Titel: | Ueber künstliches Ausbrüten der Eier durch Lampenwärme; von H. Bir, Verfertiger von Brütvorrichtungen zu Courbevoie (Seine). |
Fundstelle: | Band 101, Jahrgang 1846, Nr. XVII., S. 58 |
Download: | XML |
XVII.
Ueber künstliches Ausbrüten
der Eier durch Lampenwärme; von H. Bir,
Verfertiger von Brütvorrichtungen zu Courbevoie (Seine).
Im Auszug aus dem Recueil de la Société
polytechn., Jul. 1845, S. 1.
Mit Abbildungen auf Tab. I.
Bir, über künstliches Ausbrüten der Eier durch
Lampenwärme.
Die künstliche Bebrütung ist die Kunst, alle Arten Hausgeflügel
und andere Vögel, vorzüglich aber Hühner, ohne Bruthennen zu
jeder Jahreszeit zum Auskriechen zu bringen und aufzuziehen.
Bekanntlich besaßen die Aegyptier schon vor langer Zeit das
Geheimniß, eine große Anzahl Eier in Oefen, Ma-Mals genannt, welche auf
einen gewissen Grad erhitzt wurden, zum Auskriechen zu
bringen.Nach einer Nachricht in Hermbstädts Bulletin des Neuesten und
Wissenswürdigsten aus der Naturwissenschaft etc. Bd. IV
S. 177 (J. 1810) wird die künstliche Ausbrütung der Eier
in Aegypten vorzüglich im Dorfe Berme und dessen nächsten Umgebungen von
Landleuten in Brütöfen von verschiedener Form und Größe
betrieben. In etwa 386 solchen im Lande zerstreuten
Oefen werden jährlich 92,640,000 Stück junge Hühner
producirt.Anmerk. d. Uebers. Nach mehrjährigen Versuchen gelang es mir ein eben so
gutes und unfehlbares Verfahren zu ermitteln; man kann durch
dasselbe alle 21 Tage Eier erhalten.
Erstes Capitel. Brütvorrichtung.
Die Brütvorrichtung bildet ein Möbel und kann auf beliebige Weise
verziert werden. Sie hat eine oder mehrere Schubladen, je
nachdem man mehr oder weniger Eier zum Auskriechen bringen will.
Auch gibt es deren, wo die Eier im Umkreis eingelegt werden.
Die zum Heizen dieser Apparate eigens gefertigten Lampen befinden
sich an den Seiten der Vorrichtung, haben einen oder mehrere
Brenner und sind an einer eisernen Stange auf und ab
verschiebbar, um sie nach Bedarf dem Reservoir nähern oder von
demselben entfernen zu können.
Die Lampenbrenner befinden sich unterhalb zinkener Reservoirs mit
Wasser, welches erhitzt, den Wärmestoff allen in den Schubladen
befindlichen Eiern gleichmäßig zuführt. An den hervorstehenden
Enden des Apparats sieht man Löcher: dasjenige links dient um
Luft in das Reservoir einzuführen, diejenigen in der Mitte
nehmen den wenigen Rauch der Lampen auf und verdampfen ihn, und
dasjenige rechts dient zum Einfüllen von Wasser in das
Reservoir. Ein Hahn ist zum Ablassen des Wassers angebracht.
Ich verfertigte Brütapparate von verschiedenen Größen, in welchen
30–1000 Eier zum Auskriechen gebracht werden können.
Diejenigen für 30 Eier sind 30 Centimeter (11 Zoll) lang, 25
Centimeter (8'' 14''') breit und 40 Centimeter (1' 2'') hoch,
der darauf befindliche Käsig mit inbegriffen, welcher zum
Aufziehen der Küchlein gehört. Die Vorrichtungen für 1000 Eier
sind 1 Meter (3') lang, 60 Centimeter (1' 10'') breit und 1,40
Meter (4' 3'' 8''') hoch; sie haben 10 Schubladen, jede mit 100
Eiern und zwei Käfige, einen oben, und einen unten, die man nach
Bedarf noch vermehren müßte. Das Ganze hat die Gestalt eines
aufrechtstehenden Kastens (Chiffonière).Ich erbaute einen großen, 2 Meter langen, 70 Centimeter
breiten und 50 Meter hohen Kasten, der auf dem Boden und
am Umfang Wasser hat, welches durch kleine Lampen
erhitzt wird. 60 Wärmemündungen sind darin vertheilt und
er nimmt ein vollständiges Bett auf. Diese Vorrichtung,
welche ich Klinhydrotherm
benenne, ist zur Heilung allgemeiner und localer
rheumatischer Schmerzen sehr geeignet. Jede Abtheilung
desselben wird besonders und auf einen verschiedenen
Grad erhitzt; so kann eine auf 56° R. Temperatur,
die andere auf 40, die dritte auf 32 gebracht
werden. Es gibt deren auch runde.
Zweites Capitel. Anwendung der Brütvorrichtung.
Zum Erwärmen einer Schublade mit 100 Eiern ist eine Lampe mit 1
oder 2 Brennern vorhanden, welche wie gesagt, zur Regulirung der
Wärme an einer Eisenstange höher oder niederer gestellt wird.
Die Lampe erhält einen kleinen viereckigen Docht von genau
abgemessener Dicke, der nicht raucht und immer dieselbe Flamme
gibt; nach 24 Stunden jedoch muß der Docht gewechselt und
frisches, sorgfältig gereinigtes Oel eingefüllt werden, um das
Rauchen zu verhüten. Die Dochte können mit einer gestielten
Nadel sehr leicht herausgenommen werden.
Die Schublade wird zugerichtet durch Hineinlegen einer Schicht
von 5 Centimeter (1'' 10''') Heu oder Federn auf der
Vorder- und ebenso viel auf der Hinterseite; der Mitte zu
macht man die Schicht weniger dick, weil sonst, da die Luft von
zwei Oeffnungen, einer hinten und einer vorn, zugleich eintritt,
die Eier am Rande zu kalt hätten und sich in einer minder guten
Lage befänden; aus diesem Grund legt man sie der Wärmequelle
näher, diejenigen in der Mitte hingegen weiter davon weg, weil
letztere nicht nur durch die allen gemeinschaftliche Quelle,
sondern auch durch die Berührung der danebenliegenden Eier
erwärmt werden.
Federn wären zu diesem Geschäft allerdings vorzuziehen, indem man
sich dadurch der Natur mehr näherte; doch sind auch Heu oder
Baumwolle nicht zu verschmähen, weil in der Landwirtschaft alle
Hühnernester nur von ersterm gemacht werden.
Man schüttet eine hinlängliche Menge warmen Wassers durch die
oben rechts befindliche Röhre in das Reservoir und durch die
Trichterröhren in die Brütvorrichtungen mit mehreren Etagen,
nachdem man sich versichert hat, daß alle Hahnen gut
verschlossen sind. Oben auf den Apparat schüttet man zwei
Centimeter (9''') hoch feinen Flußsand, welcher die Wärme
zusammenhält. Dieser Sand wird genugsam erwärmt und die frisch
ausgeschlüpften Hühnchen befinden sich auf ihm vortrefflich,
vorzüglich mittelst eines weiter unten zu besprechenden
pultförmigen Bauers.
Am zweiten Tag, wenn man findet, daß die Wärme bei 32° R.
stehen bleibt, putzt man die Eier mit nassem Scheuersand und
trocknet sie mit einen feinen weißen Tuch ab, um die Schalen von
Fettsubstanzen und allerhand Schmutz zu reinigen, welche sich
nur zu oft beim Brüten der Hennen dem Auskriechen ihrer Jungen
widersetzen. Man schreibt mit Bleistift das Datum auf die
Schalen, um jeden Irrthum zu verhüten; man wendet die Eier
Morgens und Abends einmal um, wobei das Bleistiftzeichen
verhindert, daß man sie zweimal auf dieselbe Seite lege. Während
der 4 oder 5 ersten Tage muß man die Eier auf die Spitze
stellen, denn nach dieser Zeit wird man eine ziemliche Anzahl
helle darunter finden, die man herausnimmt, wodurch dann für
die andern Platz gewonnen wird.
Nach dem fünften Tag besichtigt man sie jeden Abend beim
Kerzenlicht und nimmt diejenigen heraus, welche hell blieben und
bei denen man noch keinen Anfang einer Arbeit wahrnimmt, damit
sie nicht unnütz einen Platz einnehmen. Man kann diese zum
Hausgebrauch verwenden, oder hart gesotten und klein geschnitten
den frisch ausgekrochenen Küchlein als Futter geben, welches sie
gierig verschlingen. – Man steckt, wenn die Eier geordnet
sind, ein langes Thermometer mit der Röhre durch ein in die
Schublade zu diesem Behuf gemachtes Loch, wodurch man zu jeder
Zeit die innere Wärme controliren kann. Dieses Thermometer wird
nach dem in der Schublade selbst bleibenden, welches bis auf
32° R. graduirt ist, regulirt; das hervorstehende
Thermometer braucht nur einen einzigen Punkt, nämlich 32°
R. anzuzeigen, der mit einem gewichsten schwarzen Zwirnfaden
bezeichnet wird, bei welchem das Quecksilber oder der Weingeist
stehen bleiben muß.In Aegypten wird die geeignete Wärme (Hermbstädt's Bulletin etc. a.
a. O.) dadurch bestimmt, daß man ein Stück Butter von
der Größe einer Wallnuß mit halb so viel Talg
zusammenschmilzt, und diese Composition beobachtet. Wird
die Wärme zu stark, so schmilzt dieselbe; ist sie zu
niedrig, so erstarrt sie; bei der rechten Temperatur
fließt sie beim Neigen des Gefäßes wie ein dicker
Syrup.Anmerk. d. Uebers.
Um die Wärme besser zusammenzuhalten, legt man auf die Eier und
das Thermometer eine wollene Decke, oder Baumwollwatt, besser
noch Hühnerfedern. Man besichtigt das Thermometer Morgens und
Abends, wendet die Eier um, und schüttet auf die Federn oder das
Heu ungefähr drei Eßlöffel voll warmen Wassers. Auch kann man
zwei beständig feuchte Schwämme im Innern der Schublade haben.
Die verdorbenen Eier müssen eiligst herausgenommen werden; sie
sind am übeln Geruch und einem bald sich einstellenden Schwitzen
leicht zu erkennen. Die Nähe gefaulter Eier trägt zum Verderben
der andern bei; auf den übeln Geruch muß man daher sehr achtsam
seyn. Die in der Brütvorrichtung zu unterhaltende Feuchtigkeit
muß den Schweiß der Hennen ersetzen. Den Platz der Eier soll man
wechseln, um einen Wechsel in ihrer Wärme hervorzubringen, damit
die Embryonen sich gleichförmiger entwickeln. Vorzüglich ist das
Thermometer zu besichtigen, wenn die Temperatur der Atmosphäre
wechselt und namentlich wenn die Geburt der Küchlein nicht mehr
fern ist.
Ich fand, daß zum Gelingen die Hitze nicht zu trocknend seyn
darf; denn wenn die Ausdünstung der Eier zu heftig ist, so geht
das Küchlein gegen den fünfzehnten Tag zu Grunde,
indem die Flüssigkeiten sich verdichten und es dann seine
Nahrung nicht mehr findet; oder wenn es trotzdem auskriecht, so
ist es sehr schwach, träge und kränklich. Um die Feuchtigkeit zu
reguliren, muß man sich eines (unten beschriebenen) Hygrometers
bedienen.
Will man zu den ältern Eiern frische hinzulegen, so muß man sie
24 Stunden lang erwärmen; zu diesem Behuf legt man sie oben in
den warmen Sand. Ohne diese Vorsicht würden die Eier, welche zu
arbeiten angefangen haben, zu Grunde gehen.
Man muß immer die größten Eier heraussuchen; die davon erhaltenen
Küchlein sind stärker, schöner, lebhafter und gesunder. Eier mit
zwei Dottern, oder solche, die gar keines haben, lasse man nicht
ausbrüten; man erkennt sie leicht am Kerzenlicht. Auch dürfen
die Eier nicht lange geschüttelt oder dem Sonnenlicht ausgesetzt
werden; alles dieß ist ihnen schädlich. Der Erfolg ist immer
sicherer, wenn man sie nicht am Markt etc. kauft, sondern eigene
Hühner hat, welche von einer hinreichenden Anzahl guter Hähne
bedient werden.
Der Ersparung wegen kann man einen zweiten Käsig über dem ersten
errichten; man macht ihn eben so breit, aber länger; er wird aus
vier Brettern zusammengenagelt, mit Nuthen an der Seite, in
welchen Schiebfenster laufen. Der Boden dieses sogenannten
Ergänzungskastens besteht aus einem Stück unten angenagelter
Leinwand oder Sersche. Die Wärme geht durch diesen Boden und ist
hinlänglich, damit die Küchlein sich wohl darin befinden. Es
behindert dieß die Bebrütung.
Um die Eier gut aufzubewahren, bis man eine gehörige Anzahl
beisammen hat, legt man sie vorsichtig in Kleien oder Sägespäne
und stellt sie an einen frischen, aber trockenen, der Luft wenig
ausgesetzten Platz. Jedes gesprungene Ei ist untauglich.
14 Tage alte Eier kann man ohne Anstand bebrüten lassen; über
drei Wochen jedoch dürfen sie nicht alt werden.
Das Zimmer, in welchem die Brütung geschieht, sey so weit
thunlich, gegen Mittag gelegen, trocken und warm; es werde
verschlossen und immer rein und frei gehalten von Zugluft und
jedem Lärm.
Das Frühjahr ist für die Bebrütung die geeignetste Zeit, weil
dann die Temperatur sich mehr gleich bleibt und die Eier besser
befruchtet sind. Im Winter ist wegen der Kälte größere Sorgfalt
nothwendig.
Man stellt die Brütvorrichtung in ein temperirtes Local von 12
bis 16° R. Temperatur. Bekanntlich ist die Luft zu ebener
Erde feuchter als im ersten Stock, und die Hühner
brüten beinahe immer zu ebener Erde. Die ägyptischen Brütöfen
werden in die Erde gegraben, um durch die Feuchtigkeit einer zu
großen Verdunstung der Eisubstanz vorzubeugen. Der für
Hühnereier passende Grad von Feuchtigkeit ist aber nicht auch
für Enteneier geeignet; diese bedürfen eines höhern Grades, um
es der Ente gleich zu thun, wenn sie sich, aus dem Wasser
kommend, ganz naß, wie sie ist, über ihre Eier setzt.
Auch im Herbst kann man den Zweck erreichen; aber man erhält
viele klare Eier, indem die Hühner dann in voller Mause und die
Hähne müde sind.
Im Winter legen die Hühner wenig Eier und wenn man sie zum
Arbeiten zwingen wollte, so müßte, man sie in einem Stall oder
künstlich geheizten Zimmer einsperren und ihnen reichliches,
erhitzendes Futter geben, z.B. Heidekorn, Hanfsame, Hafer etc.;
die den Winter über so gehaltenen Hühner legen jedoch im Sommer
darauf viel weniger Eier. Man thut wohl, sie nicht zu
überfüttern, indem eine zu fette Henne weniger legt, und oft
Eier ohne Schalen, mit einer bloßen Haut überzogen bringt, was
ein großer Uebelstand ist, weil diese nicht bebrütet werden
können.
Um gute Eier zum Brüten zu bekommen, müssen sie täglich einmal
aus dem Hühnerstall genommen werden, damit kein Anfang einer
Bebrütung stattfindet.
Die ersten Tage und bis der Apparat recht trocken ist, kann es
Schwierigkeit darbieten, den gehörigen Wärmegrad
hervorzubringen. Ist dieß der Fall, so muß man die Höhe des
Wassers in den Reservoirs durch Ablassen mittelst der Hahnen
vermindern; eine geringere Wassermasse wird leichter
erwärmt.
Drei Hauptbedingungen sind bei der Bebrütung zu beobachten:
1) man muß 21–22 Tage lang eine gleichförmige Wärme von
32° R. unterhalten;
2) eine hinlängliche Menge Luft in die Brütvorrichtung einlassen,
um das Ersticken der Embryonen zu verhindern; gerade daran
scheiterten eben bisher so viele Liebhaber;
3) endlich muß genug Feuchtigkeit vorhanden seyn, daß sie die
Transpiration einer Bruthenne vertritt. Unter diesen
Voraussetzungen ist zu einem guten Erfolg nichts anderes mehr
erforderlich, als etwas Uebung und Erfahrung.
Das Ei fängt erst, wenn das Dotter 30 1/2 bis 32° R. Wärme
hat, zu arbeiten an. Der Keim hat Lanzengestalt und hängt
mittelst kleiner Nerven mit dem Dotter zusammen; nach
24stündiger Bebrütung vergrößert er sich und nach 60 Stunden
erkennt man, wenn man ein Ei zerbricht, deutlich das Herz,
welches sich zu bilden beginnt. Zu dieser Zeit trübt sich das
Ei. Der Embryo fährt zu wachsen fort und am siebenten Tag hat
er, im Verhältniß zum übrigen Körper, sehr große Augen.
Um 50 Eier auszubrüten, sind in der Regel vier Hennen
erforderlich, welche während der 21tägigen Brutzeit und der zwei
Monate, die sie zum Aufziehen ihrer Küchlein brauchen, zu legen
aufhören; das Oel, welches man verbrennt und die Eier, welche
man mehr erhält, gleichen sich sonach aus.
Sind die Küchlein ausgekrochen, so läßt man sie noch 24 Stunden
in der Schublade, damit sie trocken werden und ihre Glieder sich
stärken. Nahrung ist ihnen während dieser 24 Stunden durchaus
von keinem Nutzen, indem die Natur dafür schon sorgte; es gibt
sogar Küchlein, die erst in 30 Stunden zu fressen beginnen. Nach
24 Stunden also gibt man ihnen das mit Pelz behangene Pult,
welches Mutterstelle bei ihnen vertritt, breitet auf einem Bogen
einige Körner gelber Hirse aus und stellt ein kleines Gefäß mit
Wasser dazu; dieses Gefäß muß einen ziemlich engen Hals haben,
damit die neugebornen ihre Füße nicht hineinbringen, was ihnen
für die Folge Krankheiten zuziehen könnte. 2–3 Tage
darauf gibt man ihnen in dazu bestimmten Tröglein ihr Futter
hin.
So wie die Feuchtigkeit, ist auch die Kälte den Füßen schädlich,
weil sie die Gicht veranlassen kann; um dieß zu verhüten, stellt
man die Küchlein besser auf Wolle oder erwärmten feinen Flußsand
von 16–20° R.
Im Winter umgibt man, um die Wärme besser zusammenzuhalten, die
Brütvorrichtung mit einer Decke oder mit Hammelfellen, die Wolle
gegen innen gekehrt.
Drittes Capitel. Umstände, welche vorzüglich zu beobachten sind.
Um sich von der Güte des Thermometers zu überzeugen, muß man die
Kugel desselben 6–8 Minuten in den Mund nehmen, zu
welchem Behuf man es von seinen Brettchen ablöst; das
Quecksilber etc. bleibt bei 30° R. stehen. Man bezeichnet
diesen Punkt vorsichtig mit einem kleinen Strich von rother
Oelfarbe und macht noch einen zweiten Strich 2 Linien drüber,
bindet dann den Zwirnfaden über beide Zeichen (wovon das untere
30° und das obere 33° R. anzeigt) und befestigt
dann das Thermometer wieder auf seinem Brettchen. Man kann es
nun als ein Normalthermometer betrachten.
Je größer der leere Raum am dickern Ende eines Eies ist, desto
älter ist dasselbe und in der Regel ist die große Leere ein
beinahe sicheres Zeichen der Unfruchtbarkeit eines Eies.
Man mag die Eier auf die Spitze oder auf die Seite legen, sie
kriechen jederzeit aus; gegen das Ende der Bebrütung jedoch ist
es besser, sie mit dem dickeren Ende nach oben zu stellen; hier
befindet sich der Kopf des Thierchens und an dieser Stelle
schöpft es die Luft zum Athmen; mit dem Kopf nach unten gekehrt,
würde es umkommen.
Ein noch warmes, erst frisch gelegtes Ei bringe man nicht in die
Brütvorrichtung. Ich lasse sie lieber 3–4 Tage, ja
10–14 Tage und darüber alt werden.
Vom 1ten bis 15ten Tag der Bebrütung können die Embryonen eine
33° R. übersteigende Wärme ertragen, vorausgesetzt, daß
dieser Zustand nicht über 6 Stunden aneinander fortdaure. Es
gilt dieß sowohl von der Kälte als von der Wärme; 6 Stunden ist
die höchste Zeit, während welcher das Küchlein zu viel Wärme
oder Kälte ertragen kann; auch darf sich ein solcher Wechsel
nicht oft wiederholen. Gleichmäßigkeit der Wärme ist das
beste.
Gegen den 16ten Tag erhalte man die Wärme nur auf 26 bis
32° R., denn dieser Zeitpunkt ist kritisch, weil nun das
Küchlein schon wohl entwickelt ist und die Eier durch ihre
Berührung sich wechselseitig Wärme mittheilen. Hierauf ist
besonders zu achten, weil sonst die Küchlein umkommen, auch muß
zu dieser Zeit die Feuchtigkeit in der Vorrichtung vermehrt
werden.
Der Anfang und das Ende sind die zwei Epochen, wo Gleichmäßigkeit
der Wärme unerläßlich ist.
Mittelst dieses Verfahrens bringt man eben so gut Gänse-,
Enten-, Wälschhühner-, Rebhühner- und
Fasaneneier zum Auskriechen. (Alle diese Geflügelarten fressen
erst 24 Stunden nach ihrem Austreten aus der Schale.) Die Hühner
kriechen in 21–22 Tagen, die Wälschhühner in 27, und die
Enten in 28 bis 30 Tagen aus.
Von Taubeneiern und andern will ich nicht sprechen; dieselben
würden ebenfalls auskriechen, da die Thierchen aber allein nicht
fressen, so könnten sie nicht aufgezogen werden.
Man nimmt als ausgemacht an, daß der Donner viele Eier unter der
Henne tödtet; ich glaube dieß noch einer zweiten Ursache
zuschreiben zu müssen. Wenn es nämlich donnert, geräth die durch
das Geräusch erschreckte Henne in eine fieberhafte Bewegung,
kommt in starken Schweiß und schreckliche Angst; die Folgen
hievon sind rasche und zahlreiche Stöße, welche ein feines Ohr
deutlich vernehmen kann; bei diesen Bewegungen zersprengt sie
mehrere Eier und wie gesagt, ist jedes nur einigermaßen
gesprungene Ei verloren.
Manchmal, namentlich gegen das Ende der Brütung, hört man das
Piepen des Küchleins in der Schale, ehe es noch die kleinste
Oeffnung in dieselbe gemacht hat, woraus deutlich hervorgeht,
daß die äußere Luft mit der innern sehr frei communicirt. Aus
diesem Grund muß man wie gesagt, dem übeln Geruch durch ein
verdorbenes Ei aufs sorgfältigste vorbeugen, denn durch diesen
allein kann es alle anderen vergiften.
Das Ausbrüten in der Vorrichtung hat vor dem unter der Henne den
Vorzug, daß man zu jeder Zeit Hühner bekommen kann. Auch gewährt
die Vermehrung des Hausgeflügels einen sehr großen Nutzen, indem
man viel mehr Eier und einen viel größern Vorrath eines
delicaten Fleisches für den Tisch erhält.
Durch mein Verfahren und die Befolgung obiger Vorsichtsmaaßregeln
brachte ich im Frühjahr zwei Drittel, im Sommer die Hälfte, im
Winter aber nicht das Drittheil der Eier in meiner
Brütvorrichtung zum Auskriechen. Im Allgemeinen erhielt ich mehr
Küchlein als mittelst der Hennen, denn diese bringen höchstens
1/3 der ihnen anvertrauten Eier zum Auskriechen; sie ersticken
oder zerdrücken eine ziemliche Anzahl Küchlein.
Viertes Capitel. Von
der Geburt der Hühnchen.
Das Küchlein liegt kugelförmig in seiner Schale, den Hals
gebogen, auf dem Bauch aufliegend, in dessen Mitte der Kopf
liegt; der Schnabel geht unter dem rechten Flügel durch und
steht seitlich etwas über den Rücken hervor; die Füße unter dem
Bauch zusammengezogen, die Zehen gegen den Bürzel zurückgebogen
und mit ihrer äußeren Rundung den Kopf beinahe berührend. Mit
seinem Vordertheil ist es gegen das dicke, mit dem Hintertheil
gegen das spitzere Ende des Eies gewendet. Selten ist die
Stellung des Fötus eine andere und in derselben wird das
Küchlein durch eine starke Membrane erhalten.
Der Schnabel des Küchleins endigt in eine kleine, feine, sehr
harte und scharfe Spitze, mittelst welcher es durch Reibung
zuerst die innere Membrane zerreißt und dann die Schale
durchwetzt; später verschwindet diese Spitze. Die Stöße, welche
es mit seinem Schnabel gibt, um sich zu befreien, sind stark
genug, daß man sie ganz deutlich hören kann; der Kopf des
Thierchens wird bei dieser Arbeit von dem Flügel
unterstützt.
Der Kopf ist im Vergleich mit dem übrigen Körper sehr groß; es
kann ihn auch die ersten Stunden nach der Geburt kaum aufrecht
erhalten.
Wenn es sich durchgräbt, so hört man oft ein kleines Geräusch am
Ei, mehr gegen das dickere Ende desselben zu; man nimmt die
Membrane wahr, die es durchlöchert; es piept und bleibt in
diesem Zustand öfters mehrere Stunden; gewöhnlich aber kriechen
die gesunden und starken Küchlein für sich allein mit
Leichtigkeit aus. Um ihnen behülflich zu seyn, kann man in das
Ei mit einem Schlüssel ringsum Sprünge klopfen; man thut dieß
einen Tag vor dem Auskriechen, d. i. am 20sten Tag. Dabei muß
man sorgfältig vermeiden, das innere Häutchen im geringsten zu
verletzen, weil das Thierchen sonst in ein paar Stunden
daraufgienge. Bei von Hennen bebrüteten Eiern dürfte dieses
Sprengen nicht geschehen, weil sie dann alle Eier zerdrücken
würden, was in der Schublade der Vorrichtung nicht geschehen
kann.
Manche Küchlein arbeiten unausgesetzt, andere ruhen dazwischen
aus; da sie nicht alle gleich stark sind, so brauchen sie auch
nicht gleich lange Zeit bis zum Auskriechen; manche brauchen 8,
andere 18 Stunden, andere endlich kommen erst 24 Stunden,
nachdem die Schale gesprengt zu seyn schien, heraus.
Ehe das Küchlein zur Welt kömmt, muß es einen hinlänglichen
Vorrath von Nahrung im Leib haben, so daß es etliche und 20
Stunden keine zu sich zu nehmen braucht; ich sah deren zwar
6–8 Stunden nach dem Auskriechen fressen, was aber in der
Regel ein schlechtes Zeichen ist; jener Vorrath besteht in einer
Portion Dotter, die nicht consumirt wurde und durch den Nabel
des Thiers in dessen Körper gelangt; die Küchlein welche, ehe
sie dieses Dotter aufgesaugt haben, zur Welt kommen, kränkeln
und sterben einige Tage nach ihrer Geburt.
Fünftes Capitel. Nahrung der Küchlein.
24 Stunden nach der Geburt gibt man den Küchlein etwas mit Wein
befeuchtete Brodkrume und trockne Brodkrume mit Hirse vermengt.
Hat man harte Eier, so vermengt man sie mit Brodkrume, läßt aber
die Eierschalen weg. Auch die am 6ten Tag ausgesuchten klaren
Eier und diejenigen, in welchen die Küchlein erstarben, können
während der ersten Tage zur Nahrung dienen.
Nach 5 bis 6 Tagen gibt man ihnen Morgens und um 6 Uhr Abends ein
Gemenge aus grobgemahlener oder vielmehr bloß gestoßener Gerste und eben soviel gesottenen Kartoffeln. Statt des
Gerstenmehls kann man auch gekochte und geplatzte Gerste nehmen,
welche man in diesem Fall zerdrückt. Die gekochte oder gemahlene
Gerste vermengt man gehörig mit den Kartoffeln, feuchtet alles
mit Wasser oder besser etwas Milch an, ohne übrigens das Gemenge
zu dünn zu machen.
Dieses Gemengsel kömmt sehr billig zu stehen und ist nährend. Die
Hühnchen befinden sich sehr wohl dabei. Wenn ihre Begierde
darnach etwas nachließ, reizte ich ihren Appetit wieder durch
Zusatz einer Handvoll Küchensalz und etwas Knoblauch.
Sicherlich lieben die Hühner ebenfalls die Abwechselung der
Speisen. Man kann daher diesem Gemengsel, welches die Grundlage
ihres Futters ausmacht, ein Gemenge aus Küchenüberresten und
einigen gekochten Fleischarten von geringem Werth, wie Herz,
Leber, Ochsenlunge etc., recht klein gehackt, substituiren, das
Ganze zu gleichen Theilen mit Gerstenmehl und Kartoffelbrei
vermengt.
Es genügt nicht, den Hühnchen zwei gute Mahlzeiten zu bereiten,
sondern man muß überdieß ihre Trögchen immer mit etwas
Samenkörnern, Wurzeln, Kräutern etc. bald gekocht, bald roh,
versehen. Vorzüglich lieben sie die Laucharten, welche man sehr
klein hacken und ihnen von Zeit zu Zeit geben muß.
Das Futter der Hühnchen während des zweiten Monats ist ungefähr
dasselbe; hat man etwas vorzüglich den Appetit Anregendes, so
gibt man es natürlich nicht diesen, welche schon stärker und
leichter zu ernähren sind, als die kleinern.
Hinsichtlich des Hühnerfutters wählt man, bei gleicher Güte, das
wohlfeilste und ihnen am besten mundende. Vorzüglich lieben sie
die Erd- oder Regenwürmer; man kann sich davon eine
hinreichende Menge, entweder durch Sammeln derselben, oder durch
künstliche Würmerzucht verschaffen.Um eine solche Würmerzucht anzulegen, bringt man in einen
oder mehrere irdene s. g. Buttertöpfe Pferdemist und
Rindsblut; nach einigen Tagen bildet sich eine ungeheure
Menge Würmer, welche man durch zeitweises Zusetzen von
Gerstenhefe zu unterhalten sucht.
Das Hühnchen muß oft trinken. Um sein Wasser immer rein zu
erhalten, muß man es ihm aus einem Brunnen geben, wie den
Tauben. Dieser Brunnen besteht bloß aus einer Steinzeugflasche,
welche umgelegt sich in ein kleines Trögchen ergießt.
Die Hühnchen müssen auch sehr rein gehalten werden, um sie vor
Ungeziefer zu behüten, welches sie sehr ermüdet und abmagert.
Merkt man, daß sie Ungeziefer bekommen, so müssen die Pulte wohl
ausgeklopft und gereinigt, und der Kopf jedes
Thierchens mit Fischthran eingerieben werden. Auch kann man
ihnen an einen trockenen und bedeckten Ort Asche hinlegen, damit
sie sich darin wälzen können. Sind sie räudig, so erfrischt man
sie mit Salat und allerlei gehacktem grünem Zeug.
Betreibt man mehrere Bebrütungen, so muß man so viel als möglich
die Hühnchen gleichen Alters zusammenbringen, weil sonst die
stärkern die jüngern am Essen verhindern, und letztere
geschlagen und bald herunter kommen würden.
Bemerkt man schwächliche Hühnchen, welche die Flügel hängen
lassen, so muß man sie bald von den übrigen trennen und ihnen
Brod zerbröckeln, welches man in gezuckerten Wein taucht.
Nöthigenfalls bläst man ihnen mit dem Munde warmen Wein unter
die Flügel; man bringt sie an einen trockenen, einsamen,
geräuschlosen Ort. Diese Maaßregeln genügen gewöhnlich zu ihrer
Wiederherstellung.
Hat man viele Hühnchen aufzuziehen, so muß man die Pulte
vermehren; man macht sie dann mit zwei Eingängen wie Fig. 39 zeigt. A ist der
Boden des Pults; B die Decke, in der
Mitte hohl, damit die Küchlein zu einer Seite hinein, zur andern
hinaustreten können, falls diejenigen in der Mitte zu sehr
gedrückt würden. Auf diese Weise verhindert man daß Küchlein
ersticken.
Réaumur, welcher sich mit der
Bebrütung der Eier viel beschäftigte, nennt künstliche Mutter ein vom Weißgerber
zugerichtetes, die Wolle nach unten gekehrt, über einen Rahmen
ausgebreitetes Lammfell. Der Rahmen wird mittelst vier in die
Erde gesteckter Pfählchen, an welchen die vier Ecken des Rahmens
befestigt werden, je nach der Größe der Küchlein und zwar
geneigt, wie ein Pult, höher oder niederer gesteckt. Das
Lammfell fällt rings um den Rahmen bis auf die Erde herunter,
ohne jedoch an letzterer befestigt zu werden, damit die
Küchlein, welche sich hineindrängen um Wärme zu suchen, nicht
gedrückt oder erstickt werden und auf der andern Seite heraus
können.
Jeder Quadratfuß (oder 0,32 Quadratmeter) der künstlichen Henne
kann 36 Küchlein des frühesten Alters unter sich aufnehmen.
Der Rahmen B, mit Katzen- oder
Kaninchenfell in dieser Art bedeckt, ist in der Mitte mit einem
Scharnier versehen und geht auf beiden Seiten auf. Er ist nicht
fixirt und ruht nur auf den Punkten 1, 2, 3, um sich unter dem
Rücken der Küchlein heben zu können.
Ich fand, daß der einmal erwärmte Flußsand das beste Mittel zum
Aufziehen der Hühnchen ist. Sie verschlingen manchmal ein paar
Körnchen von demselben, was aber ihre Verdauung nur
befördert.
Sechstes Capitel. Die Krankheiten der Hühner und Hühnchen.
Pips (Zipf). Diese Krankheit wird in der Regel durch Wärme,
Mangel an Wasser und Unreinlichkeit veranlaßt. Die Zunge wird
hart, lederartig und mit einer Art Schuppen bedeckt; das
Thierchen frißt nicht mehr und wenn man ihm nicht bald zu Hülfe
kömmt, so stirbt es unfehlbar. Man nimmt das Huhn zwischen die
Beine, öffnet ihm den Schnabel, kratzt das lederartige Häutchen
mit dem Nagel oder einer Nähnadel auf, und reißt es von der
Zunge los, die man dann mit etwas verdünntem Essig, Baumöl oder
auch mit Speichel befeuchtet; andere empfehlen einen Tropfen
guter Milch, was für das Thier weniger schmerzhaft ist; in
keinem Fall aber gibt man ihm vor wenigstens einer Viertelstunde
etwas zu trinken.
Schwindsucht. Sie kann zuweilen
dadurch geheilt werden, daß man ihnen als Futter gekochte
Gerste, mit Mangold gemengt, und als Getränk Wasser gibt, womit
man eine Handvoll von dieser Pflanze aufgegossen hatte. Dauert
die Krankheit dann noch fort, so ist das Thier verloren.
Geschwüre. Zuweilen überzieht sich
der Körper mit Geschwüren, wodurch sie kränklich werden. Ist
hieran die schlechte Qualität des Futters und Getränkes Schuld,
so braucht man nur die Ursache aufzuheben, um damit auch die
Wirkung zu beseitigen. Um jedoch die Heilung zu beschleunigen,
macht man dem Kranken Umschläge von lauwarmem Wein. Hat die
Krankheit aber einen innern Fehler zum Grunde, so ist es schon
deßwegen rathsam das Thier aufzugeben, weil die Cur langwierig,
schwierig und sehr unsicher ist.
Die Mause. Diese allen Vögeln gemeine
Krankheit ist namentlich den Hühnern, so lange sie noch klein
sind, gefährlich. Sie sind traurig und matt, ihre Federn
straubig; sie schütteln sich oft, als wollten sie sie
abschütteln und suchen sich bisweilen solche auszureißen. Die in
guter Jahreszeit zur Welt gekommenen Hühnchen mausen sich noch
bei warmem Wetter und leiden durch diese Krankheit weit weniger
als die Späthühner. Um die Mause weniger gefährlich zu machen,
muß man die Hühnchen nicht zu früh herauslassen, namentlich wenn
es kalt ist. Während der Mause muß man ihnen eine erhitzende
Nahrung, z.B. Hirse und Hanfsamen, geben.
Das junge Geflügel hat zwei Krankheiten, die eine, wenn die
Schwanzfedern zu treiben anfangen, die andere, wenn der Kamm zum
Vorschein kömmt. In beiden sind Wärme und gute Nahrung
unentbehrlich.
Krankheit des Bürzels (Darre). Es ist
dieß ein kleines entzündetes Geschwür, welches am Ende des
Bürzels auffährt. Das davon befallene Huhn hat straubiges,
mattes Gefieder. Man muß abwarten, bis das Geschwür eine gewisse
Reife erlangt; wenn es dem Druck des Fingers etwas nachgibt,
spaltet man es mit einem gut schneidenden Federmesser und drückt
die Wunde stark aus, damit aller Eiter austritt; hierauf wäscht
man sie mit warmem Essig und mit Branntwein, den man mit einer
gleichen Menge warmen Wassers vermischt; letzterer ist dem Essig
noch vorzuziehen. Nachdem man dieß mehrere Tage nacheinander
wiederholt hat, ist die Wunde bald vernarbt. Da diese Krankheit
von einer großen Erhitzung herrührt, beschränkt man das Huhn
einige Tage lang auf eine kühlende Kost, indem man ihm Lattich
und Mangold, mit Kleie, Roggen und Gerste vermengt und alles mit
einander gekocht, zu fressen gibt.
Gelenksucht (Gicht). Sie wird durch die Feuchtigkeit des
Hühnerstalls veranlaßt, bisweilen auch durch die Nachlässigkeit
der Geflügelmagd, welche den Mist sich zu sehr anhäufen läßt.
Man muß den Stall trocken herstellen oder den Hühnern einen
andern geben, diejenigen, deren Füße steif und geschwollen sind,
an einem warmen Ort, etwa hinter einem Backofen halten und ihre
Unterfüße in Wolle einwickeln.
Durchfall. Er wird gewöhnlich durch
zu kühle Nahrung veranlaßt. Man ersetzt sie daher durch Hafer,
Hanfsamen, Heidekorn; wenn das Uebel aber nach 3–4 Tagen
noch nicht verschwunden seyn sollte, so müßte man den Hühnern in
Wein getauchtes Brod und ein Gemengsel aus gehacktem Heidekorn,
Petersilie und Nesseln und einigen zerkrümelten harten Eiern
geben.
Verstopfung. Sie ist die Folge einer
zu hitzigen Kost. Man gibt den damit befallenen Hühnern eine aus
Brod und Kuttelbrühe bereitete Suppe. Reicht dieß nicht aus, so
bereitet man ein Gemengsel aus sehr fein gehacktem Lattich und
mit derselben Brühe befeuchtetem Roggenmehl. Hilft dieß noch
nicht, so setzt man diesem Gemengsel etwas Manna zu und mengt
davon unter die Kuttelbrühe. Diesem Mittel weicht die
Verstopfung sicherlich.
Von den verschiedenen andern Krankheiten, wie dem Kopfabsceß, der Augenentzündung etc. will ich hier nicht sprechen, und
bemerke nur, daß viele der angeführten Krankheiten das Geflügel
nicht befallen, wenn man es an einem recht trockenen, warmen,
luftigen Orte hält, ihm immer ganz reines Wasser gibt,
wenigstens einmal wöchentlich den Mist ausräumt, den Stall oft
putzt und die Thiere gehörig futtert.
Siebentes Capitel. Von der Wahl der zur Fortpflanzung dienenden jungen
Hühner.
Vorzuziehen sind diejenigen von mittlerer Größe, mit lebhaftem
Auge, großem Kopfe, rothem und seitwärts liegendem Kamme,
starken Beinen, kurzen, starken Krallen, vollem, fleischigem
Leibe (diejenigen mit hohem Sporn sind keine so gute Leghennen
wie die andern); ferner die mit blauen oder schwarzen
Vorderfüßen; diejenigen mit langen Spornen und solche welche zu
krähen suchen und rufen wie Hähne, sind gewöhnlich wild,
zänkisch und legen wenig Eier, brüten schlecht und zerbrechen
oder fressen ihre Eier. Die Farbe der Henne ist von geringem
Belange; daß die grauen und weißen, wie man behauptet, weniger
legen, ist noch ganz unerwiesen.
Die Hühner sind nur 4–5 Jahre von guter Beschaffenheit;
sie müssen daher, wenn sie dieses Alter erreicht haben, durch
andere ersetzt werden. Die alten Hennen, welche nicht mehr
legen, erkennt man an der Härte ihres Kammes und ihrer Füße.
Die Henne ist immer kleiner als der Hahn, ihr Gefieder ist
weniger glänzend und mannichfaltig; ihrem Schwanze fehlen die
schönen Federn des Hahns.
Ein Hahn könnte leicht 20 Hennen genügen. Indessen hat man das
Verhältniß auf 7–8 festgestellt, aber mit Unrecht; 12
kann man ihm geben, ohne für die Befruchtung der Eier etwas
befürchten zu müssen. – Die Wahl des Hahns ist von
Wichtigkeit. Mit dem 4ten Monate beginnt der Hahn die Hennen zu
treten, seine Kraft behält er aber nur 3 oder 4 Jahre.
Erklärung der Abbildungen.
Dieselben Buchstaben haben in Fig.
33 und 34
gleiche Bedeutung.
Der Apparat Fig.
33 hat nur eine einzige Schublade; der in Fig. 34 abgebildete hat deren 8. Die Breite und Tiefe
der Schubladen bleibt bei den verschiedenen Größen der Apparate
immer dieselbe; nur in der Höhe sind diese Möbel-Apparate
verschieden.
A Oeffnung, in welche die Lampe
gestellt wird.
B Galerie, welche einen Käsig zum
Aufziehen der Hühnchen bildet.
C beglaste Decke des Käfigs.
D innen befindliches Reservoir für
das warme Wasser.
E die Eier.
F die Schubladen, in welchen man sie
auskriechen läßt.
H Queröffnung und Löcher zum
Lufteintritt.
I Hahn zum Ablassen des Wassers.
K Röhre rechts, zum Eingießen des
Wassers.
L Pult.
M hindurchgesteckte Röhre eines
langen Thermometers.
N Thermometer.
Man füllt das Reservoir D mit Wasser
an, welches durch die Röhre K
eingegossen wird, zündet dann die Lampe an und dreht sie in die
Oeffnung A, setzt dann auf das
Reservoir den flachen, viereckigen Kasten von Zink, nachdem er
mit Wasser angefüllt wurde, und richtet die Schubladen etc. nach
obiger Anleitung zu.
Auf die rechte Seite der Galerie stellt man das Pult L, mit einem Fell bedeckt, welches
die Mutter vertritt, wie oben beschrieben.
Am andern Ende des Käfigs stellt man den Küchlein Essen und
Trinken in außerhalb angebrachten Trögen vor, damit das Futter
sich nicht erwärmt. Sie stecken die Köpfe wie durch eine
Hühnersteige. Es wird dadurch nichts verzettelt und sie halten
sich reinlicher.
Sollte im Monat August etwa die Temperatur über 32° R.
steigen und diese Wärme 5–6 Stunden lang andauern, so
müßte warmes Wasser abgelassen und kaltes dafür eingegossen
werden, bis zur Herstellung der gehörigen Temperatur.
In den kalten Monaten kann das entgegengesetzte Uebel eintreten;
denn, obwohl die Lampe A in einer
Nuth läuft, damit man den gehörigen Punkt treffen kann, so kann
doch der Fall eintreten, daß man die Temperatur nicht auf
32° R. bringt. Hier abzuhelfen gibt es zwei Mittel: man
verengt entweder die Queröffnung durch Hineinstecken von
Wollenzeug, oder läßt, wenn dieß nicht ausreicht, einen Theil
des Wassers aus dem Reservoir D ab,
weil weniger Wasser leichter zu erhitzen ist. Doch ergreift man
letzteres Mittel nur im Nothfall, weil die Wärme bei einer
großen Wassermasse sich leichter gleichförmig er hält als bei
einer kleinern, und auf gleichmäßige Temperatur vorzüglich
geachtet werden muß.
Das Rauchen der Lampen würde sehr nachtheilig wirken und muß
daher möglichst vermieden werden.
Fig. 35 ist eine Lampe mit 1, 2 oder 3 Brennern, die
sich auf- und abstellen läßt.
Fig. 36 ein mit Pelz behangenes Pult, den Küchlein
als Mutter dienend.
Fig. 37 ein von seinem Brettchen abgenommenes
Thermometer mit langer Röhre.
Fig. 38 ein Thermometer auf einem Brettchen
befestigt.
* * *
Der Hr. Verfasser erhielt von vielen Seiten briefliche
Nachrichten, daß sein Brütverfahren, und zwar beim ersten
Versuche schon sehr gut gelang, was hauptsächlich dem Zutritt
der Luft beizumessen ist, indem bei allen andern Methoden häufig
Asphyxie eintrat.