Titel: | Bain's elektrischer Telegraph. |
Fundstelle: | Band 101, Jahrgang 1846, Nr. III., S. 8 |
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III.
Bain's elektrischer
Telegraph.
Aus dem Practical Mechanics' and
Engineer's Magazine, März 1846, S. 146.
Mit Abbildungen auf Tab. I.
Bain's elektrischer Telegraph.
Folgende Beschreibung bezieht sich auf den von Hrn. Alexander Bain auf der Eisenbahnlinie zwischen
Edinburgh und Glasgow vor Kurzem errichteten elektrischen
Telegraphen. Hr. Bain ist der
wissenschaftlichen Welt bereits durch zwei eigenthümliche und
sinnreiche Erfindungen, den elektrischen Drucktelegraphen und
die elektrische Glocke bekannt. Ohne den hohen Werth dieser
Beiträge auf dem Gebiete der Technik zu verkennen, scheint es
uns, daß der durch ihn auf den Gipfel der Vollkommenheit
gebrachte signalisirende Telegraph noch weit mehr zur
Vergrößerung seines Ruhmes beitragen wird, als alle seine
vorangegangenen Arbeiten.
Eine besondere Eigenthümlichkeit von Hrn. Bain's praktischer Anwendung der Elektricität zu
telegraphischen Zwecken liegt in seiner Methode, die Ablenkung
des Elektromagneten durch den elektrischen Strom
hervorzubringen. Bei allen vorhergehenden Einrichtungen dieser
Art war der Verbindungsdraht parallel mit dem Magnet angeordnet.
Hr. Bain hat jedoch durch wiederholte
Versuche gefunden, daß man unter gleichen übrigen Umständen eine
weit größere disponible elektrische Kraft erzielen kann, wenn
man den Draht rechtwinkelig zum Magneten stellt. Ein schlagendes
Beispiel des Vorzugs einer solchen Anordnung ist an der
Glasgow-Station der
Glasgow-Edingburgh-Eisenbahn zu sehen. Hier läuft
auf eine Strecke von 11/2 Meilen ein 6drähtiger Telegraph nach
Cooke's und Wheatstone's System neben einem 1drähtigen nach Bain. Die zum Betrieb des erstern auf
dieser kurzen Strecke erforderliche Kraft wird durch 12
Plattenpaare geliefert, während für 46 Meilen nach Bain's System nur 16 Paare nöthig
sind. Der letztere Apparat ist seit einigen Monaten in
Thätigkeit; die Transmission der Signale erfolgt mit großer
Leichtigkeit und Genauigkeit.
Das Verbindungsmittel zwischen beiden Endpunkten der Eisenbahn
ist ein einzelner Eisendraht (Nr. 9), der zum Schutz gegen die
Einwirkung der Atmosphäre mit Zink überzogen ist. Derselbe ruht
auf Pfosten, an die er vermittelst eines eigenthümlich
construirten Isolators befestigt ist, der dem doppelten Zwecke
entspricht, den elektrischen Strom auf den Draht zu beschränken
und letztern anzuspannen, wodurch jede zu dem
letzteren Zweck früher vorgeschlagene Aufwindevorrichtung
entbehrlich wird.
Beschreibung des Apparats.
Die Figuren
1 und 2
stellen Frontaufrisse des an jedem Bahnende und an den
Zwischenstationen Ratho, Linlithgow, Falkirk, Castlecary,
Kirkintilloch und Cowlairs aufgestellten Telegraphen dar. In
sämmtlichen Ansichten sind zur Bezeichnung gleicher Theile
gleiche Buchstaben gewählt.
A, A ist ein Mahagonykasten, dessen
Vorderseite weggelassen ist, um einen Blick auf den innern
Mechanismus zu gestatten. B, B ein
Zifferblatt mit den Buchstaben I und
V. C, C sind Rollen von dünnem
Kupferdraht, welche an das Messinggestell E, E befestigt sind. Letzteres ist an die hintere
Seite des Kastens geschraubt. Zwei halbkreisförmige Stahlmagnete
D, D sind an den um eine Achse 3
drehbaren Messingarm 6, 6 befestigt. T,
T ist eine messingene mit einem Einfall Z versehene Schiebstange; U eine an das Mauerwerk befestigte
Holzplatte mit der Glocke V, deren
um X drehbarer Hammer W durch den Draht Y mit der Schiebstange T verbunden ist.
M ist eine Volta'sche Batterie mit
16 Plattenpaaren; Z der Zinkpol und
C der Kupferpol. Mit den Polen
sind die Drähte 4 und 10 durch Schrauben 11 und 12 fest
verbunden. O, O ist ein Holzklotz,
in dessen Oberfläche die Messingstücke R,
R, I eingefügt sind. An die Handhabe F sind zwei Spiralfedern N, N befestigt, welche dieselbe in
ihrer mittleren Lage erhalten, wenn das Instrument außer
Thätigkeit ist. A¹, A² sind die an jedem Ende der
Bahnlinie in die Erde eingesenkten Metallplatten, die den
elektrischen Strom in und aus der Erde leiten.
Um die Wirkungsweise des Apparats zu erläutern, wollen wir
annehmen, es solle eine Nachricht von Edinburgh nach allen
Stationen längs der Bahnlinie gesandt werden. Die erste Bewegung
besteht darin, daß man die Wärter der verschiedenen Stationen
auf die zu ertheilende Nachricht aufmerksam macht. Zu dem Ende
wird die Handhabe F, Fig.
1, nach der rechten Seite hin bewegt. In Folge dieser
Bewegung geht ein galvanischer Strom von der Batterie M zu Edinburgh längs des Drahtes
nach der Verbindungsschraube 12, von da durch den Draht L nach dem unteren Messingstück R und von diesem durch den in
Punktirungen angedeuteten Draht nach dem oberen Messingstück H, dann durch die obere Feder C nach dem oberen Messingstück P und von da nach den Spulen C, C. Von da geht der Strom nach der
Verbindungsschraube 8, woran der die beiden Endpunkte der
Telegraphenlinie verbindende Draht befestigt ist, und
berührt auf seinem Wege die an sämmtlichen Stationen
aufgestellten telegraphischen Apparate. Von dem Apparate zu
Glasgow wird der galvanische Strom in den Erdboden geleitet, um
durch 46 Meilen feuchten Erdreichs zur Vollendung seines
Kreislaufs den Rückweg zu nehmen. In Folge der Einwirkung des
galvanischen Stroms auf die Stahlmagnete bewegen sich die Zeiger
sämmtlicher Instrumente nach V, und
zwar in Folge einer Anordnung, welche wir weiter unten
deutlicher beschreiben werden.
Wenn die Instrumente außer Thätigkeit sind, so werden die Hämmer
der Alarmglocken durch folgende Einrichtung in Bereitschaft
gehalten. Das linke Ende S des
Hebels wird niedergedrückt, bis sich das rechte Ende gegen die
Achse des Zeigers 2 lehnt. Sodann wird die Schiebstange T niedergezogen, bis der Einfall Z gegen die untere Seite der
Hebelachse anschlägt. Dadurch wird der Hammer W in eine Lage gehoben, in der er so
lange verharrt, bis der Zeiger 2 nach V bewegt wird. Sobald letzteres geschieht, löst sich
der Hebel von der Zeigerachse aus und der rechte Arm desselben
fällt als der schwerere herab. Durch diese Bewegung wird nun
auch die Schiebstange T frei, so daß
nun der Hammer gegen die Glocke schlagen und die Aufmerksamkeit
des Wärters auf das Instrument lenken kann.
Bei Transmission eines Signales ist zu bemerken daß, wenn die
Handhabe F nach der linken Seite
hinbewegt wird, der Zeiger auf I,
wenn sie dagegen rechts bewegt wird, auf v steht. Alle Signale setzen sich aus diesen einfachen
Bewegungen zusammen. Soll z.B. der Buchstabe A signalisirt werden, so bewegt man
die Handhabe F links, wodurch sich
der Zeiger auf I stellt, was auf der
Tafel C², C² den Buchstaben A anzeigt. Um den Buchstaben B zu signalisiren, muß die Handhabe
zweimal, und um C anzuzeigen,
dreimal nach der linken Seite bewegt werden. Der Buchstabe L wird signalisirt, indem man den
Zeiger zweimal nach I, einmal nach
v und dann noch einmal nach I bewegt. Auf diese Weise können
Wörter und Sätze mit großer Geschwindigkeit und Präcision
telegraphirt werden.
Die Signale sind überdieß so angeordnet, daß alle die links vom
Zeiger befindlichen mit I und die
rechts vom Zeiger befindlichen mit v
beginnen, so daß der Beobachter, sobald er den Zeiger sich
bewegen sieht, sogleich weiß, auf welcher Seite er den
signalisirten Buchstaben findet. Um die Zahlen von den
Buchstaben zu unterscheiden, läßt man den Zeiger nach der
letzten Bewegung ein wenig pausiren. Will man z.B. die Zahl 8
signalisiren, so läßt man den Zeiger zuerst nach v und dann dreimal nach
I sich bewegen, und macht dann
eine Pause von 1 oder 2 Secunden.
Obiger Signalmethode bedient man sich zur Transmission
allgemeiner Nachrichten. Für die beim Eisenbahnbetrieb
vorkommenden eiligen Nachrichten ist die größere Tafel B³, B³ vorgerichtet. An dem oberen Ende der Tafel
ist eine Reihe von Signalen vorgerichtet, welche, einzeln
gegeben, den Ort der Eisenbahnzüge auf der Bahnlinie anzeigen.
Wenn z.B. ein Eisenbahnzug Edinburgh verläßt, so wird dieses von
der Station aus im Augenblicke der Abfahrt längs der ganzen
Bahnlinie durch II signalisirt;
sobald der Zug in Ratho anlangt, wird dieses von hier aus
telegraphisch gemeldet und so fort, bis der Zug den Ort seiner
Bestimmung erreicht hat. Die Methode, wie nach bestimmten
Stationen telegraphirt wird, mag aus Folgendem erhellen. Bei
näherer Betrachtung der Tafel B³ wird man bemerken, daß sich alle Signale der
oberen Horizontalreihe mit I, die
der Verticalreihe dagegen mit v
endigen. Soll nun an eine besondere Station eine telegraphische
Depesche gerichtet werden, so wird der Stationsaufseher daselbst
durch eine besondere Anordnung von Signalen, die sich mit v endigen, aufmerksam gemacht, daß
die Nachricht ihm gelte. Angenommen, man wünschte von Edinburgh
aus mit den Beamten der Station Falkirk sich in telegraphische
Communication zu setzen, so werden, obgleich das Alarmglöckchen
auf allen Stationen ertönt und die Signale vv eine von Edinburgh kommende
Depesche anmelden, doch die gleich darauf erfolgenden Signale
IVVV andeuten, daß die Depesche
nur Falkirk gelte.
Auf derselben Tafel findet man eine Anzahl bestimmter
Nachrichten, wie sie im Eisenbahndienste häufig vorkommen,
verzeichnet. Um eine solche zu transmittiren, telegraphirt man
ein mit I endigendes Signal in der
Horizontalreihe und ein mit v
endigendes in der Verticalreihe; an dem Durchschnitte beider
Reihen findet man alsdann die fragliche Nachricht. Würde z.B.
oben II und auf der Seite vv signalisirt, so bedeutete dieß
die Frage „welches ist die Ursache der
Verzögerung?“ Sämmtliche Quadrate der Tafel sind
mit solchen Fragen ausgefüllt.
Die Figuren
3 und 4
enthalten Seitenansichten desselben Apparates. Fig.
5 zeigt die Art der Auslösung des Hebels S; dieser ruht nämlich auf der Achse
des Magnetes, die zum Theil ausgeschnitten ist, so daß wenn sie
sich um einen gewissen Bogen dreht, das Hebelende frei wird und
vermöge seines Uebergewichtes niedersinkt.