxydiren, daß dieß auf
das Resultat der Analyse von Einfluß seyn kann; folgender Versuch hebt allen Zweifel
in dieser Hinsicht. Man ließ bei demselben die Auflösung vier Stunden lang in
Berührung mit der Luft stehen, worauf man die Normalflüssigkeit zusetzte, von
welcher gerade so viele Abtheilungen erforderlich waren, als bei den ohne allen
Verzug angestellten Analysen; dieß beweist, daß die Eisenoxydulsalze in einer sauren
Flüssigkeit sich nur sehr langsam in Oxydsalze verwandeln.
Es war wichtig zu untersuchen, ob in den Eisenerzen Substanzen vorkommen, welche auf
das Chamäleon reagiren und dadurch das Resultat der Analyse fehlerhaft machen
können. Durchgeht man die Zusammensetzung der meisten Eisenerze, wie sie von
verschiedenen Schriftstellern, namentlich Berthier und
Karsten angegeben wird, so findet man, daß die
gewöhnlichsten Bestandtheile derselben sind:
Eisenerze
Eisen, Phosphorsäure,Mangan, Kalk,Zink,
Thonerde,Arsenik, BittererdeKupfer, Kieselerde.
Mineralien
Kobalt.Nickel.Titan.Chrom.Wolfram.
Die Gegenwart des Zinks, Mangans, Titans, Wolframs, der Phosphorsäure, des Kalks, der
Bittererde, Thonerde und Kieselerde kann auf das Resultat der Analyse keinen Einfluß
haben; das Kobalt, Nickel und Chrom lassen ungeachtet der eigenthümlichen Farben
ihrer Auflösungen die charakteristische rosenrothe Färbung des Chamäleon
erkennen.
Nur der Arsenik und das Kupfer konnten unter den angegebenen Substanzen das Resultat
der Analyse fehlerhaft machen; denn die Arseniksäure wird durch die schweflige Säure
auf arsenige Säure zurückgeführt und die Kupferoxydsalze werden zu Oxydulsalzen,
worauf sie dem übermangansauren Kali Sauerstoff entziehen.
Die Eisenerze, worin Arsenik vorkommt, sind zwar in technischer Hinsicht von geringer
Bedeutung, weil sowohl das Gußeisen als das Stabeisen, welche daraus gewonnen
werden, von so schlechter Qualität sind, daß man sie gewöhnlich verwirft; indessen
kann man mittelst einer unbedeutenden Abänderung des allgemeinen Verfahrens auch den Eisengehalt solcher
Erze nach meiner Methode bestimmen. Man braucht nämlich bloß, nachdem man die
Auflösung gekocht hat, um die überflüssige schweflige Säure zu verjagen, ein Blech
von reinem Zink hineinzulegen, welches sich in der Salzsäure mit Entwickelung von
Wasserstoffgas auflöst; der Arsenik und das Kupfer werden dadurch reducirt und im
metallischen Zustande gefällt. Wenn die Auflösung des Zinks beendigt ist, filtrirt
man die Flüssigkeit, um sie von den Arsenik- oder Kupfertheilchen zu
befreien, welche sich später wieder oxydiren würden, und nachdem man das Filter
drei- bis viermal mit Wasser ausgewaschen hat, setzt man die Operation mit
der Normalflüssigkeit fort.
Bereitung der Normalflüssigkeit von übermangansaurem
Kali.
Es gibt mehrere Methoden das mineralische Chamäleon zu bereiten: die einfachste ist
die von Gregory angegebene; sie besteht darin, 1 Atom
chlorsaures Kali, 3 Atome Kalihydrat und 3 feingepulvertes Mangansuperoxyd
zusammenzuschmelzen. Man behandelt die erhaltene Masse mit so viel Wasser, daß man
eine möglichst concentrirte Auflösung erhält, welche man mit verdünnter
Salpetersäure versetzt, bis die Farbe schön violett ist, worauf man sie durch
Amianth filtrirt, um das in ihr suspendirte Mangansuperoxyd abzusondern. In diesem
Zustand kann das übermangansaure Salz zur Analyse angewandt werden. Dasselbe ist
sehr beständig und läßt sich in einer luftdicht verschlossenen Flasche sehr lange
aufbewahren ohne eine Veränderung zu erleiden, vorausgesetzt daß man es nicht mit
organischen Substanzen in Berührung bringt.
Um mit dieser Auflösung eine Normalflüssigkeit herzustellen, wiegt man genau 1 Gramm
Klavierdraht ab, welcher aus ziemlich reinem Eisen besteht und löst ihn in beiläufig
20 Kubikcentimetern rauchender und eisenfreier Salzsäure auf; wenn sich kein
Wasserstoff mehr entwickelt und die Auflösung vollständig ist, verdünnt man die
Flüssigkeit mit beiläufig 1 Liter Wasser.ManMau maß die Normalflüssigkeit sehr verdünnt
und kalt anwenden, damit die Salzsäure, welche in
Ueberschuß vorhanden ist, nicht auf das Chamäleon wirkt und Chlor
entwickelt. Man gießt dann die Auflösung von übermangansaurem Kali tropfenweise hinein,
bis sich die rosenrothe Färbung zeigt und bemerkt sich die Anzahl der angewandten
Abtheilungen des Maaßgläschens; mittelst dieser Zahl übersetzt man bei der Analyse
eines Eisenerzes die Resultate in Gewichte. Wenn die Chamäleon-Auflösung zu
concentrirt ist, kann man sie immer leicht um die Hälfte, ein Viertel, ein Fünftel etc. durch Zusetzen
von Wasser schwächer machen, so daß man sich sehr der Stärke nähert, wobei 30
Kubikcentimeter auf 1 Gramm Eisen erforderlich sind.