Titel: | Ueber die Anwendung des Chlorjods in der Photographie; von Dr. Fr. Heeren in Hannover. |
Fundstelle: | Band 101, Jahrgang 1846, Nr. V., S. 15 |
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V.
Ueber die Anwendung des
Chlorjods in der Photographie; von Dr. Fr. Heeren in Hannover.
Aus den polytechnischen Mittheilungen von Volz und Karmarsch, 3tes und 4tes Heft.
Heeren, über die Anwendung des Chlorjods in der
Photographie.
Unter den verschiedenen, bis jetzt empfohlenen
Beschleunigungsmitteln finden unstreitig die Brompräparate die
häufigste Anwendung; ja, in den vorhandenen gedruckten
Anleitungen zur Daguerreotypie geschieht, mit seltenen
Ausnahmen, des Chlors nur beiläufig kurze Erwähnung.
Seit längerer Zeit bei meinen photographischen Versuchen
vorzugsweise das Chlorjod benutzend, nachdem in früheren Jahren
mit Brom und Bromverbindungen gearbeitet wurde, habe ich
Gelegenheit gehabt, über die außerordentliche Bequemlichkeit und
Sicherheit in der Anwendung des Chlorjods, so wie über die
Bereitung und Behandlung desselben vielfältige Erfahrungen zu
sammeln, welche dem gegenwärtigen Aufsatz zu Grunde liegen.
Die Schwierigkeit und Unsicherheit des Jodirens mit
Bromverbindungen liegt in der so großen Veränderlichkeit dieser
Präparate, so bald sie Jod und Brom in dem günstigsten
Verhältnisse enthalten; und das ältere, noch jetzt so vielfältig
übliche Verfahren, trocken zu jodiren, und darauf mittelst
Bromwassers zu bromiren, ist der doppelten Operation wegen
umständlich, und durch die Aufgabe, stets genau dasselbe
Verhältniß zwischen Jod und Brom zu treffen, außerordentlich
schwierig.
Die feste krystallinische Verbindung von Jod und Brom, welche
entsteht, wenn Brom so lange mit pulverisirtem Jod versetzt
wird, bis das Ganze zu einer krystallinischen Masse erstarrt
ist, bietet schon bei der Bereitung große Unsicherheit, weil es
nicht möglich ist, genau den Punkt zu erkennen, wo man mit dem
Zusatz des Jods aufhören muß. Dem Gewicht nach beide Theile
zusammenzubringen dürfte bei der außerordentlichen Flüchtigkeit
des Broms kaum ausführbar seyn, und doch bildet die richtige
Zusammensetzung des Präparats besonders dann eine wesentliche
Bedingung, wenn man sich, nach dem neuerdings von Knorr gemachten Vorschlag, einer
Auflösung von festem Bromjod in Aether bedient, weil sich in
diesem Menstruum das ganze Präparat, gleichviel, ob es einen
Ueberschuß des einen oder des anderen Bestandtheils enthalte,
auflösen muß.
Bei Anwendung einer wässerigen Auflösung von Bromjod soll, um
sicher einen Ueberschuß von Brom zu vermeiden, absichtlich mehr
Jod angewendet werden, als das Brom binden kann, sofern beim
nachherigen Auflösen in Wasser das überflüssige Jod sich
ausscheidet. Die auf solche Art erhaltene Flüssigkeit kann zwar
ziemlich lange unverändert aufbewahrt werden, allein das Jod ist
in ihr zu sehr vorherrschend, wodurch die Empfindlichkeit der
Jodirung gegen das Licht bedeutend abnimmt. Um diesem letzten
Fehler abzuhelfen, versetzen einige Daguerreotypisten die zu
jodhaltige Bromjodlösung beim Gebrauch mit Bromwasser, und
richten sich dabei nach der Farbe der Flüssigkeit. Ich halte
diese Methode für die leichteste und sicherste, habe jedoch
selbst keine Erfahrungen darüber.
In der schon vorhin erwähnten höchst lehrreichen und praktischen
Abhandlung des Hrn. Knorr
Polytechn. Journal Bd. XCVI S. 448. sind die Schwierigkeiten in der Anwendung von
Bromverbindungen ausführlich entwickelt, so daß sie keiner
weiteren Darlegung bedürfen werden.
Wenden wir uns nunmehr zu der Anwendung des Chlorjods. Nach
meinem, weiter unten ausführlich vorkommenden Verfahren
dargestellt, bietet dieses Jodirmittel so große Leichtigkeit in
der Anwendung, daß selbst unerfahrne Personen seine
Instandhaltung und Anwendung in Zeit von wenigen Stunden so gut
erlernen, daß ihnen das Jodiren der Platten selten mißlingt.
Eine und dieselbe Portion dieser Flüssigkeit kann Monate lang
gebraucht werden, wenn man nur Sorge trägt, sie täglich Morgens
durch Vergleichung ihrer Farbe mit der Farbe einer
unveränderlichen Normalflüssigkeit zu untersuchen, und
nöthigenfalls durch Zusatz einiger Tropfen Jodtinctur zu
restauriren. In Zeit von wenigen Minuten ist dieses Geschäft
verrichtet, und man kann sodann den ganzen Tag hindurch mit
stets gleichem Erfolg sich ihrer bedienen. Die Flüssigkeit
bleibt vom Morgen bis zum Abend in dem mit genau schließender
Glasplatte versehenen Jodirkästchen stehen, und wird Abends
mittelst des weiter unten beschriebenen Hebers in die
Vorrathsflasche zurückgegeben.
Gern gebe ich zu, daß die Empfindlichkeit des Chlors als
Beschleunigungsmittel hinter der des Broms in etwas zurücksteht;
wer würde aber nicht bei Anfertigung eines Bildes gern einige
Secunden zugeben, wenn dadurch die Sicherheit der Arbeit
wesentlich gefördert wird!
Die Ursache der bei den Freunden der Daguerreotypie vielfach
verbreiteten Abneigung gegen das Chlorjod liegt ohne Zweifel
darin, daß die bis jetzt veröffentlichten Anweisungen zur
Bereitung desselben ein Präparat liefern, welches in Folge eines
zu reichlichen Gehalts an Jod allerdings eine wenig empfindliche
Jodirung gibt. Man erhält bekanntlich das gebräuchliche
Chlorjod, wenn zu dem in einem Kölbchen befindlichen Jod so
lange Chlorgas geleitet wird, bis sich beide zu einer dunkel
braunrothen Flüssigkeit verbunden haben. Das so gewonnene
flüssige Chlorjod wird zum Gebrauch in Wasser gelöst, dessen,
gewiß nicht gleichgültige Menge verschieden, meistens zu dem
sechzehnfachen des angewendeten Chlorjods, angegeben wird. Es
scheidet sich hiebei jederzeit eine kleine Quantität Jod in
Gestalt eines glänzend grauen krystallinischen Pulvers aus,
welches man nach einiger Ruhe durch Filtration entfernt. Die so
erhaltene Flüssigkeit gibt zwar sehr kräftige Bilder, ist aber
wenig empfindlich, und bessert sich erst bei langer
Aufbewahrung, indem sich das Verhältniß zwischen Chlor und Jod
allmählich dergestalt ändert, daß das erstere mehr und mehr zum
Vorherrschen gelangt, wodurch dann empfindlichere
Jodirungen entstehen. Die Ursache dieser Aenderung liegt zum
Theil in einer noch lange fortdauernden Ausscheidung von Jod,
zum Theil in dem Eintritt einer Säurebildung, wobei
verhältnißmäßig mehr Jod als Chlor aus der Verbindung tritt.
Durch Zersetzung eines Antheils Wasser nämlich wird aus dessen
Wasserstoff und dem Chlor Chlorwasserstoffsäure gebildet,
während sich der Sauerstoff des Wassers mit dem Jod
wahrscheinlich zu jodiger Säure vereinigt.
Es lag unter diesen Umständen gewiß sehr nahe, dem Präparat
gleich von vornherein eine größere Menge Chlor einzuverleiben,
wodurch dann eine feste Verbindung in Gestalt einer braunen
krystallinischen Masse entsteht. Schon Dörffel in seiner trefflichen kleinen BroschüreBeschreibung des Daguerreotyps, von Dörffel. Berlin 1843. erwähnt sehr richtig, S. 22, daß die an Chlor reichere
krystallinische feste Verbindung den Vorzug verdient. Sie löst
sich in Wasser ohne Abscheidung von Jod vollständig auf, und
besteht aus 1 Atom Jod gegen 2 Atome Chlor, ist also
Doppelt-Chlorjod. Es ist nur praktisch fast unmöglich,
diese Verbindung von genau constantem Chlorgehalt darzustellen,
weil beim fortgesetzten Hinzuleiten des Chlorgases die flüssige
Verbindung allmählich erstarrt, und sich in dem durch den
Ueberzug von Chlorjod fast undurchsichtigen Glase der Augenblick
nicht erkennen läßt, wo gerade alle Flüssigkeit krystallisirt
ist, ohne daß die dritte noch höhere Chlorverbindung in Gestalt
hellgelber Krystalle sich theilweise schon gebildet hätte.
Selbst die Aufbewahrung und der Gebrauch des
Doppelt-Chlorjods wird durch den Umstand unbequem, daß es
an der Luft durch Verlust von Chlor gern in die jodreichere
flüssige Verbindung zurückkehrt.
Die Leichtlöslichkeit des Doppelt-Chlorjods im Wasser gab
einen Weg an die Hand, dasselbe zum Gebrauch in flüssiger
Gestalt und in genau richtiger Zusammensetzung darzustellen. Man
durfte nur eine genau gewogene Menge trocknes Jod mit wenigem
Wasser übergießen und sodann getrocknetes Chlorgas so lange
hinzuleiten, bis das Gefäß eine bestimmte Gewichtszunahme
zeigte. Es entstand dann nur noch die Aufgabe, die
solchergestalt erhaltene, genau nach dem günstigsten
Gewichtsverhältniß zusammengesetzte concentrirte Chlorjodlösung
vor der allmählichen Säuerung zu sichern, um sie in
unverändertem Zustande aufbewahren und zum Gebrauch mit Wasser
verdünnen zu können.
Da, allem Anschein nach, der Säurebildung die sogenannte
disponirende Verwandtschaft zum Grunde liegt, oder,
mit andern Worten, da die Affinität zwischen dem Wasser und der
Chlorwasserstoffsäure (weniger wohl die zwischen Wasser und
jodiger Säure) die Entstehung dieser Säuren aus den vorhandenen,
nur noch nicht verbundenen Bestandtheilen veranlaßt, so war zu
vermuthen daß, wenn dem Wasser eine andere Säure zugesetzt
würde, zu welcher es ebenfalls große Affinität besitzt, dadurch
die Anziehung zur Chlorwasserstoffsäure geschwächt, und somit
die Säuerung des Chlors vermieden werden könne. Der Erfolg
entsprach dieser Erwartung vollkommen. Ich versetzte nämlich das
Wasser mit einer gewissen Menge Schwefelsäure, und habe gefunden, daß das so bereitete
Chlorjod in concentrirtem Zustand, so weit meine bisherigen
Erfahrungen reichen, bei der Aufbewahrung keiner Aenderung
unterliegt.
Bereitung des flüssigen
Chlorjods.
Nach Darlegung dieser Betrachtungen gehe ich nunmehr zur
Darstellungsweise des Chlorjods über. Ein Gläschen, etwa ein
kleines Mixturglas, wird auf einer sehr empfindlichen Wage genau
ins Gleichgewicht gebracht, und hierauf das Jod, welches der
genauen Gewichtsbestimmung wegen vollkommen trocken seyn muß,
hinein gethan, und genau gewogen. Das Gewicht desselben betrage
z.B. 100 Gran. Man setzt nun genau das doppelte Gewicht, also
200 Gran, verdünnter Schwefelsäure, durch Mischung von
gewöhnlicher concentrirter, arsenikfreier Schwefelsäure mit der
fünffachen Gewichtsmenge Wassers bereitet, hinzu, und beginnt
sodann mit dem Hinzuleiten des Chlors, wobei natürlich das
Gläschen von der Wage hinweggenommen wird. Das Chlor wird auf
bekannte Art in einer gläsernen Retorte aus Braunstein und
Salzsäure mittelst gelinder Erwärmung entwickelt. Um es
ebenfalls nur der genauen Wägung halber von anhängenden Dämpfen
zu reinigen, läßt man es vorher durch ein mit Stückchen Kreide
und Chlorcalcium gefülltes Gläschen streichen. Die Kreide dient
zur Beseitigung der etwa mit übergehenden Salzsäure, das
Chlorcalcium zur Trocknung des Gases. Das Ende des
Zuleitungsrohrs darf nicht bis in die Flüssigkeit hinabreichen,
sondern bleibt etwa 1/2 Zoll davon entfernt.
Sobald die Chlorentwickelung, die übrigens nicht zu rasch
erfolgen darf, im Gange ist, beginnt man das Gläschen
fortwährend gelinde hin- und herzuschaukeln, um die
Absorption des Chlors zu erleichtern. Das Jod löst sich nun in
der Flüssigkeit mit braungelber Farbe allmählich auf, wobei eine
sehr bemerkliche Erwärmung eintritt, der man, um jedem Verlust von Chlorjod durch Verdampfung vorzubeugen, durch
Herumlegen eines mit kaltem Wasser befeuchteten Tuches begegnet.
Wenn alles Jod gelöst ist, fährt man mit dem Hinzuleiten des
Chlors noch eine Weile fort, und beginnt dann von Zeit zu Zeit
die Gewichtszunahme des Gläschens auf der Wage zu untersuchen.
Man sieht den Proceß als beendigt an, wenn das Gewicht des
hinzugekommenen Chlors 66 Proc. von dem des Jods, also in
unserem Beispiel 66 Gran beträgt. Um nicht aus Versehen diesen
Punkt zu überschreiten, ist es rathsam, die Chlorentwickelung
gegen das Ende sehr langsam fortgehen zu lassen, und die Wägung
sehr oft zu wiederholen. Sollten indessen, was schwer zu
vermeiden, jene 66 Proc. dennoch um ein Geringes überschritten
seyn, so kann man diesen Ueberschuß durch Zusatz einer
entsprechenden Menge Jods wieder ausgleichen. Die äußerste Genauigkeit ist bei diesen
Wägungen erforderlich, so daß die Darstellung des Chlorjods nach
meinem Verfahren auch nur von Personen ausgeführt werden kann,
die in chemischen Arbeiten einige Uebung haben, und im Besitz
einer sehr empfindlichen Wage sind. Die genaue Beobachtung des
richtigen Verhältnisses zwischen Chlor und Jod ist so wichtig,
daß schon 1 Proc. über oder unter jenen 66 einen sehr
bemerklichen Einfluß auf die Güte des Jodirmittels übt. Es ist
aber doch jedenfalls besser, eher etwas zu viel, als zu wenig
Chlor anzuwenden, weil ein kleiner Ueberschuß desselben bei der
weiter unten vorkommenden Regulirung der verdünnten Flüssigkeit
mittelst Jodtinctur leicht zu beseitigen ist.
Es muß hier in theoretischer Beziehung darauf hingewiesen werden,
daß das Verhältniß von 100 Jod zu 66 Chlor keineswegs allgemeine
Gültigkeit hat, wie es sich ja auch mit keinem einfachen
stöchiometrischen Verhältnisse reimt; daß es vielmehr ein
durchaus relatives, und nur unter Voraussetzung der oben
vorgeschriebenen Menge Schwefelsäure und Wasser, so wie der
sogleich anzugebenden Verdünnung ermittelt und gültig ist.
Wollte man z.B. die Schwefelsäure mit mehr oder weniger als der
fünffachen Menge Wassers verdünnen, das angegebene Verhältniß
des Chlors zum Jod aber beibehalten, so würde das Präparat ganz
unbrauchbar ausfallen.
Das erhaltene Chlorjod bildet eine Flüssigkeit von dunkel
orangegelber Farbe, und muß in einem Gläschen mit gut
schließendem Glasstöpsel an einem dunkeln Orte aufbewahrt
werden.
Für diejenigen HHrn. Daguerreotypisten, welche Versuche mit dem
hier beschriebenen Chlorjod zu machen wünschen sollten, und
keine Gelegenheit haben, es sich von einem geübten Chemiker
verfertigen zu lassen, bemerke ich, daß der Laborant
des polytechnischen Instituts zu Hannover, Hr. Nicolai, dasselbe unter meiner
unmittelbaren Aufsicht bereitet, und gegen portofreie Einsendung
des Betrags die Unze zu 1/2 Rthlr. abgibt.
Gebrauch des Chlorjods.
Das concentrirte Chlorjod muß zum Gebrauch mit destillirtem
Wasser in dem Verhältniß von 1 : 32 verdünnt werden, so daß
mithin 1 Loth desselben zur Verdünnung 1 Pfd. Wasser erfordert.
Die so erhaltene Flüssigkeit besitzt gewöhnlich anfangs eine
goldgelbe Farbe, wird aber nach einigen Stunden dunkel orange,
und kann erst dann gebraucht werden. Es ist daher unerläßlich,
die frisch angesetzte Flüssigkeit vor dem Gebrauch mindestens
3–4 Stunden, lieber aber noch länger, etwa einen Tag
stehen zu lassen. Offenbar bedürfen die in ihr wirksamen
Anziehungskräfte zwischen Chlor, Jod, Wasser und Schwefelsäure
einiger Zeit, um sich in den nachher bleibenden
Gleichgewichtszustand zu setzen.
Die so erhaltene Flüssigkeit kann zwar, wie schon oben erwähnt,
Monate lang fortgebraucht werden; sie bedarf indessen von Zeit
zu Zeit einer kleinen Nachhülfe zum Ersatz des abgedunsteten
Jods.
Beim fortgesetzten Gebrauch des verdünnten Chlorjods nämlich
stellt sich eine langsam fortschreitende Mischungsänderung ein,
wobei das Chlor mehr und mehr zum Vorwalten kommt, wie sich aus
der matten, aschgrauen Farbe der mit einer so veränderten
Flüssigkeit erhaltenen Bilder, so wie auch aus dem Hellerwerden
der Flüssigkeit selbst ergibt. Ein geringer Zusatz von Jod hilft
diesem Fehler sofort vollständig ab. Um sich nun in dieser
Hinsicht von der richtigen Beschaffenheit der Flüssigkeit, sey
dieselbe frisch angesetzt oder schon älter, zu überzeugen,
richtet man sich mit großer Sicherheit nach ihrer Farbe, welche
um so Heller orangegelb erscheint, je geringer der Jodgehalt,
und umgekehrt. Es könnte hiegegen der Einwurf gemacht werden,
daß die Farbe auch von der Concentration abhängig ist; da aber
die Verdünnung des Chlorjods nach einem genau bestimmten
Verhältniß (1 : 32) vorgenommen wurde, so können Unterschiede
der Farbe nur von dem Verhältnisse zwischen Chlor und Jod
herrühren. Zur sicheren Erkennung der Farbe bereitet man sich
eine, selbst bei langer Aufbewahrung ganz unveränderliche gelbe
Normalflüssigkeit durch Auflösen
von doppelt-chromsaurem Kali
in der 150fachen Gewichtsmenge destillirten Wassers. Die Farbe
dieser Auflösung stimmt genau mit der Farbe überein, welche das,
nach meiner Methode bereitete, verdünnte Chlorjod
besitzen muß, vorausgesetzt, daß beide Flüssigkeiten in Gläsern
von etwa 1 1/4 Zoll innerem Durchmesser sich befinden, denn in
dickeren oder dünneren Schichten verglichen, ist die
Uebereinstimmung nicht mehr so vollkommen. Man verschafft sich
also zwei mit eingeriebenen Stöpseln versehene Glasfläschchen
von dem angegebenen Durchmesser, und füllt das eine derselben
ein für allemal mit der Normallösung; das andere wird dann
jedesmal mit der zu untersuchenden Flüssigkeit gefüllt, und
beide werden neben einander gegen das helle Tageslicht gehalten.
Stimmt die Farbe beider Gläser genau
überein, so kann man die Flüssigkeit als richtig beschaffen in
Gebrauch nehmen. Sollte dagegen die Farbe zu hell erscheinen,
was, wie erwähnt, nach mehrtägigem Gebrauch der Fall zu seyn
pflegt, so muß durch Zusatz von Jod nachgeholfen werden, welches
ich in weingeistiger Auflösung als Jodtinctur anwende. Da nun
aber beim Hinzutröpfeln von Jodtinctur zu der kalten
Chlorjodlösung sich gern ein Theil des Jods in Substanz
ausscheidet, so ist es besser, eine kleine Menge Flüssigkeit in
einem besonderen kleinen Gläschen über der Spirituslampe gelinde
zu erwärmen, und unter Schütteln mit einigen Tropfen Jodtinctur
zu versetzen. Hiebei scheidet sich kein Jod aus, und man bedient
sich der gewonnenen, sehr jodhaltigen Flüssigkeit, nachdem sie
durch Eintauchen des Gläschens in kaltes Wasser abgekühlt
worden, zu dem in Rede stehenden Zweck.
Man wird dieses Verfahren, die Jodixflüssigkeit nach der Farbe zu
restauriren, auf den ersten Anblick vielleicht für weitläufig
halten; es ist aber in der That so leicht ausführbar, daß wenige
Minuten hinreichen, die Flüssigkeit mit der Normallösung auf
gleiche Farbe zu bringen, worauf sie dann sofort zum Jodiren
benutzt werden kann.
Man mache es sich zur Regel, die Flüssigkeit so wenig, wie irgend
möglich, dem Zutritt der freien Luft darzubieten, da sie sonst
durch Verdunstung bedeutend verliert. Das gläserne oder
porzellanene Jodirkästchen muß in dieser Absicht mit einer fast
hermetisch schließenden aufgeschmirgelten Glasplatte geschlossen
werden können, die beim Jodiren mit einer Pappe schnell
vertauscht wird, in welche das zur Aufnahme der Platte bestimmte
Loch eingeschnitten ist. Nach beendigter Jodirung, welche
durchschnittlich etwa 4 Minuten erfordert, wird die Glasplatte
sogleich wieder aufgelegt.
Um auch beim Einfüllen der Flüssigkeit in das Jodirkästchen, so
wie beim Zurückgeben in die Vorrathsflasche den Zutritt der Luft
zu vermeiden, bediene ich mich eines eigenen Hebers, dessen
Beschreibung hier noch um so eher eine Stelle verdienen dürfte,
als er auch bei anderen Flüssigkeiten dieselbe nützliche
Anwendung finden kann. Die Vorrathsflasche nämlich ist mit einem
Kork verschlossen, durch welchen zwei Löcher gebohrt sind. In
das eine dieser Löcher ist eine, unten nur gerade durch den Kork
hindurchreichende, oben dagegen etwa 4 Zoll hervorstehende
Glasröhre eingesetzt; das andere Loch enthält eine heberförmig
gebogene, zweischenkelige Glasröhre, deren einer Schenkel bis
auf den Boden der Flasche herabreicht, während der andere,
kürzere Schenkel nur einige Zolle lang ist. Soll nun die
Flüssigkeit in das Jodirkästchen gebracht werden, so schiebt man
die Glasplatte desselben nur eben so weit zur Seite, um den
kürzeren Schenkel des Hebers hineinbringen zu können, nimmt das
aufstehende Glasrohr in den Mund, und treibt durch Blasen die
nöthige Menge der Flüssigkeit durch den Heber aus. Wünscht man
später die Flüssigkeit zurückzubringen, so verfährt man im
Uebrigen ebenso, saugt aber, statt zu blasen, wodurch sich der
Heber sogleich füllt, und nun ohne ferneres Saugen zu fließen
fortfährt. Um nachher die Vorrathsflasche, an welcher der Heber
sitzen bleibt, völlig zu verschließen, darf man nur das offene
Glasrohr mit einem Körkchen versehen.
Das Jodirkästchen wird am besten so weit gefüllt, daß die
Flüssigkeit etwa 3/4 Zoll von der Platte entfernt ist. Man
erhält so die gleichförmigste Jodirung.
Es ist bei Anwendung des Chlorjods ziemlich gleichgültig, ob die
Jodirung ein wenig stärker oder schwächer ausfällt,
vorausgesetzt daß die Platte mindestens zur rothen, oder
höchstens zur dunkelblauen Farbe gebracht wird. Die günstigste
Farbe scheint mir die röthlich violette zu seyn.
Wir haben jetzt noch einige Worte über die Empfindlichkeit des
Chlorjods als Beschleunigungsmittel zu sagen, in welcher
Hinsicht, wie schon erwähnt, dasselbe allerdings gegen
Bromverbindungen in etwas zurücksteht. Mit einem kleinen Voigtländer'schen Apparat von 18 und
19 Linien Oeffnung habe ich bei mäßig Hellem Wetter Nachmittags,
die sitzende Person nach Nord-Ost gewendet, zur
Herstellung hinreichend heller Bilder etwa 12–15 Secunden
gebraucht. Ein großer Apparat von 36 Linien Oeffnung verlangt
aus Gründen, die ich noch nicht habe entdecken können, gegen die
sonst herrschende Annahme der schnelleren Wirkung, etwas mehr,
etwa 20–25 Secunden. Mit der kleineren Maschine habe ich
mehrfach die Mondsbahn aufgenommen, welche so kräftig
hervortrat, daß sie einen fast ganz weißen Bogen auf schwarzem
Hintergrunde darstellte.
Zum Schluß dieses Aufsatzes mag in der Kürze das Verfahren
angegeben werden, nach welchem, meinen Erfahrungen zufolge, ohne
Schwierigkeit und mit großer Sicherheit eine völlig
gleichmäßige hohe Politur und vollkommene Reinigung der Platten
erzielt wird.
Die auf dem mit Kautschuk überzogenen Polirholz festgeklebte
Platte wird zuerst mit Tripel und einer Mischung von ungefähr
gleichen Theilen starkem Weingeist und Aether geschliffen, wobei
das Baumwollbäuschchen stets in kleinen Kreisen unter mäßigem
Druck herumgeführt wird. Ist das Bäuschchen trocken, so feuchtet
man die Platte wieder an und schleift abermals zur Trockne. Gute
Platten bedürfen eines längeren Tripelns nicht. Hierauf wird
ebenso mit Polirroth verfahren, wobei nur zu berücksichtigen
ist, daß man sich eines nicht zu schwach gebrannten, also nicht
zu weichen, mehr dunkelfarbigen, gehörig angreifenden Roths
bediene. Es soll diese Behandlung nicht sowohl zum Poliren, als
vielmehr zum Feinschleifen dienen. Nächstdem wird trocken mit ganz feinem Polirroth und
Filz polirt. Der hiezu dienende Filz muß vom allerfeinsten Hasenhaar mit Sorgfalt
angefertigt und nur schwach gewalkt seyn. Man reinigt ihn durch
zweimaliges Auskochen mit starkem Weingeist, und Pressen. Ein
Stück dieses Filzes von etwa 2 1/2 Zoll im Quadrat wird auf eine
Unterlage von sehr dickem weichem Filz, und diese auf ein
Brettchen von gleicher Größe geleimt. Die Oberfläche des Filzes
wird nach dem Trocknen mit einer feinen Kratzbürste übergangen,
wodurch sich das weiche seidenartige Haar länger hervorzieht.
Beim Gebrauch wird dieser Filzballen mit ein wenig feinem Roth
bestäubt, dasselbe mittelst der Kratzbürste eingerieben, und die
Platte in allen Richtungen, kreuz und quer unter gelindem Druck
damit polirt. Nachdem dieß einige Minuten fortgesetzt ist, folgt
die letzte Politur, ebenfalls mit Filz, jedoch ohne weiteres
Polirmittel und bei sehr gelindem Druck, wobei zuletzt nur in
einer Richtung, quer polirt wird. Ist der Filz von guter
Beschaffenheit und mit der Kratzbürste gehörig gerauht, so
erhält man nicht nur eine rein schwarze Politur, sondern, was
noch wichtiger, die Silberfläche ist überall gleichmäßig rein
metallisch bloßgelegt, so daß die Bilder an Zartheit und
Sauberkeit nichts zu wünschen übrig lassen.
Es versteht sich von selbst, daß die Filzballen mit größter
Sorgfalt vor jeder Verunreinigung geschützt werden müssen. Sie
sind dann von fast unvergänglicher Dauer.