Titel: | Bericht über die Versuche mit Schießpulver, welche im Arsenal zu Washington in den Jahren 1843 und 1844 angestellt wurden; von Hrn. Alfred Mordecai, Artillerie-Capitän. |
Fundstelle: | Band 101, Jahrgang 1846, Nr. XIII., S. 46 |
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XIII.
Bericht über die Versuche mit
Schießpulver, welche im Arsenal zu Washington in den Jahren 1843 und
1844 angestellt wurden; von Hrn. Alfred Mordecai, Artillerie-Capitän.
Aus dem London Journal of arts, März 1846, S. 123.
Mordecai's Versuche mit
Schießpulver.
Dieser Bericht enthält die Resultate von vielen Tausend genauen
Versuchen, welche Capitän Mordecai in
Auftrag der Regierung der Vereinigten Staaten mit den besten
Instrumenten anstellte.
Die Kraft des Schießpulvers wurde seit Hutton und den französischen Experimentatoren mittelst
des ballistischen Pendels und eines
Kanonenpendels gemessen. Die Kanone (bei diesen Versuchen ein
24- und ein 32pfünder) ist in einem eisernen Rahmen
aufgehangen, der auf Messerschneiden von gehärtetem Stahl wie
ein Wagebalken hängt; das Ganze (eine Last von 10,500 Pfd.) wird
von massiven steinernen Pfeilern getragen. Das Zurückweichen
wird an einem messingenen Bogen gemessen, von dessen Krümmung
der Rahmen und die Kanone der Radius sind; er ist so graduirt,
daß man mittelst eines Nonius, welcher durch das Zurückweichen
in Bewegung gesetzt und durch eine schwache Feder am Punkte der
größten Schwingung zurückgehalten wird, Secunden ablesen kann.
Wenn die Kanone adjustirt und in Ruhe ist, so ist ihre Achse
eine horizontale Linie und der Nonius steht am Nullpunkt der
Scala.
In einer Entfernung von nur 55 Fuß (zwischen den Mittelpunkten)
ist der zum Aufnehmen des Geschosses und Messen seiner
Geschwindigkeit bestimmte Pendelblock eingesteckt. Dieses Pendel ist das Gegenstück der Kanone, was die Art
seiner Aufhängung und Bewegung betrifft, die auf gleiche Weise
an einem graduirten Bogen gemessen wird. Dieser sogenannte Block gleicht einem Mörser oder einer
weiten Haubitze mit einem Kaliber von 15 Zoll und einer
Bohrtiefe von 4 1/2 Fuß, und ist mit ledernen Sandsäcken gefüllt
und einer bleiernen Decke als Vorlage versehen. Der Pendelblock
mit Rahmen und Gegengewicht wog 9358 Pfd. und sie waren so
aufgehangen, daß sie, wenn in der Ruhe, mit ihrer Achse genau in
der Visirebene der Kanone schwebten. Beim Gebrauche wurde die
Oeffnung des Pendelblocks mit einer Bleiplatte bedeckt, welche
mit einem Loch versehen war.
Wer mit solchen Versuchen nicht vertraut ist, dem könnte es sehr
gewagt erscheinen, eine 32pfündige Kugel auf eine Entfernung von
nur 50 Fuß in die Mündung eines andern Geschützes abzufeuern.
Allein dieselbe Geschwindigkeit, welche ungehindert gelassen,
die Kugel Meilen weit treiben würde, wird bei diesem Apparat auf
eine Weite von einigen Fußen beschränkt und theilt der großen
Körpermasse, auf welche sie stößt, nur eine kleine Bewegung mit,
welche vollkommen und genau gemessen werden kann. Ein
Beobachter, der so gestellt ist, daß er die Vorderseite des
Mörserblocks unverdunkelt von dem Rauche der Kanone sehen kann,
wird im Augenblick des Auffalls einen das durch die Kugel
hervorgebrachte Loch umgebenden Kreis von röthlichweißer Flamme gewahr. Diese Flamme wird nach
der Meinung von Capitän Mordecai
durch die Verbrennung kleiner Partikelchen Eisen und Blei, die
sich durch die Reibung entzündeten, hervorgebracht. Beim
Abfeuern einer 32 Pfd. schweren Kugel auf den Pendelblock mit
einer Ladung von 8 Pfd. wurde der unmittelbar vor der Kugel
befindliche Sand zu einer festen Masse zusammengedrückt, die
einen unvollkommenen Sandstein bildete.
Eines ähnlichen Apparats in verhältnißmäßigem Maaßstabe bediente
man sich auch für Flinten. Bei diesen Versuchen wurde Pulver aus
vielen Fabriken von großer Verschiedenheit in der
Zusammensetzung, im Korn und der Feinheit probirt. Die durch
diese Versuche erhaltenen Elemente zur Berechnung der Stärke des
Schießpulvers wurden auf die Formeln Hutton's und diejenigen, deren sich in neuerer Zeit
die Franzosen zu Metz bedienten, angewandt. Capitän Mordecai schließt aus den Resultaten
seiner Versuche, daß das einzige zuverlässige Verfahren, die
Stärke des Schießpulvers zu prüfen darin besteht, es mit den
dienstlich vorgeschriebenen Ladungen in den Waffen, für welche
es bestimmt ist, zu probiren, zu welchem Zweck die ballistischen
Pendel vollkommen geeignet sind.
In der Zweiunddreißigpfünder-Kanone sollte neues
Stückpulver bei einer Ladung von 1/4 des Gewichts der Kugel
einer Kugel von mittlerer Größe und mittlerem Spielraum eine
anfängliche Geschwindigkeit von nicht weniger als 1600 Fuß
geben.
Die anfängliche Geschwindigkeit der Musketenkugel, von 0,05
Spielraum, mit einer Ladung von 120 Gran sollte seyn
für neues
Musketenpulver nicht unter
1500 Fuß
„
„ Büchsenpulver
(Riffelkraut)
1600
„
„ feines Jagdpulver
1800
„
Die gewöhnlichen Pulverprobe-Mörser sind als Instrumente
zur Bestimmung der relativen Kraft verschiedener Sorten
Schießpulver werthlos.
Das Verhältniß der Bestandtheile (der Satz) bei unserm
(amerikan.) besten Schießpulver, nämlich 76 Salpeter, 14 Kohle,
10 Schwefel, und beim englischen 75, 15, 10, scheint der Stärke
des Pulvers günstig zu seyn. Das beste Verfahren zu seiner
Fabrication ist das in sogenannten Walzenmühlen unter schweren
Walzen, und nur diese Methode liefert ein gutes Jagdpulver. Die
Engländer bedienen sich desselben seit 15 Jahren, die Franzosen
aber noch des alten Verfahrens, des Stampfens. Das specifische
Gewicht des Pulvers sollte nicht unter 850 und nicht über 920
betragen. Die Ladung einer Kanone für alle gewöhnlichen Zwecke
soll 1/4 (des Kugelgewichts) betragen. Kein Zweck, sogar das
Brescheschießen einer Batterie, erfordert mehr als 1/3 des
Kugelgewichts. Für Kleingewehr werden folgende Ladungen
empfohlen: für die Percussions-Flinte 110 Gran, die
Percussions-Büchse 75 Gran; die
Percussions-Pistole 30 Gran Riffelkraut. Endlich wird
angerathen, gepreßte Flinten- und Musketenkugeln, statt
wie bisher, gegossene anzuwenden.
(Der Grund, weßhalb sich die Franzosen zum Mengen und Verdichten
des Stückpulvers fortwährend der Stampfen statt der Walzen
bedienen, ist nach dem Aide-Mémoire
à l'usage des Officiers d'Artillerie. 2te Ausgabe, Paris 1844 der, daß das nach
den anderen Verfahrungsarten fabricirte Pulver eine schnellere
Zerstörung der Geschütze verursacht.
Die Redact.)